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Venatrix

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Veröffentlicht am 07.04.2020

Eine detaillreich Biografie zum 200. Geburtstag

Florence Nightingale
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Wer kennt ihn nicht, den Namen von Florence Nightingale, der „Lady mit der Lampe“?

Autorin Dr. Hedwig Herold-Schmidt ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Jena, Abteilung Volkskund/Kulturgeschichte. ...

Wer kennt ihn nicht, den Namen von Florence Nightingale, der „Lady mit der Lampe“?

Autorin Dr. Hedwig Herold-Schmidt ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Jena, Abteilung Volkskund/Kulturgeschichte. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf der Sozial- und Kulturgeschichte von Gesundheit und Krankheit bzw. Adelsgeschichte im 19./20. Jh.. Da kommt sie natürlich an Florence Nightingale (1820-1910) nicht vorbei.

Diese ausführliche Biografie einer Unbequemen ist das Ergebnis ihrer Arbeiten. Die Autorin versucht die Frau hinter der Legende" heraus zu arbeiten, was nicht immer ganz einfach ist. Florence Nightingale polarisiert auch heute noch.

Die einen sehen in ihr eine Querulantin, eine frustrierte alte Jungfer, die ihre Upperclass-Herkunft dazu benutzt hat, allen möglichen Leuten auf die Nerven zu fallen und sich selbst zu inszenieren. Die anderen stellen sie auf das Podest der Nächstenliebe und stilisieren quasi zur „Heiligen“, zum Engel der Schlachtfelder. Beides ist vermutlich falsch. Wie immer ist ein gesunder Mittelweg das Maß der Dinge.

Auf die einzelnen Lebensstationen, die hier beschrieben sind, will ich gar nicht näher eingehen. Interessant habe ich gefunden, dass sie Statistiken über die Kranken geführt hat. Sie hat Fragebögen entworfen, Daten gesammelt und daraus ihre Schlüsse gezogen. Etwas, was sehr modern anmutet und derzeit in aller Munde ist. Natürlich können ihre Statistiken nicht mit den Hochrechnungen unserer Zeit verglichen werden, aber allein die Tatsache, dass sie sich damit beschäftigt hat, ist erstaunlich. Sie gilt als Erfinderin des „Polar-Area-Diagramms“, einer Darstellung mittels Kreisdiagramm mit unterschiedlicher Radien. Und da alles ohne Tabellenkalkulation und Hightech.

Ihre Beharrlichkeit trägt Früchte. So werden ihre Ideen zu den Reformen des Gesundheitswesen (mürrisch, aber doch) angenommen. Ihre Vorschläge zum Bau eines Modellkrankenhauses, in dem die Kranken in Pavillons unterbracht werden statt in riesigen Baracken, werden zum größten Teil umgesetzt genauso wie ihre Ideen zur Einrichtung von Krankenpflegeschulen. Sie „predigt“ unermüdlich die Mindeststandards der Hygiene. Damit ist sie nicht allein - Mitkämpfer sind u.a. Joseph Lister und Ignaz Semmelweis.

Die Autorin schildert das Leben von Florence Nightingale in chronologischer Reihenfolge sehr sachlich und bemüht, sich von den anderen Biografen nicht beeinflussen zu lassen. Manchmal wirkt es daher ein wenig distanziert.

Am Ende des Buches (S. 291) habe ich einen Fehler entdeckt: Florence Nightingale stirbt am 13.08.1910 und nicht, wie angegeben, 2010. Vielleicht war das auch eine Freud’sche Fehlleistung des Verlages, weil EIN Leben für die Fülle der Aufgaben nicht ausgereicht hat.

Fazit:

Eine ausführliche Biografie zum 200. Geburtstag von Florence Nightingale, die mehr war als der viel zitierte „Angel of Mercy“.
Gerne gebe ich diesem Buch 5 Sterne.

Veröffentlicht am 05.04.2020

Tolles Kindersachbuch

Willi Virus
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Mit diesem Sachbuch für Kinder lassen sich die Neugier und das Interesse von Kindern wecken. Zumal das Wort „Virus“ derzeit in aller Munde ist.

Dieses Buch erzählt aus der Perspektive des Rhinovirus Willi ...

Mit diesem Sachbuch für Kinder lassen sich die Neugier und das Interesse von Kindern wecken. Zumal das Wort „Virus“ derzeit in aller Munde ist.

Dieses Buch erzählt aus der Perspektive des Rhinovirus Willi sachlich und humorvoll wie ein Schnupfen entsteht. Dazu werden folgende neun Themen kindgerecht aufbereitet:

Was ist ein Rhinovirus?
Wie groß ist das Virus
Welche Arten von Viren gibt es?
Wie werden sie übertragen?
Wie breiten sie sich im Körper aus?
Was ist eine Immunabwehr?
Welche Maßnahmen zur Bekämpfung gibt?
Wie verbreitet ist das Rhinovirus?
Wann ist Schnupfensaison?

Der Haupttext des Buches ist auch für kleinere Kinder gut zu verstehen. Für größere sind dann weitere Ausführungen vorhanden. Das Buch kann über mehrere Jahre vor- und dann selbst gelesen werde. Es findet sich immer wieder ein kleines neues Detail.

Die Illustrationen finde ich entzückend. Besonders gut hat mir gefallen, dass auf der Buchinnenseite die Worte „Hatschi“ und „Gesundheit“ in zahlreichen Sprachen angegeben sind.

Fazit:

Das Buch erzählt verständlich und ist mit vielen witzigen Bildern garniert. Willi Virus eignet sich wunderbar, Kindern Virus-Erkrankungen und deren Verbreitung zu erklären. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 05.04.2020

Eintauchen in die Abgründe der menschlichen Seele

Nebelmeer
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In seinem 8. Fall für Birger Andresen lässt uns Autor Jobst Schlennstedt wieder tief in die menschlichen Abgründe blicken.

Auf dem Priwall wird an einem nebligen Tag die skelettierten Frauenleiche gefunden. ...

In seinem 8. Fall für Birger Andresen lässt uns Autor Jobst Schlennstedt wieder tief in die menschlichen Abgründe blicken.

Auf dem Priwall wird an einem nebligen Tag die skelettierten Frauenleiche gefunden. Die Knochen weisen deutliche Spuren von massiven Misshandlungen auf. Und obwohl Birger Andresen nicht für aktuelle Tötungsdelikte zuständig ist, sondern als Leiter des Team X für Cold Cases, wird er von KHK Kregel hinzugezogen, erinnert das geschundene Skelett doch an einen bis dato nicht aufgeklärten Fall.

Erst als es eine kürzlich „frische“ Leiche gibt und eine junge Frau, Larissa, ihre Freundin als vermisst meldet, kommt ein wenig Tempo in die Truppe. Weitere Details kann Birger von Larissa nicht erfahren, denn die ist plötzlich selbst verschwunden. Allerdings findet sich in einem Chat eine erste, heiße Spur ...

Meine Meinung:

Autor Jobst Schlennstedt ist wieder ein spannender Krimi gelungen. Ich habe zuvor „Lübsche Wut“ gelesen, weil ich die Gegend, in der seine Verbrechen spielen, einfach mag.

Diesmal bekommen es Birger, Ida-Marie und die Kollegen es mit einem ziemlich abartigen Täter zu tun. Junge Frauen, die allesamt ein wenig am Rand der Gesellschaft stehen, werden grausam misshandelt und anschließend getötet.

Birgers Privatleben ist nach wie vor komplex. Da will seine aktuelle Freundin Agnes mit ihm eine gemeinsame Wohnung beziehen, doch er ist nicht so recht überzeugt, hat er doch eine gescheiterte Ehe und abgebrochene Beziehungen hinter sich. Zusätzlich taucht seine psychisch schwer gestörte Ex-Frau auf, um das gemeinsame Haus zu verkaufen. Zusätzlich gibt es Probleme mit dem Sorgerecht. Alles ein wenig viel, für den eigentlich mit seinem Beruf verheirateten Birger.
Doch auch bei Ida-Marie ist nicht alles im Lot. Sie ist momentan mit Simon Winter, einem zwielichtig erscheinenden Zeitgenossen liiert. Das passt Birger nicht so ganz in den Kram, denn er kennt Simon von früher.
Und auch der Rechtsmediziner Dr. Birnbaum hat steht völlig neben sich: Er hat vor kurzem die Diagnose Demenz erhalten und muss sich damit abfinden, ersetzt zu werden.

