Cover-Bild Dankbarkeiten
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8,99
inkl. MwSt
  • Verlag: DuMont Buchverlag
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 10.03.2020
  • ISBN: 9783832184957
Delphine Vigan

Dankbarkeiten

Roman
Doris Heinemann (Übersetzer)

Michka, die stets ein unabhängiges Leben geführt hat, muss feststellen, dass sie nicht mehr allein leben kann. Geplagt von Albträumen glaubt sie ständig, wichtige Dinge zu verlieren. Tatsächlich verliert sie nach und nach Wörter, findet die richtigen nicht mehr und ersetzt sie durch ähnlich klingende. Die junge Marie, um die Michka sich oft gekümmert hat, bringt sie in einem Seniorenheim unter. Der alten Frau fällt es schwer, sich in der neuen Ordnung einzufinden. In hellen Momenten leidet sie unter dem Verlust ihrer Selbstständigkeit. Doch was Michka am meisten beschäftigt, ist die bisher vergebliche Suche nach einem Ehepaar, dem sie ihr Leben zu verdanken hat. Daher gibt Marie erneut eine Suchanzeige auf, und Michka hofft, ihre tiefe Dankbarkeit endlich übermitteln zu können.
Klarsichtig und scharfsinnig zeigt Delphine de Vigan, was uns am Ende bleibt: Zuneigung, Mitgefühl, Dankbarkeit. Und zugleich würdigt sie in ›Dankbarkeiten‹ all diejenigen, die uns zu den Menschen gemacht haben, die wir sind.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.06.2020

Einfühlsam erzählter, ruhiger, berührender und tiefgründiger Roman über das Altern und das Lebensende!

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Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Michka leidet an Wortfindungsstörungen. Nach und nach verliert sie ihre Sprache, bis sie in ein Pflegeheim umziehen muss, weil sie nicht mehr alleine leben kann. In ihrem ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Michka leidet an Wortfindungsstörungen. Nach und nach verliert sie ihre Sprache, bis sie in ein Pflegeheim umziehen muss, weil sie nicht mehr alleine leben kann. In ihrem neuen Roman beschäftigt sich Delphine de Vigan mit dem Lebensende und dem, was uns dann noch bleibt.

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Ich-Erzähler, Figuraler Erzähler / allwissender Erzähler, Präsens
Perspektive: weibliche und männliche Perspektive
Kapitellänge: kurz bis mittel (weitere Unterteilung innerhalb der Kapitel)
Tiere im Buch: + Im Buch werden kein Tiere verletzt, gequält oder getötet.
Triggerwarnung: Depression, Suizid, Tod von Menschen;

Warum dieses Buch?

Ich hatte über die Bücher der Autorin immer nur Gutes gehört. Außerdem beschäftigt mich das Thema „Altern“ sehr!

Meine Meinung

Einstieg (5 Lilien)

„Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie oft Sie in Ihrem Leben wirklich Danke gesagt haben? Als Ausdruck Ihrer Dankbarkeit, Ihrer Anerkennung, der Schuld, in der Sie stehen.
Wem?“ E-Book, Position 44

Der Einstieg in die Geschichte ist mir sehr leicht gefallen, was bestimmt auch am gelungenen Schreibstil liegt. Ab der ersten Seite wollte ich wissen, wie es weitergeht!

Schreibstil (5 Lilien ♥)

„‘Marie kommt gleich zu Ihnen.‘ […]
‚Oje.‘
Sie hat das ‚Oje‘ in genau dem Ton gesagt, in dem man ‚okay‘ sagen würde.“ E-Book, Position 90

Ich finde Delphine de Vigans Schreib- und Erzählstil ganz wunderbar! Einerseits schreibt sie sehr flüssig, klar, schnörkellos und einfach, gleichzeitig sind ihre Worte aber auch sehr eindringlich, einfühlsam, warmherzig, zärtlich und tiefgründig und schafften es, mein Herz zu erreichen und mich zu berühren. Auch die authentischen Dialoge, in denen das Ausmaß von Michkas Krankheit deutlich wird, sind sehr gut gelungen! Besonders weil man sich auch als Leserin oft schwertut, zu verstehen, was Michka eigentlich sagen möchte. Eine besondere Herausforderung muss die Übersetzung dieses Werkes aus dem Französischen dargestellt haben – doch diese wurde von Doris Heinemann bravourös gemeistert! Ich bin wirklich beeindruckt!

