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Veröffentlicht am 05.04.2020

Zum Träumen, aber trotzdem mit Tiefgang

Hibiskustage
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Manchmal braucht man einen Roman wie diesen, um Abtauchen und Träumen zu können und die Welt um sich herum zu vergessen. Wer auf das himmliche Cover guckt, weiß wohin wir uns bei "Hibiskustage" begeben: ...

Manchmal braucht man einen Roman wie diesen, um Abtauchen und Träumen zu können und die Welt um sich herum zu vergessen. Wer auf das himmliche Cover guckt, weiß wohin wir uns bei "Hibiskustage" begeben: auf eine wunderschöne Insel unter Palmen. Genau dorthin, nämlich auf Hawaii, werden auch Mel, Kerstin und Sarah von ihrer Freundin Izzy eingeladen, die demnächst ihren 40. Geburtstag feiert.

Die vier Frauen waren während der Schulzeit beste Freundinnen, doch mit der Zeit ist jede von ihnen ihren eigenen Weg gegangen. Izzy ist in den USA eine bekannte Moderatorin, Mel lebt an der Ostseeküste, ist verheiratet, hat zwei Kinder und vermietet Ferienhäuser. Kerstin ist Sterneköchin, arbeitet aber unter ihrem Niveau bei ihrem verheirateten Geliebten in der Küche und Sarah, die in London lebt, gibt an Anwältin zu sein, sitzt aber in einem Großraumbüro einer Anwaltskanzlei und arbeitet als Bürokraft. So hat sich jede von ihnen kleine Geheimnisse erhalten, die sie nicht über ihren gemeinsamen Freundinnen Chat "44-ever" kommunizieren. Erst zögern die drei Frauen noch, doch dann reisen sie nach Hawaii um Izzy und die anderen wiederzusehen. Jede versucht den Schein zu wahren, doch nach und nach kommen die kleinen Lügen bzw. Verschleierungen ans Licht.

Abwechselnd lesen wir aus der Sicht von Mel, Sarah und Kerstin, die allesamt auf das Eintreffen von Izzy warten. Die vier Frauen sind sehr unterschiedlich. Jede hat ihr eigenes Päckchen zu tragen. Die gemeinsame Zeit in Izzys Haus verändert sie alle auf eigene Weise und zeigt auf, was im Leben wirklich wichtig ist. Langsam öffnen sie sich wieder und helfen einander den Blick auf das Wesentliche wiederzufinden. Dabei erfahren sie nicht nur fröhliche, sondern auch schmerzliche Momente.

Vom Plot her hatte ich eine gewisse Ahnung, wohin es gehen könnte, aber vornehmlich deswegen, weil ich einmal eine sehr ähnliche Geschichte gelesen habe, die auf den Fidschi-Inseln spielte träumSonst wäre ich wahrscheinlich nicht so bald auf das Geheimnis von Izzy gekommen.

Die lebendige und mitreißende Geschichte fühlt sich wie ein kleiner Kurzurlaub an, den wir im Moment im wahren Leben nicht antreten können. Deswegen empfehle ich allen sich mit "Hibiskustage" aus den Alltag wegzuträumen....aber Vorsicht: Es gibt auch Taschentuchalarm!

Die Charaktere und deren Entwicklung werden von der Autorin sehr gut dargestellt. Ich habe mit den vier Freundinnen mitgelitten, mitgeweint und mich mitgefreut. Alle entwickeln sich weiter und die alte Verbundenheit stellt sich am Ende wieder ein.

Die Landschaftsbeschreibungen, das Inselfeeling und die Bräuche der Einwohner sind so wunderbar dargestellt, dass man am liebsten sofort den Koffer packen würde. Die Meeresschildkröten, die in der Bucht schwimmen und aussehen wie alte Damen mit Kopftuch; Sarahs Surfversuche, die schlussendlich ihre Liebe zum Meer entdeckt oder die wunderschönen Hibiskuspflanzen in Izzys Garten, sowie die einheimischen Speisen aus dem Food-Truck von Mike, zeigen die Besonderheiten des Settings auf. Es gibt so viele wunderbare und magische Momente in diesem Roman, dass man den Zauber der Geschichte einfach nur genießen muss.

