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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.01.2017

Informativ, spannend und amüsant

Daniel is different
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Daniel ist 13 Jahre alt als sich etwas Seltsames in seinem Schulalltag ereignet und er in Folge dessen bestätigt sieht, dass er verrückt ist. So beginnt das Buch „Daniel is different“ des US-Amerikaners ...

Daniel ist 13 Jahre alt als sich etwas Seltsames in seinem Schulalltag ereignet und er in Folge dessen bestätigt sieht, dass er verrückt ist. So beginnt das Buch „Daniel is different“ des US-Amerikaners Wesley King. Das erste Kapitel machte mich also schon gespannt darauf, was Daniel dazu gebracht hat so zu denken.

Das Cover des Buchs ist wunderschön mit seinen vielen Zahlen, fast jede davon anders, was wiederum die Bedeutung des Buchtitels unterstreicht. Die verschiedenen Ausführungen der Ziffern wurden auch zur Bezifferung der einzelnen Kapitel verwendet. Der Schriftzug „Daniel is different“, der Autoren- und der Verlagsname glänzen und heben sich nicht nur durch die blaue Farbe vom schwarz-weißen Hintergrund ab, sie sind auch fühlbar.

Bereits aufgrund des Titels war ich neugierig darauf zu erfahren, was an Daniel anders ist: sein Aussehen, sein Verhalten oder noch etwas ganz anderes? In der Schule und im Familienkreis versucht Daniel sich unauffällig zu verhalten. Er ist intelligent, aber keine besondere Sportskanone, obwohl er zum Footballteam gehört. Seit Jahren hat er einen besten Freund. Max und er haben zwar häufig verschiedene Ansichten, aber sie ergänzen sich auch in vielen Dingen. Auf jeden Fall halten sie immer fest zueinander und helfen sich wenn es nötig ist. Manchmal allerdings versteht Max nicht, warum Daniel beim Lösen bestimmter Aufgaben in der Schule falsche Antworten ins Heft schreibt oder warum er erst gar nicht zu einer Lösung kommt. Das hängt damit zusammen, dass Daniel wieder einmal darüber nachdenkt, ob sein Ergebnis nun gut ist oder irgendwelche Konsequenzen für ihn hat. Nicht nur Zahlen haben für ihn ganz bestimmte durch ihn festgelegte Eigenschaften. Einige Lösungen sind besser als andere und ein schlechtes Resultat kann durch Wiederholung verbessert werden. Abends kann er erst nach einem festen Ritual mit besten Ergebnissen einschlafen, aber das sieht zum Glück grundsätzlich niemand.

Die Geschichte wirkt sehr realistisch und im Nachwort bestätigte sich meine Vermutung, dass Wesley King so wie sein Protagonist Daniel selbst unter Zwangsstörungen leidet. Ganz nebenbei flechtet er einiges an Wissen über dieses Thema in die Romanhandlung ein. Daniel erzählt in der Ich-Form. Dadurch brachte er mir seine Erkrankung besonders nahe, weil ich auf diese Weise seine Gedanken beim Entstehen des Zwangs und während der Ausführung nachvollziehen konnte. Daniel wurde mir schnell sympathisch und ich bewunderte, dass er sich durch seine Krankheit nicht unterkriegen lässt, sondern unbeirrt davon am Schulleben und am Sport teilnimmt. Ihren Anteil tragen dazu vor allem Menschen bei, denen er vertrauen kann. Der Autor weist auch auf die Bedeutsamkeit von professioneller Hilfe hin.

Geschickt gelingt es Wesley King spannende Handlungen einzubauen. Da ist zum einen der Einsatz von Daniel als aktiver Spieler beim Football und das Erwarten des jeweiligen Spielverlaufs. Vor allem entwickelt sich aber die Beziehung zu einer Mitschülerin zu einer mitreißenden Kriminalhandlung, so dass ich über die Seiten nur so dahinflog. Außerdem durfte ich der sanften Auseinandersetzung Daniels mit seinen Gefühlen zu zweien seiner Mitschülerinnen folgen. All das beschreibt der Autor in einem leichten und lockeren Schreibstil. Seine Schilderung ist angefüllt mit Situationen die mich trotz der enthaltenen Ernsthaftigkeit amüsierten. Zusätzlich findet sich im Buch eine kleine Geschichte, die von Daniel aufgeschrieben wird, also eine Erzählung in der Erzählung.

Nicht nur äußerlich sondern vor allem vom Inhalt her ist „Daniel is different“ ein ganz tolles Buch. Es bietet dem Leser die Möglichkeit mehr über Zwangsstörungen, zu denen Zwangsgedanken und –handlungen gehören, zu erfahren. Hoffentlich kann es auch Betroffene dazu veranlassen, sich Hilfe zu suchen. Auf jeden Fall wird ihnen das Buch das Gefühl vermitteln, mit ihrer Krankheit nicht allein zu sein. Das Buch bietet genügend Stoff für eine Diskussion. Ich möchte dieses Buch gerne jedem ans Herz legen.

Veröffentlicht am 05.01.2017

Ein Highlight unter den deutschen Thrillerbüchern

Der Todesprophet
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„Der Todesprophet“ im gleichnamigen Thriller von Chris Karlden versetzt Berlin in Aufregung. Der Titel ist angelehnt an sein Tatmotiv. Eine Spritze, wie auf dem Cover zu sehen, kommt zwar auch zum Einsatz, ...

„Der Todesprophet“ im gleichnamigen Thriller von Chris Karlden versetzt Berlin in Aufregung. Der Titel ist angelehnt an sein Tatmotiv. Eine Spritze, wie auf dem Cover zu sehen, kommt zwar auch zum Einsatz, doch seine Tötungsmethode ist sehr viel subtiler.

Bereits im Prolog lernt der Leser den Journalisten Ben Weidner kennen. Für einen Artikel ist er in Äthiopien unterwegs als er plötzlich in eine ungeahnte, tödliche Extremsituation gerät. Doch trotz des bleibenden Schreckens verweigert er jede Therapie. Seine Ehe mit Nicole leidet darunter und steht kurz vor der Scheidung. Eines Tages findet Ben nach einem interessanten Abend mit einem Date auf der Suche nach seinem Handy in der Wohnung der jungen Frau deren Leiche. Die Angabe eines Datums am Fundort lässt bald eine Vermutung Wirklichkeit werden, denn eine weitere Leiche wird zur angegebenen Zeit gefunden. Ben ist erstaunt, weil er der Taten verdächtigt wird. Aber aufgrund der Ereignisse in Afrika leidet er unter Flashbacks und Bewusstseinsausfällen. Die Fakten sprechen gegen ihn und allmählich traut er sich selbst nicht mehr. Er ahnt noch nicht, dass das Grauen für ihn noch nicht seine schlimmste Form angenommen hat und bald schon kämpft er um weit mehr als nur seine Unschuld.

Geschickt baut Chris Karlden Ben von Beginn an als potentiellen Mörder auf. Seine Motive sind begründet und selbst Ben glaubt schließlich daran, dass er während Aussetzern seines Bewusstseins die Taten vollzogen hat. Ich wollte dieser These nicht folgen, aber leider sprachen immer mehr Fakten dafür. Gerne hätte ich Ben sympathisch gefunden, aber sein Widerstand gegen eine Psychotherapie und die Konsequenzen daraus machten ihn mehr zu einer bedauernswerten Person. Dennoch fand ich es gut, in diesem Thriller mal nicht die üblichen Kriminalkommissare als Ermittler zu sehen, sondern mit Ben eine Person die um ihre Unschuld kämpft.

Der Thriller ist hervorragend konstruiert auch wenn sehr viele Zufälle eine Rolle spielen sowie die Arglosigkeit eines Charakters von dem ich dies nicht vermutet hätte. Alles erscheint schließlich schlüssig auch wenn etwas sehr oft auf die grausamen Erlebnisse von Ben als Motiv hingewiesen wird. Ben bleibt ständig in Bewegung was dazu beiträgt, das ständig etwas passiert und keine Langeweile aufkommt. Es gibt etliche unerwartete Wendungen selbst in den brenzligsten Situationen bei denen der Autor durch seinen Einfallsreichtum glänzt. Die Spannungskurve bleibt dadurch hoch bis zum Schluss. Vor allem habe ich lange gerätselt ob Ben wirklich der Täter ist. Für eine Antwort auf die Frage, wenn nicht er es war wer dann, standen mehrere Personen zur Verfügung, denen ich aufgrund dessen mein Vertrauen nicht mehr schenken konnte. Dank des leicht lesbaren Schreibstils konnte ich das Buch zügig lesen um endlich der Aufklärung näher zu kommen.

Für mich ich das Buch ein Highlight unter den deutschen Thrillerromanen und ich vergebe gerne eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 02.01.2017

Wer einmal lügt ...

Insomnia
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Seit drei Jahren treibt ein Serienmörder im Süden Floridas sein Unwesen. Neun Opfer hat man bisher aufgefunden, alle gleichen einander in bestimmten Merkmalen wie beispielsweise ihrem jugendlichen Alter ...

