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Veröffentlicht am 12.06.2020

Interessant, aber etwas too much

Die Spionin
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"Für die Nazis ist sie die meistgesuchte Person Frankreichs, ein gefürchtetes Phantom, auf dessen Kopf fünf Millionen Francs ausgesetzt sind. Ihr Name ist Nancy Wake - und sie kämpft für die Liebe".

Mit ...

"Für die Nazis ist sie die meistgesuchte Person Frankreichs, ein gefürchtetes Phantom, auf dessen Kopf fünf Millionen Francs ausgesetzt sind. Ihr Name ist Nancy Wake - und sie kämpft für die Liebe".

Mit den oben genannten Sätzen wirbt der Verlag für die Geschichte der 1912 in Neuseeland geborenen Nancy Wake, die im Zweiten Weltkrieg für den britischen Geheimdienst als Spionin in Frankreich gegen die Deutschen kämpfte.

Unter dem Pseudonym Imogen Kealey schrieben der amerikanische Drehbuchator Darby Kealey und die britische Autorin Imogen Robertson über die faszinierende Persönlichkeit, die die Deutschen "Die weiße Maus" nannten und die unter dem Codename Hélène agierte.

In Marseille heiratet sie 1939 den französischen Unternehmer Henri Fiocca, ihre große Liebe. Bereits zu dieser Zeit half sie erfolgreich im Widerstand mit, der von Henri mitfinanziert wird. Auf den Kopf der "weißen Maus" werden von den Deutschen daraufhin 5 Millionen Franc ausgesetzt. Sie schicken den intelligenten und kompromisslosen Major Böhm als neuen Kommandanten in den Süden Frankreichs um den gefürchteten Spion zu fangen. Und dieser findet bald heraus, wer hinter der weißen Maus stecken könnte. Er lässt Nancy's Mann verhaften, woraufhin diese nach Großbritannien flieht. Dort lässt sie sich als Geheimagentin ausbilden. Anschließend kehrt sie zurück in die Auverne und kämpft mit den Partisanen für ein freies Frankreich.

Fakten werden mit fiktiven Elementen verwoben und machen den Roman zu einem spannenden "Spionagekrimi", der allerdings ein bisschen den Touch eines actionreichen Agentenfilmes hat. Nancy wird dabei zu Superwoman und oftmals hatte ich das Gefühl, dass die beiden Autoren etwas zu sehr übertreiben. Man merkt einfach, dass ein amerikanischer Drehbuchautor am Werk war, der die Geschichte bereits filmreif geschrieben hat. Auch die Sprache ist dem angepasst: sehr dialoglastig und manchmal etwas derb. Damit will ich aber die Taten von Nancy Wake nicht schmälern, denn sie muss eine sehr toughe und starke Persönlichkeit gewesen sein, die sich für Frankreich, das nicht etwa ihr Heimatland war, einsetzte. Sie kämpfte vorallem gegen Hitler und seine Schergen.

Trotz alldem lässt sich der Roman gut lesen und vorallem in der zweiten Hälfte flog ich durch die Seiten.

Die Handlung wird aus drei verschiedenen Perspektiven erzählt, wobei die von Nancy den Hauptteil einnimmt. Zusätzlich erleben wir die Ereignisse noch aus der Sicht ihres Mannes Henri und dem deutschen Major Markus Friedrich Böhm, ihrem ärgsten Feind.

Wirklich sympathisch war mir die Hauptprotagonistin leider nicht, auch wenn ich ihren Einsatz sehr bewundere. Mehr Empfinden fand ich für Major Böhm, der nichts anderes als Hass in mir auslöste. Er ist eine fiktive Figur und steht stellvertretend für die Gräuel der Gestapo.

Die Beschreibung der Umgebung ist sehr bildhaft und ich hatte immer eine perfekte Szene vor meinen Augen.

Am Ende des Romans geben die Autoren mehr Infos über Wahrheit und Fiktion in ihrem Roman preis. Hier zeigt sich, dass doch einige zeitliche und personelle Änderungen vorgenommen worden sind, was ich schade finde. Die Karte von Frankreich im Inneren des hinteren Buchdeckels fand ich sehr hilfreich.

