Emma ist als Psychiaterin tätig und hält auf einer Konferenz einen aufsehenerregenden Vortrag. Erschöpft vom Tag nimmt sie das Angebot des Veranstalters an und schläft im Hotel in der eigenen Stadt. Doch die Nacht soll zum grauenhaften Albtraum werden: Emma wird Opfer des „Frisörs“ einem Serienmörder, der ihr die Haare schert, sie vergewaltigt und einen Abbruch ihrer Schwangerschaft auflöst. Doch die Polizei zweifelt an, dass Emma wirklich ein Opfer ist. Der „Frisör“ hat alle anderen Opfer getötet und ein Zimmer mit der Nummer 1904 und einem Porträt Ai Weiweis gibt es im Hotel nicht. Doch Emma bleibt bei ihrer Version der Ereignisse. Traumatisiert von ihren Erfahrungen sichert sie ihr Haus umfassend ab und verlässt es monatelang nicht mehr. Bis ihr Postbote sie eines Tages bittet, ein Paket für den Nachbarn anzunehmen…
Endlich wieder ein neuer Fitzek! Jedes Jahr aufs Neue fiebere ich auf den Moment hin, in dem ich ein neues Buch des Autors in den Händen halten darf. Zum Jubiläum „10 Jahre Fitzek“ kommt die Neuheit in besonders herausstechender Aufmachung daher: Sie ist tatsächlich als Paket verpackt, unter der Umverpackung hat das Buch selber noch einmal die gleichen Paket-Aufmachung. Das sieht richtig toll aus und erhöhte noch einmal meine Vorfreude auf die Lektüre.
Die Geschichte beginnt gleich mit einem echten Gänsehaut-Prolog. Man lernt die kleine Emma kennen, in deren Schrank ein Geist namens Arthur lebt. Bislang hat sie mit Arthur nur durch die geschlossene Tür gesprochen, doch in jener Nacht steigt er zum ersten Mal aus dem Schrank. 28 Jahre später hat Emma dank einiger Therapiestunden nur noch eine blasse Erinnerung an ihren imaginären Freund von damals. Doch dem Leser wird nur ein winziger Moment des Durchatmens gegönnt, bevor ich das nächste Grauen in Form des „Frisörs“ erwartet, der Emma einen grausigen Besuch abstattet.
Das Buch weist ein hohes Tempo auf und riss mich von der ersten Seite an mit, um mich bis zum Schluss nicht mehr loszulassen. Ich wollte unbedingt wissen, was hinter Emmas Geschichte steckt – ist sie wirklich ein Opfer des „Frisörs“, und warum lebt sie dann noch? Doch damit nicht genug, der Autor wirft fleißig weitere Fragen auf. Warum ist Emma Monate später selbst angeklagt? Immer tiefer taucht der Leser in Emmas Erinnerungen ein und durchlebt mit ihr einen anderen schlimmen Tag einige Wochen zuvor.
An diesem Buch gefällt mir richtig gut, dass es mit recht einfachen Mitteln auskommt: Ein simples Paket wird zum Auslöser schockierender Ereignisse und die meiste Zeit über spielt die Geschichte im Haus der Protagonistin. Zudem konnte ich mich dank der eindringlichen Beschreibungen gut in Emmas paranoide Gedankenwelt hineinversetzen. Ich habe ihre Emotionen und damit verbundenen Handlungen nachvollziehen können, während mein rationaler Blick auf das Geschehen deren Irrationalität aufdeckte. Als Psychiaterin ist Emma zum Teil sogar selber zu dieser Leistung imstande und trotzdem nicht in der Lage, sich anders zu verhalten. Ihre hohe Selbstreflexion fand ich besonders interessant, durch sie wird noch einmal deutlich, dass eins bei Emma zwingend zum anderen führen musste. Natürlich bewegt sich Fitzek wieder am Limit der Plausibilität und hat für meinen Geschmack hier und da mal einen größeren Schritt über deren Grenze gemacht. Insgesamt bot das Buch aber bis zum überraschenden und befriedenden Schluss beste spannende Unterhaltung.
10 Jahre Fitzek! Zum Jubiläum beweist Sebastian Fitzek wieder einmal, dass er ein Meister auf dem Gebiet des Psychothrillers ist. „Das Paket“ bietet eine eindringliche, beklemmende Geschichte, die immer wieder die Richtung ändert und den Leser zu fesseln weiß. Das Buch ist vielschichtig, zugleich rasant erzählt und einfach verständlich, sodass ich mühelos in Emmas Gedankenwelt eintauchen konnte. Ein klares Muss für alle Fans des Psychothrillers!