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Veröffentlicht am 12.01.2017

Der Blick einer Griechin auf Deutschland und andere Nationalitäten

Möge deine Reise lang sein
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Cover:
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Das Bild mit dem schlanken Frauenkörper, die mit dem Koffer dem Sonnenschein entgegen geht, ist ein schönes Reisemotiv. Durch die Helligkeit wird man sofort aufmerksam. Die Farben ...

Cover:
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Das Bild mit dem schlanken Frauenkörper, die mit dem Koffer dem Sonnenschein entgegen geht, ist ein schönes Reisemotiv. Durch die Helligkeit wird man sofort aufmerksam. Die Farben Gelb und Schwarz spiegeln sich im Titel wieder, so dass ein harmonisches Gesamtbild entsteht. Gut aufeinander abgestimmt.

Inhalt:
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Mitte Zwanzig heiratet die Griechin Altana Filos den Mann, den sie liebt und folgt ihm nach Deutschland, ohne ein Wort deutsch zu können. Ab hier beginnt ihre Reise, die lang im Sinne von Erlebnis- und Erkenntnisreich wird. Am Ende hat sie viele Erfahrungen und Freunde, viele freudvolle, aber auch einige beängstigende Momente erlebt. Obwohl sie noch viele Länder bereist, wird und bleibt dabei Deutschland ihre 2. (Wahl)Heimat. Hier berichtet sie von dieser Reise.

Mein Eindruck:
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Die Beschreibung hat mich neugierig gemacht, besonders, da im Klappentext steht, die Erzählung sehr "humorvoll und mit viel Liebe" sei. Auch der Anfang, der mit einem Gedicht des griechischen Dichters Kavafis beginnt, gefiel mir sehr gut. In diesem wird auf poetische Weise erklärt, warum die Reise lang (d. h. erlebnisreich) sein soll und dass der Weg als Ziel wichtiger ist als das eigentliche Ziel. Schön ist auch, dass Passagen des Gedichtes passend zu den Abschnitten wieder zitiert werden. Die Abschnitte sind dabei unterteilt in die einzelnen Wohnorte und geben dem Buch somit eine gute Struktur.

Die Autorin hat wirklich vieles erlebt und vor allem viele Kontakte und Freundschaften auf ihrer Lebensreise geknüpft. Dies und vor allem die Tatsache, dass viele der Freunde aus verschiedenen Ländern abstammen, machen das Buch zu einem bunten und unterhaltsamen Sammelsurium von Geschichte und Geschichten aller Nationalitäten. Man erfährt dabei viel über die in Deutschland eher totgeschwiegene Besetzung der Deutschen in Griechenland, griechische Traditionen im allgemeinen, aber auch viel darüber, wie in anderen Ländern gelebt und gekocht wird. Zentrale Themen sind dabei stets Sprache, Literatur, Historie sowie das Essen, das bei ihr fast immer eine Rolle beim Kennenlernen von Menschen spielt.
Neben den Geschichten der anderen Leute bekommt man natürlich auch Einblick in die Weiterentwicklung der Autorin und ihrer eigenen Familie. Besonders spannend fand ich dabei die "Insiderberichte" ihrer privaten und beruflichen Umstände in Straßburg, da man hiervon eher selten etwas mitbekommt.

Von der Themen- und Geschichtenvielfalt her, war es ein interessantes und sehr lehrreiches Buch für mich. Leider fand ich die Art, wie das Buch geschrieben wurde, auf Dauer sehr anstrengend und teilweise unbefriedigend. Die Autorin springt öfter innerhalb der Zeit hin und her bzw. schweift des öfteren ab, bis sie irgendwann langsam den Ausgangspunkt wiederfindet. Des Weiteren kam es mir vor, dass sie alle Bekannten und Freunde mit aller Gewalt in dem Buch unterbringen wollte. Auf diese Weise wurde es stellenweise eine reine Aufzählung von Erlebnissen, die ohne große Überleitung hintereinander folgten. Aufgrund der Kürze der einzelnen Erlebnisse wurde der Tiefgang leider vernachlässigt. Oft hatte ich gerade rein gefunden und hätte noch gerne mehr über diese Person gelesen oder über die Gefühle, die zu dem Zeitpunkt in der Autorin vorgingen, doch es kam nichts mehr. Es war vor allem ein "Bunch of Faces" (Titel einer Kunstausstellung ihrer Freundin), das sie hier präsentierte. Das Thema Glaube wird hier leider nur angerissen. Man erfährt einiges über die Traditionen der griechisch-orthodoxen Kirche und dass die Autorin ab und an betet. Aber auch das wird nicht weit ausgeführt und das, was die Autorin tief bewegt, kommt nicht wirklich beim Leser an.
Was mich auch gestört hat, sind die verhältnismäßig vielen Ausrufezeichen an Stellen, an denen ich sie als übertrieben empfunden habe. Insgesamt hat das Buch mich durch einiges Wissenswerte bereichert und hat mir viele Denkanstöße geliefert. Es konnte mich jedoch nicht packen und tiefer berühren. Dies finde ich sehr schade, da mir die positive Einstellung der Autorin imponiert und ich glaube, dass sie viel zu sagen hat. Aber sie hätte lieber weniger Erlebnisse, dafür diese tiefgehender schildern sollen.

