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Veröffentlicht am 10.06.2020

platt und mit viel verschenktem Potenzial

Lips Don't Lie
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„Genau in dieser Minute habe ich zwei Wege betreten – und ich darf nicht zulassen, dass sie sich kreuzen. Die Kollision würde tödlich enden.“
(Tristan in Lips don‘t lie)

Worum geht’s?

Tristan ist hohes ...

„Genau in dieser Minute habe ich zwei Wege betreten – und ich darf nicht zulassen, dass sie sich kreuzen. Die Kollision würde tödlich enden.“
(Tristan in Lips don‘t lie)

Worum geht’s?

Tristan ist hohes Mitglied in einer Gang, die in der ganzen Stadt bekannt ist und für Angst und Schrecken sorgt. Sein Vater war einer der Gründer und so ist er von Anfang an regelrecht als Erbe in der Gang gefangen. Zwischen Gewalt, Blut und Perspektivlosigkeit fragt sich Tristan immer wieder, wie es soweit kommen konnte. Doch aussteigen? Das ist keine Option. Bis Riley kommt. Das Mädchen ist anders als die bisherigen Mädchen in Millers, sie ist furchtlos, frech und fordert Tristan heraus. Sie ahnt nicht, dass Tristan dunkle Geheimnisse hat, die tödlich sein können. Welche Seite gewinnt in diesem ungleichen Duell zwischen Liebe und Gewalt?

Lips don’t lie ist ein Einzelband und in sich geschlossen.


Schreibstil / Gestaltung

Die Covergestaltung erfolgt in zahlreichen Lila-, Rosa-, Rot- und Gelbtönen. Es wirkt wie eine Explosion oder ein verlaufener Blutfleck auf Asphalt. Die geprägte Schrift des Titels ist mit feinen Sprenkeln versehen, die ebenfalls an Blut erinnern. Die Gestaltung ist insgesamt mysteriös und gibt keine Hinweise auf den Inhalt. Das Buch wird durch Riley und Tristan in der Ich-Perspektive erzählt, die Perspektive wechselt mit den Kapiteln. Die Geschichte verläuft linear, am Ende gibt es Zeitsprünge. Der Schreibstil ist recht nüchtern und wird von vielen kurzen Sätzen dominiert. Dies passt gut zum Inhalt der Geschichte. Sprachlich ist das Buch für Jugendliche und (junge) Erwachsene angemessen. Das Buch enthält keine erotischen Inhalte, jedoch einige Kraftausdrücke und Schilderung sensibler Inhalte.

Mein Fazit

Badboys in Büchern sind mein Guilty Pleasure. Ich liebe sie. Meistens entpuppen sie sich aber als kleine Blendgranaten und vollkommen falsch verstanden, eigentlich sind sie zuckersüße Good Guys. Daher war ich sehr interessiert, wie es hier bei Lips don’t lie sein wird, denn immerhin ist die Protagonist Tristan als hohes Gangmitglied ausnahmsweise mal wirklich ein Bad Boy. Die Gangthematik kommt in Büchern auch recht selten vor, allerdings hatte ich Sorgen wegen des Klassikers „gutes Mädchen will bösen Jungen retten“. Doch hier? Hier war am Ende dann alles anders, als erwartet.

Tristans Vater hat einst als Mitbegründer die Gang FiftySeven ins Leben gerufen, mittlerweile ist er tot. Gestorben im Gefängnis, wo er seine Strafe für die Verbrechen der Gang absaß. Tristan, in einem schwierigen Alter, wird von Dub aufgenommen – dem neuen Gangleader. Wie ein kleiner Bruder nutzt Dub Tristan wie eine rechte Hand. Eines Tages wird er die Gang übernehmen, das ist keine Frage. Jahre später, mit 17, kümmert sich Tristan immer noch um alles, was Dub von ihm will. Drogen, Sachen verschwinden lassen, Autos klauen. Er ist in einer Spirale gefangen, aus die er nur rauskommt, wenn er tot ist – was angesichts der Tätigkeiten nicht lange auf sich warten lassen könnte. Tief drinnen hat Tristan Ambitionen, aus diesem Elend zu entkommen. Nur wie? Als dann die neue Mitschülerin Riley an die Schule und ins Viertel kommt, weiß Tristan, dass er sie beschützen muss. Sie gehört hier nicht hin und sie hat noch eine Zukunft. Doch je mehr Tristan Riley wegstößt, desto interessiert wird sie an ihm. Sie kann nicht ahnen, was Tristan außerhalb von Schule und Basketballplatz treibt. Und dann nimmt das Schicksal seinen Lauf…

Ich bin etwas ratlos, jetzt wo ich mit dem Buch durch bin. Die Vorfreude war groß, die Erwartungen hoch und der Klappentext klang super. Leider wurde hier aber nur bedingt abgeliefert. Im Grunde genommen gibt es drei Handlungsstränge des Buches: Tristans Gangleben, Rileys Basketballliebe und die Liebesgeschichte der beiden. Leider ist es so, dass ich das Gefühl hatte, die Autorin wusste nicht so ganz, worauf sie sich konzentrieren möchte und wie sie die Plots verbinden möchte. Zwar sind vor allem Basketball und Liebe eng miteinander verknüpft, zugleich wirkt es aber auch recht willkürlich eingeflochten. Basketball wird als Einfallstour dafür verwendet, wie Tristan und Riley sich kennenlernen und näherkommen. Das war zumindest die Idee. Denn im Grunde genommen stößt Tristian Riley von Anfang an weg. Er weiß, dass sie in dieser Gegend Probleme kriegen wird. Sie ist zu gut für diese Ecke. Riley glaubt da nicht dran, immerhin hat sie schon an anderen schlechten Orten gelebt. Und so entsteht in der ersten Hälfte des Buches ein Hin und Her zwischen den beiden, was mir schnell auf den Keks ging. Riley ist so besessen darauf, Basketball mit den Jungs des Viertels zu spielen, obwohl diese sie ignorieren und Tristan sie warnt. Basketball hier, Basketball da, Basketball überall. Man braucht langen Atem und jede Menge Kraft, um die erste Hälfte zu überstehen. Es ist so wenig Handlung hier gegeben, dass ich schnell frustriert war. Es geht wirklich nur um Basketball mit gelegentlichen Gedankenausflügen von Tristan zum Gangleben. Hier und da kommt noch bisschen Schulthema, ein wenig Gangster-Leben (oder die angedeutete Version davon, denn es wird wirklich stets nur angerissen, was die Gang macht und man braucht extrem viel Fantasie, sich einiges zusammenzureimen) und vor allem eins: Wenig Gefühl.

Die zweite Hälfte liefert dann schon etwas mehr, bleibt aber auch stark hinter den Erwartungen hinterher. Hier wird dann wild durcheinandergewürfelt viel hingeworfen, was zeigt, wie gefährlich die Gang ist. Der verschwundene beste Freund von Tristan, die Thematik um Rileys verschwundene Mutter - angerissen, aus dem Nichts präsentiert und irgendwie nicht wirklich erklärt beendet. Ich hatte so viele Fragezeichen über die Entwicklungen, dass ich verwirrt war. Es gibt keine bis kaum Erklärungen, was passiert ist. Auf jeden Fall beeinflusst es Tristan. Und auch hier wird es mau: Obwohl er aus seiner Perspektive erzählt, wird für mich sein finaler Sinneswandel nicht klar. Es geht alles so schnell und zack, ist das Buch vorbei. Wenn man bedenkt, wie viele Seiten für Basketball verschwendet wurden (wirklich unnötig mit langen Spielzügen, analytischen Vorgehen, Trainingsbeschreibung etc), ist es enttäuschend, dass gerade diese wirklich gewaltigen Szenen so fix abgehandelt wurden. Ich muss auch zugeben, dass mir am Ende gar nicht wirklich klar war, was Tristan da jetzt ausgemacht hat. Aber sei es drum. Das Buch bleibt an so vielen Stellen Erklärungen schuldig, dass dies jetzt den Kohl auch nicht mehr fett gemacht hat. Das Ende wirkt entsprechend einfach nur zu idealistisch und krampfhaft konstruiert. Zwar gefällt mir, dass die Autorin Tristan keinen leichten Weg gegeben hat, aber wo sind die Erklärungen, die Auswirkungen und die Gedanken? Nicht vorhanden.

