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Veröffentlicht am 02.02.2017

Facetten einer langen Freundschaft

Meine geniale Freundin
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„Meine geniale Freundin“ ist der erste Band einer vierteiligen Serie einer italienischen Autorin, die unter ihrem Pseudonym Elena Ferrante veröffentlicht. Die Buchreihe handelt von einer Frauenfreundschaft, ...

„Meine geniale Freundin“ ist der erste Band einer vierteiligen Serie einer italienischen Autorin, die unter ihrem Pseudonym Elena Ferrante veröffentlicht. Die Buchreihe handelt von einer Frauenfreundschaft, die in Neapel in den 1950er Jahren beginnt und inzwischen mehr als 60 Jahre besteht. Der Ich-Erzählerin Elena, von Freunden auch Lenù genannt, begegnete ich erstmals im Prolog des Romans in der Gegenwart. Sie wohnt inzwischen in Turin und erhält von Rino, dem Sohn ihrer Freundin, einen Anruf aus Neapel, denn seine Mutter ist seit zwei Wochen verschwunden. Ihre Freundin Raffaella, die von Elena nur Lila gerufen wird, hat seit etwa drei Jahrzehnen angekündigt, dass sie sich irgendwann spurlos auflösen würde, sie wollte auf ihre ganz eigene Art ihr vergangenes Leben auslöschen.

Ich vertraue darauf, dass ihre geniale Freundin Elena in der Lage ist, sie zu finden. So habe ich gerne damit begonnen, die Geschichte der beiden Protagonistinnen zu lesen, deren Freundschaft mit einer Mutprobe begann. Ich bin gespannt, ob Elena die Suche nach ihrer Freundin aufnehmen und sie sogar aufspüren wird.

Lila und Elena sind im gleichen Alter und besuchen die gleiche Grundschulklasse. Wie in den 1950er Jahren allgemein üblich, wurde sehr viel im Freien gespielt. Elena und ihre Freunde halten sich dabei bis etwa zum Ende ihrer Grundschulzeit ausschließlich in ihrem Wohnviertel auf. In Gebäuden mit mehreren Stockwerken leben hier Handwerker mit ihren Familien, städtische Angestellte mit kleinem Gehalt oder auch Kaufleute, die Waren des täglichen Bedarfs vor Ort verkaufen. Um den Überblick über die Mitglieder der für die Erzählung wichtigsten Familien nicht zu verlieren, findet sich am Anfang des Buchs ein Personenverzeichnis. Ein Lesezeichen mit einer ähnlichen Auflistung liegt dem Roman bei.

Lilas Vater repariert Schuhe und Elenas ist Pförtner in der Stadtverwaltung. Die Freundinnen sind nicht nur äußerlich sehr unterschiedlich. Vor allem fällt Lila durch ihre Vorwitzigkeit auf. Lesen, Schreiben und Rechnen kann sie bereits vor Schulbeginn. Ihr Bruder ist sechs Jahre älter, in ihm hat sie ein Vorbild dem sie nacheifert. Durch das Lesen von geliehenen Büchern aus der örtlichen Bibliothek erweitert sie ihr Wissen über die allgemeinen Kenntnisse der Bewohner des Viertels hinaus. Elena bewundert Lila. Sie selbst ist ruhig, wirkt eher schüchtern und hat nur jüngere Geschwister. Ihre Eltern setzen daher mit ihren Entscheidungen in Bezug auf die Erziehung von Elena Maßstäbe für ihre übrigen Kinder, sie erwarten von ihrer Ältesten vorbildliches Verhalten.

Damals herrschte nicht nur in Italien ein geteiltes Rollenbild vor, nach dem der Mann für die Familie zu sorgen hat indem er durch Arbeit Geld verdient und die Frau ihrem Ehemann gehorcht, den Haushalt führt und den Lebensabend durch viele Kinder absichert. Der Umgang miteinander ist oft grob und Gewalt ist an der Tagesordnung. Vorrangig dient sie zur Herstellung von Gerechtigkeit. Auch im Kampf um einen hohen Rang in der sozialen Hierarchie der Gleichaltrigen sind heftige Prügeleien keine Seltenheit, vorwiegend bei den Jungen. Beide Mädchen sind sehr intelligent und ihre Lehrerin plädiert bei den Eltern für eine Fortsetzung der Schullaufbahn. Doch Lilas Eltern sind dagegen. Zwar bringen Elenas Eltern das benötigte Geld für die Schule mühsam auf, setzen Elena damit aber auch unter einen gewissen Erfolgsdruck. Elena, die bisher Lila in allem nachgeeifert hat und eifersüchtig auf deren Erfolge war, sieht für sich selbst nun im direkten Vergleich eine glücklichere Zukunft gesichert. In der Pubertät stellen sich bei den Freundinnen aber nicht nur körperliche Veränderungen ein. In Elena blitzt die Überlegung auf, dass der voraussichtliche Lebensweg von Lila vielleicht der Beneidenswertere ist.

Elena Ferrante gewährte mir als Leser einen voyeuristischen Blick auf den Alltag von Kindern beziehungsweise Jugendlichen, die in einem Stadtviertel Neapels aufgewachsen sind. Ich konnte mich gut in deren Umfeld hineindenken und der Vergleich zu meiner eigenen Kindheit in einem kleinen deutschen Dorf lag nahe. Dabei habe ich beispielsweise Mitleid gehabt, wenn die beiden körperlich gemaßregelt wurden, habe sie aber auch um die Leihmöglichkeit von Büchern beneidet. Auch die Wahl der Ich-Form als Erzählperspektive hat die Einblicke in den Alltag für mich vertieft. Elena erzählt als Mittsechzigerin in Erinnerung an ihre Jugend. Dabei sind einige Gedanken nur vage, wieder andere jedoch sehr ausgeprägt, vor allem solche, die für sie etwas Besonderes darstellen und ihre Freundschaft zu Lila mit allen Höhen und Tiefpunkten verdeutlichen. Ihre Erzählung über ihre Grundschuljahre ist eher schlicht, von ihrer Wahrnehmung als Kind beschränkt. Als Jugendliche gehören zu ihrer Peer-Group weiterhin die Gleichaltrigen des Viertels. Doch der Besuch der weiterführenden Schule bringt für Elena ganz eigene Probleme mit sich.

Die Suche nach dem Schuldigen, Vergeltung, Liebe, Hass und Vergebung sind an der Tagesordnung in der Welt der beiden Freundinnen Elena und Lila. So anschaulich und intensiv wie die Autorin die Kindheit und Jugend beschreibt, habe ich mich oft gefragt, wie viel davon die Autorin selbst erlebt hat. Interessant fand ich es, welchen Schwankungen zwischen Abneigung und Bewunderung die Freundschaft unterliegt, war aber gleichzeitig von Beginn an beruhigt darüber, dass sie auch nach über 60 Jahren immer noch besteht. Das Buch endet mit einer neuen Erkenntnis für Lila, die meine Freude auf das Lesen des nächsten Buchs noch ein wenig steigert. Gerne empfehle ich den Roman uneingeschränkt weiter.

Veröffentlicht am 28.01.2017

Gewaltloser Kampf gegen die Gilde

Perfect – Willst du die perfekte Welt?
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„Perfect – Willst du die perfekte Welt“ von Cecelia Ahern ist der abschließende Band einer dystopischen Dilogie die in Dublin spielt. Perfekt ist die nun 18-jährige Protagonistin Celestine jedoch nicht ...

„Perfect – Willst du die perfekte Welt“ von Cecelia Ahern ist der abschließende Band einer dystopischen Dilogie die in Dublin spielt. Perfekt ist die nun 18-jährige Protagonistin Celestine jedoch nicht mehr seit sie einem älteren fehlerhaften Mann im Bus geholfen und selbst als Fehlerhafte gebrandmarkt wurde. Durch ein unvorhergesehenes Brandmal an geheimer Stelle wurde sie zu einer Art Waffe im Kampf gegen die Gilde, die über das moralische Verhalten der irischen Bürger urteilt.

