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Veröffentlicht am 14.04.2020

Nette, etwas belanglose Geschichte

Die Frauen von Richmond Castle
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Im Sommer 1925 feiert Ishbel Christina Camberwell, genannt Blue, im Garten ihres Elternhaus Richmond Castle, einem georgianisches Reihenhaus, mit Familien und Freunden ihren 21.Geburtstag und damit ihre ...

Im Sommer 1925 feiert Ishbel Christina Camberwell, genannt Blue, im Garten ihres Elternhaus Richmond Castle, einem georgianisches Reihenhaus, mit Familien und Freunden ihren 21.Geburtstag und damit ihre Volljährigkeit. Ihr Vater Kenneth fordert - in ziemlich angetrunkenem Zustand- alle potentiellen Verehrer seiner schönen Tochter auf, mit einem anonymen Brief um Blue zu werben. Im nächsten Jahr am gleichen Tag werde Blues „Entscheidung für einen Anwärter“ verkündet. Blue interessiert sich jedoch mehr dafür, Schriftstellerin zu werden als einen Ehemann zu finden und ist daher über Kenneths Rede ziemlich verärgert. Außer diverser anonymer Briefe wird das nächste Jahr aber noch ganz andere, viel bedeutendere Ereignisse für Blue, ihren Vater Kenneth, Stiefmutter Midge, Schwester Merrigan und Delphine, die neue Freundin der Familie, bringen. Dabei kommt eine traurige Wahrheit aus der Vergangenheit ans Licht, die die Familie vor eine große Herausforderung stellt...

Tracey Reeses „Die Frauen von Richmond Castle“ liest sich gut verständlich, flüssig und unkompliziert. Die Sprache wirkt meistens authentisch und ich bekam beim Lesen einen recht guten Eindruck von Blues Leben im England der 20er Jahren, fühlte mich gar stellenweise in diese Gesellschaft hineinversetzt. Der zu häufige und penetrante Gebrauch der Anrede „Darling“ ging mir aber leider manchmal ziemlich auf die Nerven.

Die Frauen von Richmond sind nachvollziehbar, aber recht eindimensional und einfach gezeichnet: Blue ist herzensgut und etwas naiv, Midge fürchtet, ihrer Vorgängerin Audra, Kenneth verstorbener Ehefrau, nie das Wasser reichen zu können und immer nur die Nummer Zwei zu bleiben und Delphine bleibt - ebenso wie Vater Kenneth - ziemlich blass und farblos. Schön, dass die Camberwells, so gänzlich vorurteilsfrei, Delphine in ihrer Mitte aufnehmen und ihr helfen, sich vor dem gewalttätigen Ehemann zu schützen. Im wahren Leben wird der gesellschaftliche Unterschied aber vermutlich doch eine größere Rolle gespielt haben...

Die Geschichte war stellenweise interessant, unterhaltsam und angenehm zu lesen, ein schönes, nettes Märchen mit Tragik, aber wenig Tiefgang. Recht vorhersehbar und mit einigen Längen, so richtig gepackt hat mich der Roman nicht. Eine strafferer Erzählweise und eine größerer Konzentration auf das Wesentliche hätten für mich den Aufbau etwas stimmiger gemacht.

Insgesamt eine nette, etwas belanglose Geschichte mit einfach gestrickten Figuren, die durchaus für Ablenkung und Unterhaltung gut ist, aber danach ziemlich schnell wieder in Vergessenheit gerät.

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Veröffentlicht am 30.03.2020

Unterhaltsam, aber deutlich schwächer und spannungsärmer als die Vorgänger

Gut Greifenau - Goldsturm
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1919 ist zwar der Zweite Weltkrieg vorbei, aber Ruhe kehrt auf Gut Greifenau noch lange nicht ein: Konstantin und Rebeca hoffen auf einen Stammhalter, um das Gut als ihr Erbe zu sichern. Die Wirtschaft ...

1919 ist zwar der Zweite Weltkrieg vorbei, aber Ruhe kehrt auf Gut Greifenau noch lange nicht ein: Konstantin und Rebeca hoffen auf einen Stammhalter, um das Gut als ihr Erbe zu sichern. Die Wirtschaft im ganzen Land liegt am Boden. An sämtlichen Ecken und Enden fehlt es an Mitteln, um Greifenau gewinnbringend bewirtschaften zu können und dann kommt es zu allem Überfluss noch zur Inflation. Andere Familienmitglieder kämpfen mit ihren eigenen privaten Problemen, Katharinas Ehe mit Julius verläuft nicht ganz so wie gewünscht und Alexander steht nach wie vor finanziell nicht auf eigenen Füßen. Die Dienstboten des Guts haben es natürlich auch nicht leicht. Ida und Albert wünschen sich bisher vergeblich ein Kind und Stallmeister Eugen ist bis über beide Ohren in Stubenmädchen Wiebke verliebt. Diese ist sich aber ihrer Gefühle für ihn ganz und gar nicht sicher....

Hanna Caspian schreibt wie gewohnt klar, gut verständlich und unkompliziert. Der Roman liest sich flüssig und angenehm.

Schön, alle Charaktere aus den ersten Bänden wiederzutreffen. Ich habe die verschiedenen Figuren liebgewonnen. Die Sympathieträger, Konstantin, Rebecca, Katharina, Albert oder Ida haben alle ihre Ecken und Kanten, sind nicht nur uneingeschränkt „gut“, sondern wirken durch ihre Schwächen menschlich. Das macht sie authentisch, realistisch und nachvollziehbar. Für „Würze“ sorgen unangenehme Personen wie Konstantins Mutter Feodora mit ihrem Standesdünkel, die sich nur um ihr eigenes Wohl sorgt und ihre Interessen ohne Rücksicht auf Verluste durchzusetzen versucht.
Die spezielle Figurenkonstellation, dass die Charaktere aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten stammen, Adel und Dienstboten gleichermaßen wichtige Rollen spielen, macht die Reihe um Gut Greifenau aus und für mich so besonders. Downton Abbey zum Lesen!

Leider habe ich nicht nur positive Parallelen zwischen der Fernseh- und der Buchserie entdecken können. Die Dramaturgie des abschließenden Downton-Abbey-Kinofilms wirkte auf mich nicht ganz ausgefeilt und stimmig und ebenso lässt die Handlung von „Goldsturm“ den roten Faden vermissen. Die Geschichte verliert sich in zu vielen Nebensächlichkeiten, das eine „allumfassende“ immer präsente Thema fehlte und daher erscheint der Roman nicht ganz rund. Rechte Spannung wollte für mich diesmal nicht aufkommen und der Plot dümpelte stellenweise ziemlich vor sich hin. Der aufregende Cliffhanger am Ende kommt zu spät und gleicht den allgemeinen Spannungsmangel nicht aus.

Insgesamt ein unterhaltsamer Roman mit vielen authentischen Figuren, der Einblick in die Zeit der Weimarer Republik gewährt und die Zustände damals recht realistisch und interessant darstellt. An seine Vorgänger kommt „Goldsturm“ aber aufgrund des fehlenden Spannungsbogens definitiv nicht heran. Der dritte Roman „Morgenröte“ wäre für mich das würdige Ende einer Trilogie gewesen. Vielleicht hätte die Serie doch enden sollen, als es am schönsten war....Oder aber - was ich sehr hoffe- die Autorin findet in einem fünften Band zu ihrer alten Stärke zurück.

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Veröffentlicht am 19.03.2020

Toll illustriertes Bilderbuch mit nicht ganz überzeugender, recht schlichter Handlung

Der Sternenmann und die furchtlose Prinzessin Luna
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Auweia! Der Sternenmann entdeckt, dass ein Komet direkt auf die Sterne und die Erde zurast. Das kann doch nicht gutgehen! In Windeseile fliegt er mit seinen Freunden, dem Hund Carlchen und den Schafen ...

Auweia! Der Sternenmann entdeckt, dass ein Komet direkt auf die Sterne und die Erde zurast. Das kann doch nicht gutgehen! In Windeseile fliegt er mit seinen Freunden, dem Hund Carlchen und den Schafen Willi und Walli direkt zu dem Kometen, um das Unglück zu verhindern. Dabei trifft er auf Prinzessin Luna, die ebenso die Flugbahn des Kometen verändern möchte. Aber alle gemeinsamen Anstrengungen scheitern zunächst und der Komet hält weiterhin Kurs. Ob die Bemühungen von Luna und dem Sternenmann am Ende doch noch von Erfolg gekrönt sein werden?

Die Geschichte ist einfach und gut verständlich formuliert, Kinder ab drei Jahre dürften keine Schwierigkeiten haben, das Geschehen zu verfolgen. Mitunter erscheint mir die Sprache aber etwas holprig, da heißt es zum Beispiel auf Seite acht „Noch nie hat er eine Prinzessin von so Nahem gesehen“. Hier hätte ich mir eine elegantere Formulierung gewünscht.

Die Geschichte hat meinen Kindern (4, 6 und 8 Jahren) gut gefallen. Sie mochten die einzelnen Charaktere wie den Sternenmann, Luna, den Mondmann oder die Tiere und haben sich am Ende gefreut, dass alles gut ausgeht. Mir als Erwachsene war die Handlung allerdings zu simpel und stellenweise unlogisch. Vor allem das Ende wirkte auf mich etwas zu „bemüht“ und „gewollt“. Liebe und Zuneigung sind zweifelsohne existentiell in unserem Leben, aber die Moral des Buches - „Liebe versetzt Berge, ja Kometen“- hätte etwas weniger plump und dafür subtiler vermittelt werden können. Meine Kinder haben diesen Punkt aber nicht kritisiert und sie stellen letztendlich ja die Zielgruppe dar.

Marta Balmaseda hat Max von Thuns Geschichte ganz bezaubernd illustriert: liebevoll, detailliert und sehr farbenprächtig. Von den außergewöhnlich schönen Bildern sind wir alle in der Familie begeistert.

Alles in allem ein hübsches Bilderbuch mit recht schlichter Geschichte, das Kinder sicherlich immer wieder gerne zu Hand nehmen und anschauen werden. „Der Sternenmann und die furchtlose Prinzessin Luna“ ist aufgrund des überschaubaren Textumfangs und des Themas sehr gut als Gute-Nacht- und Einschlafgeschichte geeignet.

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Veröffentlicht am 18.03.2020

Familienroman mit besonderem Sprachstil - tiefsinnig, aber stellenweise ziemlich anstrengend

Die Glasschwestern
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Saphie lebt mit ihren beiden erwachsenen Kindern in der Stadt und arbeitet als Deutschlehrerin für Ausländer, Dunja führt ein Hotel in ihrem Heimatdorf an der früheren innerdeutschen Grenze. Dunja und ...

Saphie lebt mit ihren beiden erwachsenen Kindern in der Stadt und arbeitet als Deutschlehrerin für Ausländer, Dunja führt ein Hotel in ihrem Heimatdorf an der früheren innerdeutschen Grenze. Dunja und Saphie sind definitiv besondere Schwester, Zwillingsschwestern, von den Nachbarn auch „Glasschwestern“ genannt. Wie es der Zufall so will, sterben ihre beiden Ex-Ehemänner ausgerechnet am selben Tag. Die Trauer führt die Frauen zusammen, beide verarbeiten den Verlust aber auf völlig unterschiedliche Weise....

Franziska Hauser hat einen sehr außergewöhnlichen Schreibstil, für mich war er recht herausfordernd und manchmal anstrengend zu lesen. Sie schreibt aus der Perspektive der Schwestern, stets im Präsens, schildert all ihre Gedanken und Vorstellungen ungefiltert . Dabei kommt es immer wieder auch zu Zeitsprüngen, Gedanken laufen schließlich nicht chronologisch ab. Es fiel mir oft schwer, konzentriert zu lesen, ich empfand den Stil teilweise als überfrachtet, fast wie „Reizüberflutung“. Die unklare Sprache wirkt oft aber auch poetisch. Immer wieder finden sich im Text beeindruckende Formulierungen wie:
„Die Verbindung, die sie eben noch zueinander gesucht haben, wird zu einem schwarzen Loch und lässt die Schwestern wie zwei Sterne im All um Lichtjahre auseinanderrasen. Eine unheimliche Stille entsteht, und die Telefonleitung will nicht das leiseste Geräusch mehr übertragen.“
Die verwendeten Metaphern lassen viel Raum für Interpretationen. Auffällig auch die besonderen Kapitelüberschriften, Sprichwörter, wie „Was man sich wünscht, das glaubt man gern“, die immer mehr oder weniger versteckten Bezug zum Inhalt des Abschnitts haben und mir gut gefallen haben.

Durch den speziellen Schreibstil, der alle Gedanken der Schwestern exakt darstellt, werden die Schwestern für den Leser- zumindest im Moment des Lesens- zwar durchsichtig wie Glas, sind aber bei der Flut an Informationen über sie trotzdem sehr schwer zu fassen. Dunja und Saphie ändern im Laufe der Handlung ihrer Rollen, haben so beide etwas Uneindeutiges, Ambivalentes an sich. Daher waren sie mir trotz der sehr ausführlichen Charakterisierung emotional nicht besonders nah. Andere Figuren wie bspw. den Hotelangestellten Nino empfand ich als sympathischer.

