Hommage an Maria
Maria ist die Großmutter der Autorin, und vor allem über Maria wird in diesem Buch berichtet. Maria und Josef Moosbrugger wohnen mit ihren Kindern oberhalb des Dorfes ganz am Rand zum Wald hin. Sie leben ...
Maria ist die Großmutter der Autorin, und vor allem über Maria wird in diesem Buch berichtet. Maria und Josef Moosbrugger wohnen mit ihren Kindern oberhalb des Dorfes ganz am Rand zum Wald hin. Sie leben in einfachen und geradezu ärmlichen Verhältnissen, weshalb sie abfällig von den anderen Dorfbewohnern als die 'Bagage' bezeichnet werden. Es gibt keinen Strom im Haus und auch kein fließendes Wasser, nur einen Brunnen, unterhalb des Hauses. Der einzige Besitz sind ein paar Tiere, die die Moosbrugggers z.B. mit Milch versorgen. Dann wird Josef eingezogen, er beauftragt den Bürgermeister, mit dem er sich gut versteht, auf seine Familie aufzupassen, aber dieser möchte besonders auf die schöne Maria aufpassen, die er sehr begehrt. Maria durchschaut den Bürgermeister und 'benutzt' ihn für das Wohl ihrer Familie. Sie lernt dann Georg aus Hannover kennen und verliebt sich in ihn. Er besucht sie in den Bergen, die Kinder mögen ihn sehr, und plötzlich ist Maria schwanger....
In meinen Augen ist das Buch ein Loblied auf Maria, denn trotz aller Armut und Defizite führt sie ein weitgehend selbstbestimmtes Leben. Sie schenkt ihren Kindern viel Liebe, und die Kinder hängen sehr an ihr. Die Kinder unterstützen sie auch, soweit sie dazu in der Lage sind. Da sie eine schöne Frau ist und dies weiß, setzt sie ihre Reize gekonnt ein, um Vorteile für ihre Familie zu bekommen, z.B. Geschenke vom Bürgermeister, aber sie kalkuliert vorher genau, wie weit sie gehen kann, um ihren Stolz nicht zu verlieren. Somit ist sie für ihre Verhältnisse sehr intelligent, was sich auch darin zeigt, dass sie ihren Kindern einiges fürs Leben lehrt. Sie legt Wert auf ein gepflegtes Äußeres und saubere Kleidung, besonders gern in weiß. Als schöne Frau um die 30 ist sie natürlich auch empfänglich für Schmeicheleien, was man ihr nicht verdenken kann, denn obwohl sie sehr begehrt ist, wird sie auch respektiert. Sie genießt ihr bescheidenes Leben, aber träumt sich manchmal davon in andere soziale Schichten oder z.B. in große Städte, ohne übermütig zu werden.
Ich denke, dass Maria eine sehr starke Frau ist, die alles im Griff hat und der Dreh- und Angelpunkt der Familie ist. Sie trotzt allen Schwierigkeiten und findet immer einen Ausweg. Eine so selbstbewusste Frau zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist bemerkenswert, besonders wenn die soziale Stellung so gering ist wie in diesem Falle. Die Autorin ist zurecht stolz auf diese Großmutter, von der sie abstammt.
Der Schreibstil ist zunächst gewöhnungsbedürftig, kurze Sätze, Zeitsprünge und unbekannte Phrasen, aber man gewöhnt sich daran.
Man fragt sich nur nach der Lektüre, warum dieses Paar eine Änderung nicht gewollt hat. Warum wollten sie unter diesen Bedingungen leben und tolerieren diese Stigmatisierung? Man erfährt, dass sie mit einigen realisierbaren Möglichkeiten zur Verbesserung ihrer Lebensumstände konfrontiert wurden, aber dies ablehnten. Vielleicht haben sie sich irgendwie in ihrer Rolle als Außenseiter gefallen, wie z.B. bei Kirchenbesuchen, wenn die ganze Familie nebeneinander sitzt (in weißer Kleidung) anstatt sich in die Frauen- und Männerbänke zu setzen, wie damals üblich. Hier hätte ich gern noch mehr erfahren.....
Und dann habe ich noch eine weitere Frage offen. Es wird erwähnt, dass zwei der Kinder rothaarig sind, während die anderen alle dunkles Haar haben genau wie Maria und Josef. Gab es da vielleicht noch eine brisante Begegnung?
Alles in allem hat das Buch für kurzweilige Unterhaltung gesorgt, ich hätte gern noch mehr über das Leben der 'Bagage' erfahren....Hochinteressant war es, Einblicke in die Armut der damaligen Zeit zu bekommen und wie damit umgegangen wurde.