Wie mächtig ein politisches System sein kann wenn es darum geht, Staatsangehörige in Bezug auf unerwünschte Meinungen zum Stillschweigen zu bringen, konnte man im ersten Teil der Dilogie lesen. Doch allen Anfeindungen zum Trotz hat Celestine auch Helfer an ihrer Seite. Einer davon ist ihr Großvater bei dem sie Unterschlupf sucht nachdem sie geflohen ist. Schnell stellt sich jedoch heraus, dass sie bei ihm nicht sicher ist. Bei ihrer weiteren Flucht fällt es Celestine schwer zu erkennen, wer ihr helfen möchte und wer gegen sie arbeitet. Von liebgewonnenen Personen fühlt sie sich verraten und ist enttäuscht. Anderen bringt sie kein Vertrauen entgegen und wird von ihnen positiv überrascht. Wird sie eine Möglichkeit finden Richter Crevan, der sie verurteilt hat und mit ihm vielleicht die ganze Gilde zu Fall zu bringen?

Die Autorin beschreibt am Anfang noch einmal in geraffter Form die Ereignisse des ersten Buchs „Flawed“ und ergänzt im weiteren Verlauf an entsprechenden Stellen immer wieder ihre Ausführungen, so dass man den abschließenden Band auch ohne Vorkenntnisse lesen kann. Allerdings hat gerade „Flawed“ mir einige unvergessene Gänsehautmomente beschert auf die man dann verzichten würde.

Nach einem furiosen ersten Band hatte ich bedenken, ob die Geschichte so spannend weitergehen könnte. Doch bereits nach den ersten Seiten war ich fasziniert und wieder voll im Geschehen. Von Beginn an kämpft Celestine darum, wieder ihre vollen Bürgerrechte zu erhalten. Durch etliche geschickte Drehs und Wendungen nahm die Erzählung immer wieder einen anderen Verlauf.

Cecilia Ahern liefert für Charaktere, die mir zutiefst unsympathisch waren, Hintergründe und Erklärungen, warum sie entsprechend handeln. Dadurch wirken ihre Figuren realistisch. Aber auch Personen, die Celestine unterstützen, erhalten Motive für ihr Vorgehen. Sehr schön war es zu sehen, dass auch Celestine an ihren Aufgaben wächst, die durch die Hoffnung der Fehlerhaften die auf ihr ruhen genährt werden. Gerade für ihr jugendliches Alter kommt sie damit an ihr Limit. Der Roman ist für Jugendliche ab etwa 15 Jahren geeignet und gibt nicht nur dieser Altersgruppe ein Beispiel für einen gewaltfreien Kampf gegen eine Staatsmacht gerade in einer Zeit in der man sich fragt, wie in einigen Ländern Machthaber an die Spitze ihres Landes gefunden haben.

Von Beginn an steht bei diesem Buch die Vernichtung der Gilde im Vordergrund und hieran verankert die Autorin ihre Spannungsmomente. Doch ganz nebenher muss Celestine sich auch mit ihren Liebesgefühlen auseinandersetzen, die an das Vertrauen in die Person gekoppelt sind und natürlich in den Krisenzeiten in denen sie momentan lebt, nicht ganz einfach einzuordnen sind.

Das Buch bildet einen grundsoliden Abschluss der Dilogie, die mich vom Thema her fasziniert hat. Gerne gebe ich dem Buch meine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 25.01.2017

Informativ, spannend und amüsant

Daniel is different
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Daniel ist 13 Jahre alt als sich etwas Seltsames in seinem Schulalltag ereignet und er in Folge dessen bestätigt sieht, dass er verrückt ist. So beginnt das Buch „Daniel is different“ des US-Amerikaners ...

Daniel ist 13 Jahre alt als sich etwas Seltsames in seinem Schulalltag ereignet und er in Folge dessen bestätigt sieht, dass er verrückt ist. So beginnt das Buch „Daniel is different“ des US-Amerikaners Wesley King. Das erste Kapitel machte mich also schon gespannt darauf, was Daniel dazu gebracht hat so zu denken.

