Über den alltäglichen Wahnsinn des Rassismus
In seinem Roman Eine Farbe zwischen Liebe und Hass erzählt Alexi Zentner die Geschichte des 17-jährigen Jessup, ein ganz normaler Junge aus Amerika. Er gehört zum sogenannten „white trash“ – seine Mutter ...
In seinem Roman Eine Farbe zwischen Liebe und Hass erzählt Alexi Zentner die Geschichte des 17-jährigen Jessup, ein ganz normaler Junge aus Amerika. Er gehört zum sogenannten „white trash“ – seine Mutter hat drei Kinder von drei verschiedenen Vätern, bekam das erste schon mit 14, die Familie lebt in einem Wohnwagen, das Leben ist nicht einfach. Doch Jessup ist ein guter Ringer und ein guter Football-Spieler, ein Einser-Schüler, seine Fahrkarte raus aus Cortaca, dem Ort, an dem ihn jeder kennt. Denn da sind noch sein Bruder Ricky und sein Stiefvater David John, die im Gefängnis sitzen, weil Ricky in Notwehr zwei farbige Studenten erschlagen hat. Die Familie ist zudem noch Mitglied der Heiligen Kirche des Weißen Amerika, eine Kirche, die die Überlegenheit der Weißen Rasse propagiert und zum Heiligen Rassenkrieg aufruft. Jessup selber ist anders, er geht nicht mehr in diese Kirche, seine Freundin, die Tochter seines Coaches, ist selber eine Schwarze, doch wer in einer solchen Familie aufwächst, kann den Vorurteilen kaum entkommen. Als dann noch ein grauenvoller Unfall geschieht, der das Leben aller verändert, sieht sich Jessup mehr denn je gefangen zwischen Schwarz und Weiß, Familie und Gesellschaft, Liebe und Hass.
.
Sehr einfühlsam und eindrücklich beschreibt Zentner das Leben in einem Milieu, das geprägt ist von vielfältigem Rassismus, vom Gegensatz zwischen Armut und Reichtum, von Vorurteilen und Vorverurteilungen. Man kann sich wirklich gut in die seelischen Nöte des Jungen hineinversetzen, seine Hoffnung auf ein besseres Leben nachvollziehen, die Liebe zu seiner Familie und seiner Freundin und den furchtbaren Zwiespalt, in den er dadurch gerät. Die große Frage ist, kann man sich trotz seiner Herkunft in eine andere Richtung entwickeln oder ist ein Lebensweg vorgezeichnet, aufgrund der Hautfarbe oder der Erziehung?
.
Sehr viel Tiefe erhält das Buch durch die Beschreibung von David John: er ist ein Rassist, er glaubt an die Lehren seiner Kirche, sein Körper ist übersät mit White-Power—Tattoos und doch ist er ein guter Kerl, ein liebevoller Vater, der nichts anderes will, als seine Kinder zu anständigen Menschen erziehen. Und genau dieser Gegensatz macht es Jessup so schwer, sich aus diesem von Gewalt und Hass geprägten Milieu zu lösen. Und er hat mich sehr zum Nachdenken angeregt.
.
Besonders beeindruckt hat mich die Tatsache, dass Alexi Zentner selber miterleben musste, wie fanatische Nazis einen Brandanschlag auf das Haus seiner Eltern verübten. Die Fragen, die ihn seither beschäftigt haben, hat er in diesem Roman verarbeitet.
.
Mich hat dieses Buch absolut gepackt, ich fand es äußerst spannend und es hat mich sehr zum Nachdenken angeregt. Ein wichtiges, aktuelles Thema, nicht nur in den USA. Absolut lesenswert.