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Veröffentlicht am 04.01.2017

Eine Mordserie im verregneten Rom

Schattenkiller
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Eigentlich ist Enrico Macini, Beamter bei der Kriminalpolizei Monte Sacro in Rom und international bekannter Profiler, mit dem Fall des verschwundenen Dottor Carnevali beschäftigt. Dieser Fall ist für ...

Eigentlich ist Enrico Macini, Beamter bei der Kriminalpolizei Monte Sacro in Rom und international bekannter Profiler, mit dem Fall des verschwundenen Dottor Carnevali beschäftigt. Dieser Fall ist für ihn persönlich wichtig, war Carnevali doch der behandelnde Onkologe seiner Frau Marisa, die den Kampf gegen den Krebs kürzlich verloren hat. Doch dann werden kurz nacheinander drei Menschen bestialisch ermordet und verstümmelt. Handelt es sich um Ritualmorde? Warum findet man keine Spuren? Und was hat es mit den Gegenständen auf sich, die der Mörder im Körper der Toten hinterlässt? Der Fall wird Macini übertragen, der widerwillig mit den Ermittlungen beginnt. Kann er den Mörder finden und aufhalten?

Ein italienischer Autor, der bislang englische Bücher in seine Heimatsprache übersetzt hat und dessen Debüt in Italien auf der Bestsellerliste landete - das weckte meine Neugier auf den Thriller „Schattenkiller“, der in Rom angesiedelt ist. Das dunkle Cover zeigt den regennassen Boden, in dem sich ein Gasometer spiegelt. Eine gelungene Anspielung auf den Dauerregen während der Geschichte und den Fundort einer Leiche. An diesen Ort begleitet der Leser schon auf den ersten Seiten ein Straßenkind. Der Junge hat seinen Schlafplatz beim Gasometer und entdeckt dort den Toten. Doch der Mörder scheint noch da zu sein…

Nach diesem beklemmenden Start lernt man Enrico Macini kennen, der im Fall des verschwundenen Arztes Carnevali ermitteln möchte, stattdessen aber zum Fundort einer ermordeten Frau gerufen wird. Seine anfängliche Hoffnung, dass es sich um eine Einzeltat handelt, um die sich jemand anderes kümmern kann, muss er aufgeben, als bald zwei weitere Tote gefunden werden. Ausführlich wird beschrieben, wie die verstümmelten Toten aufgefunden werden. Szenen aus Sicht der Opfer, die man nachträglich zuordnen kann, sorgen für zusätzlichen Gänsehautfaktor. Zusätzlich nimmt sich der Autor Zeit, die Fundorte und ihre Geschichte ausführlich zu beschreiben. Und auch den gequälten Macini lernt man schnell besser kennen. Er hat den Tod seiner Frau noch nicht verarbeitet, greift zur Flasche, neigt zu Wutanfällen und zweifelt an seinen eigenen Kompetenzen. Ein schwieriger Charakter also, denn zu begleiten auch mal anstrengend werden konnte.

Die Ermittlungen schreiten unterdessen nur langsam voran, Stück für Stück kommt Macini mit seinem Team zu neuen Erkenntnissen. Es finden einige Befragungen des Umfelds der Opfer statt und die wenigen vorhandenen Spuren werden gesichert. Im Fokus steht aber, ein Profil des Täters zu erstellen und seine Motive aufzudecken. Diesen Ansatz fand ich interessant, in der Konsequenz sind die Ermittlungen aber lange Zeit ruhig und diskussionslastig. Gelegentliche Perspektivenwechsel zu Macinis Teammitgliedern waren eine gute Abwechslung, die neue Blickwinkel mit sich brachte. Regelmäßige Wiederholungen des Ermittlungsstandes sorgten außerdem dafür, dass ich den Überblick behielt, und zeigten gleichzeitig, wie wenig eigentlich bekannt ist.

Immer wieder verliert sich die Geschichte in Macinis Grübeleien, während der Täter den Ermittlern drei Schritte voraus scheint. Nach den umfassenden Analysen aller Spuren wirkt die Lösung des Rätsels schließlich fast zu einfach. Doch mit der Enttarnung des Mörders ist es noch nicht getan. Stattdessen nimmt die Geschichte an Fahrt auf und bietet dem Leser ein atemloses Finale. Hier hat der Autor noch einmal alles aus seiner Geschichte herausgeholt. Für mich waren diese letzten Kapitel die spannendsten des Buches und ein gelungener Abschluss.