Fazit:
Ein spannender Roman, der wahre und fiktive Begebenheiten erzählt. Allerdings erschien mir hier Nancy Wake oftmals wie eine Art Superwoman. Man merkt deutlich, dass ein amerikanischer Drehbuchautor die Hände mit im Spiel hat. Ansonsten aber eine interessante Geschichte über eine wahrlich großartige Frau, die den Kampf gegen Hitler und seine Schergen aufnimmt.

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Veröffentlicht am 02.06.2020

Die Macht der Freundschaft

Limonensommer
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Das frische und sommerliche Cover ist mir sofort ins Auge gesprungen, als ich bei Lovelybooks diesen Roman gesehen habe. Nach dem Lesen der Inhaltsangabe habe ich mich dafür beworben und hatte Glück. Ich ...

Das frische und sommerliche Cover ist mir sofort ins Auge gesprungen, als ich bei Lovelybooks diesen Roman gesehen habe. Nach dem Lesen der Inhaltsangabe habe ich mich dafür beworben und hatte Glück. Ich durfte gemeinsam mit der Autorin und anderen Leserinnen dieses Buch über drei ehemalige Freundinnen lesen, deren Freundschaft vor über zwanzig Jahren zerbrochen ist.
Judith, Katharina und Lene waren seit ihrer Kindheit ein eingeschworenes Trio. Sie verbringen sogar jedes Jahr die Sommerferien gemeinsam und zwar in Bordighera an der italienischen Küste, wo Katharinas Eltern ein Sommerhaus besitzen. Doch nach dem Abitur geht jeder der drei jungen Frauen mehr oder weniger ihren eigenen Weg, trotz des gemeinsamen Berufswunsches Schauspielerin zu werden. Zusätzlich stellt sich ein junger Mann zwischen zwei der Freundinnen. Vom einstigen unzertrennlichen Kleeblatt bleibt nichts mehr übrig.
Eines Tages erhält Judith Besuch von Helga, der ehemals besten Freundin ihrer Mutter, die kürzlich verstorben ist. Helga übergibt ihr Briefe, die ihr Judiths Mutter geschrieben hat und bedauert, dass sie am Ende den Kontakt verloren haben und sie nicht zum Begräbnis erschienen ist. Dies gibt Judith zu denken und sie beschließt den Kontakt zu Lene und Katharina wieder herzustellen. Doch so einfach gestaltet sich das nach all den Jahren der Funkstille nicht....

Die Idee hinter der Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Wie oft denkt man sich selbst, was ist aus einer ehemliagen Schulfreundin geworden? Warum haben wir keinen Kontakt mehr und wie kam es dazu?
Judith macht Lene in der Schweiz ausfindig, doch Katharina bleibt wie vom Erdboden verschluckt. An Judith nagt noch immer die Ungewissheit, warum Katharina damals sang- und klanglos verschwunden ist und sie keinerlei Kontakt zu ihr gesucht hat. Was ist damals wirklich vorgefallen? Neidete sie Judith den beruflichen Erfolg? Sie wurde als Einzige des Kleeblatts an der Schauspielschule aufgenommen und hat eben erst einen Vertrag für eine neue Serie unterschrieben.

Das frische sommerliche Cover erweckt den Anschein eines ebenso fröhlichen Inhalts - dem ist allerdings nicht so. Trotzdem liest sich die Geschichte gut und es entwickelt sich schnell ein Lesefluss, den man sich schwer entziehen kann. In wechselnden Erzählperspektiven und mit vielen Rückblicken in die Neunziger Jahre erzählt uns Susanne Fülscher über eine Freundschaft, die zerbrochen ist.

Durch den Wechsel der Erzählpersepktiven erhält man einen guten Einblick in die verschiedenen Charaktere der drei ehemaligen Freundinnen. Führte Katharina die Clique in der Jugend an, ist sie jetzt diejenige, die zu keinem Kompromiss fähig zu sein scheint und ihr Glück nicht finden kann. Lene, die damals schüchternste und ruhigere der drei Mädchen, ist heute die Ausgeglichenere. Sie hat ihren Weg gefunden. Sie blieb mir allerdings zu blass. Judith ist noch immer voller Selbstzweifel, doch sie nimmt für mich die Rolle der Engagiertesten in der Gegenwart ein. Sie möchte die Vergangenheit nicht ruhen lassen, sondern endlich damit abschließen und auch ihre Freundinnen wiederfinden. Einzig Robert, der junge Mann, der damals einer der Gründe für das Zerwürfnis war, konnte bei mir absolut keine Sympathiepunkte erlangen. Deshalb konnte ich auch die Rivalität zwischen Judith und Katharina um diesen Mann nicht verstehen, den ich unreif und faul, angeberisch und manipulativ fand. Leider hat ihm die Autorin eine österreichische identität gegeben....

Ein Thema, das sicher schon jeder einmal, der bereits die Vierzig überschritten hat, kennt. Man fragt sich doch ab und zu: "Was ist nur aus dem oder der geworden ?" Ein ruhiger Roman, der dazu anregt über seinen Schatten zu springen .

Schreibstil:
Der Schreibstil ist angenehm und man begleitet die drei Protagonistinnen von ihrer Kindheit bis in die Gegenwart. Manche Charaktere bleiben dabei etwas zu blass, mit anderen kann man gut mitfühlen. Hier fehlte mir ab und zu etwas mehr Tiefe bei den Figuren.

Die Beschreibungen von Sonne, Sand und Meer lassen den Leser auch in Zeiten, wo Urlaub im Ausland nicht möglich ist, im Kopf an die italienische Rivera reisen. Allerdings wurde auch hier eher die touristische Seite beleuchtet und nicht die Schönheiten der Gegend.

Fazit:
Ein ruhiger Roman mit Tiefgang, der das Zwischenmenschliche anspricht. Gedanken über verlorene Freunde, die Jugendzeit und verstrichene Gelegenheiten. Hat mir gut gefallen, aber trotzdem hat mir etwas gefehlt, was ich nicht genau benennen kann.

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Veröffentlicht am 24.04.2020

Cold case aus Norwegen

Wisting und der Tag der Vermissten
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Es war wieder einmal Zeit für einen skandinavischen Krimi/Thriller. "Wisting und der Tag der Vermissten" ist mir auf einigen Blogs aufgefallen und deswegen habe ich das Buch aus meiner Bücherei mitgenommen. ...

Es war wieder einmal Zeit für einen skandinavischen Krimi/Thriller. "Wisting und der Tag der Vermissten" ist mir auf einigen Blogs aufgefallen und deswegen habe ich das Buch aus meiner Bücherei mitgenommen. Das war schon vor der Coronakrise...aber manchmal dauert es eben bis die Rezension auf meinem Blog auch dazu geschrieben ist.

Cold Cases werden in diesem Genre immer beliebter seit Jussi Adler-Olssen seine Bestseller rund um das Dezernat Q zu schreiben begonnen hat. Hier haben wir es aber mit keinem richtigen Team zu tun, sondern mit einem Kommissar, der seit 24 Jahren versucht einen seiner alten Fälle doch noch aufzuklären.

Damals verschwand die gebürtige Österreicherin Katharina Haugen spurlos. Hinterlassen hat sie einen gepackten Koffer, einen verblühten Rosenstrauß und einen Zettel mit komischen Zeichen und Zahlencodes.

Jedes Jahr fährt William Wisting am Jahrestag des Verschwindens Richtung Norden, um Martin Haugen zu treffen, dem Ehemann der damaligen Vermissten. Dieses Jahr bekommt Wisting Hilfe, denn der aus Oslo angereiste junge Ermittler Adrian Stiller ist bei einem weiteren Vermisstenfall über die DNA-Spuren von Martin Haugen gestolpert und setzt Wisting auf den Mann an. Wie jedes Mal fährt er am Jahrestag zu ihm, doch diesmal ist Haugen nicht anwesend und auch telefonisch nicht erreichbar. Gleichzeitig versucht Stiller, ohne Wissen von Wisting, dessen Tochter Line ebenfalls auf die beiden Kriminalfälle anzusetzen. Die Journalistin, die sich in Karenz befindet und gerne wieder arbeiten möchte, greift sofort zu. Die Polizei versucht mit Hilfe von neuen Zeitungsartikeln und Podcasts die Menschen an die Fälle zu erinnern und eventuell neue Spuren zu finden. Line, Wisting und Stiller versuchen Ähnlichkeiten in den beiden Mordfällen zu finden und dem Täter auf die Spur zu kommen...

