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Veröffentlicht am 02.03.2018

HeLa steht für 'Lebensretter' und 'Armut'

Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks
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Durch ein Seminar in meinem Masterstudium habe ich Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks kennengelernt und bin absolut davon begeistert. Bevor ich das Buch gelesen habe, hatte ich noch nie etwas von ...

Durch ein Seminar in meinem Masterstudium habe ich Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks kennengelernt und bin absolut davon begeistert. Bevor ich das Buch gelesen habe, hatte ich noch nie etwas von den HeLa-Zellen, geschweige denn von Henrietta und ihrer Familie, gehört. Mit ihrem Bestseller hat es Rebecca Skloot geschafft, nicht nur die medizinischen Durchbrüche mit Hilfe der Krebszellen zu beschreiben, sondern auch die Familiengeschichte der Lacks und wie sie unter den Folgen der Zellentnahme ihrer Mutter, Frau, Schwester und Freundin leiden, wahrheitsgemäß aufzuschreiben. Mit meiner Rezension werde ich versuchen, dem Buch gerecht zu werden, da es aber auch sehr komplex geschrieben ist, habe ich mich dazu entschlossen, auf die vielen medizinischen Termini und Forschungen nicht im Detail einzugehen.

In den fünfziger Jahren erkrankt die dreißigjährige Henrietta Lacks an Gebärmutterhalskrebs. Die schwarze Tabakarbeiterin wird im Johns Hopkins Krankenhaus mit Hilfe von Radium-Therapien behandelt, die allerdings keine Wirkung zeigen. Kurz bevor sie am 4. Oktober 1951 stirbt, entnehmen Ärzte Zellproben ihrer gesunden Gebärmutterschleimhaut und von ihrem Krebs und schicken sie an Dr. George Gey. Dieser arbeitete daran, Zellen außerhalb des Körpers am Leben zu erhalten, doch alle Proben starben nach nur wenigen Stunden. Die kranken Krebszellen von Henrietta hatten sich allerdings nach nur 24 Stunden verdoppelt und legten somit den Grundstein für viele medizinische Tests. Die Tatsache, dass Henrietta die Zellen entnommen werden, als sie bewusstlos auf dem Op-Tisch liegt, sorgt Jahrzehnte später für große Empörung.

Da sich die HeLa-Zellen innerhalb kürzester Zeit vervielfachen, entscheiden sich die Ärzte dazu, die Proben an Kollegen zu verschicken, damit diese ihre Medikamente an den entnommenen Krebszellen testen können. Über viele Jahre hinweg half Henrietta Lacks somit in der Aufklärung einiger Krankenheiten und wie man diese bekämpfen kann. HeLa half in der Entdeckung von genetischen Krankheiten, wie zum Beispiel Down Syndrom, Klinefelter Syndrom und Turner Syndrom, es unterstützte Wissenschaftler dabei HIV-Viren zu behandeln und half bei der Bildung von Hornhaut, die blinden Patienten die Sehfähigkeit zurückgeben könnte. Von all diesen medizinischen Fakten und großen Begriffen war ich total begeistert, doch als Rebecca Skloot immer mehr auf die Familiengeschichte der Lacks einging, empfand ich Mitleid, zu einem gewissen Grad Wut und das Verlangen nach Gerechtigkeit.

Zusammen mit ihrem Mann David hatte Henrietta fünf Kinder. Sie lebten schon immer in Armut, hielten sich aber gemeinsam über Wasser. Als Henrietta dann erkrankt, ist ihr Mann plötzlich mit den Kindern allein und bekommt keine Unterstützung. Dass seiner Frau Zellen entnommen wurden, erfährt David nicht. Auch nicht, dass diese Zellen für ungefähr 25 Dollar pro Flasche verkauft werden – Geld, von dem die Familienmitglieder von Henrietta nie einen Cent sehen. Im Buch wird es mehrmals ausdrücklich erwähnt, dass Ärzte für die Entnahme von Gewebe keine Einverständniserklärung der Patienten brauchten. Wenn man sich allerdings vorstellt, dass die Lacks Familie ihre eigenen Arztrechnungen nicht bezahlen konnte, hat das schon einen ironischen Beigeschmack.

