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Venatrix

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Veröffentlicht am 01.03.2020

SChatten der Vergangenheit

Schatten aus Stein
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Als Gruppeninspektor Paul Zedlnitzky am 29. April 1986 aufsteht, weiß er zwar noch nicht genau, was der Tag so bringen wird. Aber er hat ein mulmiges Gefühl. Zum einem, weil es Gerüchte darüber gibt, dass ...

Als Gruppeninspektor Paul Zedlnitzky am 29. April 1986 aufsteht, weiß er zwar noch nicht genau, was der Tag so bringen wird. Aber er hat ein mulmiges Gefühl. Zum einem, weil es Gerüchte darüber gibt, dass es in der UdSSR einen Unfall mit einem Kernkraftwerk gegeben hat und zum anderen, weil er gleich in der Früh - aslo quasi vor dem Frühstück - zu einer Leiche gerufen wird. Der Dentist Walter Dinotti ist in seiner Praxis getötet worden.

Gemeinsam mit Kollegen Pospischil macht er sich auf den Weg, die üblichen Ermittlungen anzustellen. Die Ehefrau und eventuell vorhandene Kinder befragen, die Patientenkartei durchforsten und nach Brüchen im Lebenslauf des Ermordeten suchen. Freunde und/oder Feinde suchen - all diese kriminalistische Kleinarbeit in Zeiten ohne Computer, Mobiltelefon und sonstigen elektronischen Helferleins. Ja, der Gruppeninspektor muss sogar fremde Leute ersuchen, das Festnetztelefon benützen zu dürfen, weil kein öffentlicher Fernsprecher in der Nähe ist.

Nebenbei muss er sich mit seinem Vater, einem gestandenen Sozi, der nach der Wahl von Kurt Waldheim zum Bundespräsidenten, die Welt nicht mehr versteht, herumschlagen. Doch genau das bringt ihn, gemeinsam mit der Aussage von Dinottis Freund, dem Anwalt Hirsch, auf einen aberwitzigen Ansatz, der weit hergeholt scheint: Das Motiv muss in der Vergangenheit des Opfers zu suchen sein, denn Dinotti ist zwischen 1939 und 1945 mehrmals im Gefängnis gesessen. Seine Recherchen führen ihn unter anderem in das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes und fördert Erstaunliches zu Tage.

Meine Meinung:

Historiker und Buchautor Andreas Pittler gehört zu meinen Lieblingsautoren. Seine Bücher, ob Krimi, historischer Roman oder Sachbuch, sind immer penibel recherchiert. Meist ist der Schauplatz, wie bei diesem, die Bundeshauptstadt Wien.
In diesem Krimi ist die Hauptperson Gruppeninspektor Paul Zedlnitzky, der in einem Fall der Krimi-Reihe „Bronstein“ eine winzige Nebenrolle inne hat.
Pittlers Krimis bestechen durch zeitgeschichtlich interessante Themen. Hier zum einem die Wahl von Kurt Waldheim zum österreichischen Bundespräsidenten, der lange Jahre seine Tätigkeit als Offizier der Wehrmacht zwischen 1941-1944, verschwiegen hat. Zum anderen die Katastrophe von Tschernobyl, die am 26. April 1986 die Welt erschüttert hat. Dies sind so die historischen Rahmenbedingungen in den Paul Zedlnitzky ermitteln muss.

Obwohl der Zeitraum der Ermittlungen mit nur ein bisschen mehr als einer Woche (29.04.-08.05.) ziemlich kompakt ist, erhält der Leser eine Menge Information über die Tat, die Ermittlungen, die Familie Zedlnitzky und ein gewaltiges Stimmungsbild dieser Zeit.

