Überzeugende Familiensaga mit italienischem Flair
BelmonteZuerst eine Warnung in eigener Sache:
Wenn ihr das Buch lesen möchtet, seht euch NICHT den Stammbaum am Beginn des Buches an!! Er verrät zu viel und spoilert ungemein!
Simona, deutsch-italienisches Gastarbeiterkind ...
Zuerst eine Warnung in eigener Sache:
Wenn ihr das Buch lesen möchtet, seht euch NICHT den Stammbaum am Beginn des Buches an!! Er verrät zu viel und spoilert ungemein!
Simona, deutsch-italienisches Gastarbeiterkind in 3. Generation, wuchs bei ihrer Großmutter Franca im Allgäu auf. Als diese stirbt, erbt sie das Elternhaus ihrer Nonna im verschlafenden Dorf Belmonte bei Ancona in Italien. Eine Überraschung für Simona, die keine Ahnung von diesem Besitz hatte und eben erst ihren Job als Landschaftsgärtnerin verloren hat. Auch die Beziehung zu ihrem langjährigen Freund fühlt sich nicht mehr so an, wie es sein sollte. Dieser Umstand und die Kündigung lässt Simona Richtung Süden nach Belmonte in die italienische Marken in Mittelitalien aufbrechen. Im kleinen mittelalterlichen Dorf wartet aber nicht nur ein altes Haus mit einem großen Garten, der ihr Gärtnerherz höher schlagen lässt, sondern auch ihre unbekannte italienische Familie. Eines Tages hat sie eine von Franca besprochene Kassette im Briefkasten, auf der sie ihre Lebensgeschichte erzählt....
Antonia Riepp erzählt in diesem bezaubernden Roman über vier Generationen von Frauen einer Familie. Auf unterschiedlichen Zeitebenen berichten Teresa und Franca in der 3. Person aus der Vergangenheit, sowie Simona in der Gegenwart aus der Ich-Perspektive aus ihren Leben.
Das hört sich kompliziert an - ist es aber nicht. Während man im ersten Kapitel mit Teresa im Jahr 1944 in die Berge geht, um Partisanen zu unterstützen, lernen wir später ihre Tochter Franca kennen, die als Gastarbeiterin in Deutschlandein neues Leben beginnen möchte.
Die Lebensgeschichten von Simona und ihren Vorfahren wird abwechselnd erzählt. Über jedem Kapitel steht der Name der Protagonistin, die wir begleiten. Normaler Weise begeistert mich der Handlungsstrang in der Vergangenheit immer mehr, doch dieser Roman hat mich auf allen Ebenen gleichermaßen überzeugt. Ich zitterte mit Teresa, die an ihrer erzwungenen Ehe zerbricht, hoffte mit Franca, dem "Bastard", auf eine bessere Zukunft, schüttelte den Kopf über die verzogene Marina und erlebte mit Simona die Herzlichkeit ihrer italienischen Familie. Sie lernt die fast hundertjährige Marta kennen, die Teresas beste Freundin und Francas Ersatzmutter war und die noch immer ein Geheimnis hütet, sowie Irma, Francas Freundin und Ersatzschwester.
Während Simona auf der Suche nach ihren Wurzeln ist und sich in Belmonte auf die Spuren ihrer Ur- und Großmutter macht, erzählt Antonia Riepp in wunderbar lebendigen und sehr bildhaften Beschreibungen über diese Gegend in Italien und lässt uns teilhaben am Leben im beschaulichen Dorf und ihren temperamentvollen Bewohnern. Die Geschichte ist nicht vorhersehbar und beinhaltet einige überraschende Wendungen.
Die Charaktere sind vielschichtig und lebendig. Einige wachsen uns ans Herz, andere haben mich aufgeregt und wiederum ein Teil blieb zuerst undurchschaubar. Alle haben Ecken und Kanten und sind Menschen, wie du und ich.
Wir erfahren mehr über den Kampf der Partisanen während des zweiten Weltkrieges, schütteln den Kopf über die streng konservatibven Moralvorstellungen dieser Zeit im erzkatholischen Italien, erleben die Wirtschaftskrise und Not der Nachkriegszeit, die viele Italiener als Gastarbeiter nach Deutschland führten und Simonas Sinnkrise, die durch die Suche nach ihre Wurzeln ein Ende findet. Besonders die Schicksale von Teresa und Franka haben mich sehr berührt.
Schreibstil:
Der Schreibstil von Antonia Riepp ist einfühlsam und mitreißend. Ich habe mit allen drei Frauenfiguren mitgefiebert und mitgelitten.
Die Landschaftsbeschreibungen der italienischen Marken ist lebendig und sehr bildhaft und auch die typischen italienischen Lebensgewohnheiten werden wunderbar vermittelt. Belmonte ist ein fiktiver Ort. Die Autorin hat sich das Dorf Castiglioni di Arcevia in den Marken als Vorbild genommen.
Fazit:
Eine großartige und bezaubernde Familiengeschichte, die mich auf allen Zeitebenen begeistern konnte. Hätte ich diesen bewegenden Roman nicht bei Lovelybooks gewonnen, wäre mir eine wunderbare Geschichte entgangen. Den Roman kann ich zu 100% weiterempfehlen!