Alles in allem ist das Umfeld, eine solche Mordserie aufzuklären ganz schön knifflig. Oder sollen die Verbrechen von den diversen privaten Problemen ablenken?

Jobst Schlennstedt gelingt das vorzüglich, denn die privaten Zores treten sowohl bei den Protagonisten als auch bei den Lesern recht bald in den Hintergrund.

Ich hatte relativ bald eine Idee, wer in diese Mordserie verwickelt ist. Dennoch ist es spannend, die Schlussfolgerungen der Kriminalbeamten zu folgen. Dass Ida-Marie sich als Lockvogel anbietet, ist - wie man liest - extra gefährlich.

Ein realer Kriminalfall in Deutschland hat den Autor auf die Idee gebracht, diese Einblick in die Abgründe der menschlichen Seelen zu schreiben.

Fazit:

Ein weiterer fesselnder Krimi aus der Feder von Jobst Schlennstedt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 05.04.2020

Eine gelungene Fortsetzung

Die Maske der Schuld
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Es ist Hochsommer in Wien. Man nützt die Zeit zum Faulenzen oder zum Sporteln. Überall in der Stadt und besonders an der Alten Donau. Doch irgendwer hat eine Leiche im Altarm der Donau versenkt, die nun ...

Es ist Hochsommer in Wien. Man nützt die Zeit zum Faulenzen oder zum Sporteln. Überall in der Stadt und besonders an der Alten Donau. Doch irgendwer hat eine Leiche im Altarm der Donau versenkt, die nun zur Unzeit wieder an die Oberfläche kommt.

Ein Fall für Richard Schwarz und Paul Marek vom LKA Wien, zumal die männliche Leiche an einen Rollstuhl - sprichwörtlich - gefesselt gewesen sein muss. Die Identität des Toten ist recht bald klar: Jan Dorn, ein ehemaliger Kollege, der an MS erkrankt ist.

Die Ermittlungen führen Schwarz & Co. zu einer dubiosen Selbsthilfegruppe, die den Erkrankten trügerische Hoffnung auf Heilung vorgaukelt. Genauso wie der selbst ernannte Wunderheiler Santianos, der der von Erblindung bedrohten Gerichtspsychiaterin Theres Lend das Blaue vom Himmel verspricht. Lend hat zweifelt zwar, kann sich aber des manipulativen Charismas von Santianos nicht entziehen. Es scheint, als wäre er in ihre Seele eingedrungen. Als dann noch ein Mitglied von Santianos‘ Anhängerschaft verschwindet, vertraut sie sich Richard Schwarz an.
Ob der Tote und der Vermisste eine gemeinsame Vergangenheit haben?

Zusätzlich zu den beruflichen Herausforderungen sieht sich Richard Schwarz auch noch mit den Schwierigkeiten seiner Schwester Sarah konfrontiert. Und so ganz nebenbei will er noch den Mord an seiner Mutter aufklären, dessen Zeuge er als Kind war. Ein riesiges Pensum an Arbeit hat Richard Schwarz sich hier aufgeladen. Wie viel kann ein Mensch aushalten, bevor er zusammenbricht?

Meine Meinung:

Dieser zweite Teil der Trilogie rund um den Kriminalbeamten des LKA Wien hat es wieder in sich. Wir tauchen tief in die Abgründe der menschlichen Seele ein. Wir erleben die Albträume des Richard Schwarz hautnah mit - jene, aus seiner Kindheit und die aktuellen. Denn die Schwierigkeiten in denen seine Schwester Sarah mit ihrem Zirkus steckt, sind nicht ohne.

Es scheint, als lache sich der Täter ins Fäustchen, weil er Schwarz immer einen oder sogar zwei Schritte voraus ist.