In „Schattenkiller“ werden kurz nacheinander mehrere verstümmelte Leichen in Rom gefunden. Der Polizist und Profiler Macini, der gedanklich und emotional den Tod seiner Frau noch nicht verarbeitet hat, übernimmt die Ermittlungen. Beklemmende Beschreibungen der Morde und Leichenfunde sowie Einblicke ins gequälte Innenleben Macinis dominieren die Atmosphäre. Ein düsterer Thriller, der mich vor allem mit seinem spannenden Abschluss unterhalten konnte. Ich vergebe knappe vier Sterne.

Veröffentlicht am 04.01.2017

Über zwei gänzlich verschiedene Charaktere, Zufälle und Schicksale

Dein perfektes Jahr
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Jonathan N. Grief entstammt einer Verlegerdynastie und wohnt seit seiner Scheidung allein in seiner großen Villa. Im Verlag erfüllt er hauptsächlich repräsentative Aufgaben, sodass ihm genug Zeit für ein ...

Jonathan N. Grief entstammt einer Verlegerdynastie und wohnt seit seiner Scheidung allein in seiner großen Villa. Im Verlag erfüllt er hauptsächlich repräsentative Aufgaben, sodass ihm genug Zeit für ein umfassendes Sportprogramm und das Verfassen von Leserbriefen an Presse und Behörden bleibt, mit denen er auf Fehler und Versäumnisse hinweist. Doch dann findet er am Neujahrstag ein Filofax für das kommende Jahr – komplett ausgefüllt mit den verschiedensten kreativen, lustigen und schönen Aufgaben. Jonathan macht sich auf die Suche nach dessen Besitzer. Voller Neugier kommt er aber nicht umhin, selbst ausführlicher darin zu lesen.

Hannah Marx ist Erzieherin und steht kurz vor der Verwirklichung ihres großen Traums: Gemeinsam mit ihrer Freundin Lisa will sie die „Rasselbande“ eröffnen, ihr eigenes Angebot zur Kinderbetreuung auch außerhalb der normalen Kindergarten-Zeiten. Auch ihr Freund Simon, von dem sie sich sehnlichst einen Heiratsantrag wünscht, wird voll eingebunden. Doch dann werfen schlechte Nachrichten all ihre Pläne durcheinander.

Das Buch ist mit seinem bunten Titel, kleinen Sternen auf blauem Grund und seinem lila Buchschnitt ein echter Hingucker. Mir suggerierte diese Aufmachung eine unterhaltsame, lockere Liebesgeschichte. Der Klappentext, der die Frage nach dem Sinn des Lebens stellt, lässt hingegen vermuten, dass es auch etwas tiefgründiger werden könnte. Neugierig, was denn nun wirklich zwischen den Buchdeckeln steckt, tauchte ich in die Geschichte ein.

Das Buch ist abwechselnd aus der Perspektive von Jonathan und Hannah geschrieben. Jonathans Geschichte beginnt am Neujahrsmorgen mit dem Fund des Filofax. Er wirkte auf mich nicht sonderlich sympathisch: Er liebt das Meckern, ruht sich auf dem Geld und Ruhm seiner Vorfahren aus und ist in seiner täglichen Routine gefangen. Erst die Aufgaben im Filofax bringen ihn ins Nachdenken. Hannah hingegen ist eine lebenslustige Person, die mitten im Leben steht und mit ihrem Schritt in die Selbstständigkeit Mut beweist. Jetzt fehlt nur noch ein Heiratsantrag zum vollkommenen Glück. Dann schlägt jedoch das Schicksal zu und der Leser begleitet sie durch eine schwere Zeit.

