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Veröffentlicht am 15.09.2016

Als die Welt zum Stillstand kam ...

Als die Welt zum Stillstand kam
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Jeder einzelne Mensch auf der Welt war betroffen. Das klingt spannend. Das klingt wie The Last of Us, nur ohne die Zombies. Ich habe buchstäblich schon vor dem Lesen den Filmstreifen mit Straßenkämpfen, ...

Jeder einzelne Mensch auf der Welt war betroffen. Das klingt spannend. Das klingt wie The Last of Us, nur ohne die Zombies. Ich habe buchstäblich schon vor dem Lesen den Filmstreifen mit Straßenkämpfen, brennenden Innenstädten und dem Kampf um das nackte Überleben abgespielt... Allerdings war Als die Welt zum Stillstand kam für mich sehr enttäuschend. Ich nach einem guten Viertel keinen wirklichen Anreiz mehr die Geschichte zu verfolgen und musste mich regelrecht durch die ca. 450 Seiten kämpfen. Vom Plot über die Charaktere, den Schreibstil, die technischen und gesellschaftlichen Details ... Nichts in diesem Buch war für mich so richtig stimmig.

Den Großteil der Handlung begleiten wir Celie, die Tochter der Tor-Erfinder, Alex, einen Krankenpfleger aus Berlin und Bernie, Alex technikbegeisterten besten Freund. Mit keinem der Charaktere konnte ich so richtig warm werden - unterstützt durch den recht distanzierten und kühlen Schreibstil der Autorin, bei dem ich mich in keine der Figuren so richtig einfühlen konnte. Zudem steckten die Charaktere - allen voran unsere drei Protagonisten - in einer Dimension fest: Celie ist sauer auf ihre Mutter, die vor kurzem bei einem schiefgegangenen Beam-Versuch um Leben gekommen ist, und sauer auf Alex, der als Krankenpfleger ihre Mum nicht retten konnte. Im Grunde war Celie eigentlich sauer zu jedem und zickig zu jedem, wenn es nicht nach ihrem Plan lief. Alex dagegen ist ein Frauenschwarm, kennt sich mit Erste Hilfe aus und wird so zum Held des Untergangsszenarios. Er war mir noch am sympathischsten, da er seine Handlungen z.T. reflektieren konnte. Doch am Ende war er nur auf der Suche nach Celie, um ihr seine Liebe zu gestehen und sich zu entschuldigen, für was auch immer. Bernie dagegen kam aus seiner Haut als technikversierter Kumpel und Reisegefährte nicht. Alle drei kamen in ihrer Entwicklung nicht vom Fleck. Sie hatten alle ein Ziel, das sie sich setzten und verfolgten, doch Gedankengänge, die nichts damit zu tun haben, gab es schlichtweg einfach nicht. Sehr ärgerlich!

Ein weiteres Manko: Die Welt, die Gabi Neumayer erschaffen hatte, konnte ich mir über die ganze Länge des Buches nicht vorstellen. Wie sehen diese Tore überhaupt aus? Wie können Sie Wasser und Strom transportieren? Und hat denn niemand Vorkehrungen getroffen, nur für den Fall, dass die Tore länger ausfallen sollten? Man sollte meinen, dass eine Gesellschaft, die dermaßen abhängig von solch einem System weiter denkt - zumindest einige. Hier möchte ich kurz einmal die Mobilen-Kommune ansprechen, der sich Celie nach dem Tod ihrer Mutter angeschlossen hatte, denn die Kommune und ihre Überzeugungen waren für mich sehr unglaubwürdig. Abgesehen davon, dass der Anführer der Gemeinschaft ein furchtbarer Charakter und herzlos gemachter "Bösewicht" ist, waren sie scheinbar der einzige Ort in Irland, der halbwegs gut auf den Blackout vorbereitet war und sich selbst mit Essen, Wasser und Strom versorgen konnten. ABER warum bezogen sie vor dem Blackout genau diese drei lebenswichtigen Dinge immer noch über das Tornetz, obwohl sie doch erbitterte Gegner dieses sind und ständig auf die Gefahren hinweisen. Diese Haltung ist sehr widersprüchlich: Auf der einen Seite die Tore verdammen und auf der anderen Seite die angenehmen Vorteile genießen - bis auf das Reisen, das ist den Mitgliedern der Kommune verboten.

Ich habe mich außerdem gefragt, warum sofort eine totale Weltuntergangsstimmung herrschte. Woher wussten die Leute, dass die Tore nicht nur kurzfristig ausgefallen sind? Jeder ist sofort davon ausgegangen, dass es aus ist mit der Menschheit. Ab diesem Moment hat die Geschichte mich einfach nicht mehr fesseln können. Ich konnte das ganze Chaos nicht nachvollziehen und habe die Story nur noch distanziert betrachtet. Leider hat sich sehr früh eine negative Einstellung zu dem Buch aufgebaut, sodass ich ihm auch im weiteren Verlauf der Handlung keine Chance mehr geben konnte. Auch die Panik war nicht wirklich greifbar, es fehlten einfach die Emotionen und auch die Spannung.
Das Ende war dann so extrem lasch, dass ich mich wirklich geärgert habe so lange durchgehalten zu haben. Die Ursache für den Ausfall der Tore ist extrem billig, langweilig und simpel und die Lösung für das Problem hinterher eigentlich nicht der Rede wert. Ich hätte mir für das Thema viel mehr Tiefe gewünscht.