Obwohl „Thriller“ ist die Story nicht blutrünstig, sondern geradlinig, auch wenn uns die Autorin mehrfach durch gekonnt gelegte falsche Spuren, an der Nase herumführt.
Aufschlussreich sind die Erklärungen zur Krankheit Multiple Skleros (MS), die unaufgeregt und subtil in den Kontext verpackt werden. Damit das so augenscheinlich leicht gelingt, sind aufwändige Recherche nötig.
MS, eine Krankheit, über die noch wenig bekannt ist, weil jeder Fall anders verläuft, bietet eine riesige Spielwiese für allerlei Scharlatane und skrupellose Pharmaunternehmen, die mit Heilsversprechen und/oder Medikamentenversuchen Gewinnmaximierung betreiben. Nicht falsch zu verstehen, der Großteil Pharmabetriebe arbeitet streng wissenschaftlich und seriös. Doch wo ein riesiger Markt vorhanden ist, sind schwarze Schafe inklusive korrupter Politiker nicht weit.

Gut gefällt mir auch das Cover, das einen hohen Wiedererkennungswert hat.

Fazit:

Ein fesselnder zweiter Teil der Trilogie, bei der unbedingt die Reihenfolge eingehalten werden sollte. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 05.04.2020

(S)ein Leben für die Musik

Mariss Jansons
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Als am 1. Dezember 2019 das Herz von Mariss Jansons aufgehört hat zu schlagen, hat die Musikwelt einen ihrer großen Dirigenten verloren.

Markus Thiele hat mit dieser Biografie dem Stardirigenten ein ehrenwertes ...

Als am 1. Dezember 2019 das Herz von Mariss Jansons aufgehört hat zu schlagen, hat die Musikwelt einen ihrer großen Dirigenten verloren.

Markus Thiele hat mit dieser Biografie dem Stardirigenten ein ehrenwertes Andenken gewidmet. Das Buch wäre auch ohne Jansons‘ Tod erschienen, denn die beiden haben zahlreiche Gespräche miteinander geführt.

Die Biografie beginnt, wie üblich, bei der Geburt des Porträtierten. Mariss ist das einzige Kind von Arvids und Irida Jansons. Der Vater Dirigent, die Mutter Mezzosopranistin. Irida ist jüdischer Herkunft und bringt ihren Sohn 1943 heimlich in einem Versteck in Riga zur Welt, nachdem ihr Vater und Bruder im Ghetto von Riga ums Leben kommen. 1956 leben die Jansons in Leningrad (heute wieder St. Petersburg). Der musikalische Kleine „dirigiert“ schon in seiner Kindheit, was durch ein entzückendes Foto im Anhang des Buches belegt ist.

Ich möchte jetzt den weiteren Lebensweg gar länger ausführen, denn der ist Inhalt des Buchs.

Mariss Jansons zeichnet ein überdurchschnittliches Arbeitspensum. Ja, er ist das, was man einen „workaholic“ nennt. Dabei verlangt er von seinem Orchester nicht mehr als er sich selbst auferlegt. Die Ansprüche, die er sich lebst auferlegt, haben letztlich zu seiner Herzerkrankung geführt. Er lebt für die Musik. Doch nicht immer kann er sich ausschließlich auf die Musik konzentrieren. Mitunter hat er es mit organisatorischen Maßnahmen zu tun, die er so gar nicht mag. In Amerika ist es üblich, dass Kultur hauptsächlich von privaten Sponsoren finanziert wird, statt wie in Europa vom jeweiligen Staat. Das heißt, dass sich der Dirigent auch mit den Geldgebern sehen lassen muss. Abendveranstaltungen, die Mariss Jansons nicht immer sonderlich liegen.

Mir ist Mariss Jansons als Dirigent von gleich 3 Neujahrskonzerten der Wiener Philharmoniker in Erinnerung (2006, 2012 und 2016).

Kenner der klassischen Musik werden an den Aufzählungen der gespielten Werke und ihrer fachlichen Details ihre Freude haben.
Interessant für mich war, dass Mariss Jansons immer wieder kleine Überraschungen für sein Publikum bereit gehalten hat. So lässt er eher unbekannte Stücke von renommierten Komponisten aufführen oder interpretiert manches neu. Allerdings achtet er dabei immer den Urheber.

„Ich dachte immer, dass ich stilistisch, also im SInne des jeweiligen Komponisten handeln muss.“


Fazit:

Eine respektvolle und sehr lebendige Biografie, die uns den großen Künstler, Interpreten und Menschen nahe bringt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.