Nach und nach erfährt der Leser einiges über die Hintergründe zum Mord an dem Dentisten. Der Ursprung ist als „Massaker von Stein“ in die Geschichte eingegangen sind. Dazu muss man wissen, dass im Kremser Stadtteil Stein, die größte und älteste Strafanstalt Österreichs steht. So erschließt sich auch der Titel des Krimis. Das Cover zeigt auch eine Ansicht der Justizanstalt.
Obwohl dieser Krimi fiktiv ist, ist es doch einigen Kriegsverbrechern wie dem erfundenen Willi Birgler gelungen, in den Wirren der Nachkriegszeit unterzutauchen und anschließend sich eine neue Existenz unter falschem Namen aufzubauen. Man mag sich gar nicht vorstellen, wie vielen so etwas gelungen ist.

Sehr anschaulich schildert Andreas Pittler die Situation des Jahres 1986. Da wird hemmungslos eine nach anderen geraucht, häufig auch getrunken - im Dienst und zu Hause. Da werden sexistische Sprüche geklopft und herrlich politisch unkorrekt parliert. Es ist aber auch das Jahr, in dem einiges in Umbruch gerät: Endlich beginnt ein Umdenken im Umgang mit den nationalsozialistischen Vergangenheit Österreichs.

Wie wir es von Andreas Pittler gewöhnt sind, bedient er sich des Wiener Dialekts. Für diejenigen, die hier ein wenig Nachhilfe brauchen, sind die wichtigsten Phrasen am Ende übersetzt.

Fazit:

Ein fesselnder zeitgeschichtlicher Krimi, der hoffentlich seine Fortsetzung finden wird. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 29.02.2020

Auf den Spuren eines Geheimagenten

Im Schatten des Dritten Reiches
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Angeregt durch die Trilogie von Jürgen Ehlers, die in den von den Nazis besetzten Niederlanden spielt, in der Richard Christmann eine zwielichtige Rolle spielt, habe ich mich auf die Spurensuche nach diesem ...

Angeregt durch die Trilogie von Jürgen Ehlers, die in den von den Nazis besetzten Niederlanden spielt, in der Richard Christmann eine zwielichtige Rolle spielt, habe ich mich auf die Spurensuche nach diesem Mann begeben.

Richard Christmann (1905-1989) ist eine schillernde Figur, die fünf Sprachen spricht, einen manipulativen Charme sowohl Frauen und Männern gegenüber entwickelt und sich von allen Seiten Vorteile erhofft und erhält.
Seine Lebensgeschichte ist nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem er eine teilweise unrühmliche Rolle spielt, eng mit dem Bundesnachrichtendienst BND verwoben, der aus der „Operation Gehlen“ hervorgegangen ist.

Christmann unterwanderte während des Zweiten Weltkrieges sowohl den französischen als auch den niederländischen Widerstand. Er war maßgeblich an dem als „England-Spiel“ bekannten Täuschungsmanövern mit dem englischen Geheimdienst beteiligt. Nach dem Krieg schmuggelt er verbotene, deutschsprachige Zeitungen in das Saarland und, vielleicht wenig bis gar nicht bekannt, knüpft er, mit Wissen Adenauers, Kontakte zwischen Deutschlands und Tunesien ein, um Frankreich zu schaden. Christmann kann, wie so viele, auf ein bewährtes altes Netzwerk verfügen. So trifft er nach dem Krieg wieder auf Hermann Giskes, der nun den BND aufbaut..

Der Hass auf Frankreich zieht sich wie ein roter Faden durch sein Leben. Interessant ist, dass Christmann 1989 eines natürlichen Todes stirbt.

Meine Meinung:

Richard Christmann spielt in allen Lebenslagen ein mehrfaches Spiel. Der einzige, dem er wirklich treu bleibt ist Richard Christmann. Er ist skrupellos und hat wenig Hemmungen auch seinen Auftraggeber zu verraten. Warum? Darüber kann nur spekuliert werden. Natürlich geht es um Geld, doch kann das alles gewesen sein?
Das Leben des Geheimagenten gleicht beinahe jenem von James Bond. Schöne Frauen, schnelle Autos, waghalsige Verfolgungsjagden, Fremdenlegion Gefängnisausbrüche und Sabotageakte, nur, dass Christmann nicht auf der Seite der Guten unterwegs ist. Viele Menschen haben durch seine Aktionen ihr Leben verloren. Allerdings scheint er, im Gegensatz zu vielen anderen, kein Nazi gewesen zu sein.