Eigentlich ist der einzige Lichtblick des ganzen Buches die kurzen Phasen, in denen Tristan über das Gangleben nachdenkt und sich fragt, was er will. Es ist eine Mischung aus vorgegebenem Schicksal, Hoffnungslosigkeit, Perspektivlosigkeit und dennoch einem Funken Hoffnung, für sich selbst eine bessere Zukunft finden zu können. Seine innere Reflexion ist gut gelungen und hat mich oftmals berührt. Der Druck, zu tun, was seine Bestimmung ist – die er seinem Vater zu verdanken hat – aber zugleich der Wille, aus diesem Strudel auszubrechen. Es ist nicht leicht, denn Tristan weiß, dass er dies höchstwahrscheinlich mit seinem Leben bezahlen würde. Dennoch gibt es immer wieder kleine Lichtblicke, etwa wenn er das Gespräch mit der Studienberaterin sucht, wo er sich selbst fertigmacht – aber sich dennoch einen Hoffnungsschimmer gewährt. Genau das ist, was ich gern mehr gehabt hätte. Es wäre eine so starke Geschichte gewesen, wenn man sich mehr auf die Gangthematik konzentriert hätte. Was geht da vor sich, wie funktionieren die Strukturen, wieso traut sich niemand zu gehen, wieso sind sie alle so hilflos? Hiervon gab es zu wenig. Basketball war halt einfach wichtiger für die Autorin. So wurde das Potenzial für eine aufklärende und schockierende Geschichte verschenkt.

In meinen Augen absolut überflüssig war die Handlung um Riley als Love Interest für Tristan. Bereits von Anfang an mangelt es an der Nachvollziehbarkeit, wieso beide Interesse aneinander finden. Tristan macht im Laufe des Buches einiges für Riley, was irgendwie zu gewollt wirkt. Die Dynamik der beiden ist ganz komisch, oftmals beschränkt sich ihr Verhalten auf Streit oder sportlichen Ehrgeiz. Riley ist so besessen darauf, allen zu zeigen, dass sie kein normales Mädchen ist, dass sie Tristan andauernd provoziert. Wieso sich hier am Ende ineinander verliebt wird, wird nicht greifbar gemacht. Die beiden haben zu wenige Szenen, die als emotional bezeichnet werden können, sodass eine Beziehungsentwicklung eben nicht klar gemacht wird. Es ist einfach so, Punkt. Auch, dass Tristan nach wenigen Tagen sein Leben für Riley ändern will, war in der Hinsicht mehr als absurd. Riley und Tristan funktionieren vielleicht als Freunde, aber nicht als Liebespaar. Sie haben für mich diesen Sprung auch nie gemacht. Das führte vor allem bei den letzten Szenen des Buches für mich zu noch mehr Unverständnis und ein Stück weit Idealisierung einer konfliktbelasteten Beziehung.

Die Charaktere sind alle insgesamt recht platt und eindimensional, lediglich Tristan hat den Hauch einer Tiefe. Der Spagat zwischen Gangleben, Familienleben und Schulleben gelingt ihm nicht immer, er ist ein Denker, wird aber zugleich durch die Erwartungen der anderen gezwungen, Dinge zu tun, hinter denen er nicht wirklich steht. Er hinterfragt oft sein Handeln und seine Stellung in der Gang, ist gleichzeitig aber so perspektivlos, dass er sich eingesteht, dass er eh keine Wahl hat. Tristan war zumindest noch bedingt sympathisch und hat ein wenig Reflexion gezeigt. Riley hingegen hat mich von Anfang an in den Wahnsinn getrieben. Ihre Art, stets Konfrontation zu suchen, nicht auf gutgemeinte Ratschläge zu hören und alles besser zu wissen, war durchweg anstrengend. Auch einige ihrer Handlungen, etwa das Abrasieren der Haare, um bei den Jungs dazuzugehören, wirkten mehr verzweifelt und verrückt als cool und selbstbewusst. Sie ist so krampfhaft dabei, es allen zu beweisen, dass sie bei mir keine Sympathien sammeln konnte. Sie drängt sich jedem auf, betitelte Leute nach Minuten als Freunde, wirkt flatterhaft und handelt unüberlegt. Dieses Cool Girl Gehabe war künstlich, aufgesetzt und hat die Story mehr als einmal topediert. Weitere Charaktere sind klischeehafte Gestalten der Gangszene und der Schulszene. Sie sind eigentlich alle auswechselbar und spielen nur bedingt eine Rolle für die Geschichte. Insbesondere der Gangleader wird nahezu stereotypisch aufgebaut. Es war nicht schlimm, dass alle nur wie Statisten dabeistanden, allerdings hätte man auch hier sicher mehr daraus machen können.

Am Ende bleibt Lips don’t lie für mich ein Buch, was großes Potenzial mitgebracht hat, sich aber mit seiner Unsicherheit in der Ausrichtung irgendwie verrannt hat und daher eher plätschert als knallt. Die nicht greifbare Liebesgeschichte, eine für mich eher nervige Riley und das oberflächlich angekratzte Gangthema mit einem etwas zu schnellem Ende sind eine nicht ausgewogene Mischung, die zu etwas Frust geführt haben. Es war, als hätte die Autorin sich schlichtweg nicht getraut, voll aufzufahren. Die erste Hälfte hat zu viele Längen, die zweite Hälfte gute Themen, aber zu wenig Tiefe. Das Buch hätte ein starkes Drama um Tristan und das Gangleben werden können. Ist es aber nicht, weil der Fokus zu sehr herumschwirrt und eine Liebesgeschichte aufgetischt wird, die so banal und platt ist wie ein überfahrener Basketball. Kann man lesen, man sollte dann aber nicht zu große Erwartungen haben.


[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.04.2020

verloren zwischen Mathe und Physik

Can you help me find you?
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„Zwei Teilchen können so miteinander verschlungen sein, dass ihre Verbindung sich nicht mehr lösen lässt. Für den Rest ihrer Existenz.“
(Evie zu ihrem Lehrer in Can you help me find you)

Worum geht’s?

Evie ...

„Zwei Teilchen können so miteinander verschlungen sein, dass ihre Verbindung sich nicht mehr lösen lässt. Für den Rest ihrer Existenz.“
(Evie zu ihrem Lehrer in Can you help me find you)

Worum geht’s?

Evie ist kein normales Mädchen. Geprägt von dem Leben mit einer Psychologin als Mutter und einem Mathematiker als Vater, begrabt in Naturwissenschaften und Überfliegerin in Mathematik, wurden ihr auch zahlreiche Ängste und ein fehlender Sinn für das menschliche Miteinander mit in die Wiege gelegt. Doch immerhin hat sie ihren besten Freund Caleb. Seit ihrer Kindheit ist er an ihrer Seite und passt auf sie auf. Was Evie nicht weiß: Caleb ist schon ewig in sie verliebt. 15 Beinaheküsse inklusive. Evie hingegen interessiert sich nicht für Jungs und schon gar nicht fürs Küssen und erst recht nicht mit Caleb. Aber der Neue an der Schule, Leo, flirtet mit ihr und in seiner Gegenwart empfindet sie unbekannte Gefühle. Sehr zum Frust von Caleb, der auf die Idee kommt, Evie online als Fremder zu kontaktieren. Und somit ist das (Gefühls-)Chaos perfekt…

Can you help me find you ist ein Einzelband und in sich geschlossen.

Schreibstil / Gestaltung

Das Cover ist in einem zarten Rosa gehalten und wird von schwarzen schemenhaften Figuren geziert, die am Handy sind. Die männliche Figur hält sich hierbei zweifelnd den Kopf. Die Gestaltung ist sehr schön, dezent und zugleich süß. Der Titel hat direkten Bezug zum Inhalt des Buches. Sowohl Cover als auch Titel deuten auf eine Zugehörigkeit zum Romance-Genre hin. Das Buch wird wechselnd aus Sicht von Evie und Caleb erzählt, die Kapitel sind entsprechend übertitelt. Man merkt jedoch auch inhaltlich, wer erzählt, da Evies Kapitel sehr sachlich sind, während Caleb etwas kraftvoller ist. Der Schreibstil ist insgesamt eher nüchtern und sehr schnelllebig. Das Buch enthält zahlreiche Anspielungen auf Naturwissenschaften, insgesamt ist es aber sprachlich recht jugendlich gehalten. Das Buch beinhaltet keine explizite Sprache und keine Intimszenen.