Idee, Inhalt, Themen & Ende (5 Lilien ♥)

„Alt werden heißt verlieren lernen. […] Das verlieren, was einem geschenkt wurde, was man gewonnen, was man verdient, wofür man gekämpft und wovon man geglaubt hat, man würde es für immer behalten.“ E-Book, Position 994

„Dankbarkeiten“ ist ein dünner Roman, der mich trotz der wenigen Seiten berühren und emotional aufwühlen konnte. Es ist stellenweise ein trauriges, deprimierendes, melancholisches, schmerzhaftes und herzzerreißendes Buch, das nur Leute mit einem Herz aus Stein kaltlassen wird. Sensible und empathische Menschen wie ich werden unwillkürlich mit Michka mitleiden. Ich habe auch die eine oder andere Träne beim Lesen vergossen. Trotzdem enthält der Roman auch zahlreiche Momente voller Wärme, Liebe, Dankbarkeit und Humor, wodurch die Geschichte immer wieder aufgelockert wird. Diese Kombination hat mir sehr gut gefallen!

„Dankbarkeiten“ beschäftigt sich auf tiefgründige Weise mit Themen wie Vergänglichkeit, Altern, Verfall, Tod, Sprache, Einsamkeit, Liebe, Dankbarkeit, Verzweiflung und Lebensende. Auch Michkas unheimliche Albträume und die dunkelsten Stunden Deutschlands (Judenverfolgung zur Zeit des Zweiten Weltkrieges) werden im Buch thematisiert. Nie rutscht die Geschichte ins Pathetische oder Kitschige ab. Alte Menschen und ihre Probleme werden in unserer Gesellschaft ja gerne mal verdrängt oder übersehen. Ich finde es schön, dass Delphine de Vigan diesen Lebensabschitt in ihrem Roman einmal in den Mittelpunkt rückt.

Mich selbst beschäftigen die Themen „Älterwerden“ und „Lebensende“ trotz meines relativ jungen Alters sehr. Ich gebe ehrlich zu, dass ich mich vor meinen letzten Jahren fürchte, vor allem nach einem Ferialjob in einem trostlosen Altenheim, der mir die Augen geöffnet hat. Es tut weh, zu sehen, wie diese ehemals stolze und unabhängige Frau immer weiter abbaut und immer hilfloser wird, weshalb das Buch für mich nicht immer leicht zu verdauen war. Trotzdem schafft es die Autorin, dass man bei der Lektüre nicht in ein Loch fällt, weil sie auch die schönen Momente am Ende des Lebens in den Fokus rückt. Ihre Botschaft: Gerade wenn das Lebensende naht, gilt: „Carpe diem – nutze den Tag!“ Jeder gemeinsame Moment mit der alten Dame wird von ihren Bezugspersonen dankend angenommen und genossen, was ich sehr schön fand. Auch das Ende ist sehr passend und gelungen, es hat mich zufrieden zurückgelassen.

Protagonist*innen und Figuren (4 Lilien)

„Sie heißt Michka. Eine alte Dame mit dem Habitus eines jungen Mädchens. Oder ein junges Mädchen, das versehentlich, durch ein böses Schicksal, alt geworden ist.“ E-Book, Position 67

Auch mit ihrer Figurenzeichnung konnte mich die Autorin überzeugen. Besonders gelungen ist die Hauptfigur des Buches: Michka, eine alte Dame und frühere Lektorin mit einer sympathischen Persönlichkeit, die langsam ihre geliebten Worte verliert und dadurch immer hilfloser wird. Hauptsächlich wird Michka jedoch von der jungen Frau, um die sie sich als Kind gekümmert hat, und von ihrem Logopäden beschrieben, meistens sehen wir also Michka durch ihre Augen. Beide waren mir sehr sympathisch – besonders Jérôme mochte ich sehr! Gerade deshalb fand ich es etwas schade, dass ihre Leben im Buch so wenig Raum einnehmen. Ich hätte sie gerne noch näher kennengelernt.

Spannung (4 Lilien) & Atmosphäre (5 Lilien)

„Dankbarkeiten“ ist eine eher ruhige Geschichte, von der man (wenig überraschend) keine Actionszenen, Verfolgungsjagden und atemlos spannende Momente erwarten darf. Dennoch entwickelt das Buch seinen ganz eigenen Sog, weil man unbedingt wissen möchte, wie die Geschichte weitergeht – auch wenn man ein wenig Angst hat vor dem, was auf einen zukommt, weil man weiß, dass es für Michka leider nur mehr in eine Richtung weitergeht: bergab. Die Atmosphäre im Altenheim und die unheimliche Stimmung in Michkas Albträumen fand ich von der Autorin ebenfalls gelungen beschrieben.

Feministischer Blickwinkel (5 Lilien ♥)

Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: keine!

Auch hier gibt es (bis auf ganz kleine Schönheitsfehler, auf die ich nicht näher eingehen werde) nichts auszusetzen. Michka ist eine beeindruckende, starke und intelligente und gut gebildete Frau, die in ihren jüngeren Jahren ganz unkonventionell auf eigene Kinder verzichtet hat, um ihre Karriere nicht aufs Spiel zu setzen. Gefallen hat mir außerdem der sensible, einfühlsame männliche Logopäde. Das Buch besteht außerdem problemlos den Bechdel-Test und ist frei von Geschlechterstereotypen.

Mein Fazit

„Dankbarkeiten“ ist ein dünner und leiser, aber sehr emotionaler und berührender Roman. Traurige, schmerzhafte Stellen wechseln sich mit Momenten voller Humor und Wärme ab. Themen wie Vergänglichkeit, Dankbarkeit und das Lebensende werden auf tiefgründige Weise behandelt. Überzeugen konnten mich auch der klare, schnörkellose, aber sehr einfühlsame und warmherzige Schreibstil, die bravouröse Übersetzung, die sympathische Hauptfigur, der Sog, den die Geschichte entwickelt und die authentischen Dialoge. Lediglich die beiden Bezugspersonen Marie und Jérôme hätte ich gerne noch näher kennengelernt. Ich kann euch dieses dünne Büchlein jedenfalls nur wärmstens ans Herz legen – wenn ihr euch bereit dafür fühlt, euch mit dem Thema „Lebensende“ intensiv auseinanderzusetzen. Taschentücher sollten auf jeden Fall in Griffweite sein!

Bewertung

Idee: 5 Lilien ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 5 Lilien ♥
Umsetzung: 5 Lilien ♥
Worldbuilding: 5 Lilien
Einstieg: 5 Lilien
Ende / Auflösung: 5 Lilien ♥
Schreibstil: 5 Lilien ♥
Figuren: 4 Lilien
Spannung: 4 Lilien
Atmosphäre: 5 Lilien
Emotionale Involviertheit: 5 Lilien ♥
Feministischer Blickwinkel: 5 Lilien ♥

Insgesamt:

❀❀❀❀❀♥ Lilien

Dieses Buch bekommt von mir fünf Lilien und ein Herz – und damit den Lieblingsbuchstatus!

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Veröffentlicht am 10.04.2020

Wenn die Worte nicht mehr greifbar sind

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Bis vor kurzem konnte Michka noch alleine in ihrer Wohnung leben, nun muss Marie, sozusagen ihre Adoptivenkelin, sie aber schweren Herzens in ein Altenheim bringen, da sie sich nicht rund um die Uhr um ...

