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Veröffentlicht am 21.04.2020

Stimmungsaufheller zum Lesen und Abtauchen

Rendezvous in zehn Jahren
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Sommer 2011: Valerie hat sich gerade von ihrem Freund getrennt. Mit ihrer Schwester Anne verbringt sie ein paar Urlaubstage in Amsterdam. In einem Café kommt sie mit Ted, einem jungen Holländer ins Gespräch. ...

Sommer 2011: Valerie hat sich gerade von ihrem Freund getrennt. Mit ihrer Schwester Anne verbringt sie ein paar Urlaubstage in Amsterdam. In einem Café kommt sie mit Ted, einem jungen Holländer ins Gespräch. Die beiden verstehen sich auf Anhieb, reden über sich und ihre Träume und verabreden, sich in genau zehn Jahren am gleichen Ort wiederzutreffen, um sich auszutauschen, wie sich ihre Leben entwickelt haben. Doch kaum haben sie sich voneinander verabschiedet, merken sie, dass sie sich auf den ersten Blick ineinander verliebt haben. Sie versuchen nun, sich wiederzufinden, haben jedoch außer dem Vornamen keine weiteren Informationen über den anderen. Das macht die Suche mehr als kompliziert. Aber vielleicht möchte das Schicksal ja auch noch ein Wörtchen mitreden?

Judith Pinnow schreibt sehr angenehm, locker und unverkrampft. Sie wechselt regelmäßig die Perspektiven und beschreibt sowohl Teds als auch Valeries momentane Situation recht ausführlich. Ich konnte bei der flüssigen Erzählweise gar nicht anders, als einfach ohne Pause weiterzulesen.

Ted und Valerie sind zwei sehr sympathische Protagonisten. Beide sind um die 30 und haben noch längst nicht das erreicht, was sie sich vom Leben erwarten. Valerie führt nach abgebrochenem Studium in München einen Waschsalon, träumt aber davon, am Meer zu leben. Der Amsterdamer Ted arbeitet im IT-Bereich, hat einen Sohn, von dessen Mutter er schon längst getrennt ist und liebt die Berge leidenschaftlich. So gegensätzlich ihre Vorlieben sind, so stark fühlen sie sich zueinander hingezogen. Mir sind beide sofort ans Herz gewachsen und ich habe ihnen ihr Happy-End sehr gewünscht.

Ted und Valerie denken ständig an den anderen, der unerreichbar scheint. Und nebenher läuft es bei den beiden alles andere als glatt. Während sie einander suchen, steht das Leben nicht still: Sie lernen andere Menschen kennen, gehen Beziehungen ein und müssen berufliche und weitere grundsätzliche Entscheidungen treffen. Ihr Leben ohne den anderen planen und führen...
Diese Herausforderungen und Entscheidungen werden so lebensnah und packend geschildert, dass der Roman bis zum Schluss nichts an Spannung verliert. Ich wurde dabei immer wieder von der manchmal nicht vorhersehbaren Handlung überrascht.

„Rendezvous in zehn Jahren“ ist ein wunderbar optimistischer Roman, ganz federleicht erzählt. Ich konnte während des Lesens perfekt abschalten und alles andere um mich herum für kurze Zeit vergessen. Ein echtes Seelentröster-Buch, Schokolade fürs Gemüt und das ganz ohne störende Kalorien.

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Veröffentlicht am 21.04.2020

Fesselnder Pageturner mit Gruselfaktor

Das Dorf der toten Seelen
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Merkwürdige Dinge gehen 1959 in Silvertjän, einem Bergarbeiterdorf, vor, kurz nachdem die Grube geschlossen wird. Sämtliche Bewohner verschwinden spurlos, nur ein einziger Säugling bleibt im Dorf zurück ...

Merkwürdige Dinge gehen 1959 in Silvertjän, einem Bergarbeiterdorf, vor, kurz nachdem die Grube geschlossen wird. Sämtliche Bewohner verschwinden spurlos, nur ein einziger Säugling bleibt im Dorf zurück und wird später lebendig aufgefunden.
Sechzig Jahre später: Alice hat an der Filmhochschule studiert und möchte gemeinsam mit einem Team aus vier weiteren Personen einen Film über den verlassenen, mysteriösen Ort drehen und dabei möglicherweise herausfinden, was damals wirklich geschah. Sie selbst hat ein persönliches Interesse, alles aufzuklären, denn die Familie ihrer Urgroßmutter war auch unter den Dorfbewohnern. Doch bald schon stellt sich heraus, dass es im verlassenen Dorf zu spuken scheint und die Filmer merken schnell, dass sie nicht alleine im Ort sind. Als sich Tone, ein Mitglied der Gruppe, verletzt und alle durch eine unerklärliche Explosion komplett von der Außenwelt angeschlossen werden, beginnt ein Wettlauf mit der Zeit...

