Eines meiner liebsten Bücher von Agatha Christie – Vorsicht, Erwartungshaltung!!! (AC2, TT1)
Ein gefährlicher GegnerAchtung: weder Hercule Poirot noch Miss Jane Marple spielen eine Rolle in diesem zweiten Roman der Autorin, der gleichzeitig eine Reihe einläutet, die um Tommy und Tuppence. Er erschien zuerst 1922 unter ...
Achtung: weder Hercule Poirot noch Miss Jane Marple spielen eine Rolle in diesem zweiten Roman der Autorin, der gleichzeitig eine Reihe einläutet, die um Tommy und Tuppence. Er erschien zuerst 1922 unter dem Titel "The Secret Adversary" in UK bei The Bodley Head und später im Jahr in den USA bei Dodd, Mead and Company. Die deutsche Erstausgabe erschien 1932 als "Die Abenteurer-G. m. b. H.", übersetzt von Irene Kafka im Goldmann Verlag Leipzig . 1959 erfolgte eine Neufassung unter o.g. Titel in der bis heute genutzten Übersetzung von Werner von Grünau bei Desch (Quelle Wikipedia)– bei mir als 6. Auflage von 1983 bei Scherz verwendet, alte Rechtschreibung.
Tuppence (entspricht "Two Pence", zwei Pence) wird meiner Erinnerung nach auch in einem anderen Band der Reihe als „Nickel“ bezeichnet, ein anderer Begriff für das 2 p – Geldstück, ich editiere das entsprechend, sobald ich in meinem Re-Read dort angelangt bin.
Die Reihe um diese beiden Hauptfiguren gehört zu meinen liebsten der Autorin – Poirot ging mir früher nach mehreren Büchern gern auf die Nerven mit seiner Besserwisserei bis zur Klugsch…wätzerei, mit Miss Marple gibt es nur erschreckend wenige Bücher (12 Romane, dazu einige Kurzgeschichten). Im Gegensatz zu den beiden letzteren Detektiven, die irgendwie immer eher alt sind, aber auch wenig weiter zu altern scheinen (trotz gewisser Nuancen), durchlaufen die beiden Protagonisten dieser Reihe hier quasi ihr gesamtes Erwachsenenleben, und das in eher wenigen Bänden, begonnen in ihren Zwanzigern:
1.Original „The Secret Adversary“ 1922, deutsch "Ein gefährlicher Gegner" 1922
2.Original „Partners in Crime“ 1929, deutsch „Die Büchse der Pandora – Kurzgeschichten
3.Original "N or M?" 1941, deutsch "Rotkäppchen und der böse Wolf" 1946
4.Original "By the Pricking of My Thumbs" (1968), deutsch "Lauter reizende alte Damen" (1970)
5.Original "Postern of Fate" (1973) – deutsch "Alter schützt vor Scharfsinn nicht" (1978) - Quelle Wikipedia
Achtung: dieses Buch ist kein typischer „Whodunnit“ wie bei Poirot und Miss Marple, eher ein amüsant-ironischer „cozy Thriller“ – falls es das gibt; ein Mix aus Spionage-Roman und Abenteuerbuch. Stil und Ton ähnlichen den klassischen "Ein dünner Mann“ – Verfilmungen oder vielleicht noch den Hitchcock-Filmen mit Cary Grant (ja, bekennender Fan aller genannten): es wird nie eklig werden bei Agatha Christie, es gibt keine Perversen, harte Sprache bedeutet, dass jemand „verdammt“ sagt, gemordet wird eher sehr sauber. In diesem Buch nun gibt es keine Einführung in ein bestimmtes Szenario, in dem dann ein Mordopfer gefunden wird und in der Folge verschiedene Hinweise, anhand derer Leser und Ermittler den Fall quasi nebeneinander lösen (das gennante "Whodunnit“). Stattdessen gelangen Tommy Beresford und Prudence Cowley, genannt Tuppence, beide nach dem (Ersten) Weltkrieg ohne Aufgabe, Einkommen und finanzielle Reserven, aber mit viel Enthusiasmus, mit dem Leser quasi unmittelbar in die Handlung.
Die beiden Twentysomethings treffen einander zufällig in London und kehren ein. „Tommy setzte sich ihr gegenüber. Ohne Hut kam jetzt sein dichtes, sorgfältig zurückgebürstetes rotes Haar zur Geltung. Sein Gesicht war in sympathischer Weise häßlich – nicht besonders auffällig und doch unverkennbar das Gesicht eines Gentleman und Sportsmanns. Sein brauner Anzug war gut gearbeitet, schein sich jedoch gefährlich den Grenzen seiner Lebensdauer zu nähern.
Auch Tuppence konnte keineswegs als schön gelten, aber in den feinen Zügen ihres schmalen Gesichts lagen Charakter und Charme. Ein energisches Kinn und große, graue Augen, die unter geraden, schwarzen Brauen ein wenig verträumt in die Welt blickten. Auf ihrem schwarzen, kurzen Haar trug sie einen kleinen hellgrünen Hut, und ihr äußerst kurzer und ziemlich abgetragener Rock ließ ein Paar außergewöhnlich schlanke Beine sehen. Ihre Erscheinung hatte einen gewissen kühnen Schick.“ S. 9
Da beide aus ihrer finanziellen Misere keinen Ausweg sehen – verworfen werden die Kolonien, reiche Verwandte, eine Geldheirat, Stellungen sind nicht in Aussicht - wird kurzerhand ein Plan entworfen:
„ ‚Tommy, stürzen wir uns ins Abenteuer!‘
‚Warum nicht?‘, antwortete Tommy belustigt. ‚Wie macht man das?‘
‚Ja, da liegt eine gewisse Schwierigkeit. Wenn wir den richtigen Leuten bekannt wären, würden sie uns vielleicht anheuern und uns mit dem einen oder anderen Mord beauftragen.‘
‚Reizender Vorschlag! Und das von der Tochter eines Geistlichen!‘ “ S. 11
Zum Glück für uns entscheiden sie beide sich für folgendes Inserat: ‚Zwei junge Abenteurer suchen Beschäftigung. Bereit zu allem, gleich wo. Gute Bezahlung Voraussetzung. Unvernünftige Angebote werden berücksichtigt‘ S. 13.
Bevor Tuppence jedoch diese Anzeige aufgeben kann, wird sie von einem Mann angesprochen, der ihr aus dem Lokal gefolgt ist, weil er ihr Gespräch mithören konnte – er hat ein konkretes Angebot. Was sich daraus ergibt, beinhaltet den Super-Verbrecher Mr. Brown, politische Ränkeschmiede unter Bolschewisten, Geheimpapiere, die die USA und Großbritannien kompromittieren könnten und ein verschwundenes Mädchen, Jane Finn, die der Schlüssel zu allem sein soll. Zuerst jedoch verschwindet Tommy und es wird klar, dass wohl nicht nur Mr. Brown ein Deckname ist…
Zeitgeist:
„Ich kann Ihnen versichern, daß mir jede Unehrbietigkeit fernliegt“ sagt der Mann, der Tuppence im St. James Park anspricht. S. 14
Für 50 Pfund erhalten zwei Personen in London hors d’oeuvre, Hummer à l’américaine und Pfirsich Melba – und es bleibt noch Geld übrig… S. 20f., 300 Pfund sind ein Jahresgehalt S. 34
Ein Feindbild ist, dass hinter gegenwärtigen Schwierigkeiten bolschewistische Einflüsse vermutet werden S. 30
Vom Ritz kommt man in 30 min zur Waterloo Station mit dem Auto…
In einen möglichen Aufstand sind Iren verwickelt, Gewerkschafter, Deutsche,….
Es werden viele Telegramme verwendet, Notizbücher eingesetzt,… und das alles funktioniert hervorragend!