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Veröffentlicht am 06.06.2020

Eine ganz außergewöhnliche Geschichte

Das Beste kommt noch
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Andrew ist Mitte 40 und lebt einsam und zurückgezogen in einem Ein-Zimmer-Appartment in London. Sein Vater starb plötzlich, als er noch klein war, seine Mutter wurde daraufhin schwer depressiv und starb, ...

Andrew ist Mitte 40 und lebt einsam und zurückgezogen in einem Ein-Zimmer-Appartment in London. Sein Vater starb plötzlich, als er noch klein war, seine Mutter wurde daraufhin schwer depressiv und starb, als Andrew gerade mit der Schule fertig war. Sein Verhältnis zu seiner älteren Schwester Sally war noch nie einfach. Seit 7 Jahren hat er sie nicht mehr gesehen. Als er vor 5 Jahren seine Arbeit verlor und er verzweifelt eine neue suchte, erfand er in seiner Einsamkeit, um dazuzugehören eine glückliche Familie, die zu Hause auf ihn wartet: die liebevolle, erfolgreiche Ehefrau Diane und zwei süße Kinder. Mit dieser Fantasie lässt sich der bisweilen unglaublich deprimierende Job als Nachlassinspektor besser verkraften. Er untersucht Wohnungen und Zimmer von Menschen, die alleine verstarben nach Hinweisen auf Hinterbliebene und genügend Vermögen um die Bestattungskosten zu decken. Was er dort sieht, ist teils erschreckend und wird nur vom Geruch getoppt. Aber seine Kollegen Keith und Meredith machen ihm fast noch mehr zu schaffen, während Chef Cameron stets bemüht ist, aus ihnen ein vertrautes Team zu bilden. Er präsentiert hierzu eine schrecklichere Idee nach der anderen. Doch neben seiner Modelleisenbahn tritt plötzlich ein Lichtblick in sein Leben: die neue strahlende Kollegin Peggy, mit ihrer Lebensfreude, die unerschütterlich scheint und keine Zweifel an seinem glücklichen Familienleben hat.

Das Leben hat es nicht gut mit Andrew gemeint, dabei sieht er nicht schlecht aus und ist ein wirklich netter Kerl, auf unauffällige Art und Weise. Allerdings traut er sich und dem Leben nicht so recht und schließt es so lange aus, bis er überzeugt ist, dass er eines Tages genauso sterben wird, wie die Menschen, deren Nachlass er sichtet. Doch er ist in seinem Alltag gefangen und vermag ihn nicht zu durchbrechen. Das ist bisweilen sehr traurig. Aber je mehr man von seiner Geschichte hört, desto mehr Verständnis hat man auch für ihn. Oft geht es mir bei Geschichten, dass ich ungeduldig mit den Helden werde und sie gerne wachrütteln würde. Bei Andrew ist das anders, man wünscht ihm zwar von Herzen, dass sich endlich mal was zum Guten wendet, aber ich kann gut verstehen, dass er weder Mut noch Energie hat, sein Leben umzukrempeln. Bisher hat es das Leben mit ihm nicht gut gemeint und ihm auch keinen Grund zur Annahme gegeben, dass es das noch mal geschehen könnte. Doch dann kommt Peggy, die nach und nach seinen Panzer mit Rissen durchzieht. Je mehr man von dieser scheinbar lebensbejahenden Person erfährt, desto mehr merkt man allerdings, dass auch bei ihr nicht alles eitel Sonnenschein ist. Die beiden geben sich Kraft. Natürlich erwartet man von einem Hörbuch dieses Titels, dass alles gut ausgeht. In dieser Gewissheit wird man zum Glück auch nicht enttäuscht. Es ist ein wunderschönes Happy End, dass ich so in seiner Konsequenz nicht zu erhoffen gewagt habe. Keine einfache Lovestory, sondern tiefer gehend. Eine neue Liebe alleine hätte wohl auch nicht gereicht, um Andrew dauerhaft das Leben lieben zu lehren. Das Ende ist umfassend genug, um vertrauensvoll in seine Zukunft zu blicken, lässt aber noch Raum zum Träumen und erschlägt die eigene Vorstellung nicht mit zu vielen Details, das gefällt mir sehr gut. Ich empfinde es auch weder als trivial, noch kitschig und vor allem siegt mein Gerechtigkeitsempfinden!

Den Anfang fand ich etwas zu lang und ausführlich, wobei mein Mann über die trockene Darstellung seines Lebens durchaus auch lachen konnte. Es ist z.T. wirklich zu absurd, allerdings, tat er mir zu sehr leid, um darüber lachen zu können. Das ist aber offensichtlich eine Typfrage. Mein Mann mag Matthias Matschke nicht, hat seine Stimme aber sofort erkannt und musste dennoch lachen. Ich finde ja seine Stimme sehr passend für diesen etwas verschrobenen, einsamen und zutiefst Verletzten. Er klingt freundlich und zurückhaltend und lässt immer wieder die Hoffnung durchblitzen. Obwohl er ebenso liebenswert wie seltsam ist, vermittelt Matthias Matschke, dass ja eigentlich Andrew weniger seltsam ist als seine Kollege, die von ihrem Selbstverständnis her, voll die Macher sind. So verschiebt sich der Blickpunkt: je mehr man Andrew versteht, desto befremdlicher werden seine Kollegen, oder die Menschen, die unaufgefordert bei den Nachlassinspektionen erscheinen. Trotz tiefsitzender Traumata erscheint Andrew immer normaler, bis er mit dem nächsten Trauma konfrontiert wird. So vermittelt Richard Roper tiefe Einblicke in das menschliche Spektrum der Merkwürdigkeiten, Rücksichtlosigkeiten, Schicksale und verpasster Chancen. All diese feinen Nuancen beherrscht der Melancholiker unter den deutschen Comedians und Schauspieler von Professor T. im Schlaf. So ist diese Geschichte zwar wunderschön zum Schluss und voller Hoffnung, aber stets unterlegt von einer großen Traurigkeit. Dies liegt nicht nur an Andrews bisher verpfuschten Leben, sondern auch an all den einsamen Schicksalen derer, die im Vergessenen verstorben sind und deren letzten Kontakte stets einräumten, dass man sich irgendwie aus den Augen verloren habe...

Eine bittersüße Symphonie des Lebens und Sterbens, die auf einer positiven, offenen Note endet. So verschroben, wie das Leben bisweilen sein kann. Ein außergewöhnliches Hörbuch, das im Gedächtnis bleibt und sich aus der Masse der Normalität wohltuend abhebt.

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Veröffentlicht am 21.05.2020

Geisterhafte Ferien!

Irmelina Geisterkind - Das Geheimnis der Dorfeiche (Band 1)
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Irmelina (Irmi) Geisterkind ist ein Naturgeist und total aufgeregt, denn zu ihrem 10. Geburtstag bald, soll sie ihr eigenes Geisterreich erhalten und von zu Hause ausziehen! Ihr Bruder Iwo ist Windgeist ...

Irmelina (Irmi) Geisterkind ist ein Naturgeist und total aufgeregt, denn zu ihrem 10. Geburtstag bald, soll sie ihr eigenes Geisterreich erhalten und von zu Hause ausziehen! Ihr Bruder Iwo ist Windgeist geworden, wie aufregend! Sie kennt ja nur die Kastanienalle vor Hügelhausen, in der sie mit ihren Eltern, zwei Wurzelgeistern, lebt. Sie träumt von Abenteuer und Freiheit! Welch eine Enttäuschung, als sie erfährt, dass sie auf die alte Dorfeiche, das Wahrzeichen von Hügelhausen aufpassen soll! Sie hat doch schon ihr ganzes Leben in Bäumen und Wurzeln verbracht. Enttäuscht verlässt sie entgegen der Naturgesetze ihren Baum und geht zum Tümpelbach um zu Plantschen. Dorthin ist auch die fast gleichaltrige Juna hingeflohen. Kaum haben ihre Sommerferien begonnen und sie sich auf die sturmfreie Bude gefreut, um Klavier zu üben, als der nervige Moritz vor der Tür steht. Der will unbedingt mit ihr spielen und schleicht sogar ums Haus! Schnell huscht sie durch die Hintertür, klettert über den Gartenzaun und läuft zum Bach! Als sie die tanzende Irmi dort trifft ist es der Beginn einer wunderbaren, aber heimlichen Freundschaft. Denn eigentlich darf Irmi sich Menschen auch nicht zeigen....

Welch ein Traum, eine geheime, kleine Freundin, nur für einen alleine und sie ist nicht ausgedacht, oh nein, sie existiert wirklich und hat sogar ganz besondere magische Fähigkeiten! Um ihre Freundschaft zu besiegeln, nimmt Irmi Juna sogar einen Freundschaftsschwur ab. Wie aufregend! Wenn doch nur nicht Moritz überall seine neugierige Nase reinstecken und petzen würde! Denn schon ziemlich bald fällt auf, dass Juna nicht alleine zu Hause bleibt, während ihre Eltern arbeiten... Nun muss Juna zu Moritz Mutter in die Kinderbetreuung und kann Irmi nicht wie verabredet treffen! Ui, das könnte zu Missverständnissen führen! Während Juna sich ganz brav auf die Ferien freut und überhaupt nicht vor hat, die Regeln zu brechen, pfeift Irmi auf sie! Sie hat einfach keine Lust darauf! Auch wenn sie Juna anstiftet das Grundstück zu verlassen, besteht für das Menschenkind nie Gefahr! So vernünftig ist Juna dann schon, nur Irmi zwickt hin und wieder das schlechte Gewissen, aber davon ahnt ihre neue Freundin nichts!

Diese zwei verstehen sich auf Anhieb! Auch wenn ich es nicht gut finde, dass Irmi sich nicht an ihre Pflichten hält, wendet sich alles doch zum Guten. Vor allem wird aber klar, dass Juna nichts wirklich Verbotenes unternimmt, was ich als wichtiges Signal für die jungen Leser empfinde.
Juna lebt in einem ganz kleinen Ort, umgeben von viel Natur. Jeder kennt jeden, und so haben alle ein Auge auf die Kinder. Eigentlich kann dann nicht viel passieren, sofern die Kinder schwimmen können. Doch auch in dieser Gemeinschaft sind nicht alle nett und Juna muss feststellen, daß Moritz doch nicht ganz so nervig ist, wie sie dachte. Auch das fanden wir schön, dass Juna bereit ist ihre Meinung zu ändern und offen für Neues ist. Irmi strotzt nämlich nur so vor Unternehmungsgeist und hat tausend Ideen im Kopf! Genauso energisch ist sie aber auch, wenn Not an Mann ist und dann sind Juna und Irmi wirklich gefragt!

Uns gefällt sehr gut, die Bedeutung der Natur, auch für eine aufregende Kindheit. Man muß nicht in der Großstadt leben, um aufregende Ferien zu verbringen. So wird auch die Bedeutung von Umweltschutz und -erhalt gegenüber finaziellen Interessen Einzelner gezeigt. Außerdem zeigt es die Stärke der Natur, die sich auch selbst regenerieren kann, wenn man sie lässt. Alte Bäume sind robust, weitere Verletzungen machen sie nur noch markanter. Allerdings brauchen sie dann Pflege und nicht unbedingt die Axt.

Frisch und frech erzählt Lydia Ruwe eine Feriengeschichte mitten in der Natur. Viele kleine und größere Illustrationen von Julia Bierkandt lockern den Text auf. Sie sind wirklich sehr süß und mit viel Liebe für Details und Schattierungen. Die Schrift ist wieder sehr angenehm für junge Leser. Schön groß und mit großzügigem Zeilenabschnitt, strengt es nicht so an! Viele kleine Geisterreime laden zum Mitsingen oder Reimen ein.

Im Anhang gibt es noch ein paar Naturtipps von Geisterkind Irmelina: wie erkenne ich einen Baum an seinen Blättern und eine Anleitung für Samenbomben für insektenfreundliche Lebensräume. Die Samenkugeln haben wir auch gleich ausprobiert und wir sind gespannt, wie die Insekten sie finden, wenn sie blühen.... Sie sehen zumindest schon mal cool aus! Hoffentlich keimen sie auch gut.

Ein lustiges und spannendes Kinderbuch ab 8 Jahren, das zu mehr Beschäftigung mit der Natur anregt!

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Veröffentlicht am 10.04.2020

Jeder kann über sich hinauswachsen!

Das Delfinmädchen
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Marie ist Einzelkind und übervorsichtig, man könnte fast meinen sie sei Hypchonderin. Ihre Eltern sind da ganz anders und so kommt es für Marie als völlig unvermittelter Schock, als ihr ihre Eltern eröffnen, ...

Marie ist Einzelkind und übervorsichtig, man könnte fast meinen sie sei Hypchonderin. Ihre Eltern sind da ganz anders und so kommt es für Marie als völlig unvermittelter Schock, als ihr ihre Eltern eröffnen, dass sie eine Pension auf einer kleinen spanischen Insel gekauft haben und dorthin ziehen werden. Sