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Veröffentlicht am 07.03.2020

Der Doppelgänger

Nevernight - Die Rache
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Mia Corvere hatte es geschafft, sie hatte den Konsul Julius Scaeva erwischt. Und doch ruft sich eben dieser Julius Scaeva zum Imperator aus und hat nun alle Macht, Mia zu jagen. Der Tote war ein Doppelgänger. ...

Mia Corvere hatte es geschafft, sie hatte den Konsul Julius Scaeva erwischt. Und doch ruft sich eben dieser Julius Scaeva zum Imperator aus und hat nun alle Macht, Mia zu jagen. Der Tote war ein Doppelgänger. Und so steht Mia erneut vor ihrer größten Aufgabe, den Imperator zu stürzen. Mit auf den Weg nimmt sie den Sohn des Imperators, denn solange sie den Jungen hat, wird Scaeva alles daran setzen, dessen Leben zu schützen. Darauf baut Mia, auch dass dadurch ihr alter Lehrer geschützt ist. Viel Zeit bleibt ihr nicht, denn die nächste dunkle Nacht ist nah.

Wenn man die beiden anderen Bände jeweils als Hörbuch-Download genossen hat, erlebt man hier die Überraschung der Fußnoten, die ja kein Mensch braucht. Und auch wie die Namen buchstabiert werden, erschließt sich gelesen wesentlich besser. Mias letzter Weg zur Vereinigung der Vielen ist hart und lang. Wieder erlebt sie viele Kämpfe und muss große Gefahren bestehen. Auch emotional ist Mia Corvere außerordentlichen Belastungen ausgesetzt. Nicht in allem kann ihr die Ausbildung zur Assassine helfen, schließlich ist sie doch eine junge Frau, der die Familia über alles geht. Ihre treuen Weggefährten sind Stütze und Last zugleich.

Dieser Abschluss der Nevernight-Trilogie hat es wirklich in sich. Mia Corvere hat einiges zu überstehen. Sie stellt sich einer Aufgabe, von der man meint, sie kann unmöglich lösbar sein. Und wird das Ende so sein, wie es im ersten Band vorhergesagt wird? Nun, dass wird jeder Leser selbst herausfinden. Jay Kristoff jedenfalls erfreut sein Publikum mit einem fulminanten Finale und seine teils deutliche und provokante Sprache bildet eine erfreuliche Abwechslung zu etlichen eher zurückhaltenden Stilen. Und so ist man einer wahren Achterbahnfahrt ausgesetzt, aus emotionalen Szenen, witzigen Dialogen, grausamen Kämpfen und auch schrecklichen Verlusten. Irgendwie besteht man die Fahrt und ist beeindruckt von dieser ungewöhnlichen Reise in die Wahrnacht.

Veröffentlicht am 06.03.2020

Entführt

Liebes Kind
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Vor Jahren verschwand die Studentin Lena. Sie wurde nie gefunden und ihrer Eltern wünschen sich nichts sehnlicher als zu erfahren, was mit ihrer Tochter geschehen ist. Dann wird eine bei einem Unfall verletzte ...

Vor Jahren verschwand die Studentin Lena. Sie wurde nie gefunden und ihrer Eltern wünschen sich nichts sehnlicher als zu erfahren, was mit ihrer Tochter geschehen ist. Dann wird eine bei einem Unfall verletzte junge Frau mit ihren zwei Kindern im Krankenhaus eingeliefert. Ihre Beschreibung passt auf Lena. Die Eltern Karin und Matthias wissen nicht, wie sie reagieren sollen. Können sie wirklich Hoffnung schöpfen? Die junge Frau ist schwer verletzt und die Kinder sind so verstört, dass ihre Angaben zunächst nicht so richtig eingeordnet werden können.

Am Schlimmsten ist es, wenn man nicht weiß, was passiert ist und wo ein geliebter Mensch geblieben ist. Kann ihre Tochter Lena nach mehreren Jahren wirklich wieder auftauchen? Kann sich die größte Sehnsucht erfüllen? Und die beiden Kinder? Haben sie sogar Enkel? Was haben sie mitgemacht? Sie erfahren von dem Leben in der Hütte, von einem Mann, der alles kontrolliert, der den Tag bis ins Kleinste durchgetaktet hat. Die Enkelin Hannah ist wie ein wandelndes Lexikon, die allerdings der Welt abgewandt scheint. Der jüngere Jonathan ist emotionaler und auch labiler als seine Schwester. Die Erzählungen der Kinder und der jungen Frau zeichnen ein beinahe unglaubliches Bild.

Eine Entführte, die vermeintlich wieder auftaucht und das auch noch mit zwei Kindern. Beim Lesen dieses Buches, das wunderbar subtil mit dem spielt, was preisgegeben wird, beginnt man jeden zu verdächtigen etwas Übles im Schilde zu führen. Wer hat welche Motive? Was ist tatsächlich geschehen? Wer ist das liebe Kind? Gleichzeitig versucht man sich hineinzuführen in eine junge Frau, die entführt und eingesperrt wurde. Zum Glück ist das kaum möglich, weil man die Erfahrung nicht hat, aber man bekommt doch einen Eindruck von dem Grauen. Und man kommt auf die wildesten Ideen, was wirklich geschehen sein könnte. Da ist schließlich die eigene Phantasie überbordender als die überraschende Auflösung der Autorin. Doch mit dem Geschick wie Romy Hausmann damit spielt, welche Anregungen sie ihrem Publikum gibt, ist dieses Erstlingswerk ausgesprochen lesenswert.

Veröffentlicht am 05.03.2020

Brunnenleiche

Glasflügel
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Endlich ist das Baby da, Anette Werner ist in Elternzeit. Und obwohl sie ihre kleine Tochter umhegt, hat sich das große Mutterglück noch nicht eingestellt. Anette vermisst ihre Arbeit. Und Jeppe Kørner ...

Endlich ist das Baby da, Anette Werner ist in Elternzeit. Und obwohl sie ihre kleine Tochter umhegt, hat sich das große Mutterglück noch nicht eingestellt. Anette vermisst ihre Arbeit. Und Jeppe Kørner vermisst Anette. In einem Brunnen in der Stadtmitte wurde eine Leiche gefunden und Jeppe leitet die Ermittlungen. Bei dem Opfer handelt es um eine Mitarbeiterin eines Krankenhauses, eine auf den ersten Blick unbescholtene Frau. Die Polizeibeamten finden zunächst keine eindeutigen Hinweise. Jeppes alte Bekannte Esther de Laurentis braucht neuen Schwung in ihrem Leben. Vielleicht bietet des Einzug eines neuen Nachbarn hier eine Chance.

In seinem dritten Fall ist Jeppe Kørner zum ersten Mal auf sich alleine gestellt. Der Umbruch in seinem Leben ist fast geschafft, die Trennung überwunden, das Haus verkauft. Dass er übergangsweise wieder bei seiner Mutter wohnt, ist nicht ideal, aber es ist eben so. Umso glücklicher ist er über die neue Frau in seinem Leben. Dagegen tut Anette Werner sich noch etwas schwer mit dem Familienleben und so ganz kann sie es nicht lassen, Nachforschungen anzustellen. Der Fall führt ins Gesundheitssystem Dänemarks. Auch wenn in Dänemark der Glücksquotient hoch ist und das Leben hyggelig, so sind die Mitarbeiter in den Krankenhäusern und Praxen doch gestresst und überarbeitet, so wie eigentlich überall.

Wie so häufig bei Ermittlungen dauert es ein Weilchen, bis sich aus einigen Spuren ein Bild ergibt. Mit leichter Hand und einigem Humor versteht es die Autorin, ein interessantes Thema aufzuarbeiten. Sie beschreibt die Überforderung in der Gesundheitsbranche und auch die Tragik, die sich daraus ergeben kann. Aber auch die Abgebrühtheit und Gier, die entstehen können, wenn in ein System viel Geld fließt. Eine Thematik, die einen schon mitnimmt. Dann freut man sich auf die Ausflüge zu Esther und Gregers, wobei man besonders Ester manchmal einen größeren Anteil am Geschehen wünscht. Sie wäre sicher für so manche Idee gut. Insgesamt ist dieser fesselnde Kriminalroman bestens geeignet, um einen Einblick in die nicht ganz so heile Welt der Medizin zu erhalten. Dabei wird nichts beschönigt, aber dennoch so elegant beschrieben, dass die Unterhaltung nicht zu kurz kommt. Hinzu kommt, dass man sich bei einem dritten Fall schon auf das Wiederlesen guter alter Bekannter freut.

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Veröffentlicht am 04.03.2020

Die wahre Bestimmung

Die Ladenhüterin
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Schon als Kind war Keiko anders, sie nahm es schon damals allzu wörtlich. Fand sie einen toten Vogel, dachte sie, er könne zum Verzehr geeignet sein, während ihre Schwester das Tierchen ehrenvoll bestatten ...

Schon als Kind war Keiko anders, sie nahm es schon damals allzu wörtlich. Fand sie einen toten Vogel, dachte sie, er könne zum Verzehr geeignet sein, während ihre Schwester das Tierchen ehrenvoll bestatten wollte. Und so zieht es sich durch ihre Kindheit und Jugend. Ihr Studium schafft Keiko zwar mit Ach und Krach, aber einer richtigen Anstellung fühlt sie sich nicht gewachsen. Ihr Aushilfsjob in einem Convenience Store einem sogenannten Konbini ist wie eine Offenbarung. Endlich hat sie ein Vorbild im Verhalten ihrer Kollegen und ein Handbuch, endlich fällt sie nicht mehr auf.

