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Veröffentlicht am 27.06.2020

Die Perlenfarm

Die Perlenfarm
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Mit ihrem Roman "Die Perlenfarm" entführt die schwedische Autorin Liza Marklund ihre Leser an einem traumhaften Ort. Die junge Kiona lebt im Paradies, sie taucht in den tropischen Gewässern der Südsee ...

Mit ihrem Roman "Die Perlenfarm" entführt die schwedische Autorin Liza Marklund ihre Leser an einem traumhaften Ort. Die junge Kiona lebt im Paradies, sie taucht in den tropischen Gewässern der Südsee nach Perlen. Dabei kann sie alles andere um sich herum vergessen. Doch eines Tages zieht ein Zyklon über die Insel und zwingt sie, den harten Realitäten der westlichen Welt ins Auge zu sehen. Vor der Perlenfarm ihrer Eltern strandet ein Segelboot. An Bord ein verletzter Mann, der sich Erik nennt und behauptet, ein Banker aus London zu sein. Kiona pflegt ihn gesund und verliebt sich unsterblich in ihn. Als Erik die Insel fluchtartig verlässt, kommen Kiona Zweifel. Ist Erik gar nicht der, für den er sich ausgegeben hat? Sie beschließt, ihn zu suchen, und bricht auf in ein Abenteuer, das sie quer durch Amerika, Europa und Afrika führt und bei dem sie selbst in Lebensgefahr gerät …

Das Cover atmet tropisches Flair; man blickt auf einen feinen Sandstrand, der von einem dichten Palmenwald gesäumt wird. Der Titel rekurriert auf die Herkunft der Heldin, die - wie ihre Geschwister - nach Perlen taucht.

In ihrem Roman nimmt Liza Marklund ihre Leser mit auf eine aufregende Reise zu vielen exotischen Zielen wie Manihiki, Rarotonga, Los Angeles, London, Malmö und Daressalam. Das Geschehen erstreckt sich über einen relativ langen Zeitraum, von 1990 bis 1996, und wird aus der Sicht von Kiona erzählt, einer jungen Frau, die mit ihrer Familie auf Manihiki, einem Atoll der Cook-Inseln, das als Insel der Perlen bekannt ist, lebt und ihren Lebensunterhalt als Perlentaucherin in dem kleinen familieneigenen Unternehmen verdient. Kiona ist eine gebrochene Figur; sie leidet unter dem tragischen Tod ihrer klugen älteren Schwester, für den sie sich selbst verantwortlich fühlt. Sie ist ein nüchtern und rational agierender, praktisch veranlagter Mensch, tiefe Emotionen sind nicht ihre Welt.

Dieser Roman ist ein interessanter, packender Mix aus einer Liebes- und Kriminalgeschichte, der sich in drei große Abschnitte gliedern lässt.

Der erste Teil ist der Romanze von Kiona mit Erik gewidmet, der nach einem Schiffbruch auf der idyllischen Insel strandet und von Mama Evelyn und Kiona gesund gepflegt wird. Auf den ersten Blick haben Erik und Kiona nichts gemeinsam, dennoch verliebt sich Kiona in den schweigsamen und intellektuellen Schweden, der von einem dunklen Geheimnis umwittert ist. Im Laufe ihrer Beziehung bringt sie zwei Kinder von ihm zur Welt, bis Erik durch eine Meldung in einer Zeitung aufgespürt und gewaltsam von der Insel verschleppt wird.

Der zweite Teil ist ein Roadtrip um die ganze Welt. Kiona verlässt ihre Heimat, um das Rätsel um ihren spurlos verschwundenen Mann zu lösen. Es ist eine haarsträubende Reise, und sie wird mit vielen lebensgefährlichen Situationen konfrontiert, die sie mit HIlfe von Menschen bewältigen kann, die am Rande der Gesellschaft leben. Dennoch gibt sie nicht auf, sondern sammelt unermüdlich Informationen wie Puzzlestücke, um sie zu einem späteren Zeitpunkt zu einem komplexen Bild zusammenzusetzen.

Der dritte Teil erzählt von Kionas Rache an den Verbrechern und ihrer Flucht auf eine einsame Insel, mit der sie ihre Familie schützen will. Hierbei geht sie rational und zielbewusst vor; sie verwischt ihre Spuren und führt ihre Widersacher bewusst in die Irre.

Alles in allem hat mich dieses Buch mehrere Tage lang in Atem gehalten. Hin und wieder ist die Geschichte etwas langatmig geraten, wenn die brisante und komplizierte internationale Finanzpolitik ausführlich erklärt wird. Dennoch ist es eine empfehlenswerte Lektüre, nicht nur in diesem Sommer. Schwache Nerven sollte man allerdings nicht besitzen.

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Veröffentlicht am 28.04.2020

Sommerglück auf der Hallig

Sommerglück auf der Hallig
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Mit dem Roman "Sommerglück auf der Hallig" hat Lena Johannson die lang erwartete Fortsetzung ihrer Liebesromane "Die Halligärztin" und "Die Liebe der Halligärztin" vorgelegt, die wieder auf der Insel Pellworm ...

Mit dem Roman "Sommerglück auf der Hallig" hat Lena Johannson die lang erwartete Fortsetzung ihrer Liebesromane "Die Halligärztin" und "Die Liebe der Halligärztin" vorgelegt, die wieder auf der Insel Pellworm spielen, zu der die kleinen Halligen Süderoog und Südfall gehören. Hierbei ist es nicht zwingend notwendig, die vorgehenden Bände gelesen zu haben. Der Einstieg in die Handlung fällt sehr leicht.

Wo der Himmel das Meer berührt, wartet das ganz große Glück! Die alleinerziehende Inselärztin Wiebke und Schwimmmeister Tamme haben ein Haus auf Pellworm gekauft. Ein solches Projekt sei ein Bund fürs Leben, meint Tamme. Warum also mit der Hochzeit warten? Doch mitten in die Vorbereitung platzt Wibkes Ex, der Zeit mit seiner Tochter Maxi verbringen möchte. Das hat Wiebke gerade noch gefehlt! Sie bittet Tamme um Aufschub der Hochzeit, der bekommt ihr Zögern jedoch in den falschen Hals. Als wäre das nicht schon genug Aufregung, fegen auch noch gefährliche Frühjahrsstürme über die Halligen …

Das ansprechende Cover atmet ländliche Idylle, um im Handumdrehen fühlt man sich in das kleine Nordseeheilbad Pellworm versetzt, in dem die Hausärztin Wiebke mit ihrer kleinen Tochter Maxi heimisch geworden ist und mit dem zuverlässigen Schwimmmeister Tamme eine neue große Liebe geefunden hat.

Wiebke ist eine schlagfertige, selbstbewusste Protagonistin, die sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt, sondern ganz genau weiß, was sie will und was sie kann. Ihre Aufgaben als Inselärztin nimmt sie sehr ernst; hin und wieder leidet ihre romantische Beziehung zu Tamme unter dem starken beruflichen Stress, dem sie ständig ausgesetzt ist. Tamme wiederum hat sich zu einem vorbildlichen Stiefvater für Maxi entwickelt, der seine neuen Pflichten sehr ernst nimmt und sich liebevoll um die Kleine kümmert. Im Gegensatz zu diesen zwei starken Protagonisten bleiben die anderen auftretenden Charaktere relativ blass und oberflächlich; man schafft es nicht, eine echte Beziehung zu ihnen aufzubauen.

Leider hat mich dieser leicht und flüssig geschriebene Roman nicht ganz erreichen können, weil Lena Johannson sich nicht auf einen einzigen Handlungsstrang (die bevorstehende Hochzeit von Wiebke und Tamme) konzentriert, sondern sie mit vielen weiteren (an sich interessanten) Nebenhandlungen verknüpft. Auf diese Weise bleiben Herzklopfen und Romantik klar auf der Strecke. Es fällt schwer, einen klaren roten Faden in diesem schönen Roman für zwischendurch zu erkennen. Man wird schier erschlagen von der Fülle an dramatischen Ereignissen, welche die kleine Insel Pellworm erschüttern, und das erhoffte wohltuende Inselfeeling will nicht aufkommen.

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Veröffentlicht am 19.04.2020

Herrin der Gezeiten

Zu wahr, um schön zu sein
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Mit ihrem Buch "Zu wahr, um schön zu sein" hat Gabrielle Engelmann, die als freiberufliche Autorin in Hamburg lebt, einen neuen Wohlfühl-Roman zum Lächeln und Lachen vorgelegt.

