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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.04.2020

(S)ein Leben für die Musik

Mariss Jansons
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Als am 1. Dezember 2019 das Herz von Mariss Jansons aufgehört hat zu schlagen, hat die Musikwelt einen ihrer großen Dirigenten verloren.

Markus Thiele hat mit dieser Biografie dem Stardirigenten ein ehrenwertes ...

Als am 1. Dezember 2019 das Herz von Mariss Jansons aufgehört hat zu schlagen, hat die Musikwelt einen ihrer großen Dirigenten verloren.

Markus Thiele hat mit dieser Biografie dem Stardirigenten ein ehrenwertes Andenken gewidmet. Das Buch wäre auch ohne Jansons‘ Tod erschienen, denn die beiden haben zahlreiche Gespräche miteinander geführt.

Die Biografie beginnt, wie üblich, bei der Geburt des Porträtierten. Mariss ist das einzige Kind von Arvids und Irida Jansons. Der Vater Dirigent, die Mutter Mezzosopranistin. Irida ist jüdischer Herkunft und bringt ihren Sohn 1943 heimlich in einem Versteck in Riga zur Welt, nachdem ihr Vater und Bruder im Ghetto von Riga ums Leben kommen. 1956 leben die Jansons in Leningrad (heute wieder St. Petersburg). Der musikalische Kleine „dirigiert“ schon in seiner Kindheit, was durch ein entzückendes Foto im Anhang des Buches belegt ist.

Ich möchte jetzt den weiteren Lebensweg gar länger ausführen, denn der ist Inhalt des Buchs.

Mariss Jansons zeichnet ein überdurchschnittliches Arbeitspensum. Ja, er ist das, was man einen „workaholic“ nennt. Dabei verlangt er von seinem Orchester nicht mehr als er sich selbst auferlegt. Die Ansprüche, die er sich lebst auferlegt, haben letztlich zu seiner Herzerkrankung geführt. Er lebt für die Musik. Doch nicht immer kann er sich ausschließlich auf die Musik konzentrieren. Mitunter hat er es mit organisatorischen Maßnahmen zu tun, die er so gar nicht mag. In Amerika ist es üblich, dass Kultur hauptsächlich von privaten Sponsoren finanziert wird, statt wie in Europa vom jeweiligen Staat. Das heißt, dass sich der Dirigent auch mit den Geldgebern sehen lassen muss. Abendveranstaltungen, die Mariss Jansons nicht immer sonderlich liegen.

Mir ist Mariss Jansons als Dirigent von gleich 3 Neujahrskonzerten der Wiener Philharmoniker in Erinnerung (2006, 2012 und 2016).

Kenner der klassischen Musik werden an den Aufzählungen der gespielten Werke und ihrer fachlichen Details ihre Freude haben.
Interessant für mich war, dass Mariss Jansons immer wieder kleine Überraschungen für sein Publikum bereit gehalten hat. So lässt er eher unbekannte Stücke von renommierten Komponisten aufführen oder interpretiert manches neu. Allerdings achtet er dabei immer den Urheber.

„Ich dachte immer, dass ich stilistisch, also im SInne des jeweiligen Komponisten handeln muss.“


Fazit:

Eine respektvolle und sehr lebendige Biografie, die uns den großen Künstler, Interpreten und Menschen nahe bringt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 31.03.2020

20 Kurzkrimis/20 Rezepte - einfach genießen

Hessen mörderisch genießen
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Dies ist der elfte Band von Krimi-Anthologien, die von verschiedenen deutschen Autorinnen und Autoren unter der Führung von Brigitte Lamberts herausgegeben werden.

Jedem dieser 20 Kurzkrimis ist ein passendes ...

Dies ist der elfte Band von Krimi-Anthologien, die von verschiedenen deutschen Autorinnen und Autoren unter der Führung von Brigitte Lamberts herausgegeben werden.

Jedem dieser 20 Kurzkrimis ist ein passendes hessisches (Nationla)Gericht nachgestellt. Das eine oder andere findet sich im Krimi wieder (z. B. „Hessischer Fraaß“, „Nesterhebs“).

Es wird vortrefflich geschmaust und gemordet. Einige Morde spielen im Küchenmilieu, andere sind verständlich, geht es doch um Hilfe für die Schwächsten. Bei einigen ist Gier ein starkes Motiv. Besonders tragisch, wenn Jugendliche zum Täter werden, weil sie weder ein noch aus wissen oder niemand mit ihnen über die Situation spricht.

Nicht alle haben mir gleich gut gefallen. So unterschiedlich die Menschen, so unterschiedlich die Kurzkrimis. Der überwiegende Teil der 20 Geschichten erhält 4 bzw. 5 Sterne. Bei den Rezepten tue ich mir ein wenig schwer. Denn ein bisschen schlägt hier das alte Sprichwort „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht“ zu. Wahrscheinlich muss ich einmal nach Hessen fahren, um die lokalen Spezialitäten auszuprobieren, bevor ich etwas davon nach koche.

Mein absolutes Highlight ist „Frühlingserwachen“.

Fazit:

20 bisweilen sehr amüsante Kurzkrimis. Ein Appetitanreger ist das Buch jedenfalls. Sei es für Krimi der Autoren oder für regionale Spezialitäten. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 30.03.2020

Bekannte Hausmittel - kurz vorgestellt

Hausmittel
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Karin Buchart zeigt mit diesem Buch, dass es nicht immer nötig ist, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen, sprich gleich bei jedem Wehwehchen zum Arzt zu rennen.

Dieses Buch bietet Hilfe zur Selbsthilfe ...

Karin Buchart zeigt mit diesem Buch, dass es nicht immer nötig ist, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen, sprich gleich bei jedem Wehwehchen zum Arzt zu rennen.

Dieses Buch bietet Hilfe zur Selbsthilfe bei kleineren Verletzungen und harmlosen Krankheiten. Die Zutaten für diese Hausmittel finden sich in jedem Haushalt. Die ausführlichen Anleitungen lassen die ZUbereitung gelingen.

Die Autorin stellt in 40 großen Kapiteln rund 450 Hausmittel vor. Zu manchem Thema gibt es mehr oder weniger Ratschläge. Für „Husten“ stellt sie 25 Rezepte vor.

Manche der Hausmittel sind von altersher bekannt. Doch auch Unbekanntes kann man entdecken, die Herstellung von Elektrolyten zum Beispiel.

Die Rezepte, Anleitungen und ergänzende Erklärungen sind einfach und gut verständlich. Die Schriftgröße ist angenehm.

Fazit:

Wer nicht bei jeder Kleinigkeit zum Arzt rennen will und auf lang erprobte Hausmittel zählt, wird mit diesem Buch seine Freude haben. Gerne gebe ich hier 5 STerne.

Veröffentlicht am 30.03.2020

Hat mich gut unterhalten

Die Kräuterhändlerin
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Wir befinden uns in Hochmitttelalter. Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation herrscht der Stauferkaiser Friedrich II., im Herzogtum Österreich der Babenberger Leopold VI..

Beate Maly entführt uns ...

Wir befinden uns in Hochmitttelalter. Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation herrscht der Stauferkaiser Friedrich II., im Herzogtum Österreich der Babenberger Leopold VI..

Beate Maly entführt uns in das mittelalterliche Waldviertel. Der Landstrich ist rau, die Burgen zugig und die meisten Männer gewalttätig.

Das muss auch Leona von Rauheneck erfahren. Die Burg ihres Vaters wird von Hadmar von Kuenring überfallen und niedergebrannt, aller Bewohner ermordet und sie selbst brutal vergewaltigt. Schwer verletzt kann sie sich in den nahen Wald retten. Als sie Wochen später entdeckt, von Hadmar schwanger zu sein, will sie nur mehr eines: sterben. Doch daraus wird nichts, dann Mara eine Heilkundige, findet sie und päppelt sie auf.

Die beiden Frauen leben gemeinsam mit Johannes, Lenis Sohn mehrere Jahre unbehelligt im Wald, als Johannes einen verletzten Mann findet: Damian, einen Gewürz- und Kräuterhändler aus dem fernen Genua. Es scheint als ob sich das Blatt für Leni zum Glück hinwendet.

Doch schwarze Wolken ziehen am Himmel auf, denn Hadmar hat keinen Erben und hat Kunde von Johannes‘ Existenz erhalten ....

Meine Meinung:

Mit diesem historischen Roman ist Autorin Beate Maly wieder ein besonderes Buch gelungen. Geschickt verknüpft sie historische Personen und Ereignisse mit fiktiven.
Um den gewalttätigen Hadmar (1185-1231), er ist in der Reihenfolge der Dritte dieses Namens, ranken sich jede Menge Geschichten und Sagen. So werden er und sein Bruder Heinrich als „HUnde von Kuenring“ bezeichnet. Auch als Raubritter kennt man die Kuenringer. Die hier beschriebenen Missetaten sind teilweise historisch belegt, wenn auch die nicht Rauheneck hieß.

Beate Maly versteht es, den Charakteren viel Leben einzuhauchen. Man kann den Neid Margots auf Leona förmlich spüren und, dass Margot in diversen Intrigen ihre Finger drinnen hat, ist auch bald klar.

Das Mittelalter aus der Distanz von mehreren Jahrhundert und dem Komfort von heute zu betrachten, regt natürlich die Fantasie an. Leben wollte ich damals nicht. Da lebt es sich am Mittelmeer, bei den Genuesen oder den Venezianern schon ein wenig komfortabler.

Witzig finde ich die Idee der fertigen „Kräutermixtur“, der den Köchinnen die Arbeit erleichtert. Wir sind zwar noch sehr, sehr weit weg von Convienence-Produkten, aber ein Anfang ist gemacht.