Die Geschichten der beiden laufen lange komplett getrennt voneinander und auch zeitlich um einige Wochen versetzt. Sehr schnell ist klar, was das verbindende Element zwischen beiden Geschichten ist, trotzdem kommt es erst mal nicht zu einer Begegnung. Die beiden suchen aneinander vorbei und die Zufälle, die diesen Zustand weiter in die Länge zogen, wurden zunehmend unwahrscheinlich. Das fand ich schade, doch die beiden Handlungsstränge konnten auch für sich überzeugen. Jonathan wurde mir zunehmend sympathisch, ich konnte seine Entscheidungen gut nachvollziehen und fand die charakterliche Wandlung, die er durchmacht, gelungen. Hannahs Geschichte wird hingegen bald traurig. Der Auslöser ist realistisch, damit wird allerdings eine wirklich deprimierende Nachricht gesendet. Weil ich Hannah von Beginn an mochte, hoffte ich, dass sie sich trotzdem ins Leben zurückkämpfen wird.

Die Geschichte ist keine leichte Kost – daran ändert sich auch nichts, wenn man sie mit lila Zuckerguss, Verzeihung, Buchschnitt überzieht. Es regt zum Nachdenken an darüber, was das Leben eigentlich lebenswert macht. Geld, Liebe, Selbstverwirklichung? Kann man aus den Fehlern seine Vergangenheit lernen und ein anderer werden? Was macht ein Schicksalsschlag mit dir, und wie geht es danach weiter? Das Buch bereitet den Schlüsselmoment der Geschichte sorgfältig vor. Danach zieht das Tempo allerdings ordentlich an. Die Autorin hat sich selbst vor die große Aufgabe gestellt, in der Geschichte eine große Bandbreite an Emotionen abzudecken. Das ist ihr durchaus gelungen, führt zur Verwässerung der einzelnen emotionalen Phasen und gerade die schönen Momente waren für mich zu schnell vorbei. Insgesamt hat mich das Buch bis zum zufriedenstellenden Schluss gut unterhalten können.

„Dein perfektes Jahr“ erzählt die Geschichte von Jonathan und Hannah, die sehr unterschiedlich sind und deren Wege sich nur aufgrund eines Zufalls kreuzen. Während Jonathan beginnt, seine Routine und sein Handeln zu hinterfragen, muss Hannah mit der Tatsache umgehen, dass das Schicksal ihre Pläne durchkreuzt. Die Geschichte ist nachdenklich und melancholisch, es gibt aber auch viele schöne, romantische und lustige Momente. Ein Buch für alle, für die die Geschichte über einen Mann und eine Frau mehr als rosarote Seifenblasen bieten soll.

Veröffentlicht am 04.01.2017

Monumentaler Abschluss der Trilogie

Red Rising - Tag der Entscheidung
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Monatelang hat Darrow als Gefangener des Schakals eingesperrt in völliger Isolation und Dunkelheit verbracht. Doch seine engsten Freunde haben ihn nicht aufgegeben, obwohl seine angebliche Exekution überall ...

Monatelang hat Darrow als Gefangener des Schakals eingesperrt in völliger Isolation und Dunkelheit verbracht. Doch seine engsten Freunde haben ihn nicht aufgegeben, obwohl seine angebliche Exekution überall ausgestrahlt wurde. In einer waghalsigen Aktion wird er gerettet und findet sich in einer Welt wieder, in der ein erbitterter Krieg ausgebrochen ist. Kann er weitere Verbündete gewinnen und seinen Traum eines neuen Zeitalters verwirklichen?

Mit „Red Rising. Tag der Entscheidung“ ist endlich das große Finale rund um den Minenarbeiter Darrow, der sich als Mitglied der Oberschicht ausgegeben hat, um diese von innen heraus zu zerstören, erschienen. Ein wenig schlucken musste ich aufgrund der Seitenzahl, denn dieser letzte Teil ist mit 650 Seiten noch einmal fast 100 Seiten dicker als seine Vorgänger. Gespannt startete ich in die Geschichte und begegnete einem Darrow, der nach Monaten der Isolation völlig entkräftet, aber ungebrochen ist. Weil das ganze Buch aus seiner Perspektive geschrieben ist war für mich klar, dass zügig etwas geschehen muss. Und so las ich mich schon bald durch eine actionreiche Befreiungsaktion.

