Profilbild von streifi

streifi

Lesejury Star
offline

streifi ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit streifi über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.05.2020

Der unbekannte Star

Die Königin von Berlin
0

Carola Neher war in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts eine bekannte Schauspielerin, heute kennt sie kaum jemand mehr. Charlotte Roth erzählt nun ihre Geschichte. Von den Anfängen in Baden Baden ...

Carola Neher war in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts eine bekannte Schauspielerin, heute kennt sie kaum jemand mehr. Charlotte Roth erzählt nun ihre Geschichte. Von den Anfängen in Baden Baden und München, ihren Jahren in Breslau und dem Erfolg in Berlin. Aber sie erzählt eben nicht nur die Geschichte der Schauspielerin, sondern auch eines Menschen, der sich im Inneren immer unsicher war und nach außen nie Schwäche zeigen wollte.

Carola Neher war nicht nur eine erfolgreiche Schauspielerin, sondern auch eine Muse Bertolt Brechts. Er schrieb für sie die Rolle der Polly Peachum in der Dreigroschenoper. Auch Brecht wird in diesem Buch ausführlich beleuchtet. Wobei ich sagen muss, dass er mir durch dieses Buch nicht sympathischer geworden ist. Brecht war ein Egomane wie er im Buche steht, der sein Umfeld teilweise sehr strapaziert hat. Und das ist vermutlich noch freundlich formuliert.


Carola dagegen handelt auch nicht immer so, wie man es von einer liebenden Frau erwarten würde. Ihren Mann Alfred heiratet sie eigentlich nur, um ihm einen Gefallen zu tun. Trotzdem erkennt sie was sie an ihm hat und liebt ihn so, wie sie es eben kann. Durch die schwierige Kindheit mit einem gewalttätigen Vater fällt ihr das nicht immer leicht. Ihr Mann Alfred Henschke, genannt Klabund, schien mir in dem Buch der einzige zu sein, der Carola wirklich gesehen hat und sie so genommen hat, wie sie nun einmal war. Eine schwierige, kapriziöse Frau, abhängig von der Meinung anderer. Seinen Charakter fand ich in der Geschichte den angenehmsten und gerade sein Schicksal hat mich sehr mitgenommen.

Der Schreibstil des Buches ist wie von Charlotte Roth gewohnt, sehr besonders. Er passt perfekt zu den teilweise ja wirklich schwierigen Charakteren und zeigt ihre Zerrissenheit und Unsicherheiten. Man hat wirklich das Gefühl das Innenleben der Personen genau kennenzulernen. Mich hat gerade dieser Schreibstil wieder vollkommen in die Geschichte hineingezogen.

Von mir daher eine Leseempfehlung für dieses tolle Buch, auch wenn gerade der besondere Schreibstil bestimmt nicht jedermanns Sache ist.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.05.2020

Essen nach dem Krieg

Ein Traum vom Glück
0

Katharina und ihre Töchter sind am Ende des Krieges zu Katharinas Schwiegermutter Mine nach Essen geflohen. Dort versuchen sie sich ein besseres Leben aufzubauen. Katharina hat den Traum, ein eigenes Modeatelier ...

Katharina und ihre Töchter sind am Ende des Krieges zu Katharinas Schwiegermutter Mine nach Essen geflohen. Dort versuchen sie sich ein besseres Leben aufzubauen. Katharina hat den Traum, ein eigenes Modeatelier zu eröffnen und dort gehobene Couture zu verkaufen. Dafür sitzt sie auch jetzt schon jeden Tag an der Nähmaschine um sich so den Grundstock zu erarbeiten. Eines Tages steht Johannes vor der Tür, später Kriegsheimkehrer und Mines Enkel. Auch er kommt bei Mine unter und gemeinsam beginnen sie ihr Leben zu verbessern.

Eigentlich mag ich gar nicht zu viel über die Handlung schreiben, um nicht zu viel zu verraten. Mine, Katharina und Johannes bilden ein gutes Team, auch wenn Mine und Katharina sich eigentlich zu ähnlich sind. Beide sind willensstark und haben genaue Vorstellungen vom Leben. Johannes ist durch sein handwerkliches Geschick ein Geschenk des Himmels und er tut alles um den Krieg und die Gefangenschaft hinter sich zu lassen.

Das Buch behandelt viele Themen, die Anfang der 50er Jahre das Leben, gerade auch im Ruhrpott, bestimmt hat. Die Knappheit an allem ist noch zu spüren, viele haben immer noch kaum genug zum Leben. Im Bergbau lässt sich gutes Geld verdienen, allerdings ist das der Gesundheit abträglich. Gewerkschaften formieren sich und man spürt ganz deutlich die Zusammengehörigkeit der Kumpel. Die moralischen Ansprüche an die Umgebung sind im allgemeinen hoch, wehe dem, der nicht nach den konventionellen Regeln lebt. Dabei sind immer noch viele Männer vermisst oder eben in Gefangenschaft.

Mich hat das Buch sehr beeindruckt. Anfangs habe ich mir mit der Art, wie die Menschen im Ruhrpott halt so sind, schwer getan. Aber ich komme auch nicht aus der Gegend. Doch nach und nach sind mir alle sehr ans Herz gewachsen und ich habe mitgefiebert, wie sich so manch vertrackte Situation wohl regeln ließe. Was mir richtig gut gefallen hat, waren die Leidenschaft für Bücher, die Johannes mit seiner Cousine Inge teilt. Beide verschlingen ihre Bücher nur so und so ist es für Inge ein großer Vorteil, in einer Bücherei helfen zu können.

Das Ende war dann wirklich herzzerreißend, mir fiel es schwer die Geschichte damit zu verlassen. Daher freue ich mich schon auf den zweiten Band, um zu erfahren, wie es dann wohl weiter geht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.04.2020

schöne Kurzkrimis

Eiskalte Augenblicke
0

Dieses Buch beleuchtet die Nebenschauplätze der Sandhamm-Krimis von Viveca Sten rund um Thomas Andreasson und Nora Linde. Es beginnt mit der Geschichte, wie die beiden sich kennengelernt haben und geht ...

Dieses Buch beleuchtet die Nebenschauplätze der Sandhamm-Krimis von Viveca Sten rund um Thomas Andreasson und Nora Linde. Es beginnt mit der Geschichte, wie die beiden sich kennengelernt haben und geht dann chronologisch durch die Jahre. Immer wieder tauchen Nebenfiguren aus den Büchern auf, wie z.B. Signe, die Nora später ja ihr Haus vererbt. Und auch Noras Schwiegereltern und ihr mittlerweile Ex-Mann haben einen passenden Auftritt.
So ergänzt das Buch die eigentlichen Krimis mit kleinen Begebenheiten, in denen es meist auch kriminalistisch zu geht.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen, allerdings haben mir manchmal die direkten Zusammenhänge gefehlt, gerade bei Geschichten um Figuren, deren Namen nicht so einprägsam waren. Dabei habe ich alle Krimis der Reihe gelesen, allerdings ist der letzte Band nun ja auch schon eine Weile her.
Von daher ist es sicher ein gelungenes Buch für die Fans der Serie. Bei denen, die sie nicht kennen, bin ich mir nicht sicher, da die Geschichten zwar in sich rund sind, aber teilweise auch sehr kurz.
Von mir aber auf jeden Fall eine Leseempfehlung für alle Viveca Sten Fans. Das Buch verkürzt die Wartezeit auf den hoffentlich bald folgenden nächsten Band der Reihe.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.04.2020

Tolles Zeitzeugnis

Die Schule am Meer
0

1925 wird auf Juist eine Schule gegründet. Engagierte Lehrer möchten dort Kinder nach refompädagogischen Aspekten unterrichten. Soweit die trockenen Fakten zu dieser Schule, die es wirklich gab. Sandra ...

1925 wird auf Juist eine Schule gegründet. Engagierte Lehrer möchten dort Kinder nach refompädagogischen Aspekten unterrichten. Soweit die trockenen Fakten zu dieser Schule, die es wirklich gab. Sandra Lüpkes füllt dies nun mit Leben, erzählt von Anni Reiner, Eduard Zuckmayer, die dort lehren und von Maximilian, genannt Moskito, der dort lernt. Und von dem Rest der Insel, deren Bewohner der Schule teilweise mehr als kritisch gegenüberstehen. Auch hier machen sich der ersten Regungen des kommenden bemerkbar und eine Schule, wie die Schule am Meer passt so gar nicht in das Bild des aufkommenden Nationalsozialismus.

Es beginnt und endet alles mit Anni Reiner, die zusammen mit ihrem Mann und ihren Kindern auf die Insel kam, um die Schule mit aufzubauen. Nicht nur mit ihrer eigenen Tatkraft, sondern auch mit der finanziellen Unterstützung ihrer Familie. Trotzdem wird sie in den Chroniken der Schule kaum erwähnt. Der Schulleiter Martin Luserke, genannt Lu, überstrahlt alles und nimmt alle mit seiner charismatischen Art gefangen. Es gelingt ihm auch Eduard Zuckmayer, den Bruder des Schriftstellers Carl Zuckmayer und erfolgreichen Dirigenten, davon zu überzeugen, an der Schule zu arbeiten. Für den eher ruhigen Zuck erweist sich die Schule als Glücksfall und er freundet sich mit den Reiners an.

Der Schulalltag ist bestimmt durch viel Musik, Kunst, Literatur und Sport. Die Kinder werden rund um die Uhr beschäftigt und sind angehalten im Schulalltag mit anzupacken. Es wirkt sehr idyllisch, auch wenn das Leben auf der Insel wohl auch aus Geldmangel, oft kein Zuckerschlecken war. Besonders im Winter, wenn die Insel vom Festland abgeschnitten war, fehlte es oft an vielem. Aber trotz allem klingt die Schule so, als wäre man dort gerne Schüler gewesen.

Der Nationalsozialismus macht aber auch vor der Insel nicht halt. Schon bei der Ankunft müssen Anni und ihre Mutter, die aus einer jüdischen Familie stammen, feststellen, dass Juden nicht erwünscht sind. Die Mutter kann ihr Zimmer im Hotel nicht beziehen. Hotelierstochter Therese und Aushilfskellner Gustav Wenniger repräsentieren so auch im Folgenden immer den politischen Gegenpart der liberalen und demokratisch eingestellten Lehrerschaft.

Eine kurzen Auftritt, wenn auch nicht namentlich, hat auch Erich Kästner, als Moskito und ein Freund von ihm, in Berlin Zeugen der Bücherverbrennung werden. Gerade diesen Auftritt fand ich sehr gelungen.
Die Schule sollte den Nazis nicht standhalten können. Sie wurde 1934 aufgelöst. Moskito hat die gesamten 9 Jahre dort verbracht und begleitet mit seiner eigenen Entwicklung auch die der Schule.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Auch wenn es nicht actionreich ist und viel aus dem Alltag erzählt, gibt es ein gutes Bild dieser Zeit und dieser außergewöhnlichen Schule wieder. Von mir daher eine volle Leseempfehlung!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.04.2020

guter historischer Roman

Tod in der Königsburg
0

Schwester Fidelma wird von ihrem Bruder mit der Aufklärung eines Attentats auf ihn und einen anderen Stammesfürsten beauftragt. Eigentlich sollte bei der Zusammenkunft Frieden geschlossen werden, doch ...

Schwester Fidelma wird von ihrem Bruder mit der Aufklärung eines Attentats auf ihn und einen anderen Stammesfürsten beauftragt. Eigentlich sollte bei der Zusammenkunft Frieden geschlossen werden, doch jetzt steht dieser auf dem Spiel und ein Krieg droht.

Im Zuge ihrer Aufklärung kommt Fidelma mit Eadulf auch ins Kloster Imleach, in dem nicht nur ein Bruder, sondern auch die wichtigsten Reliquien des Königreichs verschwunden sind. Nach und nach decken Fidelma und Eadulf ein verwirrendes Komplott auf, bei dem erst spät klar wird, wer Freund und wer Feind ist.

Peter Tremayne zeichnet in seinen Büchern ein gutes Bild Irlands im 7. Jahrhundert. Noch herrschen die irischen Führer nach altem Recht und auch die Kirche wird nach keltischem Recht geführt. Aber auch hier sind schon die Kämpfe mit der römischen Kirche immer wieder spürbar. der Konflikt der beiden Kirchen wird in Gestalt von Fidelma und Bruder Eadulf immer wieder veranschaulicht und so dem Leser verständlich gemacht.

Mir hat das Buch nach leichten Anfangsschwierigkeiten wieder viel Spaß gemacht. Die Erklärung des irischen Stammes- und Erbrechts war auf Grund der unglaublich vielen gälischen Namen einfach etwas viel. Aber danach ging es flott mit den Geschehnissen los und das Buch lies sich dann locker lesen. Als Leser konnte man gut miträtseln, was sich denn nun wirklich abgespielt hat. Ich war am Ende der festen Überzeugung zu wissen, wer hinter den Geschehnissen steckte und wurde dann doch noch vollkommen überrascht.

Von mir gibt es eine Leseempfehlung für diesen gut geschriebenen und spannenden historischen Krimi. Ich werde die Reihe weiter im Auge behalten und verfolgen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere