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Annafrieda

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.04.2020

Der Spagat einer alleinerziehenden Mutter zwischen Job und Kind

Wir holen alles nach
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Dieses Buch lebt vom ruhigen Erzählstil der Autorin. Stück für Stück entwickeln sich die Charaktere, es offenbart sich dem Leser die Welt des kleinen Elvis. Er ist ein schüchternes Kind, hat kaum Freunde. ...

Dieses Buch lebt vom ruhigen Erzählstil der Autorin. Stück für Stück entwickeln sich die Charaktere, es offenbart sich dem Leser die Welt des kleinen Elvis. Er ist ein schüchternes Kind, hat kaum Freunde. Seine Welt hat Risse. Sein Vater ist weg und interessiert sich kaum für sein Kind, seine Mutter Sina strampelt sich ab und versucht irgendwie, den anspruchsvollen Job und Kind und Lebensgefährten unter einen Hut zu bringen. Wenn sie Zeit hat kümmert sie sich aber sehr um Elvis. Sie teilt das Los vieler Alleinerziehender. Sina guckt geflissentlich darüber hinweg, dass Elvis Probleme hat, über die er nicht zu reden vermag. Sie versucht ihr Gewissen damit zu beruhigen, ihm einen Hund zu schenken.

Wir lernen Thorsten, den Lebensgefährten, kennen. Auch er hatte eine Familie, doch seine Frau ist mit den Kindern weit weg gezogen und versucht, den Kontakt der Kinder zu ihrem Ex zu unterbinden.

Und wir lernen Ellen kennen, eine rüstige Rentnerin, die Elvis Nachhilfestunden gibt und sich auch sonst viel um ihn kümmert. Ellen ist eine Frau nach meinem Geschmack. Ich mag ihre Art zu leben, Lösungen zu finden in schwierigen Situationen und die Art, wie sie mit den Menschen umgeht. Es ist ein Glück, dass Elvis zu ihr geht, sie wird ein wichtiger Mensch in seinem Leben.

Das Buch greift die Problematik vieler Alleinerziehender auf, den Spagat zwischen Job und Kind/ern zu schaffen. Leider ist das nicht so einfach. Auch hier sehen wir, dass irgendwas auf der Strecke bleibt. Gott sei Dank hat die Autorin einen guten Ausgang geschaffen.

Die Autorin macht es uns nicht einfach. Sie legt falsche Fährten und wir fallen leider darauf rein, indem wir voreilig Schlüsse ziehen. Das zeigt uns wieder mal, dass wir doppelt überlegen müssen, bevor wir irgendwelche Vorverurteilungen anstellen. Manchmal ist es eben anders, als wir denken.
Und dass es umso wichtiger ist, miteinander zu reden, wenn es Probleme gibt. Dann kann man auch umsetzbare Lösungen finden. Es gibt immer einen Weg.
Auch greift sie Autorin weitere akutelle Themen auf. Auch das ist hier gut eingewoben.

Alles in allem hat die Autorin hier eine wunderbar stimmige, realistische Geschichte geschrieben. Toller leiser Erzählstil, tiefgründig. Unbedingt lesenswert!

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Veröffentlicht am 31.03.2020

Ein Blick auf Juist zu Zeiten der Weimarer Republik

Die Schule am Meer
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Der Roman entführt uns nach Juist und umfasst die Jahre 1925 bis 1934, also in die Zeit, in der Hitler an die Macht strebte und der Nationalsozialismus auch auf dieser kleinen Insel aufkeimte. Um so erfreulicher ...