In ihrem Buch verbringt Rebecca Skloot viel Zeit mit Deborah, Henrietta und Davids jüngster Tochter. Sie leidet unter dem Tod ihrer Mutter am meisten, denn sie war gerade einmal vier Jahre alt, als sie starb und hatte nie die Chance ihre Mutter wirklich kennenzulernen. Es ist erschreckend zu lesen, wie wenig Deborah über die Zellen ihrer Mutter weiß. Noch erschreckender ist es, wie ihr laienhaftes Wissen über Medizin ausgenutzt wurde, um auch von ihr DNA-Proben zu bekommen. Fast 70 Jahre nach Henriettas Tod werden noch Vermutungen angestellt, wie der Umgang mit der Lacks Familie besser hätte laufen können: Hätte man ihnen von vornherein etwas von der Gewebsprobe erzählen sollen? Hätten sie einen Anspruch auf das Geld gehabt, für das die Zellen verkauft wurden? Wie wäre die Familie mit ihrem womöglich hohen Bekanntheitsgrad umgegangen und wie hätte dies ihr Leben verändert?

Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks ist ein unglaublich spannendes Buch, aber definitiv nichts für schwache Nerven. Man bekommt nicht nur einen detaillierten Einblick in die Entwicklung der Medizin, sondern erfährt, was sich genau auf der Schattenseite der berühmten HeLa-Zellen abgespielt hat. Selbst wenn die Ärzte kein Einverständnis zur Entnahme der Gewebsprobe gebraucht haben – ich hätte mir sehr gewünscht, wenn sie sich nicht nur in diesem Punkt etwas menschlicher verhalten hätten.

Veröffentlicht am 28.02.2018

Verkauft, Versklavt, Gerettet

Twelve Years a Slave
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Vor ein paar Jahren, kurz nachdem der Film veröffentlicht wurde, habe ich ihn mir angesehen und konnte mich noch gar nicht dafür begeistern. Ehrlich gesagt bin ich zwischendrin eingeschlafen und habe dann ...

Vor ein paar Jahren, kurz nachdem der Film veröffentlicht wurde, habe ich ihn mir angesehen und konnte mich noch gar nicht dafür begeistern. Ehrlich gesagt bin ich zwischendrin eingeschlafen und habe dann einige wichtige Szenen übersprungen, damit ich wenigstens das Ende noch mitbekomme. Dann, letztes Jahr, belegte ich das Seminar „Interracial Negotiations in Fiction and Film“ und nachdem wir einige andere Sklavengeschichte besprochen hatten – zum Beispiel die Biografie von Frederick Douglass – habe ich mich noch einmal an den Film und letztendlich auch an as Buch herangetraut. Und siehe da, es gefiel mir so gut, dass ich tatsächlich eine Hausarbeit über die Geschichte von Solomon Northup schrieb.

Solomon lebte mit seiner Familie in Saratoga, New York und wurde als freier Mann geboren. Damals, in den 1840er Jahren, gehörte er noch zu der Minderheit, denn die Sklaverei war zwar im Norden der USA nicht sehr ausgeprägt, aber doch sporadisch verbreitet. Zusammen mit seiner Frau und seinen drei Kindern lebte er in einem Haus, verdiente sein Geld mit Handwerksarbeiten und dem Violinspiel. In seiner Region ist er als Musiker sehr bekannt – häufig wird er dafür bezahlt, auf Feiern zu spielen. Doch sein Talent soll ihm schon bald zum Verhängnis werden, denn zwei Unbekannte – Mr Brown und Mr Hamilton – laden ihn nach Washington ein und bieten ihm eine immense Summe Geld dafür, dass er ihren Zirkus für etwa drei Wochen musikalisch begleitet. Ohne lang darüber nachzudenken, willigt Solomon ein, denn das Geld können er und seine Familie gut gebrauchen.

Die Auftritte bei den beiden Unternehmern scheinen gut zu laufen, denn bei einem Abschlussessen feiern die drei ihre Erfolge. Doch schon bald wird Solomon schrecklich übel, sodass er von den zwei vermeintlichen Gentlemen Brown und Hamilton auf sein Zimmer gebracht wird um sich auszuruhen. Dort wacht er jedoch nicht auf.
Gefesselt in einem Verlies kommt Solomon wieder zu Bewusstsein und denkt, dass es sich um einen Irrtum halten muss. Wütend stellt er zwei Männer, die sich als Sklavenhalter herausstellen, zu Wort und verlangt Gerechtigkeit für ihr Verhalten. Anstatt ihn freizulassen, wird Solomon allerdings ausgepeitscht und ihm wird somit das Schweigen beigebracht. Er erfährt, dass er als Sklave verkauft wurde; seine Unterlagen, die beweisen, dass er ein freier Mann ist, sind unauffindbar und somit muss sich Solomon seinem Schicksal fügen. Er wird auf einen Sklavenmarkt verschifft und dort, unter dem Namen Platt, von einem Mr Ford gekauft. Mit dem Verkauf an den recht fairen Sklavenhalter, tritt Solomon Northup offiziell in das Sklavenleben ein. Er bekommt Arbeitskleidung, muss sich mit mehreren Leuten eine Kabine teilen und muss von früh morgens bis spät abends dem Zimmermann Tibeats assistieren.

Da Solomon über dreißig Jahre als freier Bürger von New York gelebt hat, fällt es ihm schwer, seine „Kollegen“ als Dienstherren anzusehen. Vor allem mit John Tibeats legt er sich des öfteren an, da er es sich verbietet, als zweitrangig und untergeordnet behandeln zu lassen. Die Streitigkeiten und Drohungen von Tibeats Seite aus gehen so weit, dass Mr Ford sich gezwungen sieht, Solomon an einen Nachbarn zu verkaufen. Bei seinem neuen Besitzer, Mr Epps, verbringt er zehn Jahre, bis er endlich befreit wird.
Edwin Epps stellt sich als grausamster Skalvenhalter, bei dem Solomon gelebt hat, heraus. Er ergötzt sich regelrecht daran, seine schwarzen Arbeiter zu misshandeln. Des Weiteren lernt der Protagonist, sich in die Sklavengemeinschaft einzubringen, denn als Einzelgänger ist es schier unmöglich, die mentalen und körperlichen Gewalttaten zu überleben.

Nach zwölf Jahren harter Arbeit gelingt es Solomon, Kontakt mit Freunden von Saratoga aufzunehmen und er wird von Edwin Epps strenger Hand befreit. Es fällt einem sehr schwer, über die Sklaverei zu lesen. Für jemanden, der im 21. Jahrhundert lebt, ist es unvorstellbar, dass afro-amerikanische Bürger einst ausgepeitscht und wie Tiere behandelt wurden. Solomon Northups Geschichte ist auch vor allem deswegen interessant, weil er nicht, wie die meisten, in die Sklaverei hineingeboren, sondern als unabhängiger, freier Mitmensch gekidnappt und verkauft wurde.

12 Years a Slave ist ein unglaublich packendes Buch und ich bin froh, dass ich Solomons Geschichte eine zweite Chance gegeben habe. Meiner Meinung nach ist es eine Biografie, die jeder einmal gelesen haben sollte. Sie regt zum Nachdenken über das Miteinander und Behandeln von Menschen an und zeigt uns gleichzeitig, dass Rassismus auch heute leider noch ein vorherrschendes Thema ist.

Veröffentlicht am 06.01.2018

Ein Hillbilly findet seinen Weg

Hillbilly-Elegie
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Ich muss ehrlich zugeben: Hätte ich in der Uni nicht den Kurs „Representing Poverty in the U.S.“ belegt, dann hätte ich höchstwahrscheinlich auch niemals dieses Buch gelesen. Schande über mich, denn Hillbilly-Elegie ...

Ich muss ehrlich zugeben: Hätte ich in der Uni nicht den Kurs „Representing Poverty in the U.S.“ belegt, dann hätte ich höchstwahrscheinlich auch niemals dieses Buch gelesen. Schande über mich, denn Hillbilly-Elegie hat mich wirklich aus den Socken gehauen. Nicht nur J.D. Vances Schreibstil fand ich grandios, mich hat vor allem beeindruckt, mit wie viel Feingefühl er die schwierigen Gesellschaftsthemen vermittelt hat.

Seine Geschichte erinnerte mich zuerst an dieses typische Cinderella-Thema – ein Junge aus ärmlichen und doch recht asozialen Verhältnissen studiert letztendlich an der Yale Universität Jura und arbeitet später in einer Investmentfirma. Doch in einer Hinsicht hat J.D. Vance ein deutliches Vorteil gegenüber Aschenputtel. Er hat liebevolle Großeltern und eine hilfsbereite Schwester, die ihm in jeder Lebenslage zur Seite stehen und nur das Beste für ihn wollen. Mamaw und Papaw – diese beiden haben nicht nur den Autor geprägt, sondern liefern auch hilfreiche Ratschläge über jede Buchseite hinaus.

Das Buch liest sich unglaublich schnell. Zeile um Zeile habe ich seine Worte verschlungen und ihn dabei immer mehr bewundert. Ich fand es faszinierend zu lesen, wie ein Junge, der eigentlich der beste Kandidat für ein Hillbilly-Leben ist, den Absprung schafft und in einer gehobenen Gelsellschaft seinen Platz findet. Dies alles passierte aber nicht von heute auf morgen. Es gab viele Wegbegleiter in J.D. Vances Leben, die ihm gezeigt haben, wie man Rechnungen schreibt, sich passend für ein Bewerbungsgespräch kleidet oder welche Gabel man in einem feinen Restaurant zuerst benutzen soll. Traurigerweise waren diese richtungsweisenden Personen weder seine Eltern noch seine Großeltern. Es waren die Ausbilder in der Navy, Professoren der Ohio State und Yale Universitäten und später auch zukünftige Chefs.

Obwohl ich all seine Erfolge mit ihm gefeiert habe, gefiel mir eine Sache weniger gut: der Gebrauch der „wir“ und „sie“ Formen. „Wir“, ganz klar, sind die Hillbillys und mit „sie“ ist die gehobene Gesellschaft gemeint. Viele aus meinem Seminar kamen hier zu dem Punkt: Für wen hält er sich eigentlich? Normalerweise schreiben Menschen ihre Memoiren in der Ich-Form, was J.D. Vance zum Großteil auch gemacht hat, doch die gelegentlichen „wir“ und „sie“ Einschübe verallgemeinern seine Aussagen und Behauptungen. Dadurch stellt er sich selbst als ein kleines Phänomen dar und dies kann schnell falsch verstanden oder sogar als angeberisch aufgefasst werden.

Mich persönlich hat dies weniger gestört. Ich bin von seinem Erfolg nach wie vor sehr angetan und konnte diese kleine Oberflächlichkeit leicht überschauen. J.D. Vance hat es geschafft, mir mit einfachen Statistiken und persönlichen Beispielen das Thema Armut in der USA näherzubringen. Ein wirklich gelungenes Buch.

Veröffentlicht am 28.02.2020

Die Geschichte eines Mörders

Du gehörst mir
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Ich bin in den letzen Monaten ein wirklich großer Fan von Thrillern geworden. Ich liebe den Nervenkitzel, die entstehende Spannung und den Schock, der mich jedes Mal beim Lesen der letzten Seite überfällt. ...

Ich bin in den letzen Monaten ein wirklich großer Fan von Thrillern geworden. Ich liebe den Nervenkitzel, die entstehende Spannung und den Schock, der mich jedes Mal beim Lesen der letzten Seite überfällt. Du gehörst mir fällt da ein bisschen aus der Reihe und das meine ich ganz positiv: Ein Mörder erzählt seine Geschichte, doch der Mord steht dabei gar nicht im Fokus …

Tille Storkema ist Ehemann, liebender Vater, Sohn von mittlerweile hilfsbedürftigen Eltern und verantwortungsbewusster Bauer. Er kümmert sich um sein Haus, seinen Stall, das Wohlergehen seiner Familie und führt ein recht unauffälliges und durchschnittliches Leben. Mit der Geburt seiner Kinder scheint alles perfekt zu sein und Tille geht in der Rolle als Vater buchstäblich auf. Doch das stressige Familienleben hat auch seine Schattenseiten: Ihm fehlt die Zuneigung seiner Frau Ada, die Zweisamkeit, vielleicht sogar die Unbeschwertheit von früher. Nachdem er also einen Abend nach dem anderen einen Korb kassiert, schwingt er sich aufs Rad und sucht sich das Begehren woanders – mit fatalen Folgen. Tilles Opfer, die erst sechzehnjährige Rosa, überlebt die Nacht nicht und es soll dreizehn Jahre dauern, bis ihr Mörder gefasst wird.

In Du gehörst mir wird die Geschichte, wie ich oben schon erwähnte, aus der Sicht des Mörders geschildert. Tille Storkema erzählt dem Leser von seinem Leben: von seiner Ehe, seinen Kindern, seinen Eltern und dem Bauernhof. Man lernt ihn als liebevollen und fürsorglichen Menschen kennen und kann sich kaum vorstellen, wie ein so sympathischer Mann zum Mörder wird. Interessant fand ich, dass die eigentliche Tat gar nicht so sehr im Mittelpunkt steht. Es wird nicht im Detail beschrieben, wie Tille sein Opfer verletzte und letztendlich tötete. Vielmehr geht es darum, wie es überhaupt dazu kommen konnte und wie er es schaffte, sein normales Familienleben weiterzuführen. Während der Ermittlungen plagen Tille immer wieder schwere Gewissensbisse und er erinnert sich an den folgenschweren Abend zurück, doch als Leser bekommt man immer nur kleine Lichtblicke geschildert, nie das Ausmaß der Tat. Als jedoch seine Tochter Suze immer älter wird, habe ich angefangen, Tilles Absichten ihr gegenüber zu hinterfragen. Da Du gehörst mir aus der Sicht des Mörders erzählt wird, bekommt man einen ganz genauen Einblick in seine Gedanken und erfährt daher von seiner bedingungslosen Liebe zu seiner Tochter, doch zum Ende hin erreicht Suze das Alter seines Opfers und Tille fängt an, sie mit anderen Augen zu sehen …

Du gehörst mir von Peter Middendorp ist auf seine eigene Art und Weise verstörend, denn als Leser beginnt man sehr schnell, mit dem Mörder zu sympathisieren. Zwar fallen ausladende Beschreibungen des Tathergangs weg, doch Tilles Gedanken sind düster, schockierend und lassen einen teilweise nicht mehr los. Auch ich höre seine Stimme noch in meinem Kopf und werde sie so schnell vermutlich nicht mehr vergessen.

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Veröffentlicht am 31.01.2020

Eine zweite Chance im Leben

Tod.Ernst
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Was würdest du tun, wenn dir das Leben eine zweite Chance gibt? Würdest du den Tag noch einmal genauso verbringen oder würdest du etwas ändern? Und wenn du etwas ändern würdest, was genau wäre das? Genau ...

Was würdest du tun, wenn dir das Leben eine zweite Chance gibt? Würdest du den Tag noch einmal genauso verbringen oder würdest du etwas ändern? Und wenn du etwas ändern würdest, was genau wäre das? Genau mit diesen Fragen fühlt sich Alex zu Beginn von Tod.Ernst konfrontiert. Sie steht in einer Leichenhalle und blickt auf ihren eigenen leblosen Körper hinab. Sie hat keine Ahnung, wie sie dorthin gekommen ist oder was dazu geführt haben könnte, dass sie gestorben ist. Dann gesellt sich ein Mann zu Alex und macht ihr ein Angebot: Sie darf den letzten Tag noch einmal durchleben und bekommt somit die Chance, ihren Tod zu umgehen. Doch es gibt einen Haken: Sollte sie es tatsächlich schaffen und am Leben bleiben, dann muss jemand anderes an ihrer Stelle sterben … und sie muss bestimmen wer.

Als Alex am Samstagmorgen – ihrem vermeintlich letzten Tag – aufwacht, kann sie sich an die Begegnung in der Leichenhalle nicht erinnern. Obwohl sie tierische Kopfschmerzen hat und sich nicht gut fühlt, geht sie trotzdem zu ihrer Aushilfsarbeit im Altenheim. Immer wieder hat sie merkwürdige Vorahnungen – beim Radiosprecher weiß sie ganz genau, was er als nächstes sagen wird – und es kommt das Gefühl in Alex auf, dass sie gewisse Dinge nicht zum ersten Mal erlebt. Oder kann sie vielleicht einfach nur die Zukunft vorhersagen? Je weiter der Tag voranschreitet, desto schneller läuft ihre Zeit ab. Schafft es Alex, ihren Tod zu verhindern?

Direkt zu Beginn von Tod.Ernst wird Alex vor eine scheinbar unmögliche Aufgabe gestellt und die Handlung nimmt somit direkt an Fahrt auf. Im weiteren Verlauf sackte die Spannung für mich jedoch teilweise etwas ab, da zu viel Zeit im Altenheim verbracht wird. Da sich Alex an die Begegnung in der Leichenhalle nicht erinnern kann, ist es für sie zunächst ein Tag wie jeder andere und das bedeutet, dass sie im Heim aushilft. Hier hätte man sich von der normalen Routine vielleicht etwas lösen und Alex vor neue Aufgaben stellen können. Auch die Freundschaft zu Tash hat mir gar nicht gefallen. Immer wieder schämt sie sich für Alex‘ Panikattacken und bevorzugt lieber eine „normale“ Freundschaft, weswegen sie sich auch Ersatz holt. Doch Alex scheint so an Natasha zu hängen, dass sie ständig versucht, es ihr recht zu machen, in der Hoffnung, ihre Konkurrentin Val ausschalten zu können.
Abgesehen davon schafft es die Handlung aber zum Ende des Romans den Spannungsbogen wieder hinaufzuklettern. Das direkte Ansprechen des Lesers, welches ich zu Beginn des Buchs gewöhnungsbedürftig fand, ist am Schluss clever gewählt und verleiht der Geschichte einen gewissen Kick. Tod.Ernst endet genauso nervenaufreibend wie es angefangen hat und gibt den Lesern eine Weisheit mit auf den Weg: Genießt das Leben, denn es kann viel zu schnell vorbei sein.

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