besonderer Einblick in die Gesellschaft Indiens
Die Detektive vom Bhoot-BasarZu den Büchern, die ich dieses Frühjahr unbedingt lesen wollte, gehört Die Detektive vom Bhoot-Basar.
Das Buch wurde kürzlich für den Women`s Prize for Fiction 2020 gelonglistet. Da ich letztes Jahr ...
Zu den Büchern, die ich dieses Frühjahr unbedingt lesen wollte, gehört Die Detektive vom Bhoot-Basar.
Das Buch wurde kürzlich für den Women`s Prize for Fiction 2020 gelonglistet. Da ich letztes Jahr einige Bücher der Nominierten für mich entdeckt habe, war dies eine Bestätigung meines neuen Lesegeschmacks.
Der Einstieg des Buches ist genauso quirlig und bunt wie es das Cover vermuten lässt. Der Stil und die Bildsprache sind sehr bildhaft und verspielt, was super treffend für die Sichtweise von Jai ist. Als plötzlich ein Kind verschwindet, sieht Jai seine Chance gekommen, ebenso wie die Vorbilder seiner geliebten Fernsehserien als Detektiv den Fall zu lösen. Gemeinsam mit seinen Freunden streunt er durchs Viertel und ermittelt, wobei die Ermittlungen für ihn eher ein kindliches Spiel als Ernst ist.
Erst als immer mehr Kinder verschwinden und immer mehr Bekannte betroffen sind, ändert sich dies. Man merkt im Laufe des Buches eine starke Entwicklung von Jai. Zu Beginn sehr kindlich, naiv und prahlerisch, wird er bescheidener, reflektierter, ruhiger. Er entwächst langsam seinen unbeschwerten Kindheitstagen, beeinflusst von der Tragödie, die sein Viertel und seine Familie betroffen haben. Auch ändert sich durch die Vorkommnisse Jais Leben dahingehend, dass er gegen Ende ein anderes Umfeld hat, seine Freunde ziehen weg. Es ist berührend, Jai auch bei dieser Erfahrung zu begleiten und seine Entwicklung zu beobachten.
Und so spiegelt das Buch Jais Wahrnehmung seiner Umgebung stark. Die Detektive vom Bhoot-Basar stellt keinen klassischen Krimi dar mit starkem Spannungsbogen und Schnitzeljagd von Hinweis zu Hinweis, sondern spiegelt vielmehr die Gesellschaft und das Leben in einem indischen Slum, erzählt aus der unschuldigen und verspielten Sicht seiner Kinder. Ganz stark verknüpft die Autorin hier die ungeschönte Sicht auf die Armut vieler Menschen, die das Beste aus ihrer Situation machen und trotzdem nicht verzweifeln. Die Verletzlichkeit der Ärmsten der Armen und vor allem ihrer Kinder wird durch die verknüpfte wahre Geschichte der verschwundenen Kinder umso deutlicher herausgearbeitet. Man denkt jede Seite, dass doch nun endlich eine Auflösung geschehen und der Gerechtigkeit genüge getan werden muss. Doch ein richtiges Happy End bleibt aus und zusammen mit Jai entwächst man dem magischen Zauber des bunten Slums, auf der Suche nach neuen Wahrheiten im Leben.
Ein richtig starkes Buch, das in seiner Gesamtheit lange nachwirkt.