Camilla Sten kann wie ihre Mutter Viveca zweifelsohne schreiben. Der Roman liest sich flüssig und gut verständlich. Die Geschichte ist aus der aktuellen Sicht von Alice geschrieben, es werden aber zwischendurch immer Kapitel eingeschoben, in denen ihre Urgroßmutter Elsa 1959 berichtet, was damals 1959 passiert. Dies macht den Roman sehr abwechslungsreich, interessant und mitreißend. Ein echter Pageturner!

Stens Charaktere befinden sich alle in einer Extremsituation: Alice, die früher unter starken Depressionen litt und sich gar umbringen wollte, Cutterin Emmy, Alices frühere beste Freundin- die Freundschaft zerbrach aber unter sehr unglücklichen Umständen-, die labile Tone, die ebenfalls persönlich mit dem Dorf verbunden ist und früher Elsa, die merkt, dass sich 1959 im Dorf schlimme Dinge ereignen, die sie nicht aufhalten kann. Jeder hat sein „Päckchen zu tragen“ und große Schwierigkeiten, mit seiner Lage umzugehen. Konfliktpotential wie z.B. Emilys und Alices gemeinsame Vergangenheit oder psychische Probleme der Beteiligten „lauert“ überall. Eine sehr interessante Figuren-Konstellation, die die ohnehin schon aufregende Geschichte noch fesselnder und faszinierender gestaltet.

Der Roman ist überaus dramatisch und spannend, voller Gänsehautmomente. Die Autoren schafft es bis zum Schluss, die Spannung immer weiter zu steigern. Am Ende gipfelt alles in einem atemberaubenden Finale. Die Auflösung ist nicht hundertprozentig logisch und realistisch, es bleiben Fragezeichen, ein kleiner Hauch von Mystik eben. Aber im Großen und Ganzen ist der Plot nachvollziehbar und verständlich.

Ein packender, mysteriöser Krimi-Thriller mit großem Gruselfaktor und Gänsehautgarantie, nichts für schwache Nerven, aber für alle, die hochspannende Unterhaltung mögen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das „Dorf der toten Seelen“ nicht das einzige Buch der jungen talentierten Autorin bleiben wird.

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Veröffentlicht am 17.04.2020

Magisches Märchenabenteuer über das Anderssein

Der Zauber von Immerda 1 – Die Suche nach dem verschwundenen Dienstag
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Alle sind wichtig und werden gebraucht. Aber manche ziehen einfach ein wenig mehr Aufmerksamkeit auf sich als andere.“

Anemona lebt in Immerda und verfügt über magische Fähigkeiten. Doch mit diesen ist ...

Alle sind wichtig und werden gebraucht. Aber manche ziehen einfach ein wenig mehr Aufmerksamkeit auf sich als andere.“

Anemona lebt in Immerda und verfügt über magische Fähigkeiten. Doch mit diesen ist sie alles andere als zufrieden. Denn während ihre Schwester beispielsweise einen Pflug samt Esel alleine durch die Kraft ihrer Gedanken hoch heben kann, ist Anemona lediglich in der Lage, verschwundenen Dinge wiederzufinden. Doch gerade diese so unspektakulär wirkende Fähigkeit ist nun gefragt. Die berühmteste Hexe von ganz Immerda, Moreg Vaine, bittet Anemona um ihre Hilfe: Der letzte Dienstag ist komplett aus der Erinnerung der Leute verschwunden und Anemona soll herausfinden, wo der Tag abgeblieben ist. Das Mädchen begibt sich auf die Suche und damit beginnt ein aufregendes Abenteuer.

Dominique Valentes Geschichte ist zwar in klarer, verständlicher und anschaulicher Sprache geschrieben, anfangs musste ich mich aber erst ein wenig in die „zeitlosen“, dadurch etwas unmodern erscheinenden Formulierungen „einlesen“. Kinder ab neun, zehn Jahren können den Text sicherlich schon eigenständig bewältigen und werden an den oft humorvollen Darstellungen ihre Freude haben. Dabei motivieren die kleinen witzigen Illustrationen zusätzlich.