Fazit:

Ein fesselnder, an Intrigen reicher, historischer Roman, dem ich gerne 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 29.03.2020

Fesselnd und aufwühlend bis zur letzten Seite

Die Unwerten
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Man schreibt das Jahr 1939. Eine Halbjüdin zu sein und an Epilepsie zu leiden ist in der Nazizeit in ganz Deutschland eine tödliche Konstellation. Es sind Gerüchte im unheimliche Umlauf, die so keiner ...

Man schreibt das Jahr 1939. Eine Halbjüdin zu sein und an Epilepsie zu leiden ist in der Nazizeit in ganz Deutschland eine tödliche Konstellation. Es sind Gerüchte im unheimliche Umlauf, die so keiner wirklich glauben mag. Menschen, die dem Reich nicht nützlich sind, verschwinden einfach. Wohin? Darüber wird nur ganz leise geflüstert. Deshalb so versucht Hannah Bloch ihre Krankheit zu verheimlichen. Doch als sie in der Schule zusammenbricht, meldet sie ein linientreuer Lehrer. Sie wird zu einer Untersuchung vorgeladen und statt eines wohlwollenden Arztes, wird sie von Dr. Joachim Lubeck als „nicht abrichtbar“ beurteilt. Lubeck ist ein schwacher Mann, ein gewissenloser Opportunist, der von Hannahs Mutter Malisha besessen ist. Sie soll seine Geliebte werden, obwohl er sich damit des Verbrechens der „Rassenschande“ schuldig macht. Als sie sich weigert und der Vergewaltigung nur knapp entkommt, schwört Lubeck Malisha und Hannah ewige Rache...

Meine Meinung:

Volker Dützer ist hier ein Krimi gelungen, der unter die Haut geht.

Da ist zum einen Hannah mit ihrer Odyssee und zum anderen das Netz der Fluchthelfer, das immer löchriger wird, weil die Nazis die Mitglieder verhaften und foltern. Nur ganz wenige bleiben standhaft wie Malisha und die bezahlt mit ihrem Leben.
Doch auch bei den Nazis ist nicht alles so eitel Wonne wie der Führer es gern hätte. Es geht um Gier, um Macht und deren Erhalt. So schreckt Brunner nicht vor dem Mord an seiner eigenen Ehefrau zurück - Lubeck ist ein williger Helfer.

Geschickt flicht er historische Details ein. So erwähnt er, dass die „Aktion T4“ kurzfristig eingestellt werden musste, nachdem die Bevölkerung auf die systematische Ermordung von Kranken und Behinderten aufmerksam wurde. Wenig später geht das Morden mit unerbittlicher Härte weiter. Ein interessanter Aspekt, der mir so nicht geläufig war, ist die Ermordung von Wehrmachtssoldaten die schwer traumatisiert in Lazaretten lagen und nicht mehr an die Front zurück wollten. Sie wurden ebenfalls als „lebensunwert“ eingestuft.

Das Buch ist kaum aus der Hand zu legen. Der Autor gönnt weder seiner Hauptfigur Hannah eine Ruhepause noch seinen Lesern. Immer, wenn man glaubt, Hannah könnte jetzt einmal in Sicherheit sein (wobei Sicherheit ja relativ ist), taucht Lubeck wieder der Teufel aus der Schachtel wieder auf.

Wie viel kann ein Mensch aushalten? Am Beispiel von Hannah ist Antwort - sehr viel. Und immer wieder sind es klitzekleine Zufälle, die Hannah das Überleben ermöglichen.

In seinem Nachwort beschreibt der Autor was ihn bewogen hat, genau dieses Buch zu schreiben. Können die Verbrechen der Nazis Stoff für Belletristik sein?

„Nun könnte man mir vorwerfen, dass die Euthanasie kein Thema für die Belletristik ist, aber ich bin anderer Meinung. Um Menschen schwierige Themen nahezubringen, ist der erhobene Zeigefinger meines Erachtens kein gutes Mittel. Warum nicht die zeitgeschichtlichen Aspekte und Hintergründe in eine spannende Geschichte verpacken und damit den Leser zur Beschäftigung mit diesen Inhalten anregen? Schließlich geht es im Roman wie in der Realität um Menschen und deren Lebenswege.“

Ja natürlich können (und vielleicht müssen) Romane sich mit diesen Themen beschäftigen. Damit können mehr Menschen erreicht werden als mit Sachbüchern. Und jeder Leser, der sich anschließend mit dem Thema „Nazi-Verbrechen“ auseinander setzt und vielleicht doch zu einem Sachbuch greift, ist einermehr der genau hinsieht, damit solche Verbrechen nicht mehr passieren.

Ich warte mit Spannung schon auf den nächsten Fall mit Hannah Bloch.

Fazit:

Ein aufwühlendes Buch, das sich mit einem der vielen Verbrechen der Nazis beschäftigt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.