Sehr spannend! Was macht einen Menschen zum Spion?
Der EmpfängerJosef Klein ist von Deutschland nach Amerika ausgewandert und versucht in New York Fuß zu fassen. Er arbeitet in einer Druckerei, die neben Geburtstagskarten und Flugblättern für einen Schwarzenführer ...
Josef Klein ist von Deutschland nach Amerika ausgewandert und versucht in New York Fuß zu fassen. Er arbeitet in einer Druckerei, die neben Geburtstagskarten und Flugblättern für einen Schwarzenführer auch Flyer amerikanischer Naziparteien druckt.
Der Roman spielt In einer Zeit, als noch Radio und Zeitung vorherrschten. Der Fernseher sollte erst wenige Monate später als Neuheit auf der World Fair in New York vorgestellt werden.
Und noch wird Hitler von manchen als der neue Friedensbringer angesehen.
»Irgendwann kam die Einsicht, dass einfaches Sein das Schwierigste war. Alle wollten irgendetwas aus einem machen. Und sei es, einen Deutschen, der nichts dafür konnte, ein Deutscher zu sein.«
Josef beginnt, sich um einen ausgesetzten Hund zu kümmern, baut einen Funkempfänger, mit dem er die ganze Welt zu sich nach Hause holen kann, und bringt sich selbst das Morsen bei. Doch er freundet sich mit den falschen Leuten an.
»Es war nach 1941 schon ein Verbrechen, Deutscher zu sein, nachdem Deutschland Amerika den Krieg erklärt hatte.«
1949 ist Josef wieder zurück im zerstörten Deutschland und lebt bei seinem Bruder und dessen Familie. Wir erfahren, dass Josef mehrere Jahre auf Ellis Island interniert war und auch im Gefängnis gesessen hat.
Die Geschichte entfaltet einen großen Sog. Ich wollte unbedingt erfahren, wie Josef zum politischen Gefangen wurde. Auch die Schilderungen der Stimmung in den Straßen von New York, in den armen und reichen Vierteln war sehr spannend. Die Autorin erzählt vom »Sauerkrautboulevard« und dem Leben von ausgewanderten Deutschen. Politisch gesehen brodelte es, und Gruppen wie die Christian Front oder die American Patriots wünschten einen Umsturz. Bügerwehren patrouillierten mancherorts in den Straßen.
»Joe, der American Dream ist nicht für alle. Schau dir doch die Leute in den Fabriken an. Manchmal muss man sich über Gesetze hinwegsetzen. Schließlich setzen sich die Gesetze auch über uns hinweg.«
Die Autorin hat die Erlebnisse ihres Großonkels als fiktionale Geschichte verarbeitet und eine Zeit und eine Seite Amerikas beleuchtet, über die mir bisher wenig bekannt war.
Leseempfehlung!