Nach einigen Sachbüchern und schwermütigen Romanen stand mir der Sinn nach einem kurzen Liebesroman - daher habe ich es angefordert. Letztlich war das Buch gekonnt, und irgendwie ungekonnt. Gut konstruiert, ...
Nach einigen Sachbüchern und schwermütigen Romanen stand mir der Sinn nach einem kurzen Liebesroman - daher habe ich es angefordert. Letztlich war das Buch gekonnt, und irgendwie ungekonnt. Gut konstruiert, flott zu lesen - aber sprachlich ungelenk. Denn es gibt viele Wiederholungen und alles wird sehr korrekt beschrieben.
Der Reihe nach.
Rezi enthält Spoiler.
Worum geht es?
Eine Anwaltsanwärterin verliebt sich in einen Tennisprofi, der beschuldigt wird, ein It-Girl belästigt zu haben. Da beide unter Bindungsangst leiden, gibt es viel zu diskutieren. Krimi meets Liebesgeschichte.
Die Geschichte
Ich fand die Konstruktion nett und insgesamt rund, aber konnte vieles nicht nachvollziehen. Die Hauptfigur hat gerade die Uni beendet, bekommt aber nur wenig Unterstützung bei ihrem Fall - obwohl sie scheinbar ein Traineee ist. Sehr vieles wird informell geklärt - sie bekommt die E-Mail-Adresse der Täterin vom Manager, schreibt und telefoniert mit ihr. Vielleicht ist das im englischen Sprachraum normal, aber auf mich wirkte das komisch. Auch dass ein It-Girl versucht, den Star zu einer Schein-Beziehung zu überreden, indem sie droht, in der Vergewaltigung zu beschuldigen, finde ich altmodisch - heutzutage gibt es andere Varianten, um berühmt zu werden.
Die Figuren
Die Rollen folgen bekannten Mustern: Frau mit angesehenem Beruf in der Übungsphase mit Trauma, Mann in der Karrierekrise, dessen Arroganz gut wirkt, ein schwuler Trainer, eine beste Freundin, ein netter Anwaltsgehilfe, eine Mutter mit Problemen. Nett, vorhersehbar.
Das Frauenbild
Gut gefallen hat mir, dass unsere Hauptfigur meist in sportlich-eleganter Kleidung und Ballerinas durch die Handlung läuft. Obwohl die Betonung, dass sie Kurven hat und dass Fluchen nicht "damenhaft" sei, sein muss. In den erotischen Szenen ergreift Frau die Initiative, wenngleich der Eindruck vermittelt wird, dass der Spaß des Mannes und seine Überraschung darüber, dass sie das tut, wichtig sind. Von ihrem Spaß spricht das Buch nicht. Irritierend fand ich, dass sie als witzig beschrieben wird, aber anfangs nicht witzig ist.
Schreib- und Erzählstil
Gut fand ich die Dialoge, weil sie oftmals natürlich wirken, besonders zwischen dem Tennisprofi und der Anwältin. An manchen Stellen gibt es Humor.
Probleme hatte ich aber mit den Wortwiederholungen und dass oft Informationen erzählt werden, die nicht relevant sind z.B. "Auch ich verabschiedete mich höflich von ihr und trat durch die Tür, die Nick mir aufhielt, um sie dann wieder hinter mir zu schießen." (S. 121 von 217) oder "Eigenlich waren alle Anwaltsbüros fast gleich groß, egal ob Namenspartner oder angestellter Anwalt" (S. 103) - warum wird das erwähnt, wenn es keine Unterschiede gibt? Außerdem wird das It-Girl meist als "Penelope Miller" oder "Miss Miller" bezeichnet, auf S. 144 aber plötzlich, sehr distanziert, "Miss Penelope Miller" - als würden sich die beiden noch nicht kennen, obwohl sie schon Kontakt hatten.
Wirklich genervt hat mich, dass ständig die Formulierung dass etwas an die "Öffentlichkeit" gehen oder geraten könnte benutzt wird - das Wort kommt in ähnlichen Konstruktionen 10 mal im Buch vor. Das war sehr auffällig.
Fazit
"Legal Love" ist ein netter Liebesroman, der eine gut konstruierte Geschichte hat, aber sprachlich und erzählerisch etwas altbacken wirkt.
Ich hatte das Buch angefragt, weil ich von dem Film gehört habe und das Thema interessant finde. Ich wollte wissen, wie das Verhältnis zwischen den Mitarbeitern war und ich wollte charismatische Frauenfiguren ...
Ich hatte das Buch angefragt, weil ich von dem Film gehört habe und das Thema interessant finde. Ich wollte wissen, wie das Verhältnis zwischen den Mitarbeitern war und ich wollte charismatische Frauenfiguren erleben. Letztlich bleiben diese jedoch im Kernschatten - der Nettigkeit. Denn die Autorin geht sehr wohlwollend mit ihnen um; sie zeichnet sie nicht als vielfältige Charaktere, sondern als strebsame Menschen, die sich für ihren Beruf aufopfern - die Folgen beleuchtet sie nicht. Außerdem springt das Buch ständig zwischen den Frauen und zahlreichen anderen Mitarbeitern. Wenn man einen roten Faden in Stücke schneidet und auf den Boden wirft, hat man die Dramaturgie des Buches.
Worum geht es?
Der Text zeichnet den Weg der "menschlichen Computer" im Rechenzentrum West der Station Langley (in Hampton, Virginia), beginnend in den 40er Jahren bis hinein in die 60er, die durch die Erdumrundung und die Landung auf dem Mond gekennzeichnet sind. "Computer" meint hier keinen (elektronischen) PC, sondern kommt von "to compute" - rechnen. Die Frauen sind studierte Mathematikerinnen.
Was hat mir gefallen?
Der Prolog: Die Autorin selbst wuchs in Hampton (Virginia) unweit des Forschungszentrums auf, ihr Vater war dort Wissenschaftler. Im Vorwort beschreibt sie, wie sie das Thema entdeckt und warum das für sie so wichtig ist. Das war sehr berührend!
Der Epilog: Hier wird erzählt, wie sich die Geschichte der Raumfahrt und der NASA entwickelte. Dass der Standort verkleinert wurde und Housten als neues Zentrum festgelegt wurde. Warum es weniger Mondmissionen gibt. Aber auch, was die Frauen nach ihrer "Karriere" als Computer gemacht haben - manche unterrichteten, anderen setzten sich für Feminismus ein. Mir hat bei diesem Teil gefallen, dass die Fakten im Vordergrund standen und sich die Autorin auf wenige Figuren konzentriert hat.
Die Bürgerrechtsbewegung: Der Weg der Frauen war begleitet von zunehmenden Rechten für die "schwarze" Bevölkerung. Manche Dinge waren nur möglich, weil sie bereits erkämpft wurden. Für mich war das Thema neu und ich fand es interessant, dass Gerichtsurteile und Proteste Freiheiten schufen, aber es auch Politiker gab, die den Prozess hemmten. Besonders prägnant fand ich die Geschichte der "Lost Generation of Prince Edward County" Vereinfacht gesagt blieben die öffentlichen Schulen in diesem heute 20 000-Menschen großen Landkreis von 1959 bis 1964 geschlossen. Das Supreme Court hatte vorher beschlossen, dass die Rassentrennung von öffentlichen Schulen gegen die Verfassung ist. Die Verwaltung des Countys schloss daher ALLE Schulen, anstatt "schwarze" Schüler in "weiße" Schulen zu integrieren. Für "weiße" Schüler gründeten sich Privatschulen, die "schwarzen" mussten jedoch in andere Countys oder Bundesstaaten ausweichen oder anders unterrichtet werden. Bildung ist für uns ein hohes Gut - dass manche Kinder fünf Jahre nicht zur Schule konnten, finde ich traurig, vor allem, weil die Folgen unklar sind.
Was hat mir nicht gefallen?
Der Schreibstil: Der Stil erinnerte mich an ein Märchen und die Autorin zeichnet die Wege mit (unnötigen) Details z.B. "Die einfache, aber elegante Hochzeit fand im Haus von Jimmys älterer Schwester Helen statt. In einem knöchellangen Plisseekleid stand Pat strahlend vor dem behelfsmäßigen, mit Immergrün und Gladiolen geschmückten Altar [...]" (S. 150 von 369) - Pat ist die Schwägerin einer der Hauptfiguren. Was mich gestört hat ist, dass all das nur Beiwerk ist und nicht darüber hinwegtäuscht, dass zu wenig erzählt wird. Ich denke, es wäre erzählerisch besser gewesen, wenn die Autorin mehr Anekdoten, mehr kleine abgeschlossene Geschichten, eingebaut hätte. Ein Beispiel ist die Frau, die in der Cafeteria das Schild "Farbige Computer" solange entfernt, bis es nichtmehr aufgestellt wird. Das sind Szenen, die im Kopf bleiben und als Metapher für die großen Probleme dienen.
Zu wenig Fakten: Ich hatte Probleme ins Buch zu kommen, weil die harten Fakten fehlen. Das Wort "menschlicher Computer" wird nur am Rande erklärt und was die Frauen konkret machen, erfährt man auch nicht. Vielleicht hatte die Autorin Angst, dass es die Leser nicht interessiert, aber ich konnte mir die Figuren nicht am Schreibtisch vorstellen, weil nie ausgeführt wird, was sie berechnen und wie. Welche Rechenaufgaben sind so groß, dass man dafür tagelang Blätter von Papier vollschreibt? Wie sieht dieser Prozess aus? Außerdem hätte ich mir eine kleine Chronik der Abläufe gewünscht - für jede Frau, aber auch für die Bürgerrechtsbewegung, die eine wichtige Nebenrolle spielt.
Kein roter Faden: Der Text springt abschnittsweise zwischen den Hauptfiguren und deren Vorgesetzten, sodass es schwierig war zu folgen. Dass keine Figur so präsent ist, dass man sie sich gut merken kann, tut sein Übriges.
Fußnoten, aber wenig direkte Zitate: Im Buch gibt es auf 304 Seiten (ohne Anmerkungen) 790 Fußnoten. Teilweise zitiert die Autorin winzige Details z.B. wieviele Bündel Wäsche in der Wäscherei, in der eine Figuren arbeitet, gewaschen werden. Das erinnerte mich an das sehr genaue Arbeiten einer wissenschaftlichen Arbeit. Aber die Frauen selbst kommen selten zu Wort. Die Autorin hat sie interviewt, aber sie haben für mich keine "Stimme", weil der Erzähler seine schützende Hand über sie hält und damit den Eindruck etwas verfälscht.