»Wenn etwas kaputt ist, ...

Mit ihrem Buch "Zu wahr, um schön zu sein" hat Gabrielle Engelmann, die als freiberufliche Autorin in Hamburg lebt, einen neuen Wohlfühl-Roman zum Lächeln und Lachen vorgelegt.

»Wenn etwas kaputt ist, muss man es reparieren!« 45 Jahre lang hat Caro Oldendorff nach diesem Motto ihr Leben ausgerichtet – bis die Hamburgerin ausgerechnet am Tag ihrer Silber-Hochzeit urplötzlich vor den Scherben ihrer Ehe steht. Und das Leben hat noch mehr in petto: Caro verliert nach dem Mann auch noch ihren Job, ihr 15-jähriger Sohn Felix baut ordentlich Mist und Caros esoterisch angehauchte Hippie-Mutter kommentiert all das mit nervigen Kalendersprüchen. Zum Glück sind Caros beste Freundin Sylvia und die Lotsenwitwe Hedwig zur Stelle, um mit Humor und guten Ratschlägen Caros Kampfgeist zu wecken. Denn wenn etwas unwiderruflich kaputt ist, muss frau es schließlich irgendwann ersetzen, oder nicht?

Das kunterbunte Cover fällt aus dem Rahmen des Üblichen. Denn es ist eine gewagte Kombination von Bildern und Abbildungen, wie man sie aus Comics kennt. Auf einer blauweißkarierten Decke steht ein Picknickkorb, der alles für einen romantischen Ausflug zu zweit enthält. Sogar an eine Flasche Sekt und zwei Sektflöten ist gedacht worden. In dieses Foto arrangiert worden sind zentrale Motive, die in dem Roman "Zu wahr, um schön zu sein" wiederkehren. Hierbei handelt es sich um einen Anker, einen Rettungsring, zwei Enten, eine Espressokanne, eine Möwe, Sonne und Regenwolken.

Der Roman "Zu wahr, um schön zu sein" spielt in Hamburg; er atmet das maritime Flair und der Leser lernt viele Sehenswürdigkeiten der Hansestadt sowie einige kulinarische Highlights kennen.

Das Geschehen wird aus der Ich-Perspektive von Caro Oldendorff erzählt. Sie ist eine bodenständige, sympathische Protagonistin, die man gern zur besten Freundin hätte. Alles andere als perfekt, kämpft sie mit den täglichen Widrigkeiten des Lebens und führt lustige Zwiegespräche mit Renato Bialetto, ihrem geliebten Espresso-Kännchen. Nachdem ihr Liebesglück versenkt worden ist, muss sie die Initiative ergreifen. In der Liebe erleidet sie häufig Schiffbruch, auch im Beruf muss sie die Segel setzen lernen. Im Laufe des Geschehens wird sie zur stolzen Kapitänin auf ihrem eigenen Schiff und steuert es geschickt durch alle Stürme des Lebens. Für meinen Geschmack ist sie etwas zu gut für diese Welt, wenn sie ihrem untreuen Ehemann, der sich ausgerechnet zu ihrer Silberhochzeit geoutet hat, Obdach in einem auf ihrem Grundstück gelegenen Gartenhaus gewährt, als sein Liebesglück mit Thorsten in gefährliches Fahrwasser gerät.

Auch die anderen Protagonisten sind glaubhaft gestaltet worden. Dies gilt vor allem für Felix, der gerade mitten in den Pubertätswehen steckt. Auch Flora, die esoterisch angehauchte, schräge Hippie-Mutter von Caro, war mir sofort sympathisch. Hin und wieder benimmt sie sich etwas gewöhnungsbedürftig, aber sie hat das Herz auf dem rechten Fleck - und darauf kommt es im Leben an.

Jedes Buch braucht seine Zeit, und in Zeiten einer Pandemie sehnt man sich nach einer heiteren, optimistisch stimmenden Lektüre. Alle Bücher von Gabriella Engelmann garantieren gute Unterhaltung für zwischendurch. Auch ihr neuer Roman "Zu wahr, um schön zu sein" hat mich überzeugt. Ein wirklich gelungenes Buch!