Die Charaktere bestimmen die Handlung. Wichtiger Faktor der Handlung ist, was der Tod der Exmänner in den Schwestern bewirkt. Oft wird der Plot durch die Gedanken der Schwestern vorangetrieben. In den Köpfe der beiden „arbeitet“ es ständig und so gibt es immer etwas zu erzählen. Am Ende gelangt die Autorin zu einem stimmigen, runden Ende.

Franziska Hauser hat definitiv einen interessanten, nachdenklich stimmenden Roman geschrieben. Trotz aller negativen Gedanken der Figuren, einen mit positivem, versöhnlichem Abschluss. Anstrengend, herausfordernd, uneindeutig und ambivalent aber genauso besonders, künstlerisch und bemerkenswert. Ich werde „Die Glasschwestern“ noch öfter auf verschiedene Weise deuten, die beiden „undurchsichtigen“ Schwestern bleiben mir sicher noch länger in Erinnerung. Wer einen Faible für außergewöhnliche Sprache mit vielen Metaphern hat und Gelesenes gerne interpretiert, der wird an diesem Roman seine wahre Freude haben.

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Veröffentlicht am 13.03.2020

Spannende, aber ziemlich abstruse Story

Unter der Erde
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Schriftsteller Elias Haack hat seinen Großvater Wilhelm seit seiner Kindheit nicht mehr gesehen. Jetzt ist er zu dessen 90. Geburtstag eingeladen und daher unterwegs in das Dorf Volkow, wo der alte Herr ...

Schriftsteller Elias Haack hat seinen Großvater Wilhelm seit seiner Kindheit nicht mehr gesehen. Jetzt ist er zu dessen 90. Geburtstag eingeladen und daher unterwegs in das Dorf Volkow, wo der alte Herr noch immer lebt. Volkow wird es in ein paar Monaten nicht mehr geben, die Bagger aus dem umliegenden Tagebaugebiet rücken immer näher. Auf der Fahrt zum Dorf hat Elias einen Autounfall. So muss er länger im Dorf bleiben und abwarten, bis sein Auto repariert ist. Je mehr Zeit Elias in Volkow verbringt, desto seltsamer und dubioser kommt ihm dort alles vor. Irgendetwas haben die Bewohner zu verbergen.....

„Unter der Erde“ liest sich flüssig und gut verständlich. Stephan Ludwig schreibt in einem klaren, unkomplizierten Schreibstil, direkt und unverblümt. Stellenweise neigt er allerdings dazu, unnötige Floskeln zu gebrauchen. Vor allem der vielkritisierte Satz „Irgendwo bellte ein Hund.“ taucht für meine Begriffe im Roman zu oft auf.

Die Geschichte um das Dorf Volkow ist mehr als aufregend und extrem packend, daher habe ich das Buch fast „in einem Rutsch“ und ohne Pausen durchgelesen. Elias erlebt einen unvorstellbar grausigen Albtraum. Immer wieder wird auch in Rückblenden erzählt, so dass die Zusammenhänge mehr und mehr begreiflich werden. Die Handlung überrascht zweifelsohne, ich finde sie teils aber recht abstrus. Zu abstrus, um realistisch zu sein und zu wenig abstrus und abgehoben für einen Sci-Fi-Thriller.

Autor Stephan Ludwig hat interessante Figuren erdacht. Richtig identifizieren konnte ich mich aber mit keiner. Wilhelm zum Beispiel wirkt recht hart, Betty dümmlich und wie ferngesteuert, alle Dorfbewohner haben etwas Mysteriöses, Unechtes an sich. Protagonist Elias war mir nicht unsympathisch, er kommt aber etwas „weich und antriebslos“ rüber, ihm fehlt ein wenig der Biss. Die anfänglich Szene, wie er sich aufgrund einer Gehirnerschütterung am Tisch übergeben muss, wirkt beispielhaft und typisch für den Schriftsteller von Gruselromanen, der selbst nicht besonders hart im Nehmen zu sein scheint.

Ein spannender, nervenaufreibender- ja was genau eigentlich? - Krimi/Thriller/Sci-Fi Thriller?! Ich wurde beim Lesen sehr gut unterhalten, nachhaltig beeindruckt hat mich Ludwigs neuer Roman aber nicht. Mir persönlich liegen die Zorn-Bücher des erfolgreichen Autors definitiv mehr.

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