In diesem wissenschaftlich fundierten Buch wird auch die Rolle des BND beleuchtet, der auch nicht immer eine so saubere Weste hat, wie man die Leute glauben machen will.
Es ist eine Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet Erich Schmidt-Eenboom, einer der schärfsten Kritikern des BND, gemeinsam mit Matthais Ritzi eine stellenweise durchaus schmeichelhafte Biografie des Meisterspions liefert.

Das Buch ist, ob seiner Fülle von Insiderwissen und Details nicht einfach zu lesen und bestimmt nicht Jedermanns Geschmack. Politik ist ein schmutziges Geschäft, das sich oftmals skrupelloser Menschen bedient, um zu Ergebnissen zu kommen.

Veröffentlicht am 28.02.2020

"Seien Sie kritisch - IHrer Gesundheit zuliebe"

Was wirklich wirkt
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Die Medizinerin Dr. Natalie Grams erklärt sachlich und gut, warum man nicht auf die Heilsversprechen mancher „Sanfter Heiler“ herein fallen sollte.

Sie weiß, wovon sie schreibt, hat sie doch eine geraume ...

Die Medizinerin Dr. Natalie Grams erklärt sachlich und gut, warum man nicht auf die Heilsversprechen mancher „Sanfter Heiler“ herein fallen sollte.

Sie weiß, wovon sie schreibt, hat sie doch eine geraume Zeit selbst als Homöopathin gearbeitet und festgestellt, dass Gespräche und Zuwendung nachweislich helfen, wirkstofffreie Zuckerkügelchen allerdings nicht.
In zwölf Kapitel navigiert sie durch das Thema „Sanfte Medizin“:

„Wer heilt, hat recht“
„Sanfte Medizin geht sanft mit mir um“
„Aber mir hat es doch geholfen“
„Homöopahtie ist mehr als nur Placebo“
„Das Immunsystem muss aktiviert werden“
„Das Wunder der Natur“
„Es gibt mehr zwischen Himmel und Erde..“
„Ungeimpfte Kinder sind gesünder als geimpfte“
„Die Pharmaindustrie will uns vergiften“
„Ich darf selbst entscheiden, ob ich oder meine Kinder geimpft werden“
„Ärzte sind immer nur in Eile“
„Das Gesundheitswesen will unser Bestes: Das Geld“

Meine Meinung:

Ich finde dieses Buch sehr informativ, auch wenn ich der Autorin nicht in jedem Kapitel zu 100% zustimmen kann. Dass sie Akupunktur als unwirksam einstuft, halte ich persönlich nicht für richtig. Die Menschen vor selbst ernannten Heiler wie Ryke Geerd Harmer eindringlich zu warnen, ist Pflicht eines jeden Arztes.
Erschreckend habe ich gefunden, dass man als Heilpraktiker in Deutschland keine medizinische Ausbildung braucht. Für so ziemlich jeden anderen Beruf braucht man einen Befähigungsnachweis, nur für die „Behandlung“ von Menschen nicht?

Das Thema „Impfen“ ist glaubwürdig dargestellt. Wer, so wie ich, miterlebt hat, dass das eigene Kind an einer Infektion mit dem Rota-Virus (Durchfallerkrankung) gelitten hat, wird sich überlegen, ob eine Impfung dagegen, vielleicht doch eine Alternative ist. Damals gab es diese Impfung noch nicht. Der scharfe Durchfall (anfangs 50/Tag) hat die Haut am Popo in Fetzen heruntergehen lassen. Von der drohenden Lebensgefahr durch Dehydrierung, der nur durch Infusionen beizukommen war, gar nicht zu reden.

Das Buch gibt einen sehr guten Überblick über die „alternative“ Medizin. Dabei ist sie um Aufklärung bemüht. Sie warnt, aber verteufelt niemanden, der auf Heilmethoden außerhalb der Schulmedizin schwört.

Der Schreibstil ist eingängig. Schwierige Themen werden gut aufbereitet und manchmal blitz ein wenig Humor durch.