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Veröffentlicht am 06.04.2020

Schweigende See

Schweigende See
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"Schweigende See" ist der 6. Band der beliebten Reihe "Hauptkommissar John Benthien - Nordsee-Krimi", der auf der beliebten Ferieninsel Sylt spielt. Die einzelnen Bände dieser Reihe sind in sich abgeschlossen. ...

"Schweigende See" ist der 6. Band der beliebten Reihe "Hauptkommissar John Benthien - Nordsee-Krimi", der auf der beliebten Ferieninsel Sylt spielt. Die einzelnen Bände dieser Reihe sind in sich abgeschlossen. Zum besseren Verständnis sollten jedoch die zuvor erschienenen Bücher gelesen worden sein.

in dem Krimi "Schweigende See" wird die Leiche einer Frau am Strand von Sylt gefunden, die erst seit Kurzem auf der Insel lebte. Wer könnte ihr nach dem Leben getrachtet haben, fragt sich Hauptkommissar John Benthien. Denn schon einmal wurde ein Anschlag auf sie verübt. Benthiens Ermittlungen werden komplizierter als gedacht, denn der Mord führt ihn zu einem bislang unbekannten Ereignis der deutsch-deutschen Vergangenheit, das manche Menschen gerne für immer verbergen würden. Und zu seinem Entsetzen spielt auch sein Vater dabei eine nicht unwesentliche Rolle.

Das schlichte Cover ist eher unspektakulär, auch wenn es perfekt auf den Inhalt des Krimis abgestimmt ist. Denn es zeigt ein kleines Boot, das verlassen auf dem Wasser treibt. Eine Möve zieht einsam ihre Kreise. Von den Insassen ist keine Spur zu entdecken. Was mag hier geschehen sein?

Auch der 6. Teil dieser beliebten Regio-Krimi-Reihe bietet wieder gute, spannende Unterhaltung. Das Geschehen wird aus mehreren Perspektiven geschildert, zudem arbeitet Nina Ohlandt mit Rückblenden in Form von Tagebucheinträgen, die von zwei Schwestern erzählen. Der zugrunde liegende Fall ist kompliziert gestrickt; es gibt viele Verdächtige, und das Ermittler-Team tappt lange im Dunkeln.

Alles in allem ist Nina Ohlandt ein ruhiger, verhaltener Krimi mit einem sympathischen Ermittler-Team gelungen, der aufgrund seines Lokalkolorits vor allem Sylt-Liebhaber begeistern wird.

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  • Spannung
  • Figuren
  • Geschichte
Veröffentlicht am 03.04.2020

Kabale und Liebe

Die Tochter der Bettlerin
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Was für eine emotionale Achterbahnfahrt! Mit dem historischen Roman "Die Tochter der Bettlerin" erzählt Nora Berger eine bewegende Geschichte über Friedrich Freiherr von der Trenck, den Leibgardisten Friedrichs ...

Was für eine emotionale Achterbahnfahrt! Mit dem historischen Roman "Die Tochter der Bettlerin" erzählt Nora Berger eine bewegende Geschichte über Friedrich Freiherr von der Trenck, den Leibgardisten Friedrichs des Großen und zwei starke Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Berlin, 1747. Als ihre Mutter sie zur Prostitution zwingen will, flieht die junge Anna – und landet als Magd im Hause derer zu Trenck. Der Stolz der Familie ist der älteste Sohn Friedrich, Leibgardist von Friedrich dem Großen. Auch Anna verfällt seinem wagemutigen Charme ‒ hoffnungslos: Er ist heimlich mit Prinzessin Amalie liiert. Einzig als Überbringerin seiner Liebesbriefe nutzt er die schöne Tochter der Bettlerin. Als der König von der Liebschaft zwischen Friedrich und seiner Schwester erfährt, lässt er Trenck einkerkern. Anna verliert ihre Anstellung und fasst einen folgenschweren Entschluss: Als Mann verkleidet dient sie in der preußischen Armee und begibt sich schließlich in noch größere Gefahr: Auch wenn Trenck ihre Liebe wohlmöglich nie erwidern wird, will sie ihm helfen …