Doch in diesem berührenden kleinen Roman bleibt es nicht lange bei dem angenehmen Leben im Konbini. Mit Mitte dreißig hat Keiko ihre Aushilfsstellung immer noch inne und wieder fällt sie auf. Normale junge Frauen haben in dem Alter eine ordentliche Arbeit, Hobbys, eine Familie. Keiko beginnt zu überlegen, wie sie ihre Situation verbessern könnte. Vielleicht bietet der neue Mitarbeiter, der ihr irgendwie ähnlich zu sein scheint, die Rettung.

In diesem kurzen Hörbuch/Büchlein steckt eine ganze Menge. Wie engstirnig ist die Gesellschaft - und das ist hier sicherlich nicht viel anders als in Japan - wenn sie eine junge Frau wie Keiko nicht einfach so sein lassen kann wie sie ist. Augenscheinlich hat Keiko eine Art autistische Störung, die sie zwar ganz gut funktionieren lässt, sie aber doch von denen unterscheidet, die sich als normal bezeichnen. Gut kann man Keikos Erleichterung nachempfinden als sie endlich im Konbini angekommen ist und ihre Bestimmung gefunden zu haben scheint. Warum verlangt ihre Familie von ihr, normal zu werden. Warum lassen ihr die Kollegen nicht einfach ihren Job? Wie traurig, dass sie darüber nachdenken muss, etwas an ihrem Leben zu ändern, um nicht mehr aufzufallen. Und mit ihrem männlichen Gegenpart findet sie tatsächlich einen, neben dem sie wie ein Ausbund an Normalität wirkt. Am Ende befreit sich Keiko von allen Konventionen und geht mit Freude und Erleichterung ihrer waren Bestimmung nach.

Ein gefühlvoller kleiner Roman, der einem vor Augen hält, dass Menschen grundsätzlich so genommen werden sollten wie sie sind.

Veröffentlicht am 01.03.2020

Frau ohne Namen

Milchmann
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Plötzlich ist er da. Sie will nichts von ihm, doch er geht nicht weg. Ihre Mutter möchte, dass sie einen richtigen Freund von der richtigen Straßenseite hat und heiratet und Kinder bekommt. Allerdings ...

Plötzlich ist er da. Sie will nichts von ihm, doch er geht nicht weg. Ihre Mutter möchte, dass sie einen richtigen Freund von der richtigen Straßenseite hat und heiratet und Kinder bekommt. Allerdings hat sie nur einen Vielleicht-Freund, von dem die Familie nichts wissen soll, und diesen Stalker. Von dem dagegen erfährt die Nachbarschaft und obwohl sie beteuert, dass sie von diesem alten Mann, der Milchmann genannt wird, nichts will, gilt sie doch bald als sein Liebchen. Da kann sie so oft das Gegenteil behaupten wie sie will. Niemand glaubt ihr.

Dieser Roman, in dem die wenigsten Personen einen Namen haben, könnte in die 1970er passen. Er könnte in ein Land wie Nordirland passen, wo es falsche Straßenseiten gibt, falsche Zugehörigkeiten und Familienmitglieder, die bei Bombenanschlägen umkommen, erschossen werden oder einfach an Krankheiten sterben. Benannt werden die Menschen nach ihrer Position in der Familie: Ma und Pa, Schwester Eins, Mittelschwester, Bruder Eins und so weiter. Denn auch Namen können falsch sein und eine falsche Zugehörigkeit anzeigen. Und vor dem Telefonieren wird jedesmal geschaut, ob die feindliche Macht eine Wanze platziert hat. So einfach ist es da nicht, jung zu sein, tanzen zu wollen und aus Vielleicht-Freund einen Freund zu machen.

Dieses Buch wurde mit Preisen wohl bedacht und viel gelesen und diskutiert. Nicht leicht zu lesen ist der Stil, den die Autorin gewählt hat. Es wirkt, als erzähle sich die namenlose Heldin selbst ihre Geschichte. Dabei gibt es kaum wörtliche Rede und nur wenige Absätze. Man muss entscheiden, ob man sich so auf die Geschichte einlassen kann. Diese hat es nämlich in sich. Wie durch das bloße Stalking, das die 18jährige Mittelschwester in keiner Weise will, ein Gerücht entsteht, gegen das alles Ankämpfen nichts nützt. Dann noch diese Umgebung fast wie in einem Krieg, jeder bespitzelt die anderen und jedem kann ein gewaltsamer Tod drohen. Beschreibungen davon sind sehr eindringlich und gelungen. Ein Roman, der beim Lesen etwas auslöst und der sich damit wohl als preiswürdig erweist.

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