Bis vor kurzem konnte Michka noch alleine in ihrer Wohnung leben, nun muss Marie, sozusagen ihre Adoptivenkelin, sie aber schweren Herzens in ein Altenheim bringen, da sie sich nicht rund um die Uhr um sie kümmern kann. Aufgrund der zunehmenden sprachlichen Probleme erhält Michka dort Unterstützung durch Jérôme, einen jungen Logopäden.

Dieses kleine, aber feine Buch schafft es, mit schlichten Worten eindrucksvoll die Entwicklung von Michka – und nebenbei auch die von Marie und Jérôme – zu beschreiben. Allen Beteiligten geht die Situation auf ihre Weise nah und de Vigan gelingt es auf einzigartige Weise, diese Gefühle einzufangen. Die rührenden Momente etwa, in denen sich Michka unvermittelt an aktuelle Probleme von Marie und Jérôme erinnert und sich danach erkundigt, wird wohl jeder wiedererkennen, der eine nahestehende Person mit Demenz erlebt hat.

Die Hintergrundgeschichten, wie Marie und Michka sich gefunden haben sowie die Suche nach dem Ehepaar aus ihrer Kindheit, dem Michka ihr Leben verdankt, fügen sich gut in die Erzählung ein und schaffen ein stimmiges Gesamtbild.

Aufgrund der zunehmenden Aphasie, an der Michka leidet, ist das Buch insbesondere sprachlich beeindruckend: Immer öfter fehlen ihr die Worte und häufig entscheidet sie sich dann für ein ganz anderes, so dass des Öfteren unfreiwillig komische Situationen, manchmal aber auch geradezu poetische Aussagen dabei herauskommen.

Ich habe das Buch unheimlich gerne gelesen und war fast ein bisschen traurig, als es so schnell vorbei war. Ich werde es auf jeden Fall uneingeschränkt weiterempfehlen und mir auch noch die vorherigen Bücher der Autorin ansehen.

Veröffentlicht am 16.03.2020

Berührend

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"Alt werden heißt verlieren lernen. (...) Das verlieren, was einem geschenkt wurde, was man gewonnen, was man verdient, wofür man gekämpft und wovon man geglaubt hat, man würde es für immer behalten."

Michka ...

"Alt werden heißt verlieren lernen. (...) Das verlieren, was einem geschenkt wurde, was man gewonnen, was man verdient, wofür man gekämpft und wovon man geglaubt hat, man würde es für immer behalten."

Michka ist alt geworden. Sie traut sich nicht mehr, allein zu bleiben. Obwohl Marie regelmäßig vorbei kommt und nach ihr sieht, obwohl ihre alte Freundin täglich anruft. Zunehmend kann sie die Wörter nicht mehr finden, die sie sagen möchte. Aphasie, nennen es die Ärzte. Und so gibt sie ihre Wohnung auf, zieht in ein Altersheim. Sie wird regelmäßig besucht, von Marie und auch von Jerome, einem Logopäden, der mit ihr Übungen macht. Und so kommt es, dass Jerome Michka das geben kann, was sie brauchte, um loszulassen...

Delphine De Vigan ist mit diesem Buch wieder eine ganz besondere Erzählung gelungen. In kurzen Sätzen und einem schmalen Büchlein bleibt nichts ungesagt. Sie schafft es, die Aphasie realistisch darzustellen. Sie schafft es auch, den Leser mit dieser Geschichte völlig zu überraschen. Eine wirklich berührende Erzählung, keine einfache Kost, und dennoch mit stillem Humor. Sehr empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 08.03.2020

Dante!

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Dante? Was hat der denn mit diesem Buch zu tun? Nun, gar nichts, aber Michka verliert sich immer mehr, findet nicht mehr die richtigen Worte, dabei konnte sie doch einst so virtuos mit dem Medium Sprache ...