Das Cover des Buchs ist wunderschön mit seinen vielen Zahlen, fast jede davon anders, was wiederum die Bedeutung des Buchtitels unterstreicht. Die verschiedenen Ausführungen der Ziffern wurden auch zur Bezifferung der einzelnen Kapitel verwendet. Der Schriftzug „Daniel is different“, der Autoren- und der Verlagsname glänzen und heben sich nicht nur durch die blaue Farbe vom schwarz-weißen Hintergrund ab, sie sind auch fühlbar.

Bereits aufgrund des Titels war ich neugierig darauf zu erfahren, was an Daniel anders ist: sein Aussehen, sein Verhalten oder noch etwas ganz anderes? In der Schule und im Familienkreis versucht Daniel sich unauffällig zu verhalten. Er ist intelligent, aber keine besondere Sportskanone, obwohl er zum Footballteam gehört. Seit Jahren hat er einen besten Freund. Max und er haben zwar häufig verschiedene Ansichten, aber sie ergänzen sich auch in vielen Dingen. Auf jeden Fall halten sie immer fest zueinander und helfen sich wenn es nötig ist. Manchmal allerdings versteht Max nicht, warum Daniel beim Lösen bestimmter Aufgaben in der Schule falsche Antworten ins Heft schreibt oder warum er erst gar nicht zu einer Lösung kommt. Das hängt damit zusammen, dass Daniel wieder einmal darüber nachdenkt, ob sein Ergebnis nun gut ist oder irgendwelche Konsequenzen für ihn hat. Nicht nur Zahlen haben für ihn ganz bestimmte durch ihn festgelegte Eigenschaften. Einige Lösungen sind besser als andere und ein schlechtes Resultat kann durch Wiederholung verbessert werden. Abends kann er erst nach einem festen Ritual mit besten Ergebnissen einschlafen, aber das sieht zum Glück grundsätzlich niemand.

Die Geschichte wirkt sehr realistisch und im Nachwort bestätigte sich meine Vermutung, dass Wesley King so wie sein Protagonist Daniel selbst unter Zwangsstörungen leidet. Ganz nebenbei flechtet er einiges an Wissen über dieses Thema in die Romanhandlung ein. Daniel erzählt in der Ich-Form. Dadurch brachte er mir seine Erkrankung besonders nahe, weil ich auf diese Weise seine Gedanken beim Entstehen des Zwangs und während der Ausführung nachvollziehen konnte. Daniel wurde mir schnell sympathisch und ich bewunderte, dass er sich durch seine Krankheit nicht unterkriegen lässt, sondern unbeirrt davon am Schulleben und am Sport teilnimmt. Ihren Anteil tragen dazu vor allem Menschen bei, denen er vertrauen kann. Der Autor weist auch auf die Bedeutsamkeit von professioneller Hilfe hin.

Geschickt gelingt es Wesley King spannende Handlungen einzubauen. Da ist zum einen der Einsatz von Daniel als aktiver Spieler beim Football und das Erwarten des jeweiligen Spielverlaufs. Vor allem entwickelt sich aber die Beziehung zu einer Mitschülerin zu einer mitreißenden Kriminalhandlung, so dass ich über die Seiten nur so dahinflog. Außerdem durfte ich der sanften Auseinandersetzung Daniels mit seinen Gefühlen zu zweien seiner Mitschülerinnen folgen. All das beschreibt der Autor in einem leichten und lockeren Schreibstil. Seine Schilderung ist angefüllt mit Situationen die mich trotz der enthaltenen Ernsthaftigkeit amüsierten. Zusätzlich findet sich im Buch eine kleine Geschichte, die von Daniel aufgeschrieben wird, also eine Erzählung in der Erzählung.

Nicht nur äußerlich sondern vor allem vom Inhalt her ist „Daniel is different“ ein ganz tolles Buch. Es bietet dem Leser die Möglichkeit mehr über Zwangsstörungen, zu denen Zwangsgedanken und –handlungen gehören, zu erfahren. Hoffentlich kann es auch Betroffene dazu veranlassen, sich Hilfe zu suchen. Auf jeden Fall wird ihnen das Buch das Gefühl vermitteln, mit ihrer Krankheit nicht allein zu sein. Das Buch bietet genügend Stoff für eine Diskussion. Ich möchte dieses Buch gerne jedem ans Herz legen.