Fazit: Als die Welt zum Stillstand kam konnte mich leider überhaupt nicht überzeugen und enttäuschte mich auf ganzer Länge. Ein distanzierter, kühler Schreibstil, der zwischen vielen Perspektiven wechselt, sodass man sich kaum in eine der Figuren einfühlen kann, und künstlich aufgesetzte Ereignisse wie Charaktere machen aus Als die Welt zum Stillstand kam, kein spannendes Leseerlebnis.

1 von 5 Sternen

Veröffentlicht am 15.09.2016

Breathe 01: Sauerstoff ist ein Luxusgut, diese Geschichte verschenktes Potential

Breathe - Gefangen unter Glas
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Aufmerksam bin ich auf Sarah Crossans Dystopie BREATHE bereits 2013 geworden, da ich zu diesem Zeitpunkt an einem eigenen Dystopie-Projekt arbeitete und mich die Idee sehr faszinierte. Eine Zeit lang verlor ...

Aufmerksam bin ich auf Sarah Crossans Dystopie BREATHE bereits 2013 geworden, da ich zu diesem Zeitpunkt an einem eigenen Dystopie-Projekt arbeitete und mich die Idee sehr faszinierte. Eine Zeit lang verlor ich die Dilogie aus den Augen und bin Ende 2014 durch diverse Bookshelf Tours auf YouTube wieder auf BREATHE gestoßen. Dann dauerte es nicht lange und es fand seinen Weg in mein Bücherregal und ich machte mich mit Freude ans Lesen … und wurde bitter enttäuscht!

Eines muss ich jedoch festhalten: Die Idee ist großartig! Die Vorstellung, dass der Sauerstoffgehalt in Zukunft rapide auf unter 5% fallen könnte, und somit das Leben auf der Erde für uns Menschen unmöglich macht. Dieser Fakt allein birgt eine Menge Potential an politischem und gesellschaftlichem Zündstoff. Die Organisation, oder besser Firma BREATHE, die den Sauerstoff an die Menschen verkauft und daraus - selbstverständlich - Kapitel schlägt dieses überlebenswichtige Gut zu verkaufen, die Gesellschaft extrem in arm und reich gespaltet wird. Daraus ergibt sich geradezu die perfekte Grundlage für einen Aufstand ... ach was, eine Rebellion, die die kapitalistischen Hunde von BREATHE von ihrem mit Elend erkauften Thron stößt. Denn wie der erste Satz des Romans schon sagt: "Atmen ist ein Grundrecht, kein Privileg." (S. 11)

Sarah Crossan hat aus dieser großartigen Idee - die für eine Dystopie keine bessere Grundlage hätte bieten können - jedoch eine Teenie-Lovestory gemacht, bei der es an allen Ecken und Enden hapert. Die drei Hauptcharaktere Quinn, Bea und Alina bewegen sich größtenteils in einer Dimension: Quinn ist auf den ersten Blick verliebt in die hübsche Alina, die versteckt als Rebellin in der Stadt unter der Kuppel agiert und rennt ihr ohne nachzudenken hinterher, als sie bei einem Camping-Ausflug außerhalb der Kuppel notgedrungen zusammen reisen müssen - unter dem Vorwand sie zu "retten". Bea ist schon immer unsterblich in Quinn verliebt, und während dieser Alina hinter her läuft und Bea Quinn, quält sie sich mit den Gedanken einer unglücklich Verliebten, die Alina doch ganz gern hat und mit den "Rebellen" sympathisiert. Alina wiederum kann nur daran denken, dass der Junge, in den sie verliebt ist, wegen ihr sterben musste ... Ein endloser Kreis, wo die Charaktere einfach stecken bleiben und sich einfach nicht weiterentwickeln.

Auch die wenigen Momente, die für die Geschichte und die dystopische Welt wirklich atmosphärisch hätten sein müssen, wurden in wenigen lieblosen Beschreibungen und Absätzen abgehandelt. Das war beim Lesen für mich sehr enttäuschend. Die dunkle und düstere Atmosphäre, die eine Welt ohne Bäume, die ja nur aus Staub, Sand und den Überresten der Zivilisation bestehen müsste, geboten hätte, hat für mich in diesem Buch einfach gefehlt. Und auch die Charaktere haben sich über den Zustand ihrer Welt kaum Gedanken gemacht und zeigten kaum den nötigen Geist der Rebellion, nachdem man ihnen diverse schockierende Informationen an die Hand gegeben hatte. Die eigentliche politische und gesellschaftliche Kraft, und das Potential, das in den Grundzügen dieser Geschichte steckt, wurde verschenkt. Sehr schade!

Fazit: BREATHE konnte mich leider nicht gefangen nehmen, obwohl die Idee sehr vielversprechend klang und zu einer großartigen Dystopie hätte ausgebaut werden können. Jedoch konnte ich weder den Charakteren, dem Schreibstil noch der Handlung etwas abgewinnen, es wirkte auf mich alles sehr plump und lieblos gestaltet. Für junge Leser mag BREATHE ein guter Einstieg in das dystopische Genre sein, doch Dystopie-Liebhaber, die schon viel in diesem Genre gelesen haben, sollten davon die Finger lassen. Für mich steht jedenfalls fest, dass ich den zweiten Teil nicht mehr lesen werde.

1 von 5 Sternen