Nur eine Null zuviel
RattentanzWas für ein faszinierendes Buch. In seinem Debütroman zeigt Michael Tietz auf wie schnell unsere Zivilisation zusammenbrechen kann.
Es begann wie ein dummer Jungenstreich. Zwei Schüler hatten Prüfungsangst ...
Was für ein faszinierendes Buch. In seinem Debütroman zeigt Michael Tietz auf wie schnell unsere Zivilisation zusammenbrechen kann.
Es begann wie ein dummer Jungenstreich. Zwei Schüler hatten Prüfungsangst und entwickelten einen aus drei Komponenten bestehenden Virus, der sich im Computersystem des Gymnasiums breit machen sollte. Der Virus war mit einem Zeitzünder versehen, doch versehentlich hängten sie eine Null zu viel an die Programmierung. Dann am 23. Mai morgens Punkt 7.00 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit läuft etwas falsch. Flugzeuge stürzen ab, der Strom ist weg, es läuft kein Wasser mehr, das Telefon ist tot und selbst das Navigationssystem streikt. Nach wenigen Stunden bricht ein Chaos aus. Es geschehen Plünderungen und Morde. Lebensmittel gehen aus. Die bestehende Ordnung wird ausgehebelt.
Am Beispiel der Familie Seger aus Wellendingen erlebt der Leser die Auswirkungen des Zusammenbruchs. Zum Zeitpunkt des Geschehens arbeitet Eva Seger im Krankenhaus in Donaueschingen, ihre Tochter Lea wird zu Hause von der Nachbarin betreut und ihr Mann Hans ist auf Dienstreise in Schweden. Eva und Hans machen sich in dem Chaos zu Fuß auf den Weg nach Wellendingen zu ihrer Tochter. Auf ihrer Reise lernen sie die unterschiedlichsten Menschen kennen. Einige versuchen sich der ungewohnten Situation anzupassen, andere kommen nicht damit zurecht.
Das Buch hat mich stark beeindruckt und regt zum Nach- und Umdenken an. Es wird aufgezeigt wie abhängig wir heute von Strom und Computer sind und welche Auswirkungen dieses auf die bisherige funktionierende Gesellschaft hat. Die Schilderungen der menschlichen Abgründe haben mich teilweise schockiert.
Die Geschichte ist flüssig geschrieben. Da der Roman im Südschwarzwald angesiedelt ist und nicht irgendwo im fernen Amerika spielt, fühlt man sich sehr angesprochen. Die handelnden Personen sind keine Übermenschen, sondern ganz normale Individuen wie du und ich, dass es einen leicht fällt, sich in sie hinein zu versetzen.
Obwohl mich zu Beginn die vielen Schwenks zu den unterschiedlichen Handlungsorten etwas verwirrt haben, kann ich sagen, ein spannendes Buch, das ich in wenigen Tagen verschlungen habe.