Die einzige Kritik, die ich an dieser wunderbaren Geschichte habe, ist die am Ende durchgeführte (verbotene!) Wanderung auf den Haiku Stairs (cirka 3.920 Stufen), auch genannt "Stairway to Heaven", auf die Bergspitze. Diese Strecke, die sich fast über 5 Stunden zieht, ist wegen großer Gefahr gesperrt. Sabine Lay lässt ihre Protagonistinnen aber trotz Lebensgefahr hinaufwandern. Solche Ansätze finde ich in einem Buch bedenklich, denn wir hier in Österreich haben jedes Jahr mit unvernünftigen Wanderern und Bergsteigern zu kämpfen, die mit ihren unzureichenden Equipment oder bei Schlechtwetter das Leben der hiesigen Bergretter gefährden. Deswegen finde ich diese Idee der Autorin nicht gut gewählt.

Der Rest der Geschichte hat mich aber verzaubert und ich kann diesen mitreißenden Roman nur weiterempfehlen.

Fazit:
In Zeiten wie diesen kann man mit diesem Buch zu einem faszinierenden Ort voller Magie reisen und mit den Figuren Hawaii erkunden. Wundervolle Bilder, die die Schönheit der Insel aufzeigen, entstehen beim Lesen im Kopf, aber auch die Werte von Freundschaft und Zusammenhalt bringen Tiefe in die Geschichte.
Von mir gibt es eine Leseempfehlung für diesen Seelenwärmer!

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Veröffentlicht am 22.03.2020

Tolle Geschichte, die sich schwer in ein Genre einordnen lässt

Echo des Schweigens
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Wow! Dieses Buch hat mich wirklich überrascht! Eine Mischung aus Justizkrimi, Spannungsroman und einige Rückblicke in die NS-Zeit, die ich gar nicht erwartet hatte, mir aber umso besser gefielen.
Dem Autor ...

Wow! Dieses Buch hat mich wirklich überrascht! Eine Mischung aus Justizkrimi, Spannungsroman und einige Rückblicke in die NS-Zeit, die ich gar nicht erwartet hatte, mir aber umso besser gefielen.
Dem Autor ist es außerdem gelungen durch einige Verknüpfungen eine komplexe Geschichte zu kreieren, die mich bis zum Ende haben rätseln lassen, wie alles zusammenhängen könnte. Chapeau!

Aber beginnen wir einmal von vorne....Strafverteidiger Hannes Jansen steht kurz vor einem neuen Karrieresprung. Ihm wird bei erfolgreicher Verteidung eines neu aufgerollten Falles die Partnerschaft in einer alteingesessenen Hamburger Kanzlei angeboten. Nach einem neuen rechtsmedizinischen Gutachten soll ein Dessauer Polizeibeamte einen farbigen Asylwerber in einer Ausnücherungszelle misshandelt und anschließend angezündet haben. Hannes ist zuerst von der Unschuld seinen Mandaten überzeugt, doch nach und nach kommen ihm Zweifel. Als seine Referendarin plötzlich beim Prozess mit einem neuen Beweismittel auftaucht, das nur ihm zugänglich ist, beginnt er die Unschuld seines Mandaten zu hinterfragen.

Im zweiten Strang befinden wir uns in Zermatt in der Schweiz. Sophie Tauber hat eben ihre Mutter verloren. Ihren Vater hat sie nie kennengerlernt. In den Unterlagen ihrer Mutter findet sie einige Hinweise auf ihren Vater, denen sie nachgeht, wie auch eine geheimnisvolle Fotografie einer Frau. Puzzlestück um Puzzlestück reiht sich hier aneinander und führen Sophie zurück in ihre eigene Familiengeschichte und somit ins Jahr 1941, zur Jüdin Lea und der glamurösen Daphne, der Frau am Foto.
Zu diesem Zeitpunkt lernen sich auch Hannes und Sophie kennen. Da sie beide nicht intensiv über ihre Berufe sprechen und einiges auch nicht ausplaudern dürfen, weiß Hannes nicht, dass Sophie diejenige ist, die seinen aktuellen Fall neu aufrollen hat lassen....

Und in einem dritten Strang befinden wir uns im Jahre 1938 und lernen zwei sehr unterschiedliche Brüder kennen, die eine Schnapsbrennerei geerbt haben und sich um die Anteile streiten. Während einer sich den Nazis anschließt, lernt der andere eine Jüdin kennen und lieben. Lange weiß man nicht, was diese Geschichte, die immer mehr Raum einnimmt, mit Hannes und Sophie zu tun hat. Erst sehr spät begreift der Leser die Zusammenhänge, die wesentliche Bestandteile der vielschichtigen Handlung sind. Diese Komplexität macht diese Mischung aus Roman und historischen Justizkrimi zu etwas besonderen.

Aufgrund der Buchbeschreibung war ich über den Strang aus dem Dritten Reich überrascht, da ich angenommen hatte, hier dreht sich alles um die Frage um Recht und Gerechtigkeit bei der Anklage des Polizisten. Da ich aber sehr gerne historische Krimis lese, war es für mich eine überaus positive Überraschung. Zusätzlich gibt es noch eine Liebesgeschichte, die aber eher im Hintergrund bleibt, was ich gut finde. Mehr davon hätte ich nicht gebraucht...

Die Geschichte in der Gegenwart um den neu aufgerollten Fall und die Handlung aus der Vergangenheit haben aber eines gemeinsam, nämlich die Frage: "Was ist Recht und was Gerechtigkeit?" Dies ist auch der rote Faden der Geschichte, die Markus Thiele von allen Seiten beleuchtet. Dazu kommt noch das Thema Moral, die jeder anders sehen kann.

Dass der Autor selbst Rechtsanwalt ist, merkt man besonders bei seinen Auszügen im Gerichtssaal. Diese sind allerdings auch für Laien gut verständlich. Die Problematik eines Rechtsstaates, was die Schuldfrage angeht, wird sehr aussagekräftig dargestellt. Menschenrechte, Recht und Unrecht, sowie der neu aufkommende Rechtsdruck sind ebenfalls Themen, die gekonnt in die Handlung eingebracht wurden.

Eine kleine Kritik habe ich trotzdem. Die Beziehung zwischen Sophie und ihren Vater, die sich nach Jahren erst gefunden haben, fand ich nicht ganz glaubwürdig. Das Gefühl als Kleinkind vom Vater verlassen worden zu sein, steckt man nicht so schnell weg und die zu schnelle herzliche und innige Beziehung zwischen den beiden fand ich zu überhastet.

Charaktere und Schreibstil:
Die Figuren wurden sehr gut ausgearbeitet und wirken authentisch. Der Schreibstil ist klar und lässt sich gut lesen. Es ist nicht unbedingt ein Buch, das man nebenbei liest, denn die Geschichte ist vielschichtig und fesselnd.
Die Aufmachung finde ich absolut gelungen. Der Schutzumschlag und der Bucheinband darunter erscheinen negativ und postiv, schwarz und weiß, was auch hervorragend zum Thema passt.

Fazit:
Ein komplexer und vielschichtiger Roman, der mich positiv überrascht hat. Die Mischung aus Justizkrimi, Familiendrama und dem historischen Rückblick ins Dritte Reich fand ich richtig gelungen. Eine etwas andere Geschichte, die fesselt und der man auf jeden Fall alleinige Aufmerksamkeit widmen sollte. Ich empfehle diesen Roman gerne weiter!

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Veröffentlicht am 13.03.2020

Zurück in Lichterhaven

Die Liebe gibt Pfötchen
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Der neuerste Lichterhaven Roman von Petra Schier ist der vierte aus der Reihe, die aber alle unabhängig voneinander gelesen werden können. Für mich ist es mein dritter Besuch aus Licherhaven.

Diesmal ...

Der neuerste Lichterhaven Roman von Petra Schier ist der vierte aus der Reihe, die aber alle unabhängig voneinander gelesen werden können. Für mich ist es mein dritter Besuch aus Licherhaven.

Diesmal sind unsere Hauptprotagonisten Martina und Thorsten, die ich schon im letzten Band kurz kennenlernen durfte. Thorsten ist der Halbbruder von Lars aus "Strandkörbchen und Wellenfunkeln". Die beiden haben sich erst vor gar nicht langer Zeit kennengelernt, da Thorstens Mutter Deutschland verlassen hat und in die USA gezogen ist. Mittlerweile sind die beiden Brüder gute Freunde und bauen in der gemeinsamen Werft Boote. Schon vor einem Jahr hat Thorsten ein Auge auf Martina, eine kurvige Rothaarige, geworfen, doch jeder hat ihm abgeraten sie zu bedrängen. Die alleinerziehende Mutter von zwei Kindern und Witwe hat gefühlsmäßig eine Mauer um sich herum aufgebaut und fühlt sich ihrem verstorbenen Mann durch ein Verprechen gebunden. Sie hat die Trauer mit einem vollen Arbeitspensum verdrängt und hat auch sechs Jahre nach Axels Tod ein volles Programm neben Haushalt und Kindererziehung. Sie engagiert sich im Stadtradt und möchte ihren großen Traum, die Vollendung des Wellenbades, das ihr damaliger Mann geplant hatte, fertig stellen. Martina funktioniert einfach nur...das echte Leben geht an ihr vorüber...

Die Gefühle, die sich zwischen den beiden langsam entwickeln wurden sehr authentisch und glaubhaft beschrieben. Hier passiert nichts überstürzt, auch wenn die Autorin zum Ende hin wieder ein paar prickelnde Szenen eingebaut hat. Thorsten gibt sich auch redlich Mühe und ist ein sehr geduldiger Mann, der sich auch Martinas Kindern, Annika und Basti, liebevoll widmet, sie ernst nimmt und miteinschließt.
Zu den Lichterhaven Romanen gehört natürlich auch wieder ein süßes Fellknäuel. Der Mudi (ungarischer Hirtehund) Capone, den Martina aus dem Tierheim geholt hat, hält sie und ihre Kinder ganz schön auf Trab. Capone liebt es seine eigenen Willen durchzusetzen und macht so einige verrückte Dinge. Die Hundegedanken sind wieder in kursiver Schrift eingeblendet. Mir kamen sie diesmal nicht so präsent wie in den Vorgängerromanen vor. Trotzdem spielt Capone eine wichtige Rolle und versucht natürlich alles Martina und Thorsten zusammenzubringen...

Immer abwechselnd begleiten wir Martina oder Thorsten auf ihren Weg. Dadurch hat der Leser den Zugang zu ihren Gedanken und Gefühlen, spürt aber auch ihre Unsicherheiten und Ängste.
Die liebevoll ausgearbeiteten Figuren schließt man sehr schnell ins Herz. Viele Lichterhavener Einwohner kannte ich bereits, aber es gibt auch wieder ein paar neue Charaktere und ich denke ich weiß auch schon, wer im nächsten Band seine große Liebe treffen wird...

Schreibstil:
Ich liebe Petra Schiers Schreibstil, egal ob sie historische Romane, ihre Weihnachts-/Hunde- oder Lichterhaven Romane schreibt. Es gibt immer humorvolle Dialoge, der Schreibstil ist spritzig und in den Licherhaven-Romanen schätze ich auch immer die sehr bildhafte Beschreibung der Umgebung.

Fazit:
Wieder eine bezaubernde "Liebesgeschichte mit Hund " aus Lichterhaven, die ich gerne gelesen habe. Das Setting und die süßen Hunde alleine sind schon ein Pluspunkt, aber Petra Schier versteht es auch die Liebesgeschichte mit Humor und Gefühl zu erzählen. Ich freue mich schon auf den nächsten Roman aus ihrer Feder!

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Veröffentlicht am 08.03.2020

Zwischen Angst und Hoffnung

Tage des Lichts
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Ulrike Renk meinte ihr dritter Teil der Seidenstadt-Saga um die jüdische Familie Meyer sei ihr ruhigster. Dem kann ich nicht ganz zustimmen, denn ich hatte den 576 Seiten dicken Schmöker wirklich schnell ...

Ulrike Renk meinte ihr dritter Teil der Seidenstadt-Saga um die jüdische Familie Meyer sei ihr ruhigster. Dem kann ich nicht ganz zustimmen, denn ich hatte den 576 Seiten dicken Schmöker wirklich schnell durch. Die Geschichte ist fesselnd erzählt. Es mag zwar stimmen, dass es nicht viele große Spannungsmomente gibt, aber man durchlebt mit Ruth und ihrer Familie all die Ängste und Gefühle in dieser schrecklichen Zeit. Zusätzlich erfährt man mehr über die politische Lage und die Entwicklung aus der Sicht von Großbritannien bis es zum Kriegseintritt kommt.