Der Roman entführt uns nach Juist und umfasst die Jahre 1925 bis 1934, also in die Zeit, in der Hitler an die Macht strebte und der Nationalsozialismus auch auf dieser kleinen Insel aufkeimte. Um so erfreulicher empfand ich den Enthusiasmus einer Gruppe von Lehrern, die auf diesem Eiland in der rauen Nordsee ein Internat gründete, um ihre Ideale einer kinder- und jugendgerechten Schule zu leben. In einer Zeit, in der man die Kinder sonst nur mit Härte und Strafen erzog, war das ein Meilenstein in der Pädagogik. Man berücksichtigte die Individualität eines jeden Schülers, setzte auf die Gemeinsamkeit. Es entstand eine funktionierende Gemeinschaft fernab von Klassifizierung und Ausgrenzung. Doch die bunte Schar hatte auch mit Widrigkeiten zu kämpfen. Die eingeschworene Inselgemeinschaft, die aufkeimende Fremdenfeindlichkeit und der Judenhass trafen auch die kleine Gemeinschaft im Loog. Und auch mit den Launen der Natur hatten sie zu kämpfen. Doch sie gaben nicht auf und kämpften bis zum Schluss für ihre Ideale.
Der Roman hat mich sehr beeindruckt. Das Zusammenspiel von Fiktion und realem Geschehen hat wunderbar funktioniert. Sandra Lüpkes hat hier die Vergangenheit wieder aufleben und ein lebendiges Bild der Schule am Meer und ihrer Bewohner auferstehen lassen. Das liebevolle "Drumherum" - die Bilder im Buch, die Lagepläne und das Nachwort der Autorin tragen dazu bei, das ganze Buch als eine Einheit zu sehen. Sehr gelungen!
Hier und da hätten die Kapitel etwas geraffter sein können, aber das erwähne ich nur am Rande und es tut diesem wundervollen Buch keinen Abbruch.
Herausragend ist auch der Schreibstil von Sandra Lüpkes. Die Charaktere sind rund, viele sind mir ans Herz gewachsen.
Ich denke, es muss nicht alles bis ins kleinste Detail zu Ende erzählt werden, einiges kann auch stehen gelassen und meiner Fantasie überlassen werden. Für mich war die Geschichte absolut rund und gab mir ein Bild eines Kapitels der deutschen Geschichte, gemalt auf einem winzigen Flecken Erde. Natürlich erschrecken auch hier die Gebaren der Hitleranhängerschaft aber viel deutlicher zeichnete sich für mich ab, was positive Ziele und echte Gemeinschaft zustande bringen: denkende Menschen und die Hoffnung auf eine positive Zukunft und ehrliches Miteinander. Ein Lese-Highlight und absolut empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 15.03.2020

Ein starkes Buch

Eine Farbe zwischen Liebe und Hass
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Der 17jährige Jessup lebt in einem Wohnwagenpark in einer US-Kleinstadt. Seine junge Mutter hat ihn und seinen größeren Bruder Ricky mit in die Ehe von David John gebracht, der die beiden Jungen liebt ...

Der 17jährige Jessup lebt in einem Wohnwagenpark in einer US-Kleinstadt. Seine junge Mutter hat ihn und seinen größeren Bruder Ricky mit in die Ehe von David John gebracht, der die beiden Jungen liebt und sie gut behandelt. Sie gehören der der "Weißen Kirche des heiligen Amerikas" an, einer rassistischen Vereinigung, die uner dem Deckmantel des Glaubens ihre Ziele verfolgt. Doch Jessup ist anders. Er möche seinen eigenen Weg gehen, der Armut und der Kleinstandt entfliehen und hat aufgrund seiner guten schulischen Leistungen und als toller Foodball-Spieler eine positive Zukunft vor sich mit Aussicht auf ein Stipendium an einer Uni. Er hat mit der Kirche nichts am Hut, er hat allen Menschen gegenüber eine positive Einstellung und sogar eine schwarze Freundin. Doch die Loyalität seiner Familie gegenüber bringt ihn in Konflikte.

Sein Bruder Ricky und sein Stiefvaer David John wurden wegen des Mordes an zwei jungen Schwarzen verurteilt, sie sitzen ihre Strafe ab. Für den Rest der Familie beginnt eine schwere, entbehrungsreiche Zeit. Jessup ist sehr besorgt um seine jüngere Schwester, zu der er ein sehr gutes Verhältnis hat. Dann wird David John entlassen, alle hoffen auf leichtere Zeiten. Doch dann geschieht ein Unglück. Ein schwarzer Junge wird getötet, mit dem Jessup vorher eine Auseinandersetzung hatte. Es ist ein Unfall, doch Jessup entscheidet sich für den falschen Weg und vertuscht ihn. Die "Weiße Kirche d. h. Am." nimmt das zum Anlass, um Missgunst und Hass zu schüren und setzt alles dran, ihre rassischtischen Ziele zu verfolgen. Jessup wird zum Spielball ihfer Machenschaften.

Am Anfang des Buches kam ich nicht so richtig rein in die Geschichte, ich konnte nicht so viel mit dem breit gewalzten Foodballspiel anfangen. Doch nach dem holprigen Start hat mich das Buch sofort gefangen genommen. Der Autor beschreibt die Geschehnisse in wunderbarer Art, teilweise in kühlen Bildern, und das Unheil nimmt seinen Lauf. Die Charaktere finde ich großartig skizziert, die "Figur" Jessup empfand ich in seiner Komplexität stimmig, seine Zerissenheit, sein innerer Kampf zwischen der Loyalität seiner Familie gegenüber und seinen Wünschen, seine Angst und seine Zweifel ließ mit mitfiebern. Ein toller Charakter, der das Buch getragen hat. Das Grauen konnte sich in seiner ganzen Breite entwickeln und auch die inneren Konflikte der Personen waren gut nachzuvollziehen. Das ganze Thema bedrückend und leider wieder so aktuell. Doch es war auch schön zu sehen, dass es auch um Zusammenhalt ging, um feste Freundschaften, um Menschen, auf die man sich auch in schweren Zeiten verlassen kann.