Mein Fazit

Can you help me find you klang nach einem klassischen, aber zeitgleich herrlich erfrischenden Buch. Die Konstellation verliebter bester Freund mit dem Schulneuling und dann auch noch dem Onlineflirt verspricht bereits viel Trubel. Dies kombiniert mit dem recht ungewöhnlichen Ort (eine Schule für naturwissenschaftlich begabte Kinder) und einer etwas anderen Protagonistin versprach viel Lesefreude. Doch leider kam alles anders.

Die Newton Academy ist der Traumort für Evie: Unter vielen Gleichgesinnten, die begabt und begeistert hinsichtlich Naturwissenschaften sind, ist es endlich ein Ort, wo Evie keine Angst haben muss, gemobbt zu werden oder nicht verstanden zu werden. Nur an der zwischenmenschlichen Kommunikation hapert es noch ein wenig, aber hierfür hat sie ja ihren besten Freund Caleb und ihre Freundin Bex. Als eines Tages im Physikunterricht Leo auf den Plan tritt und Evie mit seiner Herangehensweise überrascht, ist ihr Interesse an ihm geweckt. Ein Interesse, was sie bisher nie gespürt hat. Und ein Interesse, von dem Caleb hofft, dass es nur eine Phase ist. Denn seit Ewigkeiten ist er in seine beste Freundin verliebt und war sich immer sicher, dass sie eines Tages auch ihre Gefühle für ihn erkennen wird. Doch er kann nichts tun. Schritt für Schritt schleicht sich Leo auf den Platz an Evies Seite, den Caleb insgeheim immer für sich beansprucht hat. Und von dem jeder wusste, dass er Caleb gehört und gehören wird. Nur Evie offenbar nicht. Und je ernster es mit Leo wird, desto mehr muss Caleb sich eingestehen, dass er nicht ihr erster Kuss sein wird. Doch seiner besten Freundin zuliebe macht er gute Miene zum bösen Spiel und unterstützt sie, wo es nur geht. So kommt es auch, dass er ihr helfen möchte, zum nationalen Wettbewerb Frontier zu gehen. Letztes Jahr erlitt Evie einen Nervenzusammenbruch auf dem Weg zum Wettbewerb. Mit Caleb an ihrer Seite sollte es doch dieses Mal klappen, oder? Aber es wird kompliziert, als während der Vorbereitungsphase plötzlich Milo auf den Plan tritt – ein unbekannter Frontierteilnehmer, den Evie im Netz kennenlernt und zu dem sie sich hingezogen führt. Was Evie nicht wissen kann: Caleb hat Milo ins Leben gerufen, um Evie endlich für sich zu gewinnen. Plötzlich steht Evie gefühlsmäßig zwischen Leo und Milo – und eigentlich sind da auch noch Gefühle für Caleb.

Ich hatte nie Probleme mit Mathematik. Oder mit Naturwissenschaften. Sicher, ich bin auch kein Genie wie Evie, aber im Gegensatz zu vielen waren die Fächer für mich nie ein Graus. Daher fand ich die Idee, mal etwas untypische Charaktere (Hand aufs Herz, normalerweise würde man sie wohl als Streber betiteln und in den Büchern geht’s ja meistens um die Cool Kids, Sportler etc.) an einem eigentlich klassischen Ort (eine Schule) zu nutzen, sehr ansprechend. Auch die Dreier- bzw. Vierer-Konstellation versprach viel Drama, Verwirrung und Witz. Doch am Ende wurde recht wenig von meiner Erwartung erfüllt. Can you help me find you ist ein Buch, was in die Handlung integriert sehr viel Mathematik, Physik und Spezialwissen einbaut. Ich rede dabei nicht von seitenlangen Abhandlungen, aber oftmals kam es mir so vor, als sei die Mathematik und die hiermit verbundenen Gedanken im Vordergrund – und eben keine Liebesgeschichte. Es wird regelmäßig von Ansätzen, Theorien, Modellen und anderen naturwissenschaftlichen Themen gesprochen. Eigentlich kein Problem, sollte man meinen. Ich habe mich aber irgendwann komplett verloren gefühlt. Denn es werden Namen genannt, bestimmte Theorien eingeführt, Sachen als selbstverständlich hingestellt (etwa Evies Frontierprojekt, wo ich bis heute nicht verstanden habe, was es ist und was der Sinn davon sein soll) und sehr wenig erklärt. Ich möchte aber eigentlich auch gar nicht, dass es erklärt wird, weil dann das Thema wohl noch mehr ausufern würde. Aber zeitgleich möchte ich auch nichts vor den Latz geknallt bekommen, was ich überhaupt nicht, nicht einmal ansatzweise, begreifen kann. Und so kam es schon bald dazu, dass die Handlung für mich sehr zäh, sachlich und ein Stück weit auch langweilig wurde. Es ist einfach sehr viel Theorie und mathematisches Fachwissen in das Buch eingebracht. Ich frage mich vor allem, wie das erst für einen Jugendlichen sein muss, der in der Schule vielleicht gerade Wahrscheinlichkeitsrechnung oder Ableitungen lernt.

Der oftmals im Fokus stehenden Mathematik fällt es leider auch zum Opfer, dass ich das Gefühl hatte, oftmals nicht in die Köpfe hineingucken zu können. Evie gewährt immer nur sehr kurze Einblicke in ihre Gedanken, noch weniger in ihre Gefühle. Es ist, als würde sich bei ihr alles um die Naturwissenschaften drehen. Das führt dazu, dass ihre Gefühle nicht greifbar waren und ihre Entscheidungen für mich nicht immer nachvollziehbar waren. Sie kam mir extrem sprunghaft vor und an einigen Stellen, insbesondere was dann die Liebesthematiken angeht, wirkte es auch so, als wäre hier jetzt was konstruiert. Ich habe weder verstehen können, was sie an Leo toll findet (abgesehen von seiner offenbar grandiosen Lösung einer Hausaufgabe), noch, was sie später an Milo gutfindet, den sie online kennenlernt und bei dem sie bereits nach einer Handvoll Nachrichten irgendwie total verliebt ist. Einzig die Abneigung gegenüber einer Beziehung mit Caleb war nachvollziehbar, wieso sich später ihre Gefühle und Gedanken diesbezüglich ändern, habe ich aber auch nicht ganz begreifen können. Insgesamt ist Evies kaum vorhandene Gefühlswelt sehr wirr, sprunghaft und nicht stimmig. Die Autorin hat ihr mehr Liebe zur Mathematik als zu Menschen mit auf den Weg gegeben, was aber dazu führt, dass es krampfhaft wirkt, wie sie mit Leo flirtet, wie sie mit Milo flirtet und wie sie Caleb abweist.

Bereits der Anfang des Buches hat dazu geführt, dass ich immer mal wieder das Buch weggelegt habe. Ich sagte ja bereits, dass es teilweise sehr zäh war. Es dauert ewig, bis man das Gefühl hat, in der Geschichte angekommen zu sein. Bei mir trat diese Effekt etwa nach der Hälfte auf, wo es langsam um das Thema Frontier und Milo ging. Bis dahin passiert hier mal ein bisschen, da mal ein bisschen, die komische gekünstelte Beziehung zu Leo wird immer wieder thematisiert und auch Calebs recht offene Abneigung gegenüber der Beziehung ist Thema. Es gibt ein paar Unterrichtsstunden, ein paar Therapiestunden und ein bisschen Drumherum. Aber es wirkte so, als gäbe es keinen roten Faden, als hätte die Autorin einfach darauf losgeschrieben und das führt auch dazu, dass der Schreibstil sehr sachlich, präzise und vor allem sehr abhandelnd rüberkommt. Dialoge sind abgehakt, es gibt keinen richtigen Flow und eine gewisse Sprunghaftigkeit macht sich breit. An vielen Stellen kam mir das Buch so nüchtern vor, dass es sich eher wie ein Drehbuch liest. X tut dies, Y tut das, X sagt jenes, Szenenwechsel. Die zweite Hälfte wird zumindest hinsichtlich des roten Fadens besser, der Erzählstil bleibt recht gleich. Als Milo in Evies Leben tritt, wird es etwas chaotisch. Die beiden chatten über die Frontier-Seite, dem Leser werden aber nur sehr wenige Chats gezeigt. Das führte unweigerlich dazu, dass ich nicht verstanden habe, wie Evie so schnell von Milo so begeistert sein konnte. Generell wirkte es immer so, als würde Evie sich direkt verlieben – oder eben verlieben müssen, weil das jetzt so erwartet wird. Das Warum, das Wie, das blieb für mich stets offen.

Was ich jedoch thematisch stark fand, war die Entwicklung von Evie. Anfangs ist sie noch sehr zurückhaltend, geprägt von ihren Ängsten und den Einflüssen ihrer Eltern. Mit der Zeit wird sie selbstsicherer, auch ihre Therapie hilft ihr sehr dabei. Sie weiß, was sie will. Sie kann besser einschätzen, was sie sich zumuten kann. Und sie ist auch bereit, für ihre Träume zu kämpfen. Im Hintergrund des Buches schlummert nämlich vor allem mit ihrer Mutter ein Konflikt. Ihre Mutter als Psychologin sieht Evie offenbar permanent als Forschungsobjekt, zeigt oftmals übergriffiges Verhalten und bevormundet Evie in vielen Punkten. Den Höhepunkt findet das Ganze später beim Frontier. Hier muss ich sagen, dass die komplexe Beziehung von Mutter und Tochter für meinen Geschmack zu einfach abgehandelt wird, aber zumindest ein starkes Signal durch Evie gesetzt wird. Was auch irgendwie etwas halbgar eingeführt wurde, war die Kritik an dem System, dass Mädchen unterschätzt werden und in den Naturwissenschaften unterrepräsentiert sind. Immer mal wieder kommt das am Rande vor, was ich durchaus begrüße, aber zugleich das Gefühl hatte, die Autorin hat es unbedingt einbringen wollen, aber dann nicht zu Ende gebracht. Denn die Anmerkungen verpuffen einfach.

Zu den Charakteren kann ich eigentlich nur sagen: Evie ist ein komplexer Charakter. Man kann bei ihr gut erkennen, wie schwer das Leben sein kann, wenn man Emotionen nicht unbedingt erkennt. Von ihren vielen Ängsten geprägt hat sie es schwer im Leben und wird auch oftmals unterschätzt, da sich viele nicht vorstellen können, dass sie wirklich so ein Genie ist. Ich bin mit Evie leider durch das ganze Buch hindurch nicht wirklich warm geworden. Sie wirkt zwar nett, aber gleichzeitig unnahbar. Sie hat an der Schule oftmals aber auch den Namen Eiskönigin, was in meinen Augen passt. Caleb hingegen ist ein sehr lebhafter Charakter, der sehr kraftvoll ist. Er prügelt sich hin und wieder, er flucht gelegentlich, aber vor allem achtet er immer auf Evie. Es ist, als wäre sie sein Lebensmittelpunkt, was sehr süß ist. Er hat ein wenig den Ruf als Schulromeo weg, da er – zur Ablenkung von Evie -regelmäßig datet. Der weitere Charakter im Bunde, Leo, wirkt sehr platt und eindimensional. Er soll wohl der klassische Good Guy sein, den jeder toll findet. Erfrischend ist Evies beste Freundin Bex, die leider viel zu selten vorkommt. Mit ihrer Art bringt sie Leben ins Buch, hilft Evie und bricht die starren Naturwissenschaftsstrukturen etwas auf. Weitere Charaktere sind recht blasse Randcharaktere, die nicht weiter nennenswert sind.

Insgesamt muss ich sagen, dass ich mir so sehr gewünscht hätte, dass das Buch mir gefällt. Die Grundidee und auch zahlreiche der Nebenhandlungen haben mir sehr gut gefallen und die starke Entwicklung der Evie war toll zu erleben. Aber die Umsetzung des Buches, die Erzählweise, die Sprunghaftigkeit und auch die fehlende Greifbarkeit der Emotionen zwischen den Charakteren führte dazu, dass ich kaum Bindung aufbauen konnte. Nach einer wirklich sehr zähen ersten Hälfte ist die zweite Hälfte zwar deutlich besser, aber unterm Strich war dies einfach nicht mein Buch. Das Verhältnis von Naturwissenschaften zu Gefühlen führt hier dazu, dass man sich verloren fühlt. Es bleibt ein etwas anderes Buch, was aus dem klassischen Genre ausbricht, hierbei aber auch sicher nicht jeden ansprechen kann und wird.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.04.2020

mit einigen Längen und einer schwierigen Protagonistin keine Glanzleistung

Verloren sind wir nur allein
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„Egal, wie sehr ich mich auch dagegen wehre, ich werde die Schatten meiner Vergangenheit niemals abschütteln können. Sie werden immer ein Teil von mir sein. Ob ich will oder nicht.“
(Jeff in Verloren ...

„Egal, wie sehr ich mich auch dagegen wehre, ich werde die Schatten meiner Vergangenheit niemals abschütteln können. Sie werden immer ein Teil von mir sein. Ob ich will oder nicht.“
(Jeff in Verloren sind wir nur allein)

Worum geht’s?

Nach dem Tod ihres Vaters leidet Sky. Zu groß ist der Schmerz. Als dann ihre Mutter ihr eröffnet, dass sie einen neuen Partner hat und die beiden nach Texas ziehen, bricht für Sky eine Welt zusammen. Weg von ihren Freunden und vom Grab ihres Vater ist sie gezwungen, sich neu einzuleben. Doch daran denkt Sky gar nicht: Sie will weg. Deswegen stößt sie alle von sich, um gar nicht erst Freundschaften aufzubauen. Aber Jeff, Neffe von Skys neuen Stiefvater, gibt nicht so schnell auf. Er möchte Sky zurück ins Leben holen. Mit seiner gutgelaunten Art eckt er bei Sky allerdings eher an. Jedoch beginnt Sky sich zu fragen, ob er wirklich so ein Sonnenschein ist, wie er immer vorgibt. Denn es scheint so, als würde auch Jeff ein dunkles Päckchen der Vergangenheit mit sich tragen. Kann er Sky zurück ins Licht holen oder wird sie endgültig in ihrer Trauer untergehen?

Das Buch ist in sich geschlossen und ein Einzelband.

Schreibstil / Gestaltung

Das wunderschöne Cover mit einem tollen Blumenmuster wirkt verspielt und niedlich, gibt jedoch keine Hinweise auf den Inhalt preis. Es wirkt dennoch ansprechend und ist ein schöner Hingucker.

Das Buch wird durch Sky und Jeff in der Ich-Perspektive erzählt, wobei nur Jeffs Parts entsprechend übertitelt sind. Das Buch verläuft chronologisch. Der Schreibstil ist sehr locker und angenehm zu lesen, das Buch passt sprachlich im Bereich Jugendbuch und junge Erwachsene. Das Buch enthält keine erotischen Inhalte und ist auch frei von Kraftausdrücken.

Mein Fazit

Verloren sind wir nur allein ist mein erstes Buch von Mila Summers, die bisher offenbar vorrangig im Bereich der Liebesromane tätig war und sich hier ans Young Adult Genre heranwagt. Die sehr niedliche Aufmachung und ein gut klingender Klappentext haben mich dazu gebracht, dieses Buch lesen zu wollen. Beührende Liebesgeschichte über die heilende Kraft der Liebe? Das klingt fantastisch. Doch leider, leider hat sich das Buch am Ende als etwas anderes entpuppt.

Es gibt Bücher, die überzeugen mit ihren Charakteren. Es gibt Bücher, die überzeugen mit ihrer Handlung. Hier ist beides nicht wirklich der Fall. Ein Buch steht und fällt einfach mit seinen Protagonisten und hier hat Sky volle Arbeit geleistet, dass das Buch fällt. Schon nach wenigen Seiten geht ihre kratzbürstige Art einem so auf die Nerven, dass man wenig Lust hat, weiterzulesen. Doch geprägt von Trauer und überfordert von dem neuen Umfeld kann man nun schonmal so sein. Deswegen wurde fleißig weitergelesen. Doch es wird nicht besser. Fast schon verzweifelt habe ich danach gesucht, zu verstehen, in welche Richtung das Buch gehen möchte. Es ist von allem ein bisschen, aber von nichts wirklich etwas Komplettes. Hier wird viel Highschool-Leben eingestreut, es gibt ein wenig Ranch-Leben mit Tieren, es gibt das klassische American Way of Life mit Festen, Feiern und einem Schulball, die wirklich absolut stereotypischen Klischees (die zickige Cheerleaderin, der sweete Footballstar, die etwas untypischen Außenseiter). Aber alles wirkte so gewollt zusammengewürfelt, dass es wie ein Abziehbildchen einer Vision wirkte, die nicht beim Herzen ankam. Vielleicht waren es zu viele Aspekte, die abgedeckt werden sollten, denn Trauer, der Umzug, neue Freunde, neue Liebe, der Zwist mit der Mutter, Mobbing an der Schule – es ist jede Menge thematischer Ballast, der an die Geschichte gefesselt ist. Es blieb aber einfach viel im Dunkeln, wieder anderes wirkte sehr sprunghaft und willkürlich. Das erste Drittel des Buches ist ein zäher Einstieg in die neue Stadt und den Start an der neuen Schule, das zweite Drittel dann Highschooldrama in Reinkultur und das letzte Drittel dann so überrumpelnd dramatisch, dass es fremd wirkte. Vor allem aber das Ende sorgte bei mir für viel Unmut: Schlag um Schlag wird die Geschichte vorangetrieben, natürlich hochdramatisch und eigentlich emotional – eigentlich sage ich deshalb, weil es mein Herz nicht erreichen konnte, da ich bereits vorher keine wahre Verbindung zu Sky aufbauen konnte. Jedenfalls gibt es noch zahlreiche ungelöste Probleme, Fragen und Umstände, dennoch wird radikal fix das Buch beendet. Das wirkte unstimmig und gehetzt, zumal vorher auf über 300 Seiten so viel Belangloses eingestreut wurde. Im Grunde kann man sagen: Es passiert nicht viel, aber wenn etwas passiert, wird es schnell wieder abgehakt. Das betrifft nicht nur das Ende mit der Story um Skys Mutter, sondern etwa auch Jeffs Geheimnis und Geschehnisse auf Festen.

Damit einhergehend war es für mich auch schwer, der sich entwickelnden Lovestory zu folgen. Jeff, der als Neffe des neuen Stiefvaters in die Story tritt, ist direkt von Anfang an auf Sky eingeschossen. Dass er eigentlich eine Freundin hat, wird gar nicht wirklich thematisiert, sondern allenfalls dadurch eingeflochten, dass er sich innerlich über die Oberflächlichkeit der Beziehung aufregt. Jeff tut alles dafür, Sky nahe zu sein, für Sky dazusein, sie aus ihrem Schneckenhaus zu holen. Sky hingegen tut alles, ihn von sich zu stoßen, sich über ihn aufzuregen und sich über seine Aufmerksamkeit aufzuregen. Wann und wieso sich das ändert, war für mich nicht greifbar. Auf einer gefühlsmäßigen Ebene war diese Beziehungsentwicklung nicht greifbar und die Beziehungsdynamik, die ebenfalls zwischen sprunghaft und klischeehaft wandelt, ebenso wenig. Es fehlt an Tiefe und die Einblicke in den Kopf der Charaktere sind zwar vorhanden, aber nicht sonderlich aufschlussreich. Natürlich kann man von einem Jugendbuch nicht zu viel erwarten, aber zumindest ein wenig, mit dem man arbeiten kann, wäre hilfreich.

Die Hauptcharaktere in diesem Buch sind Sky und Jeff. Sky präsentiert sich von Anfang an als sehr in sich gekehrt. Sie leidet und trauert immer noch stark, nachdem ihr Vater vor zwei Jahren plötzlich verstarb. Verlustängste, aber auch der Schmerz sind immer noch sehr präsent. Der Umzug in ein neues Leben überfordert sie und macht sie wütend. Entsprechend bissig und gereizt ist sie über viele Seiten des Buches. Ihre Stimmung schwankt häufig zwischen „es ist gar nicht so schlimm“ und „ich möchte hier weg, mich stört alles“. Sky macht es einem extrem schwer, sie zu mögen. In regelrecht zerstörerischer Art fegt sie durch das Buch und ist oft damit beschäftigt, nette Menschen zu verletzen. Jeff hingegen ist der absolute Good Guy. Liebevoll, aufmerksam, stets bereit der Ritter auf dem weißen Pferd zu sein. Als Footballstar ist er an der Schule beliebt, er strahlt mit seinem Megalächeln, obwohl es in ihm ganz anders aussieht. Doch wer ist Jeff eigentlich und was zeichnet ihn aus? Das weiß ich nicht. Ich habe das Gefühl gehabt, dass er viel zu eindimensional war und fast schon mehr Neben- als Hauptcharakter war. Obwohl er eigene Kapitel hat, fand ich mich wenig in seiner Gedankenwelt wieder, denn selbst in seinen Gedanken steht Sky im Fokus. Die zahlreichen Nebencharaktere (von Freunden über Familie über Schulkameraden) waren zwar alle ganz nett, bleiben aber auch oberflächlich und spiele primär eine ihnen zugewiesene Rolle, die sich oftmals an Klischees und Stereotypen bedient. Hierbei werden aber auch viele Punkte angesprochen oder angedeutet, die aber nie wieder aufgegriffen oder gar beendet werden. Auch muss ich sagen, dass sich einige Entwicklungen nicht unbedingt realistisch angefühlt haben, etwa das direkte Aufnehmen von Sky durch Rachel und April, was binnen Tagen zu besten Freunden führt.

Die Autorin hat sich in meinen Augen viel zu sehr auf Sky versteift. Sky hier, Sky da, Sky überall. Ihre Trauer, ihre Wut, ihre Verzweiflung – stets steht Sky im Vordergrund. Aber zeitgleich wird immer und immer wieder angedeutet und eingebracht, dass die vielen Beteiligten, allen voran Jeff, auch Probleme haben. Diese gehen für meinen Geschmack im Buch aber extrem unter. Das führt unweigerlich dazu, dass man sich fragt: Fehlte die Zeit, um diese Probleme angemessen auszuarbeiten, fehlte die Lust, sie näher zu beleuchten oder wollte die Autorin sie unbedingt noch einbauen, ohne den Willen zu haben, ihnen auch Raum zu geben? Es sind durchaus emotionale und auch durchaus wichtige Punkte dabei, die viele Frage aufwarfen, die niemals beantwortet wurden. Gerade über Jeffs Päckchen der Vergangenheit hätte man in meinen Augen mehr erfahren sollen und müssen. Aber es wurde alles so beiläufig abgehandelt, dass wieder nur Sky im Fokus steht. Warum? Das habe ich nie verstanden. Denn so viel gab es in meinen Augen zu Sky einfach nicht zu erzählen. Ganz unweigerlich führte das sogar dazu, dass mich Sky immer mehr angenervt hat. Sky hier, Sky da. Sie ist das arme rohe Ei, was stets betüddelt werden muss, aber es gar nicht will. Sie schlägt permanent wild um sich, verletzt ihr Umfeld und die platte Erklärung hierfür ist stets ihre Trauer. Verlust ist ein wichtiges Thema und auch ein vielschichtiges, aber hier hatte ich einfach das Gefühl, dass die Autorin eine Ausrede für Skys Verhalten gesucht hat. Bis zu einem gewissen Grad ist ihr Handeln und ihre emotionale Instabilität damit ja erklärbar, aber irgendwann ist meine Toleranzgrenze auch erreicht gewesen. Sky ist nicht der einzige Mensch, dem Leid erfahren ist, sie tut aber so. Ich konnte Sky einfach nicht verstehen – vielleicht wollte ich sie aber auch nicht verstehen. Wie eine Abrissbirne ist sie zu jeder Zeit zielgerichtet damit beschäftigt, treffsicher Jeff, ihre Mutter und ihren neuen Stiefvater zu verletzen. Anfangs habe ich es ja noch verstanden (der Umzug, die neuen Leute, Jeffs übergriffiges Verhalten), aber irgendwann einfach nicht mehr. Es wirkte dann nur noch so, als würde sie aus Prinzip gegen alles und jeden sein.

Leider muss ich insgesamt sagen, dass „Verloren sind wir nur allein“ nicht abliefern konnte. Das Buch fällt mit seiner Protagonistin, die so unsympathisch ist, dass man nicht mit ihr mitleiden kann. Das Buch wirkt über weite Strecken handlungsarm und die so entstandenen Längen werden durch die plötzlichen Geschehnisse nicht aufgehoben. Das Buch lässt sich dafür aber locker-leicht lesen und man kommt gut durch. Es ist nur leider allenfalls ein Buch für Zwischendurch, was so viel mehr hätte sein können, man aber so nur das Gefühl hat, keine richtige Verbindung aufbauen zu können. Sehr schade!