Die ersten hundert Seiten fand ich sehr interessant. Wisting ist ein authentischer und eher ruhiger Ermittler, der immer zum Kern der Sache kommt. Die Polizeiarbeit wird realistisch dargestellt und nimmt viel Platz ein. Seine Tochter Line blieb mir fast ein bisschen zu blass und Stiller hatte etwas geheimnisvolles, undurchschaubares. Er kam mir sehr ehrgeizig und auch mediengeil vor. Obwohl es auch viele private Einblicke in Wistings Familie gibt, fehlte mir trotzdem ein bisschen die Nähe zu den Figuren.

Die Geschichte fand ich eher gemächlich. Sie wird aus der Sicht von Wisting, aber auch aus der Perspektive seiner Tochter Line erzählt. Als Leser rätselt man von Anfang an mit und leider habe ich sehr bald durchschaut, wer der Täter ist. Ich habe wohl wirklich einfach schon zu viele Thriller gelesen.

Für mich war die Spannung nur teilweise vorhanden....zu Beginn und dann am Ende, als die Geschichte richtig Fahrt aufnimmt. Ob ich weiter lesen werde, kann ich noch nicht sagen, denke aber eher nicht...da gibt es wesentlich spannendere Thriller-Reihen, die ich noch weiterlesen möchte.

Schreibstil:
Jørn Lier Horst schreibt ruhig und anschaulich, oftmals detailliert und bildhaft. Die Kapitel sind kurz gehalten, das Tempo eher gemächlich. Die Beschreibung der norwegischen Landschaft im Herbst wird sehr lebendig und bildhaft dargestellt. Man spürt bereits die nahende Ankunft des Winters und der nebeligen Tage, die der Geschichte eine tolle Atmosphäre geben.

Fazit:
Ein Thrillerauftakt, der mich nicht ganz überzeugen konnte. Sehr ruhig und atmosphärisch, aber leider zu schnell durchschaubar. Ein interessanter Cold Case, den ich gern gelesen habe. Trotzdem werde ich wahrscheinlich die Reihe nicht weiter verfolgen.

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Veröffentlicht am 03.04.2020

Die magische Lichtung

Sternenblütenträume
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"Sternenblütenträume" ist der vierte Roman der Autorin, der im Heyne Verlag erscheint und mein drittes Buch von ihr. Leider empfinde ich es als das bisher schwächste. Während mich "Hortensiensommer" und ...

"Sternenblütenträume" ist der vierte Roman der Autorin, der im Heyne Verlag erscheint und mein drittes Buch von ihr. Leider empfinde ich es als das bisher schwächste. Während mich "Hortensiensommer" und "Novemberschokolade" sehr gut unterhalten haben, hatte ich hier kleine Probleme mit dem viel zu vielen Missverständnissen, die einfach nicht aufgelöst wurden. Aber der Reihe nach....

Nina ist nach der Trennung von ihrem Freund wieder bei ihren Eltern eingezogen und arbeitet bei ihrem Vater im Fotogeschäft. Sie hat sich jedoch auf Hochzeitsfotografie spezialisiert und hat damit Erfolg. Nun braucht sie nur noch eine neue Wohnung, damit sie von zuhause wieder ausziehen kann.
Bei einer ihrer Joggingrunden entdeckt sie eine traumhafte Lichtung im Wald. Ihr fotografisches Auge ist entzückt und während sie überlegt, wie sie die mystische Wirkung am besten einfangen kannt, steht plötzlich ein Mann vor ihr. Es ist der Schulsozialarbeiter und Übergangsmanager Felix, der genauso verzaubert von Nina ist, wie von diesem magischen Moment. Zwischen den beiden funkt es gewaltig und die Lichtung wird ihr weiterer Treffpunkt. Doch das Glück währt nicht lange, denn zwischen den Beiden steht ein grausames Geheimnis....