Veröffentlicht am 05.01.2017

Ein Highlight unter den deutschen Thrillerbüchern

Der Todesprophet
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„Der Todesprophet“ im gleichnamigen Thriller von Chris Karlden versetzt Berlin in Aufregung. Der Titel ist angelehnt an sein Tatmotiv. Eine Spritze, wie auf dem Cover zu sehen, kommt zwar auch zum Einsatz, ...

„Der Todesprophet“ im gleichnamigen Thriller von Chris Karlden versetzt Berlin in Aufregung. Der Titel ist angelehnt an sein Tatmotiv. Eine Spritze, wie auf dem Cover zu sehen, kommt zwar auch zum Einsatz, doch seine Tötungsmethode ist sehr viel subtiler.

Bereits im Prolog lernt der Leser den Journalisten Ben Weidner kennen. Für einen Artikel ist er in Äthiopien unterwegs als er plötzlich in eine ungeahnte, tödliche Extremsituation gerät. Doch trotz des bleibenden Schreckens verweigert er jede Therapie. Seine Ehe mit Nicole leidet darunter und steht kurz vor der Scheidung. Eines Tages findet Ben nach einem interessanten Abend mit einem Date auf der Suche nach seinem Handy in der Wohnung der jungen Frau deren Leiche. Die Angabe eines Datums am Fundort lässt bald eine Vermutung Wirklichkeit werden, denn eine weitere Leiche wird zur angegebenen Zeit gefunden. Ben ist erstaunt, weil er der Taten verdächtigt wird. Aber aufgrund der Ereignisse in Afrika leidet er unter Flashbacks und Bewusstseinsausfällen. Die Fakten sprechen gegen ihn und allmählich traut er sich selbst nicht mehr. Er ahnt noch nicht, dass das Grauen für ihn noch nicht seine schlimmste Form angenommen hat und bald schon kämpft er um weit mehr als nur seine Unschuld.

Geschickt baut Chris Karlden Ben von Beginn an als potentiellen Mörder auf. Seine Motive sind begründet und selbst Ben glaubt schließlich daran, dass er während Aussetzern seines Bewusstseins die Taten vollzogen hat. Ich wollte dieser These nicht folgen, aber leider sprachen immer mehr Fakten dafür. Gerne hätte ich Ben sympathisch gefunden, aber sein Widerstand gegen eine Psychotherapie und die Konsequenzen daraus machten ihn mehr zu einer bedauernswerten Person. Dennoch fand ich es gut, in diesem Thriller mal nicht die üblichen Kriminalkommissare als Ermittler zu sehen, sondern mit Ben eine Person die um ihre Unschuld kämpft.

Der Thriller ist hervorragend konstruiert auch wenn sehr viele Zufälle eine Rolle spielen sowie die Arglosigkeit eines Charakters von dem ich dies nicht vermutet hätte. Alles erscheint schließlich schlüssig auch wenn etwas sehr oft auf die grausamen Erlebnisse von Ben als Motiv hingewiesen wird. Ben bleibt ständig in Bewegung was dazu beiträgt, das ständig etwas passiert und keine Langeweile aufkommt. Es gibt etliche unerwartete Wendungen selbst in den brenzligsten Situationen bei denen der Autor durch seinen Einfallsreichtum glänzt. Die Spannungskurve bleibt dadurch hoch bis zum Schluss. Vor allem habe ich lange gerätselt ob Ben wirklich der Täter ist. Für eine Antwort auf die Frage, wenn nicht er es war wer dann, standen mehrere Personen zur Verfügung, denen ich aufgrund dessen mein Vertrauen nicht mehr schenken konnte. Dank des leicht lesbaren Schreibstils konnte ich das Buch zügig lesen um endlich der Aufklärung näher zu kommen.

Für mich ich das Buch ein Highlight unter den deutschen Thrillerromanen und ich vergebe gerne eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 02.01.2017

Wer einmal lügt ...

Insomnia
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Seit drei Jahren treibt ein Serienmörder im Süden Floridas sein Unwesen. Neun Opfer hat man bisher aufgefunden, alle gleichen einander in bestimmten Merkmalen wie beispielsweise ihrem jugendlichen Alter ...

Seit drei Jahren treibt ein Serienmörder im Süden Floridas sein Unwesen. Neun Opfer hat man bisher aufgefunden, alle gleichen einander in bestimmten Merkmalen wie beispielsweise ihrem jugendlichen Alter und ihrer zierlichen Figur. Weil der Täter seine Opfer vor ihrem Tod mit Werkzeugen quält wird er der „Hammermörder“ genannt. Das ist die Ausgangslage im Thriller „Insomnia“ der US-Amerikanerin Jilliane Hoffman.

Je nach Fundort der Leichen sind unterschiedliche Ermittlungsteams zuständig, doch nun soll das Dezernat für Verbrechen an Kindern und Jugendlichen hinzugezogen werden. Special Agent Bobby Dees gehört dem Team seit dreizehn Jahren an. Wer den Vorgängerband „Mädchenfänger“ gelesen hat, kennt den Ermittler bereits. Ich habe das genannte Buch nicht gelesen, hatte aber keinerlei Probleme dadurch, weil die Autorin an entsprechenden Stellen Auszüge der damaligen Geschehnisse schildert, vor allem soweit sie Bobby Dees betreffen.

Insomnia, zu deutsch schlaflos ist der Täter, den ich bereits im Prolog des Buchs kennenlernen konnte. Er leidet unter Kopfschmerzen die erst schwinden, wenn er seine Fantasien auslebt. So scheu wie die Schneeeule deren Augen mich auf dem Cover fixieren, aber genauso aggressiv wie dieses Tier sein kann, agiert der Täter.

Eines Tages taucht in einem Truckstop in Südflorida die 17jährige schwerverletzte, als vermisst gemeldete Mallory Knight auf und behauptet, dass sie vom Hammermörder entführt und vergewaltigt wurde. Bobby Dees betont in einer Unterredung mit Mallory, dass er ihren Schilderungen nicht glaubt. Noch nie ist ein Opfer des Hammermörders lebend wieder aufgefunden worden. Mallory erkennt bald die Folgen ihrer Aussage, die sich fatal auf ihre Zukunft auswirken werden. An dieser Stelle erreicht die Geschichte einen ersten Höhepunkt. Das Motiv des Täters war mir vom Prolog an bekannt und auch die stattliche Anzahl der bisherigen Opfer. Nun hoffte ich darauf, dass Bobby Dees sehr bald schon Licht ins Dunkel bringen kann. Doch stattdessen sprang die Erzählung um vier Jahre in die Zukunft und das Morden ging weiter.

Jilliane Hoffman hat es geschafft, mich über die gelesenen Seiten hinweg bis zum Schluss zu fesseln. Als dann endlich der Fall vor der Klärung steht, stellte ich fest, dass noch nahezu hundert Seiten im Buch folgten. Doch das war nicht nur ein Abspann, sondern hier hielt die Autorin weiterhin den Spannungsbogen und führte ihn zu einem für mich unerwarteten Ende.

Die Geschichte wird aus einer allwissenden Erzählsicht geschildert. Ich fand es gut, dass die Handlungen immer ausreichend begründet wurden. Auf diese Weise wirkte alles realistisch und vorstellbar. Die Autorin hat einen mitreißenden Schreibstil. Sie versteht es, eine unterschwellige Spannung zu erzeugen und damit unangenehme Situationen zu erzeugen aus denen man sich nur durch schnelles Weiterlesen retten kann. Die kurzen Kapitel haben mich nicht in Ruhe verweilen lassen. Jilliane Hoffman bestückt ihre Szenerie mit mehreren potentiellen Tätern. Dazu liefert sie genauso viele Hintergrundinformationen zu den Personen die ausreichen, denjenigen zu verdächtigen. Ihre Charaktere leben nicht alle auf der Sonnenseite. Sie wurden verspottet oder reichten nicht an gewisse Maßstäbe ihrer Eltern heran.

Mich konnte dieser Thriller begeistern und daher gibt es von mir eine uneingeschränkte Leseempfehlung für alle Leser des Genres.