Ruth hat im Vorgängerband alles daran gesetzt, dass sie ihre Familienangehörigen nach England nachholen kann. Nun wartet sie noch immer am Bauernhof der Sanderson auf eine positive Nachricht. Die Lage in Deutschland spitzt sich immer mehr zu und es kommt zum Krieg. Ruth erlebt diese Zeit unter größter Anspannung. Zusätzlich zu ihrer Furcht, die Eltern und ihre Schwester nicht schützen zu können, arbeitet sie jeden Tag bis zur totalen Erschöpfung am Hof mit. Olivia Sanderson behandelt sie wie ein Sklavin, doch Ruth benötigt das Arbeitsvisum, damit sie in England bleiben kann. Als ihre Elterne und kleine Schwester noch rechtzeitig, bevor England Deutschland den Krieg erklärt, in London ankommen, ist sie erstmals erleichtert und erleidet die Schikanen von Olivia mit noch größerer Geduld als zuvor. Sie weiß, nach einem Jahr kann sie gehen und Amerika ist noch immer das Ziel der Meyers.
Doch nicht nur Olivia Sanderson macht ihr das Leben schwer. Als Großbritannien in den Krieg einsteigt, erlebt sie von einigen Engländern Anfeindungen, die sie nur als Deutsche sehen und nichts von den Verhaftungen und Schikanen an den Juden wissen. Für sie ist nun auch Ruth der Feind, obwohl sie eigentlich denselben haben...
Eine große Hilfe ist Edith Nebel, die den Juden in Großbritannien und auch noch in Deutschland zu helfen versucht. Ihr Mann hat als deutscher Botschafter einige wenige Möglichkeiten, die Edith für die Geflüchteten einsetzt.

Ulrike Renk blendet in ihrer Geschichte einige Mal nach Deutschland zurück, wo sich die Lage immer mehr zuspitzt. Ihre Großeltern, Tante Hedwig und vorallem Kusin Hans, sowie auch die Familie Aretz erleben mehr oder weniger die Übergriffe der NSDAP-Anhänger und der Gestapo, die sie überwachen und schikanieren. Die beiden Familien schreiben sich zwar regelmäßig, doch die Briefe kommen nie bei den Empfängern an. Die quälende Unsicherheit, was mit den Meyers in England und auf der anderen Seite dem Rest der Familie in Krefeld passiert, macht allen schwer zu schaffen.

„...Warum tut niemand etwas dagegen? Die Welt müsste doch aufstehen, müsste sich erheben gegen Hitler und seine Schergen...“

Sehr interessant ist auch die Sichtweise Großbritanniens, die zuerst die Hinhaltetaktik benutzen, bis dies nicht mehr möglich ist und es auch zu einem Wechsel an der Spitze des Premierministerpostens kommt. Die Ängste, die Ruth zu dieser Zeit durchmacht, werden äußerst gefühlvoll und plastisch beschrieben. Zuerst die Furcht um ihre Eltern, danach die Angst von der deutschen Wehrmacht und dazu die körperliche sehr anstrengende Arbeit im Haus und auf dem Feld. Aus dem etwas verwöhnten Mädchen aus der Oberschicht, ist eine zupackende und zu schnell erwachsen gewordene junge Frau geworden, die nicht so schnell aufgibt.

Wie bereits oben erwähnt, lebt dieser dritte Band vorallem von der Atmosphäre und der Gefühlswelt der Protagonisten, sowie vom geschichtlichen Hintergrund dieser grausamen und schlimmen Zeit.
Ulrike Renk erzählt sehr eindringlich, wie es der Familie Meyer weiter ergangen ist.
Im Nachwort erfährt der Leser weitere Fakten über ihre Nachforschungen, über Wahrheit und Fiktion.
Ich freue mich schon auf den abschließenden vierten Band, der voraussichtlich auf See und in den USA spielen wird.

Fazit:
Obwohl dieser Teil der Familiensaga um die jüdische Familie Meyer ruhiger als die beiden Vorgänger ist, finde ich die Reihe von Band zu Band interessanter und spannender. Ich freue mich schon auf den Abschlussband im August.

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Veröffentlicht am 05.03.2020

Kulinarischer zweiter Band, der Lust auf Italien macht

Die Schwestern der Villa Fiore 2
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Im zweiten Band rund um die Familie Massinelli in der wunderschönen Toskana, oder richtiger in der Rufina gelegen, erfahren wir mehr über die zweite Schwester, Bianca. Nachdem wir im ersten Band Giuila ...