Seit drei Jahren treibt ein Serienmörder im Süden Floridas sein Unwesen. Neun Opfer hat man bisher aufgefunden, alle gleichen einander in bestimmten Merkmalen wie beispielsweise ihrem jugendlichen Alter und ihrer zierlichen Figur. Weil der Täter seine Opfer vor ihrem Tod mit Werkzeugen quält wird er der „Hammermörder“ genannt. Das ist die Ausgangslage im Thriller „Insomnia“ der US-Amerikanerin Jilliane Hoffman.

Je nach Fundort der Leichen sind unterschiedliche Ermittlungsteams zuständig, doch nun soll das Dezernat für Verbrechen an Kindern und Jugendlichen hinzugezogen werden. Special Agent Bobby Dees gehört dem Team seit dreizehn Jahren an. Wer den Vorgängerband „Mädchenfänger“ gelesen hat, kennt den Ermittler bereits. Ich habe das genannte Buch nicht gelesen, hatte aber keinerlei Probleme dadurch, weil die Autorin an entsprechenden Stellen Auszüge der damaligen Geschehnisse schildert, vor allem soweit sie Bobby Dees betreffen.

Insomnia, zu deutsch schlaflos ist der Täter, den ich bereits im Prolog des Buchs kennenlernen konnte. Er leidet unter Kopfschmerzen die erst schwinden, wenn er seine Fantasien auslebt. So scheu wie die Schneeeule deren Augen mich auf dem Cover fixieren, aber genauso aggressiv wie dieses Tier sein kann, agiert der Täter.

Eines Tages taucht in einem Truckstop in Südflorida die 17jährige schwerverletzte, als vermisst gemeldete Mallory Knight auf und behauptet, dass sie vom Hammermörder entführt und vergewaltigt wurde. Bobby Dees betont in einer Unterredung mit Mallory, dass er ihren Schilderungen nicht glaubt. Noch nie ist ein Opfer des Hammermörders lebend wieder aufgefunden worden. Mallory erkennt bald die Folgen ihrer Aussage, die sich fatal auf ihre Zukunft auswirken werden. An dieser Stelle erreicht die Geschichte einen ersten Höhepunkt. Das Motiv des Täters war mir vom Prolog an bekannt und auch die stattliche Anzahl der bisherigen Opfer. Nun hoffte ich darauf, dass Bobby Dees sehr bald schon Licht ins Dunkel bringen kann. Doch stattdessen sprang die Erzählung um vier Jahre in die Zukunft und das Morden ging weiter.

Jilliane Hoffman hat es geschafft, mich über die gelesenen Seiten hinweg bis zum Schluss zu fesseln. Als dann endlich der Fall vor der Klärung steht, stellte ich fest, dass noch nahezu hundert Seiten im Buch folgten. Doch das war nicht nur ein Abspann, sondern hier hielt die Autorin weiterhin den Spannungsbogen und führte ihn zu einem für mich unerwarteten Ende.

Die Geschichte wird aus einer allwissenden Erzählsicht geschildert. Ich fand es gut, dass die Handlungen immer ausreichend begründet wurden. Auf diese Weise wirkte alles realistisch und vorstellbar. Die Autorin hat einen mitreißenden Schreibstil. Sie versteht es, eine unterschwellige Spannung zu erzeugen und damit unangenehme Situationen zu erzeugen aus denen man sich nur durch schnelles Weiterlesen retten kann. Die kurzen Kapitel haben mich nicht in Ruhe verweilen lassen. Jilliane Hoffman bestückt ihre Szenerie mit mehreren potentiellen Tätern. Dazu liefert sie genauso viele Hintergrundinformationen zu den Personen die ausreichen, denjenigen zu verdächtigen. Ihre Charaktere leben nicht alle auf der Sonnenseite. Sie wurden verspottet oder reichten nicht an gewisse Maßstäbe ihrer Eltern heran.

Mich konnte dieser Thriller begeistern und daher gibt es von mir eine uneingeschränkte Leseempfehlung für alle Leser des Genres.

Veröffentlicht am 18.12.2016

Aus dem Leben eines berühmten Autors

Von Beruf Schriftsteller
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„Von Beruf Schriftsteller“ von Haruki Murakami ist das erste Buch, das ich von diesem japanischen Autor gelesen habe. Schon vielfach sind mir seine Romane im Buchhandel aufgefallen. Grundsätzlich interessiere ...

„Von Beruf Schriftsteller“ von Haruki Murakami ist das erste Buch, das ich von diesem japanischen Autor gelesen habe. Schon vielfach sind mir seine Romane im Buchhandel aufgefallen. Grundsätzlich interessiere ich mich für den Werdegang einer berühmter Persönlichkeit und durch seine Erfolge rechne ich Haruki Murakami dazu. Daher bekam ich Lust den Mensch hinter den Büchern näher kennenzulernen und das vorliegende Buch gab mir dazu die Gelegenheit. Schlicht, ohne Überflüssiges erscheint das Cover des Buches und spiegelt damit den Schreibstil des Autors wider nach dem dieser bereits zu Beginn seiner Karriere gesucht hat.

In 11 Essays erfuhr ich mehr zu Themen aus der literarischen Welt und auch zur Person Haruki Murakamis. Der Autor, dessen Werke inzwischen in 50 verschiedenen Sprachen erscheinen und dessen Leserzahlen mit jedem Buch steigen, schreibt zunächst über seine Anfänge als Schriftsteller. Nach seinem Studium eröffnete er gemeinsam mit seiner Frau ein Lokal, wozu die beiden einiges an Geld aufnehmen mussten. Die ersten Jahre waren hart, Schulden mussten abgearbeitet werden. Doch es lief immer besser und an einem Tag, wenige Monate vor seinem 30. Geburtstag, hatte Haruki Murakami ein Schlüsselerlebnis das dazu führte, dass er sich neben seiner anstrengenden Tätigkeit dem Verfassen eines Erzähltextes widmete. Mit diesem Text in seiner Urfassung war er jedoch noch nicht zufrieden, doch er diente ihm dazu einen persönlichen Stil zu finden. Noch vor Ablauf eines Jahres wurde die Endfassung des Textes für einen Nachwuchspreis nominiert.

In einem weiteren Essay widmet sich der Autor kritisch eben jenen Literaturpreisen und deren Nutzen für die Preisträger. Doch vor allem schreibt er im Folgenden in seinen Abhandlungen sehr persönlich über die Gestaltung seines Arbeitsalltag als Schriftsteller zu der die Themensuche genauso gehört wie die Ausformulierung von Charakteren. Haruki Murakami folgt einem strengen Tagesrhythmus zu der neben dem Schreibprozess auch sportliche Betätigung gehört. Er schreibt von seiner Liebe zu Musik und Film, die er auch immer wieder bewusst in seine Romane einfließen lässt, über die Gründe ins Ausland zu ziehen und über den Umgang mit Kritiken zu seinen Romanen. Die Essays sind so geschrieben, als ob der Autor sie einem Publikum vorträgt. Sie sind über einen längeren Zeitraum hinweg entstanden und haben ihm dazu gedient, über seine Arbeit nachzudenken und sich einen Überblick zu verschaffen, wie im Nachwort zu lesen ist.

Mit diesem Buch habe ich einen zurückhaltenden, unprätentiösen Autor kennengelernt, der seiner Tätigkeit diszipliniert nachgeht. Sicher hat auch die japanische Gesellschaft in der Haruki Murakami aufgewachsen und lange Zeit gelebt hat seinen Charakter mit geprägt und genau das finde ich so faszinierend beim Lesen des Buchs eines ausländischen Autors. „Von Beruf Schriftsteller“ hat mir Einblicke in Leben und Werk von Haruki Murakami gegeben und sicher werde ich demnächst einen Roman von ihm lesen und sehen ob sich das Bild, das ich mir über seinen Schreibstil gebildet habe, darin wiederfindet. Das Buch ist geeignet für Leser des Autors, die am Lebensweg von Haruki Murakami interessiert sind und Freunde von Biographien.

Veröffentlicht am 11.12.2016

Science Fiction vom Feinsten

Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten
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„Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten“ ist das Debüt der US-Amerikanerin Becky Chambers. Der Science-Fiction-Roman hat mich an der Seite der Crew von Captain Ashby Sanoso mit an Bord der„Wayfahrer“, ...

„Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten“ ist das Debüt der US-Amerikanerin Becky Chambers. Der Science-Fiction-Roman hat mich an der Seite der Crew von Captain Ashby Sanoso mit an Bord der„Wayfahrer“, einem in die Jahre gekommenen aber noch voll funktionsfähigen Tunnelerschiffs, genommen auf dem Weg durch das Weltall hin zu dem äußerlich abweisend wirkenden Planeten Hedra Ka. Das Cover lässt mich in das All schauen mit einer Vielzahl von Sternen, unbekannten Welten und Wesen. Der Lichtstreifen am Horizont, der sich von dem dunklen Raum abhebt, steht für mich symbolisch als Hoffnungsträger für die Zukunft, in die die Frau am unteren Bildrand aber auch wir selber blicken.

