Spannende Zeitreise in düstere Abgründe Stockholms
Ohne den Vorgänger zu kennen (wobei nachgeholt wird, "1793" auch zu lesen), hat mich "1794" von Niklas Natt och Dag recht schnell in seinen Bann ziehen können. Dies lag mitunter wohl an dem sehr interessanten, ...
Ohne den Vorgänger zu kennen (wobei nachgeholt wird, "1793" auch zu lesen), hat mich "1794" von Niklas Natt och Dag recht schnell in seinen Bann ziehen können. Dies lag mitunter wohl an dem sehr interessanten, spannenden und direkten Erzählstil des Autors, der die Atmosphäre des Jahres 1794 in Stockholm sehr gelungen nachzeichnet. Ich würde den Roman in das Genre "Historischer Kriminalroman" einordnen und habe vor Kurzem gelesen, dass sein Vorgänger zum "Krimi des Jahres 2019" auf der Histo-Couch gewählt wurde!
Inhalt:
Linnea Charlotta und Eric Drei Rosen wachsen zusammen auf und verlieben sich im Jugendlichenalter ineinander: Um diese unmögliche Liebe zu vereiteln, beschließen beide Familien (Erik ist von adeligem Geblüt), die zwei Liebenden zu trennen. So landet Eric in der schwedischen Kolonie Barthelemi (Antillen), und auch Nea wird fortgeschickt. Anfangs nimmt das Kennenlernen des Protagonisten Eric viel Raum ein und Niklas Natt och Dag beschreibt sehr atmosphärisch das Leben, das durch Armut, Unterdrückung und Sklaventum einerseits und Reichtum der Kolonisten und Verwalter andererseits dargestellt ist: Man erfährt von der Entrechtung, der Härte und Unmenschlichkeit, mit der Sklaven verkauft und "gehalten" wurden. Sehr viel Kritik steckt, um es auf den Punkt zu bringen, in den Worten des Arztes Dr. Fahlberg, die im Roman auf Seite 125 nachgelesen werden können. Nach langer Zeit kehrt Eric nach Schweden zurück und da die Liebe die Zeit überdauerte, wird die Hochzeit mit Linnea geplant. Eric kam nicht alleine nach Stockholm zurück; er lernte auf der Insel Ceton kennen, der in gewisser Weise Vaterersatz für ihn war und sich sein Vertrauen ergaunerte: Ceton bereitet nun alles vor - und im weiteren Verlauf des Romans wird klar, welch' ein Mensch sich hinter dieser Maske verbirgt.
Meine Meinung:
Die Braut wird in der Hochzeitsnacht ermordet und der Verdacht fällt auf Eric: Einzig die Mutter von Nea glaubt nicht daran, dass Eric ihre Tochter ermordete und beauftragt Michael Cardell damit, den wahren Mörder zu finden. Vielen wird dieser von "1793" bereits bekannt sein; für mich war er eine sehr interessante Figur, die hier an ihre Grenzen geführt wird. Nach außen hin brutal und rücksichtslos wirkend, legt er eine große Menschlichkeit an den Tag und eine Verbissenheit, dem oder den Mördern endlich auf die Spur zu kommen. Hierbei riskieren er und sein Kompagnon Emil Winge, der Bruder von Cecil Winge so einiges - und fast ihr Leben. Beide ergänzen sich hervorragend in den Ermittlungen. Auch taucht eine ebenfalls bekannte Figur auf: Anna Stina, die dem Leser die Lebensumstände von Einsamkeit, Ausgrenzung, Armut, aber auch Freundschaft und Verbundenheit schildert; hier bedient sich der Autor eines für mich ungewohnten und interessanten stilistischen Mittels.
Zeitweise schildert Niklas Natt och Dag sehr präzise einige Greueltaten und die Brutalität von Menschen, führt den Leser in Abgründe der menschlichen Seele, am Ende des Romans nimmt die spannende Handlung noch an Fahrt auf, jedoch wirkte das tragische Ende etwas überhastet.
Fazit:
Sehr atmosphärisch und in außergewöhnlichem und spannendem Schreibstil versetzt "1794" den Leser in ein düsteres Stockholm des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Wartet mit einem brutalen Mord auf, schildert jedoch auch die Lebensumstände besonders von armen Menschen in dieser Zeit sehr authentisch. Ein lesenswerter historischer Kriminalroman, auf dessen Nachfolger ("1795" ?) man durchaus gespannt sein kann! Für mich war es auch ein interessanter Ausflug in die schwedische Geschichte und man spürte, dass der Autor, selbst ein Abkömmling eines alten schwedischen Adelsgeschlechts, sich sehr für diese interessiert. Es ist ihm gelungen, die Handlungsstränge packend und fesselnd zu schreiben wie auch eine Authentizität herzustellen, die man nicht in jedem Werk so intensiv vorfindet. Eine Leseempfehlung von mir und starke 4*.