In Immerda leben unzählige unterschiedliche, teils magische Geschöpfe. Auf ihrer Suche lernt Anemona daher einige individuelle Charaktere kennen: Dunkelseher, Drachen oder Trolle....Begleitet wird sie z.B. von Oswald, einem Kobold in Katzengestalt. Sehr phantasievoll schildert die Autorin die einzelnen originellen Figuren. Obwohl die bescheidene, ängstliche Anemona anfangs unscheinbar wirkt und glaubt, nichts Besonderes zu sein, leistet sie im Lauf der Geschichte ganz und gar Beachtliches. Ihre Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit, Eigenschaften, die in Immerda sonst nicht viel wert sind, sind ihr dabei eine entscheidende Hilfe.

Es macht Spaß, in das magische Land „einzutauchen“ und sich ganz auf die Geschichte einzulassen. Immerda ist keine heile Hochglanzwelt. Mitunter geht es da recht düster und dreckig zu. Ein wenig verworren und nicht immer ganz logisch und stringent kam mir die Handlung manchmal schon vor, aber im Großen und Ganzen ist der Aufbau spannend und nachvollziehbar. Da Magie eine große Rolle spielt, dürfen für mich durchaus manche „Fragezeichen“ stehen bleiben.
„Der Zauber von Immerda- Die Suche nach dem verschwundenen Dienstag“ ist eben ein Märchen. Ein Märchen mit schöner Botschaft:
Alle Menschen sind unterschiedlich, Anderssein zu dürfen ist wichtig und bereichert. „Seltsame Menschen sind die besten von allen“, findet gar Moreg Vaine.

Auch diese zauberhafte Geschichte ist etwas anders und genau daher lesenswert. Denn nicht selten sind seltsame Geschichten die besten von allen.

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Veröffentlicht am 06.04.2020

Gute Unterhaltung, mit kleinen Schwächen

Die Dame vom Versandhandel
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Fulda 1957: Die junge Annie hat als einfache Sekretärin im Versandhaus Eulendorf angefangen. Nun ist sie die Ehefrau des Inhabers Kurt Laube und erwartet das erste gemeinsame Kind. Immer wieder bringt ...

Fulda 1957: Die junge Annie hat als einfache Sekretärin im Versandhaus Eulendorf angefangen. Nun ist sie die Ehefrau des Inhabers Kurt Laube und erwartet das erste gemeinsame Kind. Immer wieder bringt sie während der Blüte des Wirtschaftswunders, die Firma, die ihr so ans Herz gewachsen ist, mit ihren lukrativen, mutigen Ideen weiter. Durch ihr Engagement wächst das Geschäft stetig und kann sogar expandieren. Doch als Kurt sich immer mehr von Annie zurückzieht und sich in sein Hobby, das Dressurreiten, flüchtet, versucht sie die Ursache für sein abweisendes Verhalten zu ergründen. Dabei stößt sie auf wohlgehütete Familiengeheimnisse, die alles ins Wanken bringen....

Ulrike Wolffs Roman liest sich locker, leicht und flüssig. Der Schreibstil ist klar und angenehm unkompliziert. Die Geschichte wird aus Sicht der Protagonistin Annie geschrieben. All ihre Gedanken und Gefühle werden aber nicht aus der Ich-Perspektive, sondern in der dritten Person geschildert.

Annie ist eine patente zupackende emanzipierte Frau, die sich nicht mit der Rolle einer einfachen Sekretärin zufriedengibt. Sie möchte mitbestimmen und tut das ziemlich erfolgreich. Die Figur Annie steht für Frauen wie ihre berühmten Vorbilder Grete Schickedanz oder Aenne Burda, die sich in der Zeit des Wirtschaftswunders als Geschäftsfrauen bewährt haben. Eine interessante, bewundernswerte Frau, die recht stimmig, authentisch und nachvollziehbar charakterisiert wird. Ihr Mann Kurt hingegen bleibt im Gegensatz dazu für mich etwas blass, ist schwer zu fassen. Er hatte eine schwierige Kindheit, die ihn nachhaltig prägte, seine Leidenschaft gehört dem Dressurreiten. Aber auch das, wird nur am Rande thematisiert und nicht sehr überzeugend und wenig ausführlich dargestellt.