Im zweiten Band rund um die Familie Massinelli in der wunderschönen Toskana, oder richtiger in der Rufina gelegen, erfahren wir mehr über die zweite Schwester, Bianca. Nachdem wir im ersten Band Giuila näher kennen lernen durften und viel über den biologischen Weinbau erfahren durften, dreht sich nun alles um das "Fiore" und seinen kulinarischen Köstlichkeiten. Bianca lebt für ihr Restaurant, wo sie täglich wunderbare und leckere Kreationen herstellt. Längst ist es kein Geheimtipp mehr, sondern allgemein anerkannt. Bianca kocht nach traditionellen Rezepten ihrer Nonna und verwendet nur saisonale Produkte. Kurz bevor sich ein Tester ankündigt, der für ein Reisemagazin schreibt, kündigt der Chefkoch und verlässt über Nacht das Anwesen. Als ein Gast einspringt, der sich als der berühmte Starkoch Nando Branconi entpuppt, scheint die Welt wieder in Ordnung zu sein - doch das täuscht....

Kaum angefangen zu lesen, tauchte ich schnell wieder in die Geschichte der Familie Massinelli ein. Gleich zu Beginn gibt es eine Rückblende zum verhängnisvollen Tag an dem Bianca einen schlimmen Unfall hatte. Als sie mit ihrer Vespa auf dem Heimweg ist, wird sie von einem Auto angefahren und schwer verletzt. Der Fahrer begeht Fahrerflucht! Noch heute hat Bianca Alpträume und muss mit dem gesundheitlichen Folgen leben. Ihr Oberschenkel ist vernarbt und tägliche Schmerzen am Bein begleiten sie seit Jahren. Die einst fröhliche junge Frau hat sich total zurückgezogen und lebt seitdem nur für ihr Restaurant.

Mit Bianca hat Constanze Wilken eine sehr sympathische Figur erschaffen, die man sofort ins Herz schließt. Ihr Selbstwertgefühl hat seit dem Unfall stark gelitten. Die unsichere junge Frau sucht bei Misserfolgen immer nur die Schuld bei sich selbst. Trotzdem ist sie eine Kämpferin geblieben. Doch die Arbeit im Restaurant wird ihr langsam zu viel und der Verdacht, dass ein Mitarbeiter Sabotage betreibt, erhärtet sich.
Im Vergleich zu Giulia, die das Problem hatte, ihren Platz in der Familie zu finden, kann Bianca nicht mit ihrer Vergangenheit abschließen. Dadurch verbaut sie sich viele Chancen, vorallem in der Liebe.
Nando ist ein sympathischer Mann, der aus dem Olymp des Kochhimmels geflüchtet ist, nachdem ihm die Lust am Kochen verloren gegangen ist. In der High-Society Welt fühlt er sich nicht wirklich wohl...kommt er doch aus einem der schlimmsten Viertel Neapels. Man bekommt einige interessante Einblicke in seine familiären Verhätnisse. Nando ist ein sehr netter Mann, der mir aber fast "zu perfekt" war.
Besonders berührt haben mich die Rückblenden aus dem Leben von Nonna Teresa. Wir kommen ihrem Geheimnis in Teil zwei etwas näher, nachdem wir schon im ersten Band ein klein bisschen daran teilhaben durften.

Die Atmosphäre rund um die Villa Fiore und das Weingut wurde wieder wunderbar dargestellt. Das Setting im italienischen Hügelland verbreitet ein richtiges Wohlgefühl und lässt das Urlauberherz höher schlagen. In diesem Teil fand ich das typische italienische Flair und die Zusammengehörigkeit der Familie etwas besser herausgehoben, als in Teil Eins. Auch das ksötliche Essen lässt einem beim Lesen das Wasser im Mund zusamenlaufen.
Spannend fand ich die Suche nach dem Unfallverursacher. Die Lösung betreffend den Sabotageaktionen war mir hingegen fast zu unspektakulär. Aber es handelt sich hier ja auch um keinen Krimi, sondern um einen Roman ;).

Schreibstil:
Der kurzweilige Schreibstil liest sich wunderbar flüssig. Charaktere und Landschaft wurden mit viel Liebe zum Detail beschrieben und konnten mich mitnehmen. Einige Kapitel werden nicht nur aus der Sicht von Bianca, sondern auch aus Nandos Sicht erzählt. Die Kapitel sind kurz gehalten und verleiten dazu, noch schnell eine weiteres Kapitel zu lesen...
Am Ende gibt es noch das Rezept zur "Torta della Notta".

Fazit:
Der zweite Band rund um die Villa Fiore und der Familie Massinelli konnte mich noch mehr überzeugen, als der Auftaktband. Authentische Charaktere und die wunderbare bildhafte Beschreibung der Landschaft, sowie die Köstlichkeiten aus Biancas Küche machen dieses Buch zu einem Wohlfühlroman, der Sehnsucht nach Italien weckt.

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