Fazit:
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Ein Sammelsurium von Erlebnissen und Anekdoten einer Griechin - lehrreich, voller Denkanstöße, bei dem der Tiefgang leider oft auf der Strecke bleibt

Veröffentlicht am 04.01.2017

Ungewöhnliche Form eines Tagebuchs

Heute
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Cover:
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Das Cover wirkte auf mich irgendwie nichtssagend, irgendwie auch altmodisch. Vielleicht ist es symbolisch gemeint für den Alltag/das Tagesgeschäft, um zu sagen, dass das Leben eben ...

Cover:
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Das Cover wirkte auf mich irgendwie nichtssagend, irgendwie auch altmodisch. Vielleicht ist es symbolisch gemeint für den Alltag/das Tagesgeschäft, um zu sagen, dass das Leben eben einfach so ist, wie es kommt und nicht irgendwas Außergewöhnliches sein muss?
Das Originalcover sowie der englische Titel "The Folded Clock: A Diary" fand ich aussagekräftiger. Unter einem Tagebuch kann sich jeder etwas vorstellen und es passt auch besser zum Thema. Der deutsche Titel samt Cover halte ich daher für nicht sehr gelungen.

Inhalt:
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In Tagebucheinträgen, die nicht chronologisch angeordnet sind, lässt die Autorin ihre alltäglichen Erlebnisse und Gedanken Revue passieren. Dabei sind schwanken ihre Schilderungen von schrägen und skurrilen Erlebnissen bis hin zu sehr philosophischen Gedanken.

Mein Eindruck:
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Eins vorweg: Während ich mit dem deutschen Titel nichts anfangen konnte, hat mich vorwiegend der englische Titel dazu bewogen, dieses Buch lesen zu wollen. Ich liebe Tagebücher, anhand derer man auch meist die persönliche Entwicklung des Schreibers nachvollziehen kann. Zudem versprach der Klappentext kurzweilige und humorvolle Unterhaltung.
Dies ist hier jedoch nicht ganz der Fall. Das liegt zum einen an der nicht chronologischen Reihenfolge der Einträge, die mich jedoch kaum gestört hat, da die Kapitel selten auf einander verweisen, sondern in sich geschlossene Geschichten darstellen. Zum anderen sind die hier geschilderten Erlebnisse oft so überzogen oder gar künstlerisch abstrakt geschrieben, dass man als Leser schwer folgen konnte.

Eine Rezension zu diesem Buch zu schreiben, fiel mir sehr schwer, da es Passagen gab, die mich absolut begeistert haben, dann wieder Passagen, mit denen ich gar nichts anfangen konnte, weil ich das Gefühl hatte, dass ich das Denken und Handeln der Autorin absolut nicht verstehe.
Am Anfang, besonders die ersten 30 Seiten habe ich mit dem Abbrechen gekämpft. Später war ich jedoch ganz froh, weitergelesen zu haben. Der Stil ist sehr gewöhnungsbedürftig. Die Autorin schreibt lange, verschachtelte Sätze, kommt öfter vom "Hölzchen aufs Stöckchen" und verzettelt sich, so dass ein gedankliches Folgen schwierig ist. Das sagt sie sogar in ihrem Buch selbst: "Als Schriftstellerin habe ich missverstanden, wie man Worte gebraucht. Ich schreibe zu viel. Ich schreibe so, wie manche Leute reden, um die Stille zu füllen." (S. 14)

Doch nach kurzer Zeit hatte ich mich daran gewöhnt und konnte mich vollkommen auf den Inhalt einlassen. Insgesamt wirkte die Autorin sehr neurotisch auf mich und hat einige extreme Komplexe, was zu sehr amüsanten Szenen führt, mir teilweise aber auch auf die Nerven ging. Auf der einen Seite hat sie eine sehr genaue Beobachtungsgabe und erscheint mir wie eine Art weiblicher Seinfeld, wenn sie z. B. schreibt "Männer wollen eine Beziehung, aber Frauen erwarten eine Welt." (S. 99) Wie wahr!

Und als zweites gefiel mir noch: "Es schien keine Möglichkeit zu geben, die Sache richtig zu stellen, ohne dass es sehr peinlich wurde oder sogar beleidigend. [...] Ab einem gewissen Punkt scheint es höflicher zu sein, einfach die Person zu werden, für die die Menschen dich ohnehin halten." (S. 134).

Solche Zitate waren meine Lesehighlights, von denen ich gezehrt habe, während andere Abschnitte leider so gar nicht meins waren, in denen sie bestimmte Schimpfworte zu häufig gebrauchte, ihre Neurosen für meinen Geschmack zu stark in den Vordergrund rückte oder darüber schrieb, wie sie auf recht fiese Art einen Mann abserviert hat. Doch dann kommen wieder einige höchst tiefsinnige Bemerkungen, wie z. B. die Szene, in dem sie ihr Ehegelübde mit dem Steinfundament ihrer Scheune vergleicht: "Diese Konstruktion ist unfassbar; sie ist ein wunderschönes Rätsel. Unsere Scheune brauchte diese Steine nicht mehr - wenn sie Sie überhaupt je brauchte." (S. 2015f.) Oder: "Verlust kann, solange es sich um Dinge handelt, als Chance verstanden werden. Weil ich meinen Pass verlor, sind wir nicht in der Sahara gestorben..." (S. 243)

Dieses Buch hat mich nicht wirklich gepackt, ich konnte es getrost zwischendurch mal weglegen. Zwischendurch gab es einige Zitate, die mich sehr ansprachen, während ich den Rest eher überflogen habe. Letztendlich blieb für mich die Frage nach dem Sinn des Ganzen. Für mich symbolisierte der nicht erkennbare rote Faden im Buch die Aussage: das Leben verläuft nicht gradlinig, nach einem nachvollziehbaren roten Faden, sondern auf und ab und für uns scheinbar manchmal total chaotisch. Es gab absolute Highlights, vollkommene (Lese)Tiefs und dahinplätschernde Berichterstattungen in diesem Buch - eben wie im Leben.

Fazit:
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Ein Mischmasch aus philosophischen und humoristischen Erlebnissen gepaart mit nervig ausschweifenden und teils nichtssagenden Berichten - regt aber stellenweise zum Nachdenken an

Veröffentlicht am 12.12.2016

Eine zeitgemäße Betrachtung des Sündenbegriffs

Sünde
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Cover und Aufmachung:
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Auf dem Titelbild ist die Schlange als passendes Sündensymbol abgedruckt. Auf dem Hardcover hebt sie sich glänzend optisch ab und ist somit ein optimaler, passender ...

Cover und Aufmachung:
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Auf dem Titelbild ist die Schlange als passendes Sündensymbol abgedruckt. Auf dem Hardcover hebt sie sich glänzend optisch ab und ist somit ein optimaler, passender Blickfang für das Thema.
Schön ist auch, dass sich dieses Symbol am Anfang jeden Kapitels befindet und thematisch durch das Buch begleitet. Sehr gelungen!

Inhalt:
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Thorsten Dietz versucht, dem Begriff der Sünde auf die Spur zu kommen. Woher kommt der Begriff, was meint er und wie kann man den Begriff auf die heutige Zeit anwenden?
Mit Hilfe von Beispielen aus Filmen, aktuellen Ereignissen und persönlichen Erlebnissen begibt er sich mit dem Leser auf Spurensuche.