Wichtig ist, das sie aufklärt, ohne den Zeigefinger zu erheben. Geduldig zeigt sie auf, welche Gefahren sich hinter gehypten Wundermitteln wie MMS (= Miracle Mineral Solution), das gegen alle möglichen Krankheiten von Autismus bis Krebs helfen soll, verbergen. Hier zeigt sie den Widerspruch der Gegener der Schulmedizin auf: Viele davon verteufeln Medikamente als „Chemie“ und nehmen oft gleichzeitig wirklich giftig Rezepturen zu sich. MMS ist nämlich Chlorbleiche und die ist ein Gefahrstoff (CAS-Nr. 7681-52-9
), der ätzend wirkt. Wer würde schon freiwillig eine Tasse Klorix trinken?

Natürlich ist zu erwarten, dass dieses Buch polarisieren und die Autorin angefeindet wird. Es werden bestimmt Kommentare auftauchen, die der Autorin eine Naheverhältnis zu Pharmakonzernen unterstellen.

Ich denke, man sollte den gesunden Menschenverstand benutzen und nicht alles glauben, was einem das Internet vorgaukelt. Interessanterweise sind eher die gebildeten Menschen in Gefahr, Opfer von allerlei Scharlatanen zu werden.

Fazit:

Dieses Buch kann helfen, den Überblick zu bewahren und die eine oder andere „Heilmethode“ kritisch zu betrachten.

Veröffentlicht am 26.02.2020

Ein gut gelungener hist. Krimi

Völkerschau
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Autor Gregor Müller nimmt uns in das Leipzig kurz vor der Jahrhundertwende mit.
Man schreibt das Jahr 1898. Sisi, die Kaiserin von Österreich-Ungarn, die in Sachsen beliebt ist, ist eben von Luigi Lucheni, ...

Autor Gregor Müller nimmt uns in das Leipzig kurz vor der Jahrhundertwende mit.
Man schreibt das Jahr 1898. Sisi, die Kaiserin von Österreich-Ungarn, die in Sachsen beliebt ist, ist eben von Luigi Lucheni, einem italienischen Anarchisten ermordet worden. Aktiven Lehrerinnen ist es verboten zu heiraten und der gesellschaftliche Status der Frauen ist mit diesem Zitat klar umrissen:
"Wir Frauen stehen sogar unter dem dritten Stand, es geht uns schlimmer noch als den Juden."

So weit das historische Umfeld.

Die leidenschaftliche Lehrerin Hannah kann auf Grund ihrer Blindheit nach einer Infektion ihren Beruf nicht mehr ausüben. Sie ist Leidtragende des Lehrerinnenzölibat, der sie nun ledig und einer kleinen Rente zurücklässt. Nur eine Versorgungsheirat einzugehen, will sie nicht. Dabei hat sie noch Glück im Unglück, da sie eine Wohnung und ein bisschen Geld geerbt hat. Deswegen kann sie sich ein Dienstmädchen, Grete, leisten, die ihr sowohl im Haushalt als auch bei allerlei persönlichen Handreichungen zur Hand geht.
Doch um den täglichen Unterhalt ein wenig aufzubessern, vermietet sie ein Zimmer an Joseph Kreiser, einem ehemaligen Schüler, der nun als Criminalcommissar tätig ist.

Joseph Kreiser bringt auch immer wieder die „große Welt“ in das Wohnzimmer der Blinden, denn es hat sich eingebürgert, dass er ihr von seinen Fällen erzählt. Die sind meist ziemlich unspektakulär wie die Suche nach einem, aus der Leipziger Völkerschau entlaufenen, Schwarzafrikaner bis der reiche Industrielle August Georgi ermordet wird. Nachdem alle anderen Kriminalbeamtin anderwertig beschäftigt sind, erhält der junge Kreiser den Auftrag, den Mord aufzuklären. An seiner Seite ist Staatsanwalt Möbius, der nicht nur durch seine Erfahrung sondern auch durch seinen Status eine große Hilfe für den aus eher einfachen Verhältnissen stammenden Kreiser ist.

Höchst interessiert lauscht Hannah den abendlichen Erzählungen von Kreiser, diskutiert mit ihm und gibt letztlich den entscheidenden Tipp.

Meine Meinung:

Ich finde die Idee, die Kriminalfälle durch die Augen der blinden Hauptperson zu erleben, grandios. Nachdem ja bekanntlich durch die Blindheit die anderen Sinne geschärft sind, kann es zu unkonventionellen Ansätzen kommen.

Sehr gut gefallen hat mir auch die Darstellung des gesellschaftlichen Umfelds. Gekonnt stellt Gregor Müller die unterschiedlichen Gesellschaftsschichten dar: Hier die Reichen wie die Familie Georgi, in der die Frauen, um abgesichert zu sein, das notorische Fremdgehen ihrer Ehemänner bewusst in Kauf nehmen und, obwohl sie selbst todunglücklich sind, dasselbe ihren Töchtern zumuten. Doch es werden auch die Arbeiterfamilien, die kaum genug zum Leben haben dargestellt. Gut gelungen ist auch wie unterschiedlich das Leben als Dienstmädchen sein kann: Grete wird von Hannah geachtet, ja beinahe als Freundin, denn als Angestellte behandelt, während das Dienstmädchen bei den Georgis das eher übliche Schicksals erleidet: Vom Hausherrn schwanger und den anderen Familienmitglieder eher als „Möbelstück“ denn als Mensch betrachtet. Dennoch hat sie Glück im Unglück, weil sie von der Witwe finanziell unterstützt wird. Die meisten Dienstmädchen, die ungewollt schwanger wurden, hat man mit Schimpf und Schande entlassen.

Die Situation der Frauen wird auch durch das beginnende Aufbegehren der Frauenrechtlerinnen, die hier ihren Auftritt haben, dargestellt. Das ist sehr elegant in die Handlung eingeflochten! So mag ich die Vermittlung von Wissen - die Leser erhalten Geschichtsunterricht so unterschwellig, dass sie es gar nicht merken.

Das Sittenbild um 1900, in dem man fremde Völker in sogenannten „Völkerschauen“ wie im Zoo bestaunen konnte, ist gut getroffen. Das ist zwar nichts völlig Neues, denn auch Julius Caesar hat exotische Tiere und gefangene Menschen aus den eroberten Gebieten zum Gaudium (und als Manifestation der Überlegenheit) in Triumphzügen zur Schau gestellt. Die Verachtung, mit der man um 1900 allem andersartigen begegnet ist, ist haarsträubend. Doch ist es wirklich heute besser oder nur anders? Auch im Jahr 2020 werden Fremde scheel angesehen. Nun, immerhin werden sie nicht mehr in Völkerschauen präsentiert. Allerdings scheinen manche Auftritte von Brauchtumsgruppen einem ähnlichen Zweck zu dienen.

Die Charaktere sind fein herausgearbeitet. Wir finden aus jeder Gesellschaftsschicht entsprechende Vertreter. Nachdem das Mordopfer ein ziemlich unsympathischer Zeitgenosse war, gibt es natürlich auch jede Menge Verdächtige. Hier legt der Autor eine Menge Fährten, die sich häufig als Sackgasse entpuppen. Die Leser können ihre eigenen Überlegungen anstellen.

Fazit:

Ein gut gelungener historischer Krimi, der das historische Umfeld von 1900 sehr gut einfängt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 26.02.2020

Ein gelungener Abschluss der Trilogie

Mostviertler Jagd
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Dieser Krimi ist der Abschluss der Trilogie rund um Kommissar Leopold Brandner.
Nachdem er in seinem letzten Fall (Mostschlinge) einige Fehler begangen hat, ist er zum LKA in St. Pölten strafversetzt worden. ...

Dieser Krimi ist der Abschluss der Trilogie rund um Kommissar Leopold Brandner.
Nachdem er in seinem letzten Fall (Mostschlinge) einige Fehler begangen hat, ist er zum LKA in St. Pölten strafversetzt worden. Er pendelt nun jeden Tag nach St. Pölten, was ihm gehörig auf die Nerven geht und sucht nach einem geeigneten Haus für sich und seine Familie. Doch die will lieber in Wien bleiben. Und überhaupt ist Leo bei „seinen“ Frauen untern durch. Die pubertierenden Töchter zeigen ihre Verachtung unverhohlen und auch die Frau Gemahlin scheint auf Abwege geraten zu sein.

Neben diesen privaten Zores muss er sich mit einem Wilderer herumschlagen, der scheinbar unmotiviert Wild erlegt und weder Trophäe noch Kadaver mitnimmt. Erst als ein Forstaufseher erschossen wird, bekommt Brandner die Chance, seine Fähigkeiten auszuspielen. Allerdings führt die eine oder andere Spur zu der, aus den Vorgängern („Mostviertler“ und „Mostschlinge“) bekannten Unternehmerfamilien Schuster und Chan.

Wird es Leopold Brandner schaffen sich zu rehabilitieren und den oder die Täter rechtzeitig aus dem Verkehr zu ziehen?

Meine Meinung:

Helmut Scharner hat seinen neuen Kriminalroman atmosphärisch und mit viel Lokalkolorit in Szene gesetzt. Wechselnde Orte und Perspektiven sorgen für Dynamik. Das sorgt zweifellos für ausreichend Spannung.

Für Brandners persönlichen Zores habe ich nur bedingtes Verständnis. Dem täglichen Stau auf der Autobahn könnte er durch die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln entgehen. So fährt die ÖBB in weniger wie 30 Minuten nach St. Pölten und ein eigener Pendlerbus fährt auch regelmäßig. Natürlich ist während der Ermittlungen, die sich nicht an die Bürozeiten handeln, ein Auto vorteilhaft. Brandner scheint in der Frage des Wohnortes nicht kompromissbereit zu sein. Ich hätte mir in der Zwischenzeit eine kleine Wohnung in St. Pölten genommen und eine Rückkehr nach Wien angestrebt. Der Polizeiapparat inklusive Innenministerium ist groß genug, um eine adäquate Stellung zu finden. Denn als vom BKA ins LKA abgeschobener Kriminalbeamter hat Brandner keinen allzu guten Stand.

Nun gut, der Krimi lebt natürlich auch von der Unzufriedenheit und der inneren Zerrissenheit Brandners, die gut dargestellt ist. Auch die anderen Charaktere haben so ihre Ecken und Kanten sowie Brüche in ihrem Leben.

Da ist als erstes natürlich Hans Mayer zu nennen, der zwar im letzten Band „Mostschlinge“ zwar so etwas wie ein stiller Held geworden ist und die Polizei düpiert hat, aber zu welchem Preis? Seine Freundin tot, die Schwester ein psychisches Wrack und die Mutter als Mörderin im Gefängnis. Er ist beseelt davon, an der Familie Schuster endgültig Rache zu nehmen. Doch wird ihm das seinen Frieden bringen? Kurz scheint er durch eine neue Liebe von seinem Vorhaben Abstand nehmen zu wollen, doch dann überstürzen sich die Ereignisse.

Langsam werden auch die Machenschaften Familie Chan klar. Doch das eigentliche Motiv wirkt für mich ein wenig überzogen. Wenn jeder, der im Geschäftsleben den kürzeren gezogen hat oder beleidigt worden ist, die ganze Familie des Konkurrenten ermorden lassen wollte ...
Natürlich ist es für uns Mitteleuropäer schwer, die Gedanken von Chinesen zu verstehen. Immerhin, gelingt nicht alles, was geplant war, was auch Jennifer Chan zu verdanken ist.

Da dieser Krimi nicht nur für den österreichischen sondern für den deutschen Markt gedacht ist, kommen die deutschen Bezeichnungen für die Kriminalbeamten vor. Bei uns in Österreich ermitteln keine Kommissare.

Fazit:

Ein gelungener Abschluss der Mostviertler-Trilogie. Trotz der oben genannten Anmerkungen, gebe ich 5 Sterne.