Die Strandvilla, oder: Wenn Erwartungen übertroffen werden
Die StrandvillaWenn ich aktuell schon nicht „richtig“ verreisen kann, dann doch wenigstens in Gedanken. In diesem Fall bin ich nicht nur bis zur Insel Sylt gereist, sondern dazu in das Jahr 1913. Sina Beerwald hat mich ...
Wenn ich aktuell schon nicht „richtig“ verreisen kann, dann doch wenigstens in Gedanken. In diesem Fall bin ich nicht nur bis zur Insel Sylt gereist, sondern dazu in das Jahr 1913. Sina Beerwald hat mich in ihrem Roman Die Strandvillamitgenommen in eine Zeit, in der die Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern unausgeglichen waren und man als Frau mit aller Kraft für seine Träume kämpfen musste, um überhaupt eine Chance zu haben.
Handlung
Moiken Jacobsen hat ihren Mann auf der See verloren. Schnell zeigt der Hotelier Theodor von Lengenfeldt an ihr Interesse, der sie nicht nur als Konditorin in seinem Luxushotel, die Strandvilla, anstellen will, sondern auch um ihre Hand anhält. Er behandelt Moiken freundlich und respektvoll und würde ihr sofort zu einem besseren Leben verhelfen. Dennoch schlägt ihr Herz für Boy, ihre erste große Liebe, die sie zufällig vor einiger Zeit auf der Insel wiedergetroffen hat.
Eine Heirat mit Theodor könnte ihr auch die Chance geben, ihr eigenes Café am Meer zu eröffnen. Es steht Kopf gegen Herz – wie wird sie sich entscheiden?
Meine Meinung
Ich lese relativ selten historische Romane, aber werde das jetzt ändern. Sowohl Die Strandvilla von Sina Beerwald als auch Das Grand Hotel von Caren Benedikt und Heimat ist ein Sehnsuchtsort von Hanni Münzer haben mich überzeugt!
Das Spannende an historischen Romanen ist meiner Meinung nach nicht nur die fiktive Geschichte, sondern auch, dass man die Zeit besser kennenlernt, in der das Buch spielt. Die Strandvilla war – soweit ich es beurteilen kann – extrem gut recherchiert. Die Autorin hat ihrer Geschichte nicht nur am Ende des Buchs noch mehr historischen Kontext gegeben, sondern auch in der Leserunde auf Lovelybooks „heute-damals“ Fotos hochgeladen und viele Fragen zum Hintergrund beantwortet.
Selbst wenn sie die Zeit frei erfunden hätte, wäre das Buch genial. Die Geschichte ist sehr glaubwürdig und die Charaktere habe ich nach Beenden des Romans regelrecht vermisst, so sehr sind sie in meinen Gedanken zum Leben erweckt worden.
Keiner der Charaktere ist perfekt – selbst die Hauptfigur Moiken hat ernstzunehmende Ecken und Kanten. Dennoch wirken die Macken nicht banal und künstlich. Moiken ist zum Beispiel eine sehr starke Person, die alles richtig machen möchte. Dennoch hatte ich den Eindruck, dass sie (zu) oft zuerst an sich denkt und dabei den Willen ihrer Tochter außer Acht lässt. Dies ist mir erst nach einer ganzen Zeit aufgefallen; genau wie man auch im echten Leben Menschen nach und nach besser kennenlernt.
Der Schreibstil war sehr angenehm zu lesen. Außerdem hatte die Geschichte ein gutes Tempo, sodass es nie langweilig wurde. Dazu kamen ein paar unerwartete Wendungen, die die Handlung noch interessanter gemacht haben. Ohne an dieser Stelle zu spoilern kann ich sagen, dass mich die Entscheidung von Theodor von Lengenfeldt am Ende des Buchs sehr überrascht hat. Insbesondere, aber nicht nur deswegen bin ich nun sehr gespannt, wie es weitergeht.
Obwohl ich das Ende nicht direkt als Cliffhanger bezeichnen würde – schließlich ist es eine in sich abgeschlossene Geschichte – bleiben viele Fragen offen. Ich hoffe, im nächsten Roman Antworten darauf zu bekommen. Ihr habt richtig gehört, es wird eine Fortsetzung geben, die Das Dünencafé heißt und voraussichtlich im Frühling 2021 erscheint! Ich habe mich sehr gefreut, als ich das erfahren habe, denn ich muss unbedingt wissen, wie es mit Moiken und ihrer Tochter weitergeht.
Das Cover
Das Cover ist recht unauffällig, aber passt perfekt zu diesem Buch. Der Grafikdesigner scheint den Roman tatsächlich gelesen zu haben (oder gut gebrieft worden zu sein), denn die Frau auf dem Cover sieht aus wie Moiken auf dem ersten Fest in der Strandvilla. Im Buch ist beschrieben, dass sie ein dunkelblau-gelbes Seidenkleid von Theodor zur Verfügung gestellt bekommt und genau so sieht es auf dem Cover aus. Auch der Blick in die Ferne und der lange Strand passen sehr gut zur Geschichte und den Emotionen im Buch.
Fazit
Wer Liebesgeschichten und historische Romane mit selbstständigen, starken Frauen mag darf dieses Buch auf gar keinen Fall verpassen! Es ist nicht nur gut geschrieben, sondern beinhaltet auch eine schöne, fesselnde Geschichte mit sehr glaubwürdigen Charakteren.