Mein Eindruck:
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Am Anfang war ich sehr begeistert von dem Buch. Jeder kennt das Wort "Sünde", aber kaum einer weiß, was es wirklich bedeutet. Man kennt die "Sieben Todsünden" oder den "Sündenfall von Adam und Eva", die von der Schlange verführt wurden und man kennt die "Zehn Gebote" und dass Verstöße dagegen Sünde bedeuten können. Aber man kennt auch Lieder wie "Wir sind alles kleine Sünderlein" und das Wort Sünde aus Sprüchen wie "Die kleinen Sünden bestraft der liebe Gott sofort." Sünde hat neben theologischen Auslegungen auch eine moralische Komponente. Beide Seiten versucht der Autor hier zu beleuchten, die historische Entwicklung des Sündenbegriffs zu beschreiben und mithilfe aktueller Beispiele für die Gegenwart auszulegen.
Besonders der erste Teil hat mir gut gefallen, er ist locker und gut nachvollziehbar geschrieben und mit den o. g. bekannten Beispielen konnte ich was anfangen, da ich sie in meiner Jugend oft gehört habe. Neben den Sieben Todsünden und den Verfehlungen der 10 Gebote geht der Autor dann weiter und interpretiert Sünde als nicht Vertrauen auf Gott bzw. einer fehlenden Beziehung zu Gott. Dies kann in vielen Facetten geschehen, wie z. B. man ist blind für das richtige, wahre Leben, das Herz ist erhärtet und man ist nicht liebes fähig, man ist süchtig nach den falschen (weltlichen) Dingen. In den weiteren Kapiteln werden noch Selbstlosigkeit, (weltlicher) Reichtum, extremes Sicherheitsbedürfnis und Trägheit behandelt.
So interessant ich die Ansichten hierzu fand, so schwerfällig waren diese Kapitel zu lesen. Der Autor nennt für meinen Geschmack zu viele Filmbeispiele, beschreibt diese vor allem zu ausführlich und zitiert sehr oft daraus, sodass es mir oft schwerfiel, den roten Faden zu erkennen. Dadurch hatte ich beim Lesen oft das Gefühl, ich weiß nicht (mehr) worauf der Autor hinauswill. Ich habe öfter zurückgeblättert, weil ich wieder vergessen hatte, wie denn die Ausgangsfrage des Kapitels war. Das fand ich schade, denn so kam die Botschaft nur sehr schwer bei mir an. Ich hatte mir mehr Schwung und Präzision versprochen, die ich besonders im mittleren Teil nicht gefunden habe. Auch die Übergänge zwischen den Kapiteln wirken etwas holprig, so als wolle der Autor verschiedene Aspekte der Sünde behandeln, wusste dies aber nicht gut miteinander zu verbinden.
Erst gegen Ende gibt es ein paar Zwischenbetrachtungen und Fazite, durch die man als Leser wieder abgeholt wird und versteht, was die vorangegangenen Kapitel aussagen wollten. Davon hätte ich mir am Ende jeden Kapitels zuvor mehr gewünscht.
Insgesamt hat mir die Idee des Buches sehr gut gefallen. Die Ausführungen des Autors fand interessant und haben mich das Thema "Sünde" mit anderen Augen sehen lassen und zum Nachdenken angeregt. Daher bin ich dankbar, dieses Buch gelesen zu haben. Über den Stil des Autors, die Themen zu behandeln, den mir oft nicht erkennbaren roten Faden und die vielen Filmbeispiele kann man streiten, aber ich fand es recht anstrengend zu lesen. Nachdem ich das schwungvolle erste Kapitel gelesen hatte, hatte ich das Buch so nicht erwartet.

Fazit:
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Lädt zum Nachdenken über die vielen Facetten der Sünde ein - interessant, aber leider etwas langatmig und ausschweifend geschrieben

Veröffentlicht am 18.11.2016

Etwas verworrene Psychiater-Patienten-Beziehung

Im Netz des fremden Blickes
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Cover:
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Das Cover fand ich genial, ich fühlte mich sofort magisch davon angezogen. Die Farben wechseln von kühl-dunkel (blau über dem Auge) bis hin zu energiereichen Farben. Alles spannt ...

Cover:
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Das Cover fand ich genial, ich fühlte mich sofort magisch davon angezogen. Die Farben wechseln von kühl-dunkel (blau über dem Auge) bis hin zu energiereichen Farben. Alles spannt sich in Form von vielen Glassplittern in vielen Facetten über den das Gesicht. Dies spiegelte für mich zunächst die guten und bösen Seiten des Menschen zugleich wieder. Man weiß nie, mit welchem Blick ein Mensch einen ansieht bzw. welche Gefühle noch in ihm stecken. Das Auge sieht einen direkt an, beobachtet den Betrachter, es wirkt fast gruselig. Im Buchladen hätte mich das Cover auf jeden angesprochen.

Inhalt:
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Die junge Psychiaterin Kyra hat noch nach 5 Jahren den Verlust ihres bei einem Unfall ums leben gekommenen Mannes nicht ganz verarbeitet. Dennoch stürzt sie sich in ihre Arbeit als Therapeutin. Ein neuer Patient, Michael Lanz, berührt sie innerlich mehr, als sie sich zugestehen will. Seine Albträume und Lebensgeständnisse führen dazu, dass die Grenze zwischen Berufs- und Privatleben zu verschwimmen droht. Woran liegt dies? Und was hat es mit dem Einbrecher auf sich, der kurz darauf in Kyras Haus eindringt und ihr Fotoalbum ansieht? Und da ist noch Pascal, zu dem sie ihre Gefühle nicht richtig einordnen kann.

Mein Eindruck:
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Der Klappentext und die Beschreibung seitens der Autorin, dass man in diesem Buch mehr Einblicke in die Gedankengänge von Therapeuten bekäme, haben mich neugierig auf dieses Buch gemacht. Es versprach spannend und informativ zugleich zu werden. Tatsächlich las sich dieses Buch sehr zügig durch, wozu zum einen die Kürze der einzelnen Kapitel führte, aber auch die Spuren, die besonders zu Beginn immer wieder gestreut werden und dem Leser stets neue Rätsel aufgeben. Was mich jedoch störte, war zum einen die Tatsache, dass ich mit der Protagonistin nicht so richtig warm werden konnte. Die Geschichte ist abwechselnd aus ihrer Sicht und der von Michaels geschrieben, jedoch in der 3. Person, so dass eine gewisse Distanz zu den Figuren automatisch gegeben ist. Die Geschichte wechselt von Szenen, wie sie in einem Krimi oder Thriller vorkommen könnten, hin zu Szenen wie banalen Unterhaltungen und den Therapiegesprächen, in denen wiederum auf einem recht abstrakten Niveau über Symbolik, Zeit, Schuld und das Leben philosophiert wurde. Besonders das abstrakte Niveau passte für mich nicht so recht zum Rest des Geschehens und ich gestehe, dass ich dem Sinn des Ganzen oft nicht folgen konnte. Zwar wurde die Geschichte um Michael und die Verbindung zu Kyra am Ende soweit logisch aufgelöst, jedoch viele der eingestreuten philosophischen Ansätze erreichten mich nicht und das Ende war so abrupt, mittendrin, dass mich das Buch insgesamt leicht verwirrt und verstört zurückgelassen hat.
Den erhofften intimen Einblick in den Kopf eines Therapeuten habe ich nicht erhalten. Dafür blieb Kyra und vor allem ihre Gefühlswelt mir zu sehr verschlossen bzw. zu abstrakt dargestellt. So richtig begeistern konnte mich das Buch nicht, obwohl das Cover, die Idee dahinter und die ersten Ansätze zu Beginn des Romans mir sehr gut gefielen.

Fazit:
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Psychotherapie aus Therapeutensicht mit spannender Hintergrundgeschichte - teilweise jedoch zu abstrakt und verworren

Veröffentlicht am 10.06.2017

Frauenroman mit Thrillerelementen

Nur ein kleiner Gefallen - A Simple Favor
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Cover:
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Die Frau, die ihre Hände hinter dem Rücken kreuzt, die jedoch nur für den Leser sichtbar sind, passt sehr gut zu dieser Geschichte, bei der es um öffentliche und wirkliche Meinungen ...

Cover:
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Die Frau, die ihre Hände hinter dem Rücken kreuzt, die jedoch nur für den Leser sichtbar sind, passt sehr gut zu dieser Geschichte, bei der es um öffentliche und wirkliche Meinungen geht und bei der jede Menge Lügen und Geheimnisse für den Verlauf der Geschichte relevant sind. Die Schwarz-Weiß-Fotografie mit rotem Titel ist von der Stimmung für einen Thriller sehr gelungen.