Größer, höher, schneller, weiter – das war wohl die Devise des Autors, als er dieses Buch schrieb. Denn in diesem letzten Teil geht es um nicht weniger als die Herrschaft über das gesamte Sonnensystem. Dem Leser werden viele spektakuläre Schlachten und Kämpfe auf Raumschiffen und Himmelskörpern geboten, außerdem politische Machtkämpfe, Verhandlungen und Intrigen. Bündnisse schmieden und werden gebrochen, Loyalität bewiesen und Vertrauen missbraucht. Pierce Brown erzählt hier eine monumentale Geschichte vor beeindruckender Kulisse. Für meinen Geschmack hätte er allerdings oftmals etwas weniger ausholen und ins Detail gehen müssen. Obwohl eigentlich ständig etwas geschah, zogen sich die Beschreibungen für mich in die Länge. Gerade seitenlänge Kämpfe und Gespräche hätte man stark kürzen können.

Die meisten wichtigen Charaktere sind schon aus den ersten beiden Bänden bekannt, sodass es an vielen Stellen Wiedersehen der erfreulichen und der weniger erfreulichen Sorte gab. Vor allem bei denen, die schon mit Darrow am Institut waren, wird deutlich, welch gewaltige Entwicklung sie seither durchgemacht haben. Die unflätige Sprache, in der sie miteinander reden, bleibt aber dieselbe. Etwas schwer getan habe ich mich mit der großen Zahl an Nebencharakteren, denn das vorangestellte Personenverzeichnis ist hilfreich, aber gerade die Personen, an die ich mich nicht mehr so gut erinnerte, fehlten hier.

Alle Fans der Sci Fi Action werden bei diesem Buch sicherlich auf ihre Kosten kommen. Ob Mann gegen Mann, im Waffengefecht mit vielen Kämpfern oder im All mit zwei verfeindeten Flotten, hier werden immer wieder entscheidende Kämpfe ausgetragen. Dabei geht es in gewohnter Manier äußerst brutal zu – Gließmaßen werden abgetrennt, Bäuche aufgeschlitzt und Köpfe zerquetscht. Zudem ist niemand sicher, es sterben wieder Hauptfiguren und ich zitterte um das Überleben meiner liebsten Charaktere. Vor allem zum Ende hin spielt der Autor damit geradezu und hatte noch einige Überraschungen im Ärmel, dank derer die letzten Kapitel für mich die besten des Buches waren.

„Red Rising. Tag der Entscheidung“ ist der monumentale Abschluss der Trilogie, in welcher es um nicht weniger als die Herrschaft über das Sonnensystem und den Umsturz der gesamten Gesellschaftsstruktur geht. Brutale Kämpfe und Schlachten werden dem Leser ebenso geboten wie politische Verhandlungen und Machtspiele. Für meinen Geschmack hätte das an vielen Stellen deutlich straffer erzählt werden können. Fans von düsterer, actionreicher Science Fiction sind bei dieser Trilogie genau richtig!

Veröffentlicht am 04.01.2017

Eine bezaubernde Reise ins winterliche Paris und Venedig!

Das Café der kleinen Wunder
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Nelly studiert Philosophie und ist seit ihrem ersten Arbeitstag als Assistentin ihres Professors vor einem Jahr in ihn verliebt. Er ist zwar ein gutes Stück älter als sie, doch Nelly hat so viele Gemeinsamkeiten ...

Nelly studiert Philosophie und ist seit ihrem ersten Arbeitstag als Assistentin ihres Professors vor einem Jahr in ihn verliebt. Er ist zwar ein gutes Stück älter als sie, doch Nelly hat so viele Gemeinsamkeiten entdeckt, dass sie in ihren Augen einfach zusammengehören. Dummerweise muss sie sein Angebot, ihn auf eine Dienstreise nach New York zu begleiten, aufgrund ihrer Flugangst absagen. Gerade das wäre endlich eine Chance gewesen, mehr Zeit miteinander zu verbringen! Als sie kurze Zeit später endlich den Schritt wagen und ihre Gefühle gestehen will, macht sie eine Entdeckung, die sie völlig aus der Bahn wirft. Da hilft nur noch eins: Raus aus Paris! Auf den Spuren ihrer Großmutter reist Nelly für vier Wochen nach Venedig. Was sie dort wohl erwartet?

Ein Buch, das sowohl in Paris als auch in Venedig spielt? Das klang für mich gleich verlockend, sodass ich neugierig zu „Das Café der kleinen Wunder“ gegriffen habe. Gleich auf der ersten Seite lernt der Leser Nelly als Frau kennen, die in ihren Professor verliebt ist. Seit der ersten Begegnung ist sie überzeugt davon, dass sie wie geschaffen füreinander sind. Doch zu einem Geständnis ihrer Gefühle kann sie sich nicht durchringen, sie will es langsam angehen lassen und auf den richtigen Moment warten. Dumm nur, dass die größte Chance an ihrer Flugangst scheitert!

Schnell war ich mitten drin in der Geschichte und hatte einen guten ersten Eindruck von Nelly und ihrem Gefühlsleben gewonnen. Der Roman nimmt sich zu Beginn viel Zeit, den Leser an ihren Gedanken teilhaben zu lassen und ließ mich ihre Einstellung nachvollziehen. Gleichzeitig stimmte ich den Ratschlägen ihrer Umgebung zu, nun endlich einen Versuch zu wagen, um Gewissheit zu haben. Diese Ratschläge kommen zum einen von ihrer Schwester und zum anderen von einem lebenslustigen Musiker, den sie zufällig auf der Straße trifft. Eine wirklich unterhaltsame Begegnung und mein erstes kleines Highlight der Geschichte.

Bereits ein gutes Drittel des Buches ist gelesen, da geht es endlich nach Venedig. Darauf hatte ich mich von Beginn an gefreut. Mit den Beschreibungen dieser besonderen Stadt wurde bei mir schon bald das Fernweh geweckt. Nelly ist von der Atmosphäre des winterlichen Venedigs ebenfalls angetan. Nicht ganz so begeistert ist sie von den Avancen eines schönen Italieners, den sie als Gigolo einschätzt. Doch der zeigt Hartnäckigkeit und ungeahnte Facetten. Bald hoffte ich, dass sie doch noch zueinander finden. Mit hat es hat Spaß gemacht, das Hin und Her zwischen den beiden zu verfolgen.

Mein Lesefluss wäre noch besser gewesen, wenn der Autor die Geschichte etwas straffer und stringenter erzählt hätte. Immer wieder gab es für mich unnötige wortgleiche Wiederholungen von Fakten oder Feststellungen, die ich bereits kannte. Zudem macht das Buch Zeitsprünge und greift mit einer Ankündigung kurz vor, um dann sehr weit auszuholen, bis man wieder am Ausgangspunkt landet. Das hat mich mehr verwirrt als meine Neugier gesteigert.

Zum Ende hin steigert sich die Geschichte noch einmal deutlich. Die Situation spitzt sich zunehmend zu, sodass ich mithoffte und -bangte. Ein brisantes Zusammentreffen und verschiedene Entdeckungen verliehen dem Buch zusätzlichen Schwung. Auch in Bezug auf die Verbindung, die Nellys Großmutter zu Venedig hat und die ursprünglich der Anlass für Nellys Reise war, gibt es endlich berührende Enthüllungen. Alles in allem waren es ganz starke letzte Kapitel bis hin zu einem Luft-Anhalten-Moment zum Schluss, welche die Geschichte toll abgeschlossen haben.

„Das Café der kleinen Wunder“ erzählt die Geschichte von Nelly, die für vier Wochen von Paris nach Venedig reist, um den Kopf freizubekommen und mehr über die Vergangenheit ihrer Großmutter zu erfahren. Venedig nimmt Nelly ihre Melancholie; die Stadt zieht sie in ihren Bann und schafft die richtigen Voraussetzungen für einen emotionalen Neuanfang. Diese bezaubernde Liebesgeschichte weckt definitiv Fernweh!

Veröffentlicht am 04.01.2017

Eine Wasserleiche in den Backwaters - das ist ein neuer Fall für David Hunter!

Totenfang
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Seit der forensische Anthropologe David Hunter im vergangenen Herbst bei Ermittlungen im Dartmoor unabsichtlich einen Skandal auslöste, bleiben für ihn die Aufträge aus. Erst Monate später meldet sich ...

Seit der forensische Anthropologe David Hunter im vergangenen Herbst bei Ermittlungen im Dartmoor unabsichtlich einen Skandal auslöste, bleiben für ihn die Aufträge aus. Erst Monate später meldet sich die Polizei aus Essex bei ihm. Eine Wasserleiche wurde in einer Flussmündung nördlich von Mersea Island gesichtet, die am nächsten Morgen bei Ebbe geborgen werden soll. Die Polizei steht unter Druck, denn sechs Wochen zuvor ist der Sohn einer wohlhabenden, einflussreichen Familie verschwunden. Dieser wird wiederum verdächtigt, mit dem Verschwinden einer Frau mehrere Monate zuvor in Verbindung zu stehen. David bringt sich nicht nur mit seinem Wissen, sondern bald auch mit weiteren Entdeckungen in die Ermittlungen ein. Denn die tückischen Backwaters haben so manches Geheimnis lang genug bewahrt.