Rosemary Harper ist Mitte 20 und kommt vom Mars. Sie hat sich eine neue Identität besorgt und tritt nun ihre eine Stelle auf der „Wayfahrer“ als Verwaltungskraft an. Mit dem Tunnelerschiff stoßen Ashby Sanoso und seine Crew Wurmlöcher ins All um Verbindungen zwischen Galaxien zu schaffen. Die Mannschaft setzt sich nicht nur aus Menschen zusammen, sondern auch andere Lebensformen gehören dazu. Sie verständigen sich hauptsächlich auf Klip, aber jede Spezies hat auch ihre eigene Sprache, die manchmal nicht aus Wörtern oder Lauten sondern aus Gesten besteht. Der Captain ist stolz darüber, als er den großen Auftrag erhält einen Tunnel zu dem weit entfernten, unfreundlich wirkenden Planeten Hedra Ka stoßen zu dürfen. Die Anreise wird einige Zeit in Anspruch nehmen und so ist Rosemary mit den anderen Crewmitgliedern auf engem Raum eine sehr lange Zeit unterwegs.

Eigentlich hört sich die Zusammenfassung dieses Romans eher unspektakulär an: ein Raumschiff macht sich auf einen langen Weg zu einem unbekannten Planeten um dort einen Auftrag auszuführen. Was aber die Autorin aus diesem Stoff macht, ist ganz fein. Zunächst beschreibt sie die Mitglieder der Schiffsmannschaft, die sehr verschieden sind. Alle sind bestens für ihren Job ausgebildet und kommen aus den unterschiedlichsten Regionen des Weltalls. Während der Captain, der Treibstoffwart Corbin und die Techniker Kizzy und Jenks menschlicher Abstammung sind, wobei man hier noch nach deren Herkunft unterscheiden muss, gehören zur Crew außerdem die Pilotin Sissix, die zu den reptilienartigen Aandrisk gehört, der Grum Dr. Koch, der als Arzt und Koch fungiert, der Navigator Ohan, der als nachtaktives Sianatpaar beschrieben wird und die Künstliche Intelligenz (KI) Lovelace, kurz Lovey genannt.

Jede Spezies bringt aufgrund seiner Herkunft unterschiedliche Lebenserfahrungen und auch Ansichten mit, die oft kulturell bedingt sind. Es ist nicht immer einfach miteinander aus zu kommen und für jeden ein Wohlgefühl an Bord zu schaffen, beginnend bei der Raumtemperatur hin zu Kleidung und Essen. Becky Chambers thematisiert diese und andere Probleme und diskutiert sie mit viel Respekt für jede Lebensform. Die Lösung ist nicht immer die Beste, aber grundsätzlich die Fairste. Freundschaft, Verständnis und Hilfsbereitschaft stehen dabei im Vordergrund.

Im folgenden Verlauf nimmt die Crew auf ihrem langen Weg Kontakt zu weiteren Spezies auf, sei es um Ersatzteile und Essenszutaten zu beschaffen oder auch mal zum Vergnügen. Auch hier beweist die Autorin viel Einfühlungsvermögen, denn leider gibt es auch immer wieder Missverständnisse, die ausgeräumt werden müssen um den Bestand der Galaktischen Union, in dem die verschiedenen Spezies vereint sind, zu erhalten. Interessant sind auch die Gefühle, die die Lebewesen zueinander entwickeln. Beispielsweise gibt es eine Art, die ihr Geschlecht im Laufe des Lebens wechselt, bei einer anderen ist Liebe zwischen ständig wechselnden Partnern üblich und außerdem entwickelt ein Techniker eine ungewöhnlich anmutende zarte Bande zur KI an Bord.

Karin Will hatte es sicher nicht leicht, die Beschreibung all dieser außergewöhnlichen Spezies und ihrer Besonderheiten vor allem in der Verständigung ins Deutsche zu übersetzen. Es ist ihr sehr gut gelungen und ich konnte den Ausführungen problemlos folgen und sie mir gut vorstellen.

„Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten“ beschreibt dem Leser eine futuristische Welt. Jedoch zeigt die Autorin darin auch, wie ein respektvolles Zusammenleben in einer Multikulturellen-Gesellschaft möglich ist, ohne jedoch den Anspruch zu erheben, dass letztlich alle Probleme gelöst werden können und niemand Ärger macht.

Mit diesem Buch habe ich nach langer Zeit wieder einmal einen Science-Fiction-Roman gelesen. Ich hoffe nicht nur auf eine Fortsetzung des Romans, sondern auch darauf, dass wir fremden Kulturen so offen entgegentreten wie die Crew der Wayfahrer. Meine Leseempfehlung für alle Sci-Fi-Fans!