Inhalt:
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Stephanie ist jung verwitwet, Hausfrau und und Mutter eines 5jährigen Sohnes. Da sie vor Ort keine Freunde hat, um sich auszutauschen, bloggt sie leidenschaftlich zu "ihren Moms", sehnt sich aber nach einer Freundin, der sie sich anvertrauen kann. Diese findet sie in Emily, erfolgreiche PR-Frau eines Designers, verheiratet und Mutter von Nicky, dem besten Vorschulfreund von Stephanies Sohn Miles. Eines Tages bittet Emily sie um einen kleinen Gefallen: sie soll Nicky von der Schule abholen und sich um ihn kümmern, bis Emily ihn abends wieder abholen kann. Dies tut Stephanie gern, doch abends wird Nicky nicht abgeholt, Emily ist spurlos verschwunden. Während Stephanie sich anfangs große Sorgen um ihre verschollene Freundin macht, findet sie jedoch zunehmend Gefallen an deren Leben und vor allem an deren Ehemann Sean.

Mein Eindruck:
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Der Anfang des Romans ist etwas schleppend. Etwa die erste Hälfte besteht abwechselnd aus Stephanies Blogeinträgen und den eigentlichen Gedanken von Stephanie. Hier bekommt man ein erstes Gefühl dafür, dass Stephanie ihre Geheimnisse und deswegen offenbar ein schlechtes Selbstbewusstsein entwickelt hat. Man merkt auch die Diskrepanz zwischen den Blogeinträgen und ihren eigenen Gedanken. Diese Lügenthematik zieht sich durch das gesamte Buch. In den weiteren Teilen der Geschichte kommen abwechselnd Emily, Sean, Stephanie und ihr Blog zu Wort, so dass der Leser die Geschichte aus den unterschiedlichen Perspektiven der handelnden Personen mitbekommt. Dies ist der eigentliche Reiz an der Geschichte. Er macht deutlich, dass alle Personen in gewisser Weise mit den anderen spielen und es ist nie klar, wer gerade die Oberhand hat oder wem man gerade glauben kann. Der Perspektivenwechsel ist das eigentlich Geniale an dem Roman, während leider die Blogeinträge zu Beginn sehr nervend sind und die Einführung in die Länge ziehen. Zwar sind sie für die Handlung notwendig, jedoch nicht in dieser Ausführlichkeit. Da die Kapitel relativ kurz gehalten sind und man von der Neugier getrieben ist, wie es wohl weiter und vor allem ausgeht, ist das Buch zügig gelesen, ich bin förmlich durch gerauscht.
Es gab einige Stellen, an denen ich schon ahnte, wie die Lösung aussieht. Dann jedoch folgte oft noch eine überraschende Wende, wobei ich insgesamt jedoch nicht von der Geschichte und von deren Ende überzeugt wurde. Da gab es für mich einige logische Fehler. Zudem waren die Charaktere so stark eingängig klischeehaft geschaffen (Stephanie dümmlich und naiv, Emily clever und gefühlskalt, Sean hörig und leicht manipulierbar), dass sie an der Grenze zum Glaubhaften lagen. Auch war mir für einen Thriller die allgemeine Stimmung noch nicht ausreichend bedrohlich.

Die Hörbuchfassung hat mir insofern gut gefallen, dass die Musik zu Beginn und Ende jeder der 6 CDS sehr stimmungsvoll war und gut gepasst hat. Allerdings hatte ich den "Fehler" begangen, das Buch vorher zu lesen, so dass sich bezüglich der Charaktere und ihrer Stimmen schon in meinem Kopf eine gewisse Erwartungshaltung manifestiert hatte. Zwar liest die Sprecherin Tanja Geke die einzelnen Sichtweisen mit einer gewissen emotionalen Abstufung, so dass man bei genauem Hinhören merkt, wer gerade spricht. Jedoch deckte sich dies nicht mit meiner Erwartung. Besonders zwischen den beiden Frauen habe ich kaum Unterschiede gemerkt, meines Erachtens wären hier mehrere Sprecher besser gewesen.

Insgesamt war die Idee des Romans interessant, das Potenzial für einen Thriller ist in meinen Augen jedoch nicht voll ausgeschöpft worden, besonders Glaubwürdigkeit und Logik hat mir am Ende gefehlt. Die Hörbuchfassung wäre mit mehreren Sprechern authentischer geworden.

Fazit:
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Interessante Ideen, jedoch das Thrillerpotenzial wurde nicht ausgeschöpft, einiges wirkte unglaubwürdig und die Charaktere waren zu klischeehaft gestaltet; mehrere Sprecher für das Hörbuch wären optimaler gewesen

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