Zu positiv: Ich konnte die Figuren nicht greifen, weil sie zu perfekt wirken, keine Kanten haben. Wenn es innere Konflikte gab, wurden diese eher zwischen den Zeilen deutlich. Die Frauen werden als strebsame Menschen gezeigt, die sich ihre Karriere mit Hartnäckigkeit und etwas Glück erarbeitet haben. Sie sind zuverlässig, opfern sich für die Arbeit auf. Aber ich fragte mich, was mit den Kindern macht - wenn die Mutter teilweise hunderte Kilometer weg zieht oder sie wegschickt, damit sie eine gute Schulbildung bekommen. Wenn sie sich um den Haushalt kümmern müssen, weil die Mutter arbeitet und der Vater tot ist. Ob sie Unterstützung hatte. Ob sie mal "schlechte" Tage hatten, an denen sie keine Lust hatten zu arbeiten z.B. nach dem Tod des geliebten Ehemanns. Wie sie die Diskriminierung empfunden haben. Ich kann das ein Stück verstehen. In Zeiten, in denen wir die Mutterrolle (oder: Elternrollen) öffentlich diskutieren und es viele Fascetten zwischen "Regretting Motherhood", Frau am Herd, Mann am Herd, Teilzeitmodellen usw. gibt, erscheint es fern, dass es früher manchmal das Beste war, sich auf die berufliche Zukunft zu konzentrieren - die eigene und die der Kinder. Damit man finanziell unabhängig war. Weil vor allem die "schwarze" Bevölkerung schlechter bezahlt wurde. Vielleicht haben das die Protagonistinnen nicht so schlimm empfunden. Und ich denke, dass das Forschungsgebiet der "menschlichen Computer" noch zu jung ist, um sich differenziert damit auseinander zu setzen. Vielleicht ist es zu früh, um Kratzer auf das Bild zu setzen. Oder die Autorin wollte "ihren" Heldinnen nicht schaden.
Keine Spannung: Für mich gab es nichts, was mich vorangetrieben hat. Der Weg der Figuren zeigt nach oben und es passiert nur weniges, das sie daran hindert. Weitergelesen habe ich nur wegen des Themas.
Fazit
"Hidden Figures" ist ein Buch, das als Film super funktioniert, weil das Medium die Leerstellen im Buch füllen kann. Trotz des tollen Themas ist das Buch zu nett, zu durcheinander und zu ausgeschmückt. Es ist eine liebevolle Hommage an die, die so lange nicht erwähnt wurden. Aber es bleibt zu eindimensional. Spannender als die Haupthandlung sind die Nebenstränge.
Ich habe das Buch angefordert, weil ich mich mit dem Thema beschäftigen wollte - denn für mich war das nie relevant. Als Teenager hat mich das nicht interessiert und als ich als junge Erwachsene einen ...
Ich habe das Buch angefordert, weil ich mich mit dem Thema beschäftigen wollte - denn für mich war das nie relevant. Als Teenager hat mich das nicht interessiert und als ich als junge Erwachsene einen Freund hatte, war es mit ihm und in diesem Moment genau richtig. Ich wollte verstehen, warum Menschen bis zur "Ehe" warten. Letztlich hat mich das Buch zum Denken angeregt und ich frage mich umso mehr, warum "die Ehe" als Fixpunkt gesetzt wird, ohne sie zu hinterfragen.
Außerdem habe ich erstmals in einem Buch festgestellt "Ich bin zu alt für den Scheiß!"
**Worum geht es?*
Valerie wird von ihrem Freund verlassen, weil sie nicht mit ihm schlafen möchte. Als sie ihn auch noch mit ihrer Feindin sieht, schreit sie ihn in der Cafeteria an - und wird gefilmt. Aus einem kleinen Video wird eine große Bewegung. Und dazu kommt noch Rockstar Kyle und der Konflikt mit ihrer "besten" Freundin Cara.
*Das Positive*
die Dramaturgie: Ich fand das Buch wirklich "rund", ich konnte gut mitfühlen, habe alle Konflikte nachvollziehen können. Außerdem war das Ende unerwartet, in mehrerlei Hinsicht. Außerdem gefällt mir, dass es keine typische "Rockstar-Romanze" ist.
die Reflexion im Kleinen: Kyle erklärt, warum es für ihn so reizvoll ist, mit Val als Jungfrau zu schlafen. Ich fand das sehr reif und interessant.
Jungfräulichkeit ist ungleich "nicht körperlich": Val küsst ihren damaligen Freund und genießt das. Keinen Sex zu haben bedeutet nicht, dass man nicht körperlich aktiv wird.
Kein Frauenproblem: Auch Männer können überfordert sein, wenn Frauen mit ihnen schlafen wollen, sie aber nicht - ich finde es gut, dass der Roman das anspricht und Männern einen Schutzraum geben will. Ein Mann ist nicht schwach, weil er Angst (?) vor Sex hat.
*Das Negative*
Vorhersehbarkeit: Valerie trifft keine Entscheidungen, alles passiert einfach so - die Karriere als Virgin Val genauso wie die Trennung von Freund Issac, den sie nicht liebt. Auf dem Höhepunkt trifft sie tatsächlich eine Entscheidung - aber diese wird nur kurz beleuchtet. Selbst der Konflikt mit der besten Freundin wird nicht aufgelöst, er verschwindet einfach.
Die Lücken: An manchen Stellen ist das Buch sehr realistisch z.B. dass Valerie ihre Schmuckkollektion nicht herausbringen kann, ohne, dass ihre Eltern zustimmen - denn sie ist noch nicht voll geschäftsfähig. Und dass sie sogar ein Gewerbe anmelden muss. An anderen Stellen blieben bei mir Fragezeichen. Issac glaubt an Gott - das spielt aber für die Beziehung keine Rolle. Wenn man mehrere Monate zusammen ist, dann setzt man sich mit der Religion des anderen auseinander und findet seine eigene Position darin. Wichtig wird das Thema nur am Ende, als sich Issac von Valerie trennt, um auf Mission zu gehen. Auch die Beziehung zu Cara wirkt von Anfang an nicht harmonisch - Valerie betrachtet sie liebevoll als jemanden, der auf Drama und Glamour steht. Cara ist die verrückte Freundin, die in Highschool-Filmen die Handlung auslöst, mit der man real aber kaum Berührungspunkte hätte. Ihre Welten wirken zu unterschiedlich und entfernen sich im Laufe des Buches. Und anstatt aufeinander zuzugehen und sich einzugestehen, dass sie sich vermissen, streiten sie sich. Ich würde so etwas anders lösen - ein "Ich habe Angst um unsere Beziehung" hilft oft mehr.
fehlende Erwachsene: Eltern usw sind im Buch vorhanden, tun aber nur wenig. Das nervte mich an zwei Punkten: Vals Adoptiveltern unterstützen sie, reden aber nicht darüber, was es bedeutet "verheiratet" zu sein. Die Ehe bleibt als Idealbild. Außerdem arbeitet Val für die "Nicht alle tun es"-Stiftung, die sie aber nur ausnutzen. Als Val von Kyle öffentlich geküsst wird, obwohl sie das nicht wollte, greift keiner ein. Es spricht sie auch später keiner an. Ich finde es gruslig, weil hier wieder das Bild entworfen wird, dass Belästigungen ok sind, weil sie sich eigentlich mögen. Jemandem zu nahe zu kommen und öffentlich bloßzustellen, das ist nicht in Ordnung. Dass das von Leuten toleriert wird, die sich für einen Bereich der sexuellen Selbstbestimmung einsetzen, ist paradox.
Jungfräulichkeit: Val gibt sich das Versprechen, mit Sex zu warten, bis sie verheiratet ist, weil ihre leibliche Mutter jung schwanger wurde und sie zur Adoption freigab. Valerie ist dankbar, möchte das aber nicht. Ich habe mich gefragt, ob es wirklich um die Jungfräulichkeit geht oder darum, die Verbindung aufrecht zu erhalten. Besser zu sein. Stark zu sein, weil die Mutter es damals nicht war. Um Sex und Selbstbestimmung geht es weniger. Im Gespräch mit Kyle erklärt er, eine Frau zu entjungfern sei eine Art Kontrolle - "zu sehen, wie sie alles zum ersten MAl erlebt? Ihr Dinge beizubringen?" (S. 203 von 234). Ich frage mich, ob die Kontrolle auch von der Frau ausgeht - denn sie verspricht ihm, mit ihm zu schlafen, wenn sie verheiratet sind. Was, wenn die Frau feststellt, dass sie körperlich nicht zueinander passen? Vielleicht geht es weniger um die Jungfräulichkeit als darum, sich eine Frist zu setzen, bis zu der man sich bereit fühlen muss. Aber ist "bereit fühlen" nicht ein Prozess? Ein Erkunden von Grenzen? Und sollte man nicht die Entscheidung, ob man mit jemandem schläft, jedes Mal neu fällen? Kann man sich in einem Moment bereit fühlen und im nächsten nicht? Umso interessanter finde ich das Thema "Abstinenz", das im zweiten Band eine Rolle spielt.
Val beschreibt das so "Ich will, dass meine Unberührtheit sowohl mir als auch dem Mann etwas bedeutet [...] Wie würdest du dich fühlen, wenn ich dich als die einzige Person auswähle, die mich so intim kennt? Wie wäre es für dich zu wissen, dass niemand sonst mich berühren darf?" (S. 204/234) Wenn man das erste Mal mit jemandem schläft, egal ob es der erste oder der der hunderste Partner ist, sollte es immer etwas Besonderes für beide sein, in diesem Moment. Den Partner mit "Intimität" zu locken, setzt beide unter Druck.
Glaubt man einigen Theorien, dann ist "Jungfräulichkeit" ein Relikt aus der Zeit, in der die Treue der Frau besonders wichtig war, weil der Besitz nur an die "eigenen" Nachkommen vererbt werden und Streitigkeiten vermieden werden sollten. In der Frauen ein Wertgegenstand des Mannes und von ihm abhängig waren.
Auch der Begriff der "Ehe" bleibt vage - es geht für beide Partner darum zu entscheiden, ob die Ehe tatsächlich zum Ziel des Aktes führt. Es ist das Versprechen ewiger Treue - aber wie weit geht diese? Wo hören gemeinsame Bedürfnisse auf und wo fangen eigene an? Es ist auch eine rechtliche Frage - Steuern, Erbrecht ... Ich denke, dass man auch mit 18-Jährigen über die Pros und Cons von Jungfräulichkeit, aber auch von Ehe reden kann.
Außerdem kommen nur wenige Menschen zu Wort, die ihre Entscheidung bereut haben. Oder denken, sie hätten richtig gehandelt. Obwohl Potential da wäre - Kommentare unter einem Video können sehr hilfreich sein.
Was mich vor allem stört: Eigentlich geht es nicht darum, dass Valerie Sex haben will. Es geht um Unterhaltung. Der Text ist ein flottes, nettes Buch um Freundschaft und Liebe. Die Jungfräulichkeit ist nur Mittel zum Zweck. Man hätte auch ein anderes Thema als Rahmenhandlung nehmen können.
*Schreibstil und Übersetzung*
Ich fand den Text flüssig lesbar, aber bei der Übersetzung bin ich manchmal gestolpert. Die "Nicht alle tun es"-Stiftung heißt im Original leider auch "Not everybody's doing"-Foundation, aber manche Begriffe fand ich komisch. "computer lab" als "Computerlabor" zu bezeichnen, hat mich irritiert - ist es in Informatikraum bzw. ein Computerkabinett oder stehen dort wirklich Computer und Reagenzgläser? Die "Doc Marten combat boots" werden zu Kampfstiefeln - "Doc Martens" finde ich besser, wenngleich nicht jeder die Marke kennt. Als die Stiftung Valerie zu ihrer Sprecherin ernennt, wusste ich nicht, ob damit Pressesprecherin gemeint war oder Testimonial bzw. das Aushängeschild. "Hauptaufenthaltsbereich" für "main common area" ist treffend, aber nicht fließend.
*Fazit**
"V is for Virgin" trifft einige gute Punkte und versucht, vielschichtig zu sein. Trotzdem ist das Thema nur der Aufhänger für eine spannende Geschichte um Freundschaft und eigene Werte. Es war unterhaltsam und teilweise überraschend. Aber je länger ich über den Rahmen nachdenke, desto wütender werde ich, weil der Text letztlich eher konservativ ist. Andererseits: Das Original erschien 2012 - die Welt hat sich seitdem verändert.
Alles hat ein Ende - das betont das Buch - am Anfang, in der Mitte und am Ende. Was der Klappentext preist als "Die erotisch aufgeladene Freundschaft der fünf und deren Umkreis gewährt Einblick in radikale ...
Alles hat ein Ende - das betont das Buch - am Anfang, in der Mitte und am Ende. Was der Klappentext preist als "Die erotisch aufgeladene Freundschaft der fünf und deren Umkreis gewährt Einblick in radikale literarische und politische Umbrüche jener Zeit." ist weder erotisch noch gibt es wirklich Auskunft über die poltischen Umstände und auch die Literatur spielt nur selten eine Rolle. "Anja und Esther" wird ausführlich behandelt. Ansonsten fühlt sich der Text überwiegend an, als hätte man ein Klatschblatt 100 Jahre in die Vergangenheit geschickt und auf 200 Seiten gestreckt. Ausführlich schwelgt das Werk in den Gemütszuständen Carl Steinheims und dessen Syphilis, immer wieder der Syphilis. Gleiches gilt für das traurige Leben Mopsa Sternheims.
Das Buch hat so eine negative Atmosphäre, dass es mir trotz des spannenden Themas schwer fiel, weiterzulesen.
Für mich war der Text eine Enttäuschung, weil ich nur weniges über Klaus und Erika Mann erfahren haben und insgesamt kein Gefühl für die Personen bekommen habe. Der Autor hat viel Aufwand betrieben, in Briefen recherchiert und daraus zitiert. Diese Arbeit ist bewundernswert und macht den Text einzigartig. Und auch stilistisch wird die Meinung des Autors deutlich - er will mir die Figuren näher bringen, aber es fehlt etwas. Und immer wieder die Vorausdeutung.
Ein großes Problem waren die ständige Zeitsprünge und die Dopplungen, die sich ergeben. Wir folgen einer Figuren ein paar Jahre, wechseln zur nächsten und gehen dabei eine Zeitebene zurück und setzen später wieder ein. Vieles überlagert sich und an manchen Stellen war ich mir nicht sicher, ob Informationen mehrfach vorkamen, weil der Autor Angst hatte, man könnte etwas vergessen. Oder weil es keiner herausgestrichen hat.
Und mir fehlt ein Stammbaum bzw. eine Übersicht über die Personen.
**Fazit**
"Dichterkinder" geht tief und hält viele Informationen bereit. Ihm fehlt aber das Gefühl für das "große Ganze". Letztlich wirkt es wie ein regenverwaschenes Schema eines Untergangs.
In diesem Buch sehen wir Frauen: Leiden. Das ist nicht neu, aber gut gestaltet. Ich hatte anfangs Probleme ins Buch zu kommen, weil es schwer war, die Biografien der drei Frauen aufzunehmen, aber als sich ...
In diesem Buch sehen wir Frauen: Leiden. Das ist nicht neu, aber gut gestaltet. Ich hatte anfangs Probleme ins Buch zu kommen, weil es schwer war, die Biografien der drei Frauen aufzunehmen, aber als sich alle drei begegneten, wurde es besser.
Rezi enthält Spoiler!
Worum geht es?
Der Text schildert die Leben dreier Frauen: Helena wird schwanger, aber die Schwangerschaft verläuft kompliziert, bis hin zur Frühgeburt. Gleichzeitig erkrankt ihr Vater an Krebs. Rebecca ist eine erfolgreiche Geschäftsfrau, die sich minderwertig fühlt und die damit hadert, nicht schwanger werden zu können. Maxie betrügt ihren Mann mit einem Freund ihres Vaters.
Die Figuren im Detail
Helena wirkte auf mich am positivsten, obwohl sie an drei Fronten kämpfen muss. Einerseits der Arbeitgeber, der schon kurz nach Verkündung der Schwangerschaft die Nachfolge regeln will. Hinzu kommt, dass sich Helena in der Schwangerschaft nicht wohlfühlt - der Körper verändert sich, frühzeitige Wehen setzen ein. Dann die Frühgeburt mit zahlreichen Arztbesuchen. Und die Krankheit des Vaters. Eines Vaters, der die Bezugsperson war; ein Mensch, mit dem sie kämpfen, aber genießen konnte. Den sie manchmal verachtete, weil er kein Maß kannte. Die Autorin beschreibt den Tod sehr ausführlich, aber feinfühlig.
Rebecca entwickelt sich am meisten in der Geschichte. Von der traurigen Frau wird sie zu einem Beistand für die anderen und findet ein ruhiges, versöhnliches Ende. Bei Rebecca habe ich gut den Konflikt aus Innen- und Außenwahrnehmung gesehen: Sie fühlt sich wertlos, aber ihre Kollegen sind sogar neidisch. Rebecca wirkt wie ein Arbeitstier ohne Boden. Dennoch hätte man das Thema "Fruchtbarkeit" noch etwas ausführlicher darstellen sollen.
Maxie hat mir am meisten Kopfzerbrechen bereitet. Als Leserin hätte ich sie gern angeschrien, weil sie die wertvolle Liebe beider Männer nicht sieht. Sie nimmt und nimmt und ihr ist nicht bewusst, was beide Männer geben. Sie hinterfragt nicht. Sie wirkt wie ein emotionales Loch. Während sie der Geliebte Bobby mit Liebe überschüttet, was sie genießt, aber nicht wertschätzt (und nicht hinterfragt), ÜBERschätzt sie die Liebe ihres Mannes Hannes. Sie arbeitet nicht an der Beziehung. Vielleicht ist sie selbstgerecht, denkt, es genauso verdient zu haben. Auch zeigt sich später eine selbstzerstörerische Ader - sie nimmt Drogen, und auch die Beziehung zu Bobby wird extremer. Ich fand sie interessant gestaltet, aber sie nimmt auch den meisten Raum ein.
Ich glaube, was alle Figuren eint, ist ein Mutter, die eher negativ wirkt. Und ein Vater, der verschwindet. Helena ist ein Papa-Kind. Rebeccas Mutter kann nicht verstehen, dass ihre Tochter Karriere machen will. Maxies Vater kann mit ihren Gefühlen nichts anfangen und zu seiner neuen Freundin hat sie kein gutes Verhältnis. Die Mutter ist tot.
Das Leiden
"Drei Wünsche" ist ein Buch, bei dem man ständig hofft, es würde besser werden. Und am Ende gibt es sogar ein Happy End für alle drei. Trotzdem entstand nach all den Seiten ein Vakuum, weil das Leiden aufhört, ohne, dass die Freude ankommt. Ich würde das Buch niemandem empfehlen, der bereits traurig ist. Das Buch zieht den Leser in die Tiefe.
Schreibstil
Die Texte sind aus einer auktorialen Perspektive mit personalem Einschlag geschrieben - der Erzähler ist meist liebevoll-beobachtend im Kopf der Figur, kann aber auch die Gefühle der anderen sehen. Er sieht jedoch nicht, was die anderen tun. Anfangs wirkte das kindlich, ich habe mich aber schnell daran gewöhnt und bin des Stils bis zum Schluss nicht überdrüssig geworden.
Fazit
Was bleibt? Das Gefühl von Gemeinschaft. Die Vielfalt der Trauer, vor allem über sich selbst und das vermeintliche Scheitern. Aber auch die Erkenntnis, dass hier weder neue Probleme noch Lösungen präsentiert werden. Es ist gut geschrieben und hat mich gefesselt. Aber ob es Spuren hinterlässt?