Dante? Was hat der denn mit diesem Buch zu tun? Nun, gar nichts, aber Michka verliert sich immer mehr, findet nicht mehr die richtigen Worte, dabei konnte sie doch einst so virtuos mit dem Medium Sprache umgehen, war es ihr Beruf. Doch nun vertut sie sich, sagt "dante" statt "danke" oder "oje" statt "ok" etc. Darum kann sie nicht mehr alleine leben und Marie, um die sich Mischka immer gekümmert hat, als sie ein Kind war, kümmert sich darum, dass Mischka einen Platz in einem Seniorenheim bekommt. Marie kann gar nicht ermessen, wie dankbar sie Mischka ist. Dieses Buch hat mich sehr beeindruckt und nachdenklich gestimmt. Wir alle werden älter und Menschen, die uns früher einmal so stark erschienen, sind es nicht mehr. Haben wir ihnen rechtzeitig und genug gedankt? Und zwar aufrichtig? Delphine de Vigan hat es auch mit ihrem neuen Buch geschafft, mich zu berühren. Ich glaube, ich muss das Buch unbedingt noch im Original lesen. Ein Buch, das im Gedächtnis haften bleibt, das mich weiter beschäftigen wird. Mir gefielen auch die beiden Perspektiven gut und die Lücken, die gefüllt wurden mit dem, was Mischka wohl gedacht hat. Marie, die Mischka nun schon so lange kennt und weiß, dass sie bald Abschied nehmen muss. Aber auch der junge Logopäde Jérôme, bei dem Mischka nicht locker lässt - aber er umgekehrt auch nicht. Die Einblicke in seine Gedanken, seine Arbeit. Ein rundum tolles Buch. "Es liegt an den Wörtern [...] Es passiert nachts, dass sie sich vergraben....verlieren, nachts, wenn ich nicht einschlafen kann, ich weiß genau, das ist der Augenblick, in dem sie sich verfluchen, in dem sie sich verflüchten [...]" (S. 58/117, ePub-Version)

Veröffentlicht am 06.03.2020

Wie bemisst sich echte Dankbarkeit?

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Und plötzlich wacht man morgens auf und merkt, dass es nicht mehr funktioniert. So ergeht es Michka in dem Buch Dankbarkeiten. Sie hat Angst und bedient den Notruf. Die Dame am anderen Ende der Leitung ...


Und plötzlich wacht man morgens auf und merkt, dass es nicht mehr funktioniert. So ergeht es Michka in dem Buch Dankbarkeiten. Sie hat Angst und bedient den Notruf. Die Dame am anderen Ende der Leitung ist sehr nett. Sie unterhält sich mit ihr. Michka kann nicht viel sagen. Nur, dass sie etwas verloren hat und Angst empfindet. Auf Nachfrage nach ihrem Verlust kommt raus, dass sie Wörter verlor. Sie hat Wortfindungsstörungen. Sie bittet darum, dass Marie informiert wird. Die kommt auch rasch und auch der Hausarzt erscheint kurze Zeit später. Ein großer Umbruch im Leben Michkas steht an. Sie muss in ein Heim. Sie kommt alleine nicht mehr zurecht. Ein Schritt, der sehr schwer aber unabwendbar ist. „Alt werden heißt verlieren lernen“.

Welch ein Buch. Es ist mein Highlight bisher und wird auch für mich eins der besten Bücher des Lesejahres 2020 bleiben. Die Geschichte wird aus drei Perspektiven erzählt: Zwei Ich-Erzählern und einer, die von außen über Michka berichtet. Die beiden anderen sind Marie, eine gute Freundin von Michka und Jerome, dem Logopäden im Seniorenheim. Die Autorin beschreibt die Ängste der alten Frau, ihren letzten Wunsch und das, was allgemein als Dankbarkeit empfunden wird. Ist es das unüberlegt daher gesprochene Wort, welches von Höflichkeit zeugen soll? Oder ist es die Erinnerung an Menschen, welche als Retter in höchster Not und uneigennützig halfen? Ach, es ist schwer, diese Geschichte schmackhaft zu machen. Also, bitte lesen und sich auf eine humorvolle aber gleichzeitig ernsthafte Reise zu begeben. Fünf Sterne plus und eine dringende Empfehlung, dieses Buch zu genießen gibt es von mir.

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