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

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Veröffentlicht am 14.04.2020

allenfalls nett für Zwischendurch

Midnightsong. Es begann in New York
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„Eine Melodie verändert deinen Herzschlag. Ihr sanfter Klang streichelt deine Seele, ein schneller Rhythmus beschleunigt deine Atmung und kraftvolle Akkorde setzen Adrenalin frei. Egal wer du bist oder ...

„Eine Melodie verändert deinen Herzschlag. Ihr sanfter Klang streichelt deine Seele, ein schneller Rhythmus beschleunigt deine Atmung und kraftvolle Akkorde setzen Adrenalin frei. Egal wer du bist oder wo du lebst, ihre Wirkung ist bei allen gleich.“
(Ryle zu Lynn in Midnightsong)


Worum geht’s?

Lynn möchte eigentlich nur ihrer Schwester, bei der sie wohnen darf, einen Gefallen tun und übernimmt deswegen eine Schicht im Cafe ihrer Schwester. Doch als sie morgens auf dem Weg zur Arbeit ist, landet sie in einem gigantischen Menschenauflauf und wird von einem Mann darum gebeten, einer Gruppe von Jungs Unterschlupf im Cafe zu gewähren. Völlig überrumpelt lässt sich Lynn hierauf ein. Der Schock ist groß, als sie feststellt, dass die Gruppe niemand geringeres ist als die bekannte Boyband Reanimation. Als sie Frontmann Ryle gegenübersteht, spielt ihr Herz verrückt. Aber nach dem Verschwinden der Band ist es noch nicht vorbei: Denn die Band macht ihr ein Angebot, was sie nicht ausschlagen kann.

Midnightsong ist ein Einzelband und in sich geschlossen.


Schreibstil / Gestaltung

Das in verschiedene Lilatöne gehaltene Cover zeigt zwei Gesichter, vermeint die der Protagonisten. Mit leichten Lichtreflexen wirkt verträumt und romantisch. Es deutet auf eine Liebesgeschichte hin, verrät aber abgesehen vom Titel keinen musikalischen Bezug. Das Buch wird ausschließlich durch Lynn in der Ich-Perspektive mit einem linearen Verlauf erzählt. Der Schreibstil ist sehr locker und leicht gehalten, generell wirkt das Buch recht jugendlich und frisch. Das Buch beinhaltet keine explizite Sprache und keine Intimszenen.

Mein Fazit


Endlich mal wieder ein Musikerroman – das dachte ich mir, als ich dieses Buch entdeckte. Mein Herz schlägt für Geschichte um Musiker und Bands, die Klappentext klang süß und erinnerte an das klassische „unbekanntes Mädchen und der große Star“-Dilemma. Eigentlich eine gute Grundlage für ein tolles Buch. Doch leider, leider war dieser Song kein Hit für mich.

Sie will eigentlich nur ihrer Schwester helfen. Deshalb übernimmt Lynn eines Morgens die Ladenöffnung. Neu in New York lebt sie bei ihrer großen Schwester und bereitet ihre Unibewerbung vor. Als sie nun zum Cafe geht, trifft sie auf eine riesige Menschengruppe. Schnell flüchtet sie in den Laden, doch dann klopft ein Mann und bittet sie darum, Zuflucht zu gewähren und den Laden zu schließen. Sie hat nicht viel Zeit zu überlegen und plötzlich findet sie sich mit der gehypten Boyband Reanimation im Lagerraum des Cafes. Am liebsten würde sie im Erdboden versinken, doch dann zeigt Frontmann Ryle sogar Interesse an ihren Arbeiten. Denn Lynn ist flink mit dem Grafiktablett und bearbeitet hierauf Bilder. Nachdem die Jungs wieder verschwunden sind, entdeckt Lynn eine Instagramnachricht von Ryle, der ihr irgendwie unter die Haut gegangen ist. Doch damit nicht genug. Am nächsten Tag meldet sich der Manager und hat ein unglaubliches Angebot für sie: Sie soll mit auf Tour gehen und Fotos der Jungs für ihr neues Album machen. Dies wäre die Chance für ein Empfehlungsschreiben für ihre Unibewerbung. Doch 7 Tage gemeinsam mit Ryle? Das verunsichert Lynn sehr. Wird diese Reise für sie ein großes Abenteuer oder wird sie am Ende mit einem kaputten Herzen und zerbrochenen Träumen nach Hause zurückkehren?

Midnightsong war für mich irgendwie ein Buch, welches seine Melodie nicht gefunden hat. Es war, als wüsste die Autorin nicht ganz, was sie möchte: Young Adult oder New Adult? Tiefgründig oder humorvoll? Die Charaktere in dem Buch sind vom Alter her eher im Bereich New Adult, einige Thematiken sind auch deutlich dem New Adult Bereich zuzuordnen, dann aber wiederum benehmen sich die Charaktere sehr jugendlich und flatterhaft, machen typische Jugendwitze und wirken wir ein Haufen Teenies, die ihren Platz im Leben noch suchen. Das hat mich etwas verrückt gemacht, weil dadurch ein starkes Ungleichgewicht entstanden ist. Wir haben da einerseits eine Band, die auf große Tournee geht, sich ernsthaft mit dem Business auseinandersetzt und auf dicke Hose macht, zugleich aber ist hier mehr Justin Bieber als Rockstar-Romance angesagt. Dann gibt es Phasen, die sehr nachdenklich und ansatzweise tiefgründig, fast schon philosophisch daherkommen, aber gar nicht wirklich nachhallen können, weil sie immer im Keim erstickt werden. Ich war verwirrt ob so vieler Sachen in diesem Buch, dass ich nie das Gefühl hatte, wirklich abgeholt worden zu sein.

Es fing schon damit an, dass der Start so rasant und überrumpelnd war, dass der komplette Klappentext nach etwa 30 Seiten abgehandelt ist. Der Rest des Buches? Hier wird es interessant: Die 18-Jährige Lynn, die Ryle kurzzeitig gegenüberstand, hat ihn mit ihrer künstlerischen Arbeit so sehr überzeugt, dass er sie mit auf die Tour nehmen möchte. 7 Tage soll sie mit der Band unterwegs sein und Fotos für das Album bearbeiten. Natürlich ist es von Anfang an so, dass alle Lynn mögen, man hat von Anfang an eine sehr freundschaftliche Dynamik und es wird sehr viel Rücksicht auf sie genommen. Wie Lynn so nachhaltig auf Ryle wirken konnte (und vis versa!), habe ich aber nie verstanden. Das Buch lebte für mich von Sprunghaftigkeit. Es passiert so viel so schnell auf einmal, was so viel verändert. Es wirkte für mich extrem konstruiert und es fehlten etwas die Verbindungen zwischen den einzelnen Plotpunkten. Es war beinahe so, als hätte die Autorin bestimmte Aspekte, die sie thematisieren möchte, aber kein richtiges Drumherum und Dazwischen. Dadurch waren die Entscheidungen der Protagonisten für mich selten greifbar, nachvollziehbar oder gar fühlbar. Das fand ich extrem schade. Irgendwie war dann auch schon die Hälfte des Buches rum, es fühlte sich so an, als würden sich die Charaktere seit Ewigkeiten kennen – tatsächlich sind aber nur 3-4 Tage vergangen.

Hier geht es weiter, dass ich mich gefragt habe, wieso ein derartiger Aufbau gewählt wurde. Angeblich soll Lynn Fotos für das CD-Booklet machen und die Band hierfür 7 Tage begleiten. Aber: Die Band ist davon allein 3 Tage auf Heimatbesuch bei den Familien, sodass sie gar nicht bei der Band ist. Natürlich wird diese Pause dafür genutzt, die beiden Protagonisten enger zueinander finden zu lassen (und noch ein paar kleine Dramabomben vorzubereiten). Der zeitliche Ablauf war so unglaubwürdig und übertrieben, dass es für mich null nachvollziehbar war, wie Lynn und Ryle Gefühle füreinander entwickeln sollen und Ryle auch noch die Probleme, die sich aus seiner Bekanntheit ergeben, klären will. Die Autorin konnte mich auf einer emotionalen Ebene gar nicht erreichen und selbst objektiv schöne Szenen verhallten mangels Greifbarkeit der Emotionen. Eigentlich war das Buch eine Mischung aus niedlich, lustig und süß. Andere Worte fallen mir für das Buch eigentlich kaum ein.

