Gelungener Reihenauftakt
Ich muss sagen, dass mir zwar das Originalcover mit einer Schlange als Motiv gut gefällt, finde ich auch das deutsche Cover richtig schön. Das Blau mit den goldenen Sprenkeln sieht einfach toll aus.
Das ...
Ich muss sagen, dass mir zwar das Originalcover mit einer Schlange als Motiv gut gefällt, finde ich auch das deutsche Cover richtig schön. Das Blau mit den goldenen Sprenkeln sieht einfach toll aus.
Das Buch wird abwechselnd aus der Ich-Perspektive von Lou und Reid geschrieben, wodurch man an der Gedanken- und Gefühlswelt von beiden Protagonisten eintauchen konnte. In diesem Fall fand ich es gut, aus beiden Sichten zu lesen, weil ich so beide Charaktere verstehen konnte.
Lou ist eine Hexe, die sich versteckt hält und sich mit Diebstähle über Wasser hält. Aufgrund früherer Erlebnissen versucht sie nur so wenig wie möglich zu zaubern. Ich mag sie sehr gerne als Charakter, weil sie sehr taff ist, sich zu verteidigen weiß und sich nicht einfach dem Frauenbild ihrer Zeit fügt. Stattdessen hat sie eine große Klappe und sehr willensstark bzw. stur. Erfrischend ist auch, dass hier die Protagonistin mal nicht die Welt bzw. ihr Volk retten möchte, sondern einfach selbst überleben will.
Reid hingegen ist in der Kirche aufgewachsen, unter der Obhut des Erzbischofs und handelt stets nach den kirchlichen Richtlinien und Vorstellungen. Als Anführer der Hexenjäger sind für ihn Hexen keine Menschen (bzw. Frauen), sondern Monster und verfolgt sie rücksichtslos. Weil man aber auch aus seiner Sicht liest, wächst er einem schnell ans Herz, trotz seines fanatischen Hasses auf die Hexen. Sein ganzes Leben wurden ihm diese Vorurteile eingebläut und er kennt nichts anderes. Er ist einfach ein sehr realistischer Charakter, denn die Menschen hatten in jeder Zeit ein gewisses Feindbild, gegen das viele skrupellos vorgegangen sind, so wie eben zur Zeit der Inquisition sogenannte Hexen. Aber wie auch Lou entwickelt sich Reid im Laufe der Geschichte weiter.
Wie man sich schon vorstellen kann, gestaltet sich die Beziehung zwischen Lou und Reid sehr schwierig, weil beide grundverschieden sind und ungewollt in die Ehe geschlittert sind. Aber ich mochte die beiden zusammen, denn durch Lou’s Sturheit und Reid’s konservative Art entstehen amüsante Wortgefechte und Kräftemessen. Es war spannend zu lesen, wie sich die beiden trotz allem annähern, denn auf ihre eigene Art und Weise ergänzen sie sich. Besonders gefiel mir, wie sich beide durch ihre Ehe verändern, weiter entwickeln und neue Sichtweisen erlernen. Doch es wird nie einfach, denn letztendlich stehen sie auf grundverschieden Seiten. Können Feinde wirklich Liebe füreinander empfinden und kann Liebe lebenslange Vorurteile aufheben?
Von Anfang hätte mich das Buch in ihren Bann gezogen, denn ab der ersten Seite ist es actionreich. Die Spannung verflog auch nie, weil es immer Geheimnisse gibt, die gehütet werden müssen, und neue Geheimnisse aufgedeckt werden, mit denen ich nie gerechnet habe. Für mich war die Geschichte einfach nicht vorhersehbar. So habe ich das Buch auch in kürzester Zeit verschlungen und im letzten Drittel konnte ich gar nicht mehr aufhören zu lesen. Es gab für mich amüsante, ernste als auch traurige Momente, die mein Herz berührten. Auch die Nebencharaktere waren sehr interessant, insbesondere Lou’s beste Freundin Coco und Anwärter Ansel habe ich direkt ins Herz geschlossen, während ich Reid’s besten Freund immer skeptisch gegenüberstand. Andere wie der Erzbischof und Bordell-Besitzerin waren interessant, weil man sie und ihre Beweggründe einfach nicht durchschauen kann. Ich bin nach dem Ende so gespannt, wie es im zweiten Band weitergeht und ich habe kaum Vorstellungen, wie es dort weitergeht.
In meinen Augen war einer der größten Pluspunkte an der Geschichte, dass man erkennt, dass die Welt nicht nur aus Schwarz und Weiß besteht, sondern vorwiegend aus Grautönen. Man kann weder sagen, dass die Hexen die Guten sind, noch das ihre Gegner es sind. Beide Seiten tun richtiges und falsches und der Krieg wird von beiden geführt. Jede einzelne Hexe und jeder einzelne Hexenjäger ist individuell zu betrachten, ob sie böse oder gut sind, wobei kaum jemand nur das Eine ist.
Die Geschichte spielt in einer historischen Welt zur Zeit der Inquisition. So entspricht es einem frühen Weltbild, in denen die Männer allein die Macht haben und die Kirche im Grunde die stärkste Macht, die eng mit den weltlichen Anführer zusammen arbeiten. Auch der Schreibstil passt sich daran an. Ich liebe solche historischen Settings, aber das Buch ist auch für Leute geeignet, die keine historischen Romane mögen, denn hauptsächlich ist dieses Buch ein Fantasyroman.
Fazit: 4,5/5⭐️
Ein gelungen Reihenauftakt, der zeigt: Das Leben besteht mehr aus Grautönen als aus Schwarz und Weiß