"Die Tochter der Bettlerin" spielt im 18. Jahrhundert. Im Mittelpunkt dieses Romans stehen drei Menschen, die stellvertretend für die starre gesellschaftliche Ordnung im 18. Jahrhundert stehen. Anna kommt aus sozial prekären Verhältnissen. Ihre alkoholkranke Mutter ist nicht nur eine Bettlerin, sondern auch eine Hure, die ihre hübsche heranwachsende Tochter für ihre Zwecke nutzen will. Durch ihre Flucht kann sie dem ihr zugedachten Schicksal entgehen, verdingt sich als Magd in einer vornehmen Familie und lernt zufällig den eitlen, selbstgefälligen Friedrich Freiherr von der Trenck kennen, der nicht nur seiner gutgläubigen Verehrerin Anna den Kopf verdreht, sondern auch eine verhängnisvolle Affäre mit der leidenschaftlichen verwöhnten Prinzessin Anna Amalia von Preußen beginnt, was das weitere Schicksal der zwei Frauen beeinflussen wird.

Während Anna eine fiktive Person ist, sind Friedrich Freiherr von der Trenck und Prinzessin Anna Amalie von Preußen wichtige Figuren der Zeitgeschichte. Die Grenzen von Fakten und Fiktion sind fließend. Nora Berger stützt sich auf die 1787 veröffentlichten Memoiren des Freiherrn von der Trenck, welche - wie jede Autobiographie - von seiner subjektiven Darstellung geprägt und nicht frei von Übertreibungen sind. Eine intime Beziehung zu Prinzessin Anna Amalia von Preußen lässt sich nicht beweisen; auch für die Geburt eines Kindes gibt es keinerlei Indizien.

Aus diesem historischen Stoff formt Nora Berger auf sprachlich hohem Niveau einen spannenden, unterhaltsamen Roman, der interessante Einblicke in die Welt des 18. Jahrhunderts gibt. Man erfährt von dem Alltag am Hofe des preußischen Monarchen Friedrich II., man lauscht seinen geistreichen Unterhaltungen mit seinen Gästen, man wundert sich über seine ambivalente Haltung gegenüber seiner jüngsten Schwester und seinem früheren Leibgardisten. Man wird eingebunden in militärische Operationen, erlebt den harten Drill in der Ausbildung von Rekruten, reagiert schockiert auf das brutale Kriegsgeschehen und ist entsetzt über die allgegenwärtige sexuelle Ausbeutung von Schwächeren (gleich welchen Geschlechts), die sich durch sämtliche sozialen Schichten zieht.

Nicht alle Protagonisten wecken Sympathien. Im Laufe des Geschehens entwickelt Anna sich von einem gutgläubigen Mädchen, das durch eigenes Verschulden in haarsträubende Situationen gerät, zu einer jungen Frau, die ihr Schicksal in die eigenen Hände nimmt und ihre eigenen Handlungen kritisch hinterfragt. Leider kommt diese Einsicht im Fall des Freiherrn von der Trenck zu spät. Während der erfolgsverwöhnte Leibgardist mit seinem Charme auf dem höfischen Parkett brillierte und alle schönen Frauen um seinen kleinen Finger wickeln konnte, zeigt er sein wahres Gesicht, als er durch seine gewagten Aktionen in Ungnade fällt. in der Gefangenschaft und auf der Flucht erweist er sich als ein egoistischer selbstsüchtiger Mann, der im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen geht und nur an seinem eigenen Wohlergehen interessiert ist. Frauen spielen für ihn eine untergeordnete Rolle. Für ihn gehören sexuelle Abenteuer zum guten Ton; Liebe kennt er nur zu sich selbst. Er nutzt die Neigung der reichen Prinzessin aus, die ihm in der Not die Treue hält und für seinen standesgemässen Unterhalt während der Inhaftierung sorgt. Auch die Unterstützung von Anna nimmt er an, ohne mit der Wimper zu zucken. ob sie sich selbst in Lebensgefahr begibt, spielt für ihn keine Rolle. Wenn es hart auf hart geht, zählt sie nicht mehr. Auch die verwöhnte Prinzessin Anna Amalia von Preußen muss für ihr kurzes Glück teuer bezahlen. Nach dem Skandal bleibt ihr nur der Ausweg, Äbtissin eines Klosters zu werden; ihre Chancen auf dem Heiratsmarkt hat sie verspielt, und das innige Verhältnis zu ihrem Bruder bleibt angeknackst.

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