Geht man von der Liebesgeschichte mal einen Schritt zurück und betrachtet den Rest, muss man feststellen, dass es ein nettes, unterhaltsames Buch für Zwischendurch ist, was ein wenig Einblicke in die Welt einer Boyband gibt, die im Tourfieber gefangen ist. Es gibt einige kritische Ansätze in dem Buch, die aber kaum ausgeführt werden. Es ist einfach ein Buch, was sehr oberflächlich und nett bleibt. Es ist durchaus mitreißend und lässt sich sehr fix lesen, weil es wirklich leichtfüßig ist. Aber leider eben auch nur das. Ich habe ganz sicher kein hochkomplexes Buch mit den absoluten Heulgaranten erwartet, aber zumindest ein wenig Tiefe hätte nicht geschadet. Dafür lässt das Buch kaum ein Klischee aus, erinnert an einigen Stellen an andere Bücher oder bekannte Filme und ist auch größtenteils sehr vorhersehbar. Es ist eine bunte Mischung vieler Aspekte, die für mich dazu geführt haben, dass das Buch unrund und viel zu gewollt wirkte. Es waren Klassiker dabei wie die verschmähte Flamme, die heimlich verknallte, biestige Assistentin, der rücksichtslose Manager und der verständnisvolle Ersatzdaddy. Es gab in meinen Augen kaum etwas Innovatives außer vielleicht Lynns Hobby mit den Grafikarbeiten, was aber wiederum so sehr überzogen wurde, dass es nervte. Denn natürlich öffnen die wenigen Tage mit Ryle ihr so viele Türen, dass sie quasi selbst zum Promi wird. Es war einfach unstimmig für mich. In einem grandios kitschigen Finale wird voll aufgefahren und hollywoodreif abgeliefert, der Epilog strotzt nur so von „wow, wie übertrieben“ und generell musste ich am Ende wieder über den zeitlichen Aspekt des Buches schmunzeln.

Die Hauptcharaktere Lynn und Ryle sind für mich recht schwer fassbar gewesen. Sie sind eindimensional und haben kaum Entwicklung in der Geschichte. Die wenige Entwicklung, die sie durchmachen, wirkt sprunghaft und unüberlegt. Es ist, als würde sie sich nur verändern, um Ryle zu gefallen. Lynn wirkt recht aufgeschlossen, aber zugleich nicht wie jemand, der sehr outgoing ist. Was sie aber wirklich ausmacht, konnte mir nicht vermittelt werden. Gleiches gilt für Ryle. Er ist mit seinem Popstar-Leben offenbar nur bedingt zufrieden, trifft sich hier und da mit Mädels, lächelt nett in die Kamera und plant im Hinterkopf seine Rebellion mit Lynn. Auch bei ihm weiß ich nicht, was ihn ausgemacht hat. Seine Sätze zum Thema Musik wirkten wie Worthülsen. Die restlichen Charaktere decken so ziemlich alles stereotypisch ab, was benötigt wird: eine begeisterte Schwester, ein strenger Manager, eine aufgedrehte, aber freundliche Band, eine eifersüchtige Exfreundin. Sie passen alle gut ins Buch und spielen ihre Rolle in solider Weise, mehr aber leider auch nicht.

Midnightsong ist ein Buch, was so hübsch daherkommt und so vielversprechend klang, am Ende aber nicht für immer im Kopf und Herzen bleibt, sondern eher wie ein netter Disney-Film für kurzweilige Unterhaltung sorgt. Wer Tiefe sucht, ist hier nicht gut beraten. Es ist ein locker, leichtes Leseerlebnis, gut für Zwischendurch. Aber weder etwas Neues, noch etwas Spektakuläres. Es heißt, ein Lied kann das Leben verändern. Midnightsong hat dies leider nicht geschafft.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

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Veröffentlicht am 30.03.2020

schwach und ohne Antworten und Tiefe

Faded - Wenn alles stillsteht
1

„Auch wenn Linc derjenige war, der den Abzug betätigt hatte, war ich es, der die Waffe mit meiner eigenen schlechten Munition geladen hatte. Und Felicity diejenige, die dir Kugel abbekam.“
(Ryder in Faded ...

„Auch wenn Linc derjenige war, der den Abzug betätigt hatte, war ich es, der die Waffe mit meiner eigenen schlechten Munition geladen hatte. Und Felicity diejenige, die dir Kugel abbekam.“
(Ryder in Faded 2)

Worum geht’s?

Zwei Jahre ist es her, dass Felicity Ryder und ihre Band Wildwoods hinter sich gelassen hat. Nach ihrer überstürzten Flucht hat sie sich versteckt und ihre eigene Version ihres Lebens gelebt. Doch dann stirbt ihre Großmutter und ein Brief der Plattenfirma flattert ins Haus: Sie wollen Felicity verklagen, wenn sie nicht die vertraglich versprochene Tournee endlich erfüllt. Zu Ryder und der Band zurückkehren? Für Felicity keine Option. Aber die Vertragsstrafe ist so hoch, dass ihr nichts anderes übrig bleibt. Also geht sie mit der Band auf Tour. Auf so engem Raum über so lange Zeit zusammengepfercht werden unweigerlich alle düsteren Geheimnisse ans Tageslicht gezerrt. Und davon haben alle Beteiligten mehr als genug. Haben Ryder und Felicity noch eine Chance oder ist ihre Liebe endgültig verglüht?

Faded – Wenn alles stillsteht ist Band 2 der Faded-Dilogie. Der Leser benötigt Vorkenntnisse aus Band 1. Die Geschichte wird mit Band 2 beendet.

Schreibstil / Gestaltung

Das Cover ist wieder zurückhaltend gestaltet und erinnert stark an das Cover von Band 1. Es zeigt wieder einen Oberkörper mit Gitarre und Lichtreflexen. Das Cover passt sehr gut zum Buch und wirkt stimmig, sowohl zum Genre als auch zum Inhalt als auch zu Band 1, ist aber auch gleichzeitig nicht als Band 2 erkenntlich. Das Buch startet mit wenigen Newsartikeln zu Felicity und Ryder und steigt dann etwa zwei Jahre nach dem Ende von Band 1. Die Geschichte verläuft linear mit den wechselnden Ich-Erzählern Felicity und Ryder. Wer erzählt, ist entsprechend übertitelt. Der Schreibstil ist flüssig, gut lesbar und etwas kantig, was zu den Protagonisten passt. Anders als in Band 1 ist Band 2 nicht ganz so bildlich und voller Metaphern gehalten. Das Buch enthält wenige kurze, intime Szenen. Es wird gelegentlich geflucht.

Mein Fazit

Nach dem fiesen Ende von Band 1 war klar, dass ich auch Faded 2 lesen werde. Ich muss allerdings sagen, dass ich schon etwas zurückhaltend an das Buch herangegangen bin, da mir in Band 1 schon sehr die Tiefe gefehlt hat und ich das Gefühl hatte, die Geschichte wirkte uninspiriert. Konnte Band 2 hier mehr überzeugen?

Das Buch startet mit der Information, dass Felicitys Großmutter Bethany verstorben ist. Felicity hält sich stark im Hintergrund bei der Beerdigung, weil sie weiß, dass die ganze Welt nach ihr sucht. Zwei Jahre ist sie abgetaucht, seitdem sie damals Ryder, Wildwoods und LA verlassen hat. Die Erinnerungen schmerzen immer noch und zwischenzeitlich sind weitere Geheimnisse hinzugekommen. Perfiderweise wird Felicity auf der Beerdigung eine Klagandrohung ihrer Plattenfirma zugestellt. Es droht ihr eine Millionenstrafe, weil durch ihren Abgang die angekündigte Tournee ausgefallen ist und der Firma ein hoher Schaden entstanden ist. Widerwillig muss Felicity also erkennen, dass sie wohl zurückkehren muss. Zurückkehren zu Wildwoods, zu ihren Freunden, zu Ryder, in eine Welt, in der sie nie sein wollte. Entsprechend eisig ist die Stimmung, als sie zur Band zurückkehrt. Ryder ist zwischenzeitlich ebenfalls nach zahlreiche Eskapaden abgetaucht und frönt ein Leben auf dem Surfbrett, während Lincoln und Aiden sich behelfsweise mit anderen Bands durchschlagen. Die Dynamik der Band ist dahin, die Anfeindungen und Enttäuschungen sitzen tief. Ryder möchte Felicity zurückgewinnen, Felicity möchte die Zeit mit der Band möglichst schnell und ohne große Verbindungen hinter sich bringen, um dann frei zu sein. Die Schatten der Vergangenheit liegen weiterhin über allen, etwa die schicksalsbehafteten Ereignisse der letzten Nacht vor Felicitys Flucht. Doch auch Felicity hütet ein Geheimnis, was die Einstellung von Ryder für immer ändern könnte. Haben die Freunde und Liebenden noch eine Chance, wieder zueinander zu finden oder wird sowohl Ryder und Felicity als auch Wildwoods nach dieser Tournee endgültig Geschichte sein?