En wichtiges Buch, das ich jedem emfehlen kann, der sich objekiv mit Rassismus auseinandersetzten möchte. Das aber auch Mut macht, nicht auf der Welle mitzuschimmen, sondern eigene Wege zu finden. Zu erkennen, dass Gewalt nicht das Maß der Dinge ist, sondern die Schwäche aufzeigt, die der Verursacher vertuschen möchte.

Unbedingt lesenswert!

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Veröffentlicht am 28.02.2020

Ein besonderes Buch

Nach Mattias
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Mattias stirbt mit 31 Jahren. Doch hier geht es nicht primär um Mattias (obwohl man am Ende ein sehr genaues Bild von ihm vor Augen hat), sondern um die Menschen, die er zurück lässt. Um deren Leben, das ...

Mattias stirbt mit 31 Jahren. Doch hier geht es nicht primär um Mattias (obwohl man am Ende ein sehr genaues Bild von ihm vor Augen hat), sondern um die Menschen, die er zurück lässt. Um deren Leben, das nach seinem Tod einen anderen, ungeplanten Fortgang nimmt. Um die Trauer, mit der jeder auf seine eigene Art und Weise umgeht. Hier geht es nicht darum, wie man es schaffen kann, mit dem schrecklichen Verlust zu leben. Es geht vielmehr um die Individualität mit diesem umzugehen, darum, dass alles richtig und wichtig ist, was danach kommt. Darum, es auszuhalten, es zuzulassen, sich einlassen zu können auf den unsagbaren Schmerz. Und trotzdem offen zu sein für das "neue" Leben. Und das man nicht alleine ist. Das Leben geht weiter - hier ist es keine abgegriffene Phrase - es steht zwischen den Zeilen und macht Mut.

Wir lernen 8 Menschen aus Mattias näherem Umfeld kennen und am Ende fügt sich alles zu einem Ganzen. Jeder geht anders mit seinem Verlust um. Seine Mutter z. B. vestummt bis sie einen Menschen trifft, der ein ähnliches Schicksal hat. Dem Autor ist es gelungen, mich mit seiner fast poetischen Sprache zu entführen. Eine Reise in ein Thema, das uns alle angeht und dem wir nicht entkommen können. Wir erleiden in unserem Leben viele Verluste und es ist so wichtig, auch eine Chance darin zu erkennen. Denn "In jedem Ende liegt ein neuer Anfang" - in diesem Buch konnte ich das entdecken.

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Veröffentlicht am 28.11.2019

Heute wieder topaktuell

Die Zeit der Töchter
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Dies ist nach "Die Stunde unserer Mütter" von Katja Maybach die Fortsetzung. Der Roman nimmt uns mit in das München der Nachkriegszeit, wo Anna und Antonia gemeinsam leben und einen Neustart wagen. Ihr ...

Dies ist nach "Die Stunde unserer Mütter" von Katja Maybach die Fortsetzung. Der Roman nimmt uns mit in das München der Nachkriegszeit, wo Anna und Antonia gemeinsam leben und einen Neustart wagen. Ihr Leben ist geprägt von den Ereignissen des Krieges und immer noch erleben sie den Hass und die Verfolgung von Menschen anderer Kulturen und Andersartigkeit. Der Holocaust hat seine Spuren hinterlassen und Vivien und Maria stellen sich mutig vor einen schwarzen Jungen und seine Mutter. Ihre Menschlichkeit bezahlt Vivien fast mit dem Leben.

Anna und Antonia gehen einen modernen Weg. In einer Zeit, in der die Rolle der Frau die des Heimchens am Herd war, waren selbstbewusste Frauen in der Minderheit. Doch die beiden sehen sich selbst mit beiden Beinen im Leben stehend und meistern auch die großen Krisen. Hier sieht man, dass ihre Mütter ihnen Vorbilder waren und ihnen gutes Rüstzeug mitgaben für ein selbstbestimmtes Leben.

Mich hat der Roman sehr beeindruckt. Auch wenn die Handlung in der Zeit kurz nach dem Krieg spielt, kann man vieles auch in die heutige Zeit übertragen. Rassismus und Verfolgung ist z. Zt. wieder aktuell, die Menschen scheinen aus den schlimmsten Zeiten nicht viel gelernt zu haben. Ich wünsche mir, dass dieser Roman vielleicht ein Beitrag dazu ist, persönliche Handlungen und Einstellungen mal zu hinterfragen.

Die Protagonisten sind gut und rund dargestellt, auch ihre Ecken und Kanten. Die Handlung ist schlüssig und es gefällt mir, dass sich am Ende nicht alles in Wohlgefallen auflöst. Emotional hat mich die Geschichte gepackt und hallt noch lange in mir nach. Sehr real schließt sich der Roman seinem Vorgänger an und vermittelt eine Botschaft., die wir hören sollten. Der Schreibstil gefällt mir sehr gut, Fau Maybach versteht es mit Worten zu zeichnen.

Unbedingte Leseempfehlung!