Die Dame vom Versandhandel ist ein spannender, unterhaltsamer Roman. Bis zum Schluss kommt es noch zu überraschenden Wendungen, von denen ich als Leser vorher nichts ahnte. Sehr packend, aber manche Auflösung war mir doch etwas zu sehr „an den Haaren herbeigezogen“. Für meine Begriffe war die Rolle des Zufalls zu groß, um noch realistisch zu sein, auch wenn es im Nachwort heißt der Geschichte beruhe zum Teil auf wahren Begebenheiten...
Annie ist öfter alleine in Deutschland unterwegs, ihr Weg führt sie z.B. nach Spiekeroog, München oder nach Weimar, damals noch DDR. Der Wechsel des Schauplatzes sorgt für erfrischende Abwechslung im Plot.

Eine aufregende Reise ins Deutschland zur Zeit des Wirtschaftswunders, ein interessanter Einblick in ein aufstrebendes Unternehmen, das Porträt einer selbstbewussten, erfolgreichen Geschäftsfrau. Alles in allem gute Unterhaltung, nicht durchgehend stimmig und überzeugend, aber definitiv sehr kurzweilig und lesenswert.

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Veröffentlicht am 27.03.2020

Würdest Du dein Leben gegen ein anderes eintauschen?

Glückstausch
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Polly wird vom Pech verfolgt: sie ist kaufsüchtig, hat Schulden, ihr Freund ist weg und dann wird die Sporttherapeutin auch noch auf Schmerzensgeld verklagt.
Simon geht es kaum besser: in der Ehe mit seiner ...

Polly wird vom Pech verfolgt: sie ist kaufsüchtig, hat Schulden, ihr Freund ist weg und dann wird die Sporttherapeutin auch noch auf Schmerzensgeld verklagt.
Simon geht es kaum besser: in der Ehe mit seiner Frau läuft es nicht, er hasst seine Schwiegermutter, mit den Kindern kann er nichts mehr anfangen und dann verliert er auch noch seinen Job als Autoverkäufer. Doch Hilfe naht in Gestalt der höllischen Firma Lucifer Inc.. Den beiden Unglücksraben wird angeboten, ihr komplettes Leben mit einer anderen zufriedeneren und begünstigteren Person zu tauschen. Nach anfänglichen Zögern willigen die beiden schließlich in den „Glückstausch“ ein....

Carole Wyer schreibt erfrischend, unterhaltsam und sehr flüssig. Es war kein Problem, in die Geschichte hineinzufinden. Unkompliziert und angenehm zu lesen!

Auch wenn die Figuren Polly und Simon etwas überspitzt dargestellt werden, finde ich beide Charaktere verständlich, nachvollziehbar und sympathisch, irgendwie liebenswert. Es tat mir sehr leid, dass sie so viel Pech und so große Schwierigkeiten haben, glücklich zu werden. Viele ihrer Probleme sind hausgemacht, vor allem in Pollys Fall, die einfach nicht richtig mit Geld umgehen kann. Aber für die Ereignisse, die der ganzen Misere noch die Krone aufsetzen, dass Polly verklagt wird und dass Simons seinen Job verliert, können die beiden selbst nun wirklich nichts. Beide haben trotz allen Unglücks aber besonders treue Freunde, auf die sie immer zählen können. Pollys Freundin Kaitlin unterstützt Polly, wo sie kann, auch wenn sie nun auf Gran Canaria lebt und Eric, Simons ehemaliger Kollege, hat immer Zeit und ein offenes Ohr für Simon.

Würdest Du dein Leben gegen ein anderes eintauschen, wenn du plötzlich die Möglichkeit dazu erhältst ? Das ist eine Frage, die wir uns sicherlich alle schon einmal gestellt haben. Autorin Caroline Wyer macht aus diesem Thema gleich einen ganzen Roman, mit etwas überzeichneten Figuren, teils skurrilen Geschehnissen, aber vor allem einer witzigen und mitreißenden Handlung. Zu keiner Zeit langweilig. Die ganze Geschichte über wollte ich wissen, wie es weitergeht und wurde dabei richtiggehend durch die Seiten „getragen“.

Trotz allen Witzes und einer ziemlich überraschenden Auflösung, hatte die lustige Geschichte auch eine schöne ernste Botschaft: Es ist nicht alles Gold, was glänzt und nicht alles Schrott, was im Moment nicht glänzt. Ein netter, unterhaltsamer, witziger und positiver Roman, der für gute Laune sorgt und Spaß macht.

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