Storytechnisch hatte das Buch für mich überraschend wenig zu bieten. Es gab so viel, was ich wissen wollte, so viele Entwicklungen, die beleuchtet hätten werden sollen. Doch nichts davon passiert. Faded 2 kommt komisch platt daher, die erste Hälfte ist fast schon langweilig und man wartet darauf, dass es losgeht. Tut es aber nicht. Als es dann kurz vor Ende wirklich losgeht, überschlagen sich die Ereignisse so rasant, dass ich fast nur noch kopfschüttelnd dagesessen habe und mich gefragt habe, was das soll. Es wird so viel auf einmal so schnell in so kurzer Seitenanzahl abgearbeitet – ja, das Wort trifft es – und ich war enttäuscht. Felicitys großes Geheimnis war zwar für mich überraschend, zugleich aber auch irgendwie komisch willkürlich. Ich hatte bereits bei Buch 1 bemängelt, dass ich oftmals das Gefühl hatte, dass Storys unfertig waren und so war es auch hier. Es war teilweise willkürlich zusammengeflochten, es fehlte die Tiefe, es wurde viel zu wenig erklärt, zugleich aber viel zu viel Belangloses geschrieben. Wo sind die dringend benötigten Antworten? Wieso wurde etwa die schicksalsbehaftete Nacht gar nicht richtig thematisiert? Wieso erfährt man so wenig über die zwei Jahre und was beide Protagonisten getrieben haben? Wieso tauchen plötzlich Felicitys Eltern aufm Bildschirm auf? Was wird aus dem Erbstreit nach dem Tod von Bethany? Es sind so viele Punkte, die aufgeworfen werden, aber nie beantwortet werden. Dennoch verlangt die Autorin, dass der Leser für Felicity und Ryder mitfiebert und eine tolle Zukunft der beiden ersehnt. Aber wie soll das funktionieren, wenn man keinen wirklichen Input hat und das Gefühl hat, die Protagonisten reden nicht wirklich miteinander und leben in einer Blase, in der sie es sich leichtmachen?

Felicity und Ryder sind in Faded 2 irgendwie nicht mehr die Charaktere, die ich kennengelernt habe. Felicity wirkt plötzlich recht egoistisch und extrem sprunghaft. Sie ist widerwillig bei der Tour dabei, zieht sich regelmäßig zurück und beruft sich Ryder gegenüber immer wieder auf die Vergangenheit. Felicitys Gedanken und Handlungen sind bei mir nicht wirklich angekommen. Ryder hingegen hat offenbar viele Dämonen seiner Vergangenheit hinter sich gelassen, viel darüber erfahren dürfen wir aber nicht. Er kommt nur wegen Felicity zurück, Ruhm und Singen sind für ihn offenbar keine wirklichen Themen mehr. Der unzufriedene ruppige Ryder aus Band 1 ist jedenfalls nicht mehr vorhanden. Sein einiges Ziel: Felicity zurückgewinnen und mit ihr glücklich werden. Irgendwie wurde das aber immer absurder, wenn man bedenkt, wie kurz beide sich nur kannten, dass sie jetzt zwei Jahre getrennt waren und beide ganz andere Charaktere sind als zu dem Zeitpunkt, als sie sich kennengelernt haben. Ich habe wieder das Gefühl gehabt, dass beide Charaktere komisch eindimensional und mit viel zu wenig Raum zur Entwicklung in die Geschichte integriert wurden. Die Nebencharaktere sind die aus Band 1 bereits bekannten Leute. Die Band ist wieder präsent, wobei sie nach anfänglicher Wut auf Felicity ganz schnell (und ohne erkennbare Gründe) plötzlich wieder wie Brüder ihr gegenüber fühlen. Zudem kommt Carly, Felicitys Freundin aus dem Nightingale aus Band 1, als Tourmanagerin mit. Sie scheint eine Problematik mit Aiden zu haben, die immer und immer wieder angedeutet wird, jedoch nie aufgelöst wird. Fast so, als hätte die Autorin den Strang vergessen. Das fand ich wahnsinnig frustrierend.

Das Ende vom Buch hat mich eigentlich fassungslos gemacht. Die letzten etwa 30 Seiten knallen regelrecht durch. Es passiert eine Sache um die nächste. Aber alles, was passiert – Felicitys Vergangenheit, Felicitys Geheimnis, die Auflösung gegenüber Ryder, das Tournee-Ende mit seinem fast schon absurden Höhepunkt – passiert jeweils auf einer Handvoll Seiten, dass die Themen so wild zusammengewürfelt wirken, dass man sich fragt, wieso die Autorin nicht zumindest das ein oder andere Thema vorgezogen und damit mehr Raum gegeben hätte. So wird seit Band 1 das Thema mit Felicitys Eltern immer wieder angeführt, als es dann endlich soweit ist, dass es hier zur Konfrontation kommt, ist das so schnell vorbei und endet mit einer taffen Felicity, die eigentlich so gar nicht passt. Sprunghaft bis zum geht nicht mehr. Wenn man bedenkt, wie viele Seiten eigentlich nichts passiert, nur um dann am Ende von Geschehnissen überhaupt zu werden – die aber wie immer dazu führen, dass nichts wirklich geklärt wird – bleibt man fast schon frustriert zurück.

Schon bei Band 1 habe ich moniert, dass Ryders edgy Art nicht gepasst hat und gespielt wirkte. In Band 2 hat er diese Art gar nicht mehr, was angesichts seiner Entwicklung nicht verkehrt ist, aber zugleich dazu führt, dass Ryder in meinen Augen extrem langweilig geworden ist. Denn die Autorin führt den Leser auch nicht in die Thematik um Ryders Entzug ein, generell bezieht sich seine Gedankenwelt stets nur auf Felicity. Ihn interessiert nicht einmal mehr der Ruhm, dem er immer hinterhergejagt ist. Alles ist auf Felicity gepolt. Das wird an der Stelle schwierig, als ich mich gefragt habe, ob die beiden überhaupt wieder zusammenkommen sollten. Es herrscht eine komische Chemie zwischen den beiden und sie stoßen sich für mich mehr ab als sich anzuziehen. Der Schlüssel wären vermutlich klärende Gespräche gewesen, eine Aufarbeitung der Vergangenheit und der letzten zwei Jahre – das bleibt die Autorin aber fast vollständig schuldig. Sie wirft hier und da kleinere Brocken hin und lässt bei Felicity noch kurz eine Bombe platzen, die aber so schnell wieder vom Tisch ist, dass die Protagonisten nach so einem Geständnis (und weiterhin komplett ungeklärten Problemen) einfach miteinander schlafen. Vor allem Felicity, die mit Ryder angeblich abgeschlossen hat, ist so unfassbar sprunghaft in diesem Buch, dass es sich regelmäßig anfühlt, als würde man mit 100 km/h gegen eine Wand fahren, weil sie binnen Sekunden plötzlich eine 180 Grad Wendung hinlegt. Es war für mich einfach zu keiner Zeit nachvollziehbar, wieso sich was zwischen den beiden entwickelt – egal ob Gefühle oder Antipathie. Es fehlt so viel, was die Story glaubhaft und greifbar machen würde.

Faded 2 konnte mich leider noch weniger begeistern als sein Vorgänger. Die Geschichte wirkte über weite Teile handlungslos und konzentrierte sich auf die Reste der eventuell noch vorhandenen Liebe zwischen Felicity und Ryder. Dabei fehlt es dem Buch aber am Anspruch, Sachen zu klären. Felicity hat eigentlich nie den Willen, etwas zu klären. Dann wird man von zahlreichen Kleinigkeiten überrumpelt, die so schnell kommen und gehen, dass man sich fragt, wieso man ihnen nicht mehr Raum gegeben hat, denn dies hätte das Buch sehr benötigt. Am Ende bleibt einfach eine nicht greifbare Entwicklung um eine nicht nachvollziehbare Liebschaft und zahlreiche Meinungsänderungen, die mehr passend gemacht werden als dass sie passen. Schade, ein Buch mit viel Potenzial, was nicht genutzt wurde.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

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