Der Roman wird aus der Ich-Perspektive erzählt. Dabei wechselt diese zwischen Nina und Felix. Damit haben wir einen guten Einblick in ihre Gefühlswelten. Das Geheimnis, welches die beiden auseinander bringt, hat mich überrascht und wurde von der Autorin gut gewählt. Der spätere Verlauf nach dem Zerwürfnis war mir dann allerdings zu sehr konstruiert und hinausgezogen. Das Hin und Her zwischen den beiden Verliebten ab diesen Zeitpunkt fand ich oftmals einfach nur mehr nervig. Es gab keine Kommunikation zwischen Nina und Felix mehr, die Probleme wurden aber immer größer und wären mit einem kurzen Gespräch aus der Welt geschafft worden. Das geht natürlich in einem Roman nicht, denn dann wäre die Geschichte auch schon wieder erzählt - das ist mir schon klar. Trotzdem war mir Vieles einfach zu aufgebauscht. Ich verstehe, dass es Zeit braucht bis es zum Happy End kommt, aber zu sehr hinausgezogen sollte es dann auch nicht sein.

Die bildhafte Beschreibung der Umgebung und vorallem der Waldlichtung fand ich hingegen wunderschön und sehr lebendig erzählt. Ich hatte die Landschaft vor Augen und konnte die Blumen riechen.
Gefallen hat mir auch die Beschreibung von Felix Job als Übergangsmanager, sowie seine Wandlung vom ehemaligen reichen Vatersöhnchen in der Bankbranche zu einem sozial engagierten jungen Mann. Er hilft sozialschwachen Kindern und denjenigen, die noch keine Auswahl betreffend ihres weiteren Berufsweges getroffen haben. So lernen wir auch Marlon kennen, der im Fotostudio bei Nina und ihren Vater schnuppern und sich etwas Praxis holen darf. Diese Idee fand ich wirklich gelungen und auch mal etwas ganz Neues. Themen wie diese werden in Büchern oftmals viel zu wenig angesprochen, was ich schade finde.
Auch Nina verfolgte ich gerne bei ihren Shootings während diverser Hochzeitsfeierlichkeiten.

Die Charaktere der beiden Hauptprotagonisten sind gut gezeichnet, agieren aber nicht immer stimmig. Sie entwickeln sich weiter und lernen aus ihren Fehlern. Die Nebencharaktere fand ich hingegen etwas zu schwarz-weiß gemalt und das Ende ein bisschen zu viel des Guten. Trotzdem ein netter Roman, der einige interessante neue Themen aufgreift und sich mit Vertrauen, Schuld und Vergebung aufseinandersetzt.

Schreibstil:
Ulrike Sosnitza schreibt einfühlsam und lebendig, sowie sehr dialoglastig. Die bildhaften Beschreibungen der Pflanzen, Blumen und auch der Landschaft sind wunderbar eingefangen und haben der Geschichte etwas Besonderes verliehen.
Das Cover ist, wie bereits die drei Vorgänger, ein absoluter Traum und einfach "zum Anbeißen"!

Fazit:
Ein Roman, der einerseits neue interessante Themen aufgreift, auf der anderen Seite aber manchmal zu gewollt mit dem Missverständnis der beiden Hauptprotagonisten spielt. Insgesamt hat mich die Geschichte gut unterhalten, kommt aber an die beiden anderen Romane der Autorin, die ich gelesen habe, nicht heran. Dreieinhalb Sterne...gutes Buch, aber Durchschnitt.

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Veröffentlicht am 29.03.2020

Heimat ist nicht gleich Herkunft

HERKUNFT
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Was war ich neugierig auf Herkunft von Saša Stanišić, der Roman, der 2019 mit den Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde.
Die fiktionale Autobiografie, die den Anfang für dieses Buch als handschriftlicher ...