Endlich ein neuer Thriller rund um David Hunter! Fünf Jahre lang haben Fans wie ich sehnsüchtig auf einen neuen Fall gewartet, und ich habe mich riesig über die Nachricht gefreut, dass es nun so weit ist. Neugierig stürzte ich mich sofort in die Geschichte. Im Roman sind seit dem letzten Fall nur einige Monate vergangen, die für David allerdings höchst ernüchternd waren. Denn seit den Ereignissen im Dartmoor ist er als Unruhestifter in Verruf geraten. Auch die Universität scheint nicht sonderlich erpicht, jemanden mit seinem Ruf noch länger zu beschäftigen. Als auch noch bei ihm eingebrochen wird und ihm eine Party inklusive Verkupplungsabsicht bevorsteht, ist seine Frustration vollkommen. Doch da kommt die erlösende Nachricht, dass er für eine Leichenbergung angefordert wurde.

Im Nu war ich als Leserin wieder mitten drin in einer neuen Ermittlung. Nach wenigen Seiten macht sich David auf den Weg in die Backwaters und unterstützt bei der Bergung einer Wasserleiche. Dabei erhält man umfassende Einblicke in die Frage, was mit Leichen geschieht, wenn sie eine Weile im feuchten Nass gelegen haben. Bei den detailreichen Schilderungen wird jedem Hunter-Liebhaber das Herz aufgehen. Schnell fühlt es sich so an, als wäre unser liebster forensischer Anthropologe nie weg gewesen.

Zwar erhält David auch die Gelegenheit, sein Wissen im Labor auf die gereinigten Knochen anzuwenden. Das spielt in diesem Buch allerdings nur eine untergeordnete Rolle. Stattdessen ist er viel vor Ort unterwegs, macht wichtige Beobachtungen und Funde und erfährt in Gesprächen mehr darüber, was die Anwohner über die kürzlichen Ereignisse denken. Ständig erhält man eine neue Sicht auf die Dinge, was die Geschichte in Schwung hielt. Doch mit Zufall konnte die Masse an neuen Erkenntnissen bald nicht mehr zufriedenstellend erklärt werden, hier verlor die Geschichte für mich etwas an Glaubwürdigkeit.

Neben David Hunter fand ich auch Rachel Darby sehr sympathisch. Die Schwester der Vermissten behält trotz der angespannten Situation meist einen kühlen Kopf und versteht es sehr gut, die Lage zu analysieren. Andere Charaktere bleiben hingegen undurchschaubar und waren gerade deshalb interessant. Was geht im Kopf von Edgar vor sich, der sich um verletzte Tiere kümmert und auf andere Menschen kaum reagiert? Oder in dem von Sir Stephen, der von einer Hausdurchsuchung nichts wissen will?

Den Spannungsbogen fand ich überaus gelungen, da die Geschichte immer wieder in eine neue Richtung gelenkt wird oder Dinge in anderem Licht erscheinen lässt. Ich wage zu behaupten, dass es nahezu unmöglich ist, vorzeitig alle Zusammenhänge zu erraten, und doch fallen mit den entscheidenden Enthüllungen zum Ende des Buches hin alle Puzzlestücke an ihren Platz. Trotz ruhigerer Phasen konnte mich die Geschichte deshalb bis zum Schluss begeistern.

Mit „Totenfang“ erscheint endlich ein neuer Fall für David Hunter, der zu überzeugen weiß. Ein kluger Handlungsaufbau mit vielen unvorhersehbaren Wendungen macht die Geschichte interessant, und auch wer auf neue Einblicke in die Welt der forensischen Anthropologie gewartet hat, kommt auf seine Kosten. Trotz eines Zuviel an Zufällen konnte mich das Buch durchweg fesseln. Ich spreche eine klare Leseempfehlung an alle Hunter-Fans aus!