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Veröffentlicht am 05.04.2020

Entwurzelt

Belmonte
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Dieser Roman um eine deutsch-italienische Familie spielt auf zwei Zeitebenen, der Gegenwart, in der die etwa 30-jährige Simona von ihrer Großmutter Franca ein Haus in deren Heimatdorf Belmonte in den italienischen ...

Dieser Roman um eine deutsch-italienische Familie spielt auf zwei Zeitebenen, der Gegenwart, in der die etwa 30-jährige Simona von ihrer Großmutter Franca ein Haus in deren Heimatdorf Belmonte in den italienischen Marken erbt und der Vergangenheit, beginnend im Jahr 1944, in dem Francas Mutter Teresa die Kämpfer der Resistenza, zu denen auch ihr damaliger Freund gehört, mit Nahrung versorgt und auf dem Rückweg von Deutschen vergewaltigt wird. Neun Monate nach diesem schrecklichen Erlebnis, von dem nur ihre beste Freundin Marta, die sie damals begleitet hat, weiß, wird Franca als "Bastard" geboren, obwohl Teresa auf Anordnung ihres Vaters einige Monate vor deren Geburt noch einen verbitterten Kriegsheimkehrer heiraten musste. Sie hat es dann alles Andere als leicht mit ihm und seiner Familie und das Schicksal meint es nicht gerade gut mit ihr.

Simona, die Urenkelin von Teresa hat gerade ihre Stelle als Landschaftsarchitektin in Kempten verloren und so reist sie nach dem Tod ihrer Großmutter Franca nach Italien in ihr von Franca geerbtes Haus, das Elternhaus von Teresa. Dort warten einige Überraschungen auf sie, unter anderem auch Kassetten, die ihre Großmutter vor ihrem Tod für sie aufgenommen hat und die nach und nach allerlei Familiengeheimnisse aufdecken, zum Beispiel warum Franca überhaupt nach Kempten kam. Aber die fast 100-jährige Marta hält weiterhin dicht, was das schreckliche Erlebnis im Zweiten Weltkrieg angeht. Simona teilt in gewisser Weise das Schicksal ihrer Großmutter Franca, da auch sie nicht weiß, wer ihr Vater ist, das hat ihr ihre Mutter nie verraten und es belastet sie sehr, ihre eigenen Wurzeln nicht zu kennen. Zudem ist sie sich auch unsicher, wie es mit ihrer eigenen Beziehung weitergehen soll, aus der irgendwie etwas die Luft raus ist und in Belmonte sorgt der Enkel der ersten Liebe von Teresa für Gefühlsverwirrung bei ihr. Gleichzeitig gibt es aber auch einen tollen Gemüsegarten am Haus von Franca, der ihr ein neues Aufgabenfeld bietet und eine Ersatzfamilie mit Martas Kindern, Enkelkindern und Urenkeln. Die Verlockung, Kempten aufzugeben und in Italien zu bleiben, ist also recht groß.

Der Roman hat mich sehr gefesselt. Er bietet mit den Themen des deutsch-italienischen Verhältnisses während und nach dem zweiten Weltkrieg am Beispiel der Geschichten von Marta und Teresa, der Entwurzelung von Franca und Simona aufgrund des unbekannten Vaters und den italienischen Gastarbeitern in Zeiten des deutschen Wirtschaftswunders auch eine gute Portion Tiefgang. Die Charaktere der weiblichen Hauptpersonen sind überzeugend gestaltet und auch das Örtchen Belmonte kann man sich gut bildhaft vorstellen. Der Schreibstil der Autorin ist sowohl anschaulich als auch gut lesbar.

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Veröffentlicht am 05.04.2020

Reformpädagogik auf Juist

Die Schule am Meer
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Die Schule am Meer, die im Mittelpunkt von Sandra Lüpkes Roman steht, hat es auf Juist wirklich gegeben. Bei dem Buch handelt es sich um ein Herzensprojekt der auf Juist geborenen Autorin, die bei einem ...


Die Schule am Meer, die im Mittelpunkt von Sandra Lüpkes Roman steht, hat es auf Juist wirklich gegeben. Bei dem Buch handelt es sich um ein Herzensprojekt der auf Juist geborenen Autorin, die bei einem Besuch im Heimatmuseum dazu inspiriert wurde, auch weiteren Pädagogen der Schule neben dem meist ausschließlich erwähnten charismatischen ehemaligen Schulleiter Martin Luserke nachträglich eine Stimme zu verleihen. Dazu recherchierte sie sehr gründlich und vieles im Roman basiert auf historischen Tatsachen, wenngleich auch manche Person oder manches Ereignis dazu erfunden werden musste.

Bei der Schule handelt es sich um eine so genannte Reformschule, die Pädagogen arbeiteten mit, besonders für die damalige Zeit (die Schule existierte von 1925 - 1934) ungewöhnlichen Methoden. Dabei standen praktische Erfahrungen, wie durch das Anlegen von Gärten, das Halten von Tieren, Musik und Theaterspiel im Mittelpunkt. Außerdem segelte man auf der Nordsee und zwischen Mai und Oktober zählten morgendliche Bäder in der kalten Nordsee zum Pflichtprogramm. Lehrer und Schüler lebten in einer familienähnlichen Gemeinschaft eng zusammen. Die Bewohner der kleinen Nordseeinsel standen dem Ganzen oft mit einer gehörigen Portion Skepsis gegenüber.

Zu der Gruppe der Pädagogen, die (fast) von der Gründung an dabei waren, zählen neben Luserke das Ehepaar Anni und Paul Reiner und der Musikpädagoge Eduard Zuckmayer, Bruder des berühmten Dramatikers. Sie bauen die Schule mit viel Herzblut unter teils widrigen Umständen (Wetterkapriolen, Geldknappheit, ungünstige Bedingungen für den Gemüseanbau, Krankheiten, Vorbehalte der Inselbewohner, usw.) auf und genießen für ihren Einsatz und ihre Leidenschaft den Respekt ihrer Schüler, von denen auch einige Probleme mit ins Internat gebracht haben. Anni entstammt einer wohlhabenden jüdischen Familie und kann die Schule so immer wieder unterstützen, zugleich wird ihre jüdische Herkunft mit dem, auch auf der kleinen ostfriesischen Insel aufkommenden, Nationalsozialismus auch immer mehr zum Problem für sie und ihre Familie.

Der Roman spricht so verschiedenste Aspekte an. Einerseits bot er einen, nicht nur für mich als Lehrerin, sehr interessanten Einblick in die Anfänge der Reformpädagogik in Deutschland. Zudem spielen natürlich auch Freundschaft und Zusammenhalt eine wichtige Rolle, sowohl unter den Schülern als auch unter den Lehrern. Eine weitere, nicht unwichtige Komponente ist die Paarbeziehung und das Familienleben von Anni und Paul Reiner, durch das Zusammenleben in der großen Gemeinschaft und den unbedingten Einsatz für die Schule gestaltet sich dies nicht immer einfach. Auch die Insel Juist und das nicht ganz einfache Leben dort, auf dieser abgelegenen Insel, spielt eine wichtige Rolle. Man kann sich die schöne, aber auch oft raue Umgebung sehr gut vorstellen. Und nicht zuletzt sind das Aufkommen des Nationalsozialismus, die hinterhältigen Methoden, mit denen die Nationalsozialisten arbeiteten und der Antisemitismus und in diesem Zusammenhang auch Verrat große und wichtige Themen in diesem Roman.

Sandra Lüpkes hat sowohl die historischen als auch die erfundenen Charaktere sehr anschaulich und überzeugend ausgestaltet. Durch die verschiedenen Erzählperspektiven kann man sich gut in die einzelnen Personen hineinversetzen. Der Schreibstil der Autorin ist gut nachvollziehbar, die Handlung ist fesselnd und den Leser erwartet eine spannende Reise in eine andere Zeit. Ich empfehle das Buch daher sehr gerne weiter.

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Veröffentlicht am 27.03.2020

Neustart auf der Insel

Der Sommer der Inselblumen
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Anna und ihr Zwergdackel Prinz Harry verlassen Hamburg, nachdem Anna, während sie sich von einer schweren OP erholte, von ihrem Freund mit ihrer besten Freundin betrogen wurde und sie auch ihren alten ...

Anna und ihr Zwergdackel Prinz Harry verlassen Hamburg, nachdem Anna, während sie sich von einer schweren OP erholte, von ihrem Freund mit ihrer besten Freundin betrogen wurde und sie auch ihren alten Job nicht mehr richtig ausüben kann. Annas Plan ist, auf der holländischen Nordseeinsel Texel, wo sie das alte Bauernhaus ihrer Großmutter geerbt hat, einen Blumenladen mit Café zu eröffnen und so zwei ihrer Leidenschaften zu verbinden.


All das gestaltet sich aber nicht ganz einfach, die Insel ruft alte Erinnerungen an ein dramatisches Erlebnis in ihrer Kindheit wach, allein im alten Bauernhaus ist es manchmal ganz schön gruselig, die Frau, die sich in der Vergangenheit etwas um den Hof gekümmert hat und ihr Sohn wirken recht seltsam und die meisten Inselbewohner scheinen zunächst nicht wirklich auf ihren Laden gewartet zu haben.


Zum Glück gibt es aber auch Menschen, die offen auf Anna zugehen und ihre Freundschaft suchen, wie ihre Physiotherapeutin Britt, deren Bruder Ole, Hofnachbar Luuk und Ladennachbarin Roos. Aber auch ihr Exfreund und ihre Familie tauchen zwischenzeitlich auf der Insel auf. Es kommt zu Gefühlschaos, aber auch zu mysteriösen Vorfällen, die Anna zu schaffen machen.


Aber auch die Insel Texel nimmt einigen Platz in dem Roman ein und es fehlt nicht an Lokalkolorit, wodurch man sich beim Lesen durch die anschaulichen Beschreibungen gut die kleinen Gässchen in den Inselorten, den weitläufigen Strand, die manchmal recht wilde Nordsee, die schöne Natur, die Schafscheunen und Pfahlrestaurants am Strand mit Seetangburger und einem ganz speziellen Schnaps vorstellen kann.


Dem Roman fehlt es auch nicht an etwas Tiefgang, indem Themen zur Sprache kommen, die über das hinausgehen, was bei den klassischen Liebesromanen meist passiert. Außerdem macht das Buch definitiv Lust darauf, auch bald mal wieder an die See zu fahren. Mina Golds Schreibstil ist lebendig, anschaulich und gut lesbar. Daher kann ich das Buch jedem empfehlen, der auf der Suche nach einem nicht zu kitschigen Roman mit einer sympathisch en Protagonistin ist, der an einem besonders schönen Ort spielt. Von ihr und dem Ort muss man sich nach der Lektüre dann auch nicht endgültig verabschieden, denn im kommenden Frühling soll der zweite Teil dieser auf drei Bände ausgelegten Reihe erscheinen.

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Veröffentlicht am 26.03.2020

Fesselnd wie die beiden Vorgänger

Die Ärztin: Die Wege der Liebe
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Auf den dritten Band der Reihe um Ricarda Thomasius, eine der ersten Ärztinnen in Deutschland, habe ich mich sehr gefreut, da ich unbedingt wissen wollte, wie alles weiter geht, nachdem ich die ersten ...

Auf den dritten Band der Reihe um Ricarda Thomasius, eine der ersten Ärztinnen in Deutschland, habe ich mich sehr gefreut, da ich unbedingt wissen wollte, wie alles weiter geht, nachdem ich die ersten beiden Bücher sehr fesselnd fand und der zweite Teil noch dazu mit einer Art Cliffhanger geendet hatte.

Ich wurde dann auch wieder nicht enttäuscht. Auch diesmal konnte ich das Buch kaum aus den Händen legen. Natürlich wegen Ricarda und ihren drei Kindern Henny, Georg und Antonia, die im dritten Band im Mittelpunkt der Handlung stehen und es alle nicht ganz einfach haben. Der Roman spielt aber auch in einer spannenden, aber auch sehr schweren Zeit, während und kurz nach dem 1. Weltkrieg und ich habe durch die Lektüre des Buches auch einige Dinge erfahren, die mir bisher so nicht bewusst waren.

Der Schreibstil der Autorin ist angenehm lesbar und die Charaktere sind so ausgestaltet, dass man sich gut in sie hineinversetzen kann. Sehr gerne würde ich sie auch noch in der Zeit der Weimarer Republik und des Zweiten Weltkrieges weiter begleiten, aber ich fürchte, die Reihe ist nur auf drei Bände ausgelegt.

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Veröffentlicht am 26.03.2020

Harte Zeiten

Die Charité: Aufbruch und Entscheidung
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Auf dieses Buch habe ich mich sehr gefreut, da ich bereits den ersten Band der Reihe gelesen habe. Ich hatte gehofft, dass man im zweiten Band dann auch zumindest am Rande "alte Bekannte wiedertrifft". ...

Auf dieses Buch habe ich mich sehr gefreut, da ich bereits den ersten Band der Reihe gelesen habe. Ich hatte gehofft, dass man im zweiten Band dann auch zumindest am Rande "alte Bekannte wiedertrifft". Das war zwar nicht der Fall, aber auch die beiden Protagonistinnen, die diesmal im Mittelpunkt der Handlung stehen sind sehr sympathisch. Rahel ist die erste jüdische Ärztin in Berlin und Barbara kommt aus sehr ärmlichen Verhältnissen in die Wäscherei der Charité. Ein unangenehmer Vorfall bringt sie beide zusammen und so freunden sie sich an und durchleben gemeinsam die nicht einfache Zeit kurz nach der Jahrhundertwende und während des 1. Weltkrieges. Ich fand es sehr spannend, mitzuerleben, was sie durchmachen mussten und auch mehr über die damaligen Zustände in Krankenhäusern zu erfahren. Vieles, was für uns heute selbstverständlich ist, war es damals noch absolut nicht. Auch wurde mir erst wieder bewusst, dass es ein harter Weg war, bis die Frauen sich die gleichen Rechte erkämpft hatten, wie die Männer. Barbara und Rahel führen aber ein, für die damalige Zeit, schon sehr modernes Leben, was für sie nicht immer leicht durchzusetzen und mit anderen Entbehrungen verbunden war. Insgesamt hat mich das Buch sehr gefesselt und ich konnte es bis zum Schluss kaum aus der Hand legen. Der Schreibstil der Autorin ist angenehm lesbar.

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