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Veröffentlicht am 09.01.2017

Das Geheimnis des Restaurantführers

Gefährliche Empfehlungen
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Dies war mein erster Xavier-Kieffer-Roman, den ich bei „vorablesen“ gewonnen habe. Die Idee eines Kochs als Ermittler ist jedenfalls sehr originell und auch der Handlungsrahmen passt zum Thema Kulinarik:

Der ...

Dies war mein erster Xavier-Kieffer-Roman, den ich bei „vorablesen“ gewonnen habe. Die Idee eines Kochs als Ermittler ist jedenfalls sehr originell und auch der Handlungsrahmen passt zum Thema Kulinarik:

Der Luxemburger Koch Xavier Kieffer begleitet seine Freundin Valerie Gabin in Paris zu einer Veranstaltung, die sich um den von ihrem Großvater gegründeten Restaurantführer „Guide Gabin“ dreht. Während der Rede des französischen Präsidenten Allegret kommt es plötzlich zu einem Stromausfall und danach ist ein Exemplar des seltenen Gabin von 1939 verschwunden. Kurze Zeit später stolpert Kieffer auch noch über den sterbenden stellvertretenden Leiter der Nationalbibliothek, dessen Tod ebenfalls mit diesem Buch zu tun haben dürfte. Er beginnt Nachforschungen anzustellen, die ihn ins Visier von Geheimdiensten zu bringen scheinen.
Zwischen diese Haupthandlung werden immer wieder Kapitel eingeschoben, die von den Erlebnissen eines Agenten des amerikanischen Nachrichtendienstes OSS berichten, der sich in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs auf einer „Schnitzeljagd“ durch Frankreich befindet.

In diesem Krimi treten eine Reihe interessant gezeichneter Figuren auf, die sich deutlich vom in diesem Genre Üblichen abheben. Auch einige Nebenfiguren hätten durchaus Potential für einen größeren Auftritt – aber vielleicht war das ja bereits in anderen Teilen der Reihe der Fall.

Der Erzählstil ist für einen Krimi eher gemächlich, dafür wird das Flair der Schauplätze sehr gut eingefangen und es gibt viele aufschlussreiche Hintergrundinformationen, zum Beispiel über die Tradition der französischen Küche oder die Abläufe in einem Restaurant.
Teilweise sind die Beschreibungen aber zu ausufernd, wenn etwa der Weg, den Kieffer zurücklegt, relativ ausführlich beschrieben oder zum gefühlt tausendsten Mal erwähnt wird, dass er sich eine Zigarette anzündet.

Generell wird über weite Strecken wenig echte Spannung erzeugt, manche Szenen sind im Vergleich dazu wieder übermäßig dramatisch. Vor allem das Ende ist übertrieben actionreich und die ganze Auflösung wirkt für meinen Geschmack zu weit hergeholt und unrealistisch.

Dennoch kann ich dieses Buch Krimi-Fans, die sich für Kulinarik interessieren und mal Lust auf etwas Abwechslung haben, durchaus weiterempfehlen.

Veröffentlicht am 08.01.2017

Bild-Zeitung vor 100 Jahren

1913
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Bisweilen wurde ich bei der Lektüre an die Vorgehensweise der Boulevardpresse erinnert – wenn beispielsweise Oskar Kokoschkas Besessenheit von Alma Mahler ausführlich geschildert oder genüsslich aus Franz ...

Bisweilen wurde ich bei der Lektüre an die Vorgehensweise der Boulevardpresse erinnert – wenn beispielsweise Oskar Kokoschkas Besessenheit von Alma Mahler ausführlich geschildert oder genüsslich aus Franz Kafkas reichlich verunglückten Liebesbriefen an Felice Bauer zitiert wird.
Auch sonst befasst sich dieses Buch wenig bis gar nicht mit Politik (Gestalten wie Hitler oder Stalin kommen nur mal am Rande vor), sondern wirft Schlaglichter auf all die großen und kleinen Ereignisse, Katastrophen und Abenteuer, welche die Angehörigen der „High Society“ im Jahr 1913 beschäftigten.

Der Autor springt dabei von Protagonist zu Protagonist und von Schauplatz zu Schauplatz; einer kurzen Episode, manchmal nur ein paar Zeilen lang, folgt die nächste. So etwas wie ein Erzählfluss will dabei natürlich nicht aufkommen, es gelingt aber doch ganz gut, die Atmosphäre dieses letzten Jahres vor dem Untergang der damaligen Weltordnung einzufangen.
Selbstverständlich könnte man ein ähnliches Buch über jedes beliebige Jahr schreiben, 1913 wurde ja erst im Rückblick zu etwas Besonderem. Gerade die Banalität der meisten hier erzählten Geschichten zeigt aber, wie leicht es geschehen kann, dass aus scheinbar heiterem Himmel eine Katastrophe hereinbricht.

Auch wenn man dadurch keine großartigen neuen Erkenntnisse gewinnen wird, kann die Lektüre also doch ganz interessant sein.

Veröffentlicht am 08.01.2017

Traum von einem besseren Leben

Der Junge, der Träume schenkte
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Ausgangspunkt dieses Romans ist die tragische Geschichte der 13jährigen Italienerin Cetta, die von einem Freund ihres Gutsherrn vergewaltigt wird. Dennoch gibt sie ihren Traum von einem besseren Leben ...

Ausgangspunkt dieses Romans ist die tragische Geschichte der 13jährigen Italienerin Cetta, die von einem Freund ihres Gutsherrn vergewaltigt wird. Dennoch gibt sie ihren Traum von einem besseren Leben nicht auf und es gelingt ihr tatsächlich, gemeinsam mit ihrem Sohn Natale nach Amerika zu emigrieren.
Im ersten Teil werden dann abwechselnd die Ereignisse nach Cettas Ankunft in New York sowie ihre Versuche in der amerikanischen Gesellschaft Fuß zu fassen und die 13 Jahre später beginnenden Erlebnisse ihres Sohnes, der von der Einwanderungsbehörde den Namen Christmas verpasst bekommen hatte, erzählt, während im zweiten Teil vor allem Christmas im Mittelpunkt steht.

Das Buch handelt im wesentlichen von dem Streben nach einem erfüllten Leben, das die Protagonisten letztlich alle auf eine gewisse Weise erreichen können. Zuvor müssen sie jedoch eine Reihe düsterer Momente ertragen; der Autor scheut nicht davor zurück, eine von Armut, Ausbeutung und allgegenwärtiger Kriminalität geprägte Welt darzustellen, die für ihre Bewohner auf den ersten Blick nur Ärger und Leid zu bieten hat. Umso positiver erscheint es daher, wie vor allem Christmas es immer wieder schafft, Rückschläge zu überwinden, wenngleich er zwischendurch oft dabei ist, die Hoffnung zu verlieren.

Allerdings bin ich aus diesem Hauptdarsteller bisweilen nicht wirklich schlau geworden. An sich ist er ein aufgeweckter Bursche, dem es dank seiner besonderen sozialen Fähigkeiten immer wieder gelingt, sich Freunde unter Angehörigen der verschiedensten Gesellschaftsschichten zu machen. Andererseits schlägt seine Persönlichkeit oft plötzlich um und er reagiert übertrieben feindselig und unwirsch.
Außerdem wirken einige Handlungselemente reichlich unrealistisch, es fügt sich letztlich immer alles so, wie man es sich wünschen würde.

Nichtsdestotrotz ist dieser Roman lesenswert, denn der wunderschöne und eingängige Erzählstil, der den Leser tief in die Geschichte eintauchen lässt und die Gefühle der Protagonisten sehr gut transportiert, entschädigt für manches kleine Manko.

Veröffentlicht am 08.01.2017

Liebesroman vor historischer Kulisse

Die Tochter des letzten Königs
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Der Inhalt dieses Romans orientiert sich am Leben der Nest(a) ferch Rhys, einer schillernden Figur des mittelalterlichen Wales, über deren abwechslungsreiche Biographie es viele Gerüchte und Spekulationen ...

Der Inhalt dieses Romans orientiert sich am Leben der Nest(a) ferch Rhys, einer schillernden Figur des mittelalterlichen Wales, über deren abwechslungsreiche Biographie es viele Gerüchte und Spekulationen gibt, aber relativ wenige harte Fakten bekannt sind. So eignet sich ihr Schicksal natürlich wunderbar als Projektionsfläche für die Ideen einer Autorin.

Nestas Vater Rhys ap Tewdwr (dieser Name sollte sich später in Tudor umwandeln) war ein mächtiger walisischer Fürst, der 1093 bei einem Kampf gegen ein normannisches Heer zu Tode kam, woraufhin seine Tochter in Gefangenschaft geriet. Der spätere König Henry nahm sich ihrer an, machte sie zu seiner Geliebten, verheiratete sie aber schließlich mit dem Krieger Gerald de Windsor, zu dessen Aufgaben es gehörte, in Südwales für Ordnung zu sorgen und walisische Rebellen zu bekämpfen.

Diese Geschichte wird flott und lebendig erzählt, ich konnte mich gut in Nesta hineinversetzen. Es ist schön, sie bei ihren Erlebnissen zu begleiten, sich mit ihr zu freuen oder auch mitzuleiden.

Bei der Darstellung der historischen Hintergründe dürfte sich die Autorin allerdings viel dichterische Freiheit genommen haben. Nicht nur, was Nesta als Person betrifft, sondern auch hinsichtlich des Ambientes, in dem die Handlung angesiedelt ist. Ein paar Dinge werden dann aber zumindest im Nachwort aufgeklärt.
Nesta wird sehr sympathisch gezeichnet, ist zu großen leidenschaftlichen Gefühlen fähig und dabei doch immer bestrebt, das Richtige zu tun – was für eine echte historische Persönlichkeit aber unrealistisch ist.
Außerdem wirken die Protagonisten in ihren Denkweisen oftmals zu modern.

Dennoch hat mir das Buch alles in allem sehr gut gefallen, ich kann es Fans romantischer Lektüre, die über einige Ungereimtheiten hinwegsehen können, nur weiterempfehlen.
Da es für meinen Geschmack aber zu wenig „historisch“ ist, gibt es leider doch einen Punkt Abzug.

Veröffentlicht am 08.01.2017

Kriminalfall im alten Irland

Tod bei Vollmond
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Dies war mein erster Schwester-Fidelma-Roman, vielleicht hatte ich auch deshalb ein paar Schwierigkeiten, mit den Protagonisten richtig warm zu werden.

Die Ausgangsposition verspricht einige Dramatik: ...

Dies war mein erster Schwester-Fidelma-Roman, vielleicht hatte ich auch deshalb ein paar Schwierigkeiten, mit den Protagonisten richtig warm zu werden.

Die Ausgangsposition verspricht einige Dramatik: Im Irland des Jahres 667 bekleidet Fidelma von Cashel, Schwester des Königs von Muman, unter anderem das Amt einer dalaigh, deren Hauptaufgabe darin bestand, Beweismittel aufzunehmen und festzustellen, ob in einem Rechtsfall weitere Ermittlungen angestellt werden sollten. In dieser Eigenschaft wird sie nach Rath Raithlen gerufen, um eine Reihe seltsamer Todesfälle aufzuklären. Drei Frauen waren in drei Vollmondnächten auf grausame Weise ermordet worden und für viele Dorfbewohner steht fest, dass die Afrikaner, die im nahe gelegenen Kloster zu Gast sind, etwas damit zu tun haben. Fidelma und ihr angelsächsischer Gefährte Eadulf beginnen Zeugen zu befragen und Nachforschungen anzustellen und kommen letztlich gleich mehreren Gesetzesverstößen auf die Spur.

Der historische Hintergrund, vor dem diese Handlung angesiedelt ist, und der im Vorwort kurz erläutert wird, ist sehr interessant. Ich wusste nicht, dass Frauen zur damaligen Zeit in Irland eine so starke Rechtsposition und beinahe Gleichstellung besaßen.
Dieser Aspekt der Geschichte hat mir sehr gut gefallen und generell werden die damaligen Lebensverhältnisse nachvollziehbar und lebendig geschildert.

Die Charakterisierung der handelnden Figuren konnte mich allerdings weniger überzeugen. Fidelma wirkt vielfach ziemlich arrogant, nicht nur gegenüber den Zeugen, die sie befragt, sondern auch gegenüber Eadulf. Sie scheint alles alleine machen zu wollen und an niemandes Meinung interessiert zu sein. Neben ihr sind die übrigen Personen bloße Nebendarsteller.
Außerdem fand ich es etwas seltsam, dass fast jeder auftretende Mann auf die eine oder andere Weise als gutaussehend beschrieben wird.

Durch den Kriminalfall wird aber jedenfalls einige Spannung erzeugt und trotz einiger kleiner Ungereimtheiten ist die Auflösung alles in allem stimmig.

Obwohl ich von dem Roman nicht restlos begeistert bin, würde ich doch gerne mehr über Fidelma und die versunkene Kultur der Kelten lesen.