Sehr bewegend!
Handlung
Das Buch erzählt parallel drei Geschichten, die auf besondere Art miteinander verwoben sind:
Josef flieht im Alter von 11 Jahren mit seinen Eltern vor den Nazis aus Deutschland. Zusammen mit ...
Handlung
Das Buch erzählt parallel drei Geschichten, die auf besondere Art miteinander verwoben sind:
Josef flieht im Alter von 11 Jahren mit seinen Eltern vor den Nazis aus Deutschland. Zusammen mit vielen anderen Juden begibt er sich auf einen Dampfer in Richtung Kuba.
Doch in Kuba ist auch nicht alles Gold, was glänzt: Isabell begibt sich 1994 als junges Mädchen ebenfalls auf eine Reise. Sie leidet Hunger und versucht zusammen mit ihrer Familie die USA zu erreichen.
Der zwölfjährige Mahmoud muss ebenfalls seine Heimat verlassen, als der Krieg nach und nach seine Heimatstadt Aleppo zerstört.
Alle drei machen sich mit ihrer Familie auf die Reise. Obwohl die Gründe für ihre Flucht nicht unterschiedlicher sein könnten – politische Verfolgung, Hunger, Krieg – verbindet sie doch einiges: Die Verzweiflung, der tägliche Kampf ums Überleben und vor allem eins: Die Hoffnung auf ein besseres Leben.
Meine Meinung
Ich musste das Buch erstmal ein paar Tage „sacken lassen“, bevor ich nun diese Rezension schreibe. Die drei Geschichten der Kinder sind wirklich bewegend. Natürlich habe ich mich schon oft mit dem Thema Flucht auseinandergesetzt – sei es in der Schule, auf Exkursionen oder in den letzten Jahren aufgrund des Bürgerkriegs in Syrien.
Oftmals geht es in Berichten und Sachbüchern um einzelne Ereignisse und Zahlen. Doch was mich viel mehr berührt, als schrecklichen Fakten, sind persönliche Geschichten.
In Vor uns das Meer findet man genau solche Geschichten und sie haben mich wahnsinnig berührt.
Josef, Isabell und Mahmoud sind frei erfundene Figuren und doch basieren die Erzählungen auf wahren Schicksalen. Viele der im Buch beschriebenen Situationen und teilweise sogar die Figuren hat es tatsächlich so oder in leicht abgeänderter Form gegeben. So gab es z.B. wirklich das Passagierschiff, dass sich im Jahr 1939 auf den Weg nach Kuba gemacht hat, um Juden die Flucht zu ermöglichen. Dass die Geschichte so nah an der Realität spielt, hat sie besonders mächtig gemacht.
Insbesondere die Geschichte von Mahmoud, die zur heutigen Zeit spielt, hat mich schockiert. Abgesehen von ein paar kulturellen Unterschieden hat die Familie in Aleppo gelebt wie wir hier in Deutschland. Sie sind zur Schule gegangen, waren einkaufen und arbeiten und hatten Smartphones. Es hätten quasi meine Nachbarn sein können! (Nur, dass hier zum Glück gerade kein Bürgerkrieg herrscht.) Dadurch konnte ich mich besonders gut mit ihnen identifizieren. Außerdem hat es mir nochmal vor Augen geführt, was sich jetzt, in diesem Moment, auf der Welt abspielt. Ich wünschte, alle Leute, die grundsätzlich gegen die Aufnahme von Flüchtlingen sind, müssten dieses Buch lesen. Ich glaube, es würde einigen die Augen öffnen.
Der Autor hat sich die Freiheit genommen, verschiebe historische Ereignisse und Personen zusammenzufassen. Dadurch hat es die Geschichte natürlich etwas dramatischer gestaltet – was für einen Roman sicherlich kein Nachteil ist – aber es zeigt vor allem auch eine größere Bandbreite der Geschichte auf. Deswegen hat es mich nicht weiter gestört.
Unabhängig davon, dass dieses Buch inhaltlich so besonders und wichtig ist, kann ich sagen, dass mir der Schreibstil sehr gut gefallen hat. Ich bin nur so durch die Seiten geflogen!
Zudem waren die Charaktere sehr gut ausgearbeitet und ich konnte alle Personen trotz der drei parallelen Geschichten problemlos auseinanderhalten.
Apropos parallele Geschichten: Das Buch hatte ein gutes Tempo, was zu einem auch diesem Aspekt geschuldet war. Man wollte einfach bei allen drei Geschichten wissen, wie es weitergeht. Ich weiß nicht, wie oft ich mir gedachte habe „nur noch ein Kapitel“ und dann doch noch lange am Lesen war. Hätte ich nicht morgens früh aufstehen müssen, hätte ich das Buch noch am ersten Abend in einem Rutsch durchgelesen.
Das Cover
Das Cover beschreibt sehr gut, worum es in dem Buch geht: Jugendliche auf der Reise in eine hoffentlich bessere Zukunft. Das tobende Meer und der Junge, der sich mit beiden Händen am Boot festhält und dennoch so aufrecht wie möglich sitzt ist ein Ebenbild der jungen Menschen im Roman Vor uns das Meer.
Ich hätte wahrscheinlich eine andere Schriftfarbe für den Titel gewählt, aber das ist vor allem Geschmacksache.
Fazit
Lies dieses Buch! Es ist nicht nur inhaltlich wahnsinnig wichtig, sondern auch noch toll geschrieben. Außerdem fliegt man nur so durch die Seiten, was auch daran lag, dass alle drei parallelen Geschichten ein gutes Tempo hatten und nie langweilig wurden.