Was war ich neugierig auf Herkunft von Saša Stanišić, der Roman, der 2019 mit den Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde.
Die fiktionale Autobiografie, die den Anfang für dieses Buch als handschriftlicher Lebenslauf für die Ausländerbehörde nahm, erzählt von Saša Stanišić Flucht vom Balkankrieg in Jugoslawien nach Deutschland.
Der erst 14-jährige Junge flieht mit seiner Mutter, eine bosnisch-muslimische Politologin, nach Heidelberg, wo sie zuerst bei einem Onkel unterkommen. Der Vater, ein serbischer Betriebswirt, kam später nach. Als Flüchtlinge bekommen seine Eltern Jobs, die weit unter ihrem Niveau sind. Die Mutter arbeitete als Wäscherin, der Vater fuhr in die ehemalige DDR um auf einer Großbaustelle Rohre zu verlegen. Die Angst abgeschoben zu werden, bereitet den Eltern permanent Kopfzerbrechen. Saša trifft sich währendessen mit anderen ausländischen Jungs an einer Tankstelle, die zum Jugendtreffpunkt wird. Der Wille, die deutsche Sprache perfekt zu erlernen, hilft dem Jungen nach dem Abitur eine Zulassung an die Uni zu erhalten. Ein verständiger Sacharbeiter bei der Ausländerbehörde erteilt ihm das Bleiberecht und in späterer Folge die deutsche Staatsbürgerschaft, während seinen Eltern diese später verwehrt wird und sie nach Bosnien zurückkehren müssen.
Višegrad in Bosnien-Herzegowina, nur acht Kilometer von der serbischen Grenze entfernt, ist der Geburtstort des Autors und bleibt neben Heidelberg und Hamburg, wo es Saša Stanišić später hinführt, als Hauptsetting bestehen. Denn ein Besuch in seiner ehemalige Heimatstadt lässt den Autor wiederholt in Gedanken zurückkehren an den Ort an der Drina. Dabei gibt es immer wieder große Zeitsprünge. Manchmal weiß man nicht, in welcher Zeit man sich gerade befindet, was aber nur ganz kurz andauert. Es sind Momentaufnahmen. Stanišić vermischt dabei reale Begebenheiten mit fiktiven Visionen. Gedankensprünge aus dem Hier und Jetzt in die Vergangenheit und wieder zurück begleiten den Leser die ganzen 368 Seiten über. Darauf muss man sich einlassen können.

Die innige Beziehung zu seiner Großmutter Kristina, die an Demenz leidet und auf die Rückkehr ihres bereits vor zwanzig Jahren verstorbenen Mannes wartet, half Saša Stanišić noch vor der Erkrankung bei der Erforschung seiner familiären Herkunft. Je mehr sie ihre Erinnerungen verliert, desto mehr muss er sie sammeln.
Saša Stanišić fabuliert mit einer Liebe zur deutschen Sprache über seine Herkunft zu einem Land, das es nicht mehr gibt. Dabei spielt auch das Märchenhafte immer wieder eine Rolle.
Kritisieren muss ich jedoch die oftmals fehlende Spannung. Der Start war für mich etwas zäh, aber sobald man in der Geschichte drinnen ist, möchte man gerne weiterlesen und mehr erfahren. Ich hatte allerdings nie den Drang unbedingt sofort weiterlesen zu müssen.

Obwohl das Thema eher schwer ist, baut der Autor viele humorvolle Metapher ein.
Unwillkürlich vergleicht man beim Lesen die Erzählungen und die Flüchtlingsproblematik von damals und heute und entdeckt leider nicht wirklich viel Unterschied.
Die essentielle Frage "Nach welchen Kriterien lässt sich die Herkunft bestimmen?" ist dem Autor wichtig.

“Jedes Zuhause ist ein zufälliges: Dort wirst du geboren, hierhin vertrieben, da drüben vermachst du deine Niere der Wissenschaft. Glück hat, wer den Zufall beeinflussen kann. Wer sein Zuhause nicht verlässt, weil er muss, sondern weil er will.”

Doch Heimat ist nicht immer Herkunft.

Für die letzten Kapitel bzw. den letzten Abschnitt, den er "Der Drachenhort" nennt, hat sich der Autor noch etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Er lässt den Leser zwischen verschiedenen fantastischen Erzählungen wählen, wie die Geschichte ausgehen soll. Diese Variation kenne ich nur aus einem Kinderbuch (Mats und die Wundersteine), bei dem sich die Kinder ihr eigenes Ende aussuchen dürfen. Ich bin nicht wirklich ein Freund davon und mochte diese Varianten schon beim Vorlesen der Kindergeschichte nicht....aber jeder wie er möchte.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist sowohl poetisch und fließend, als auch stakkatomäßig. Der Autor baut viele humrvolle Methapher ein, einiges erscheint märchenhaft. Die Kapitel sind kurz gehalten.

Fazit:
Ein Roman, der viel Autobigraphisches enthält. Eine Ansammlung von Gedanken und Rückblienden, sowie der Frage nach Herkunft und Identität. Interessant und unterhaltsam, nachdenklich und leider auch mit einigen kleinen Längen versehen. Trotzdem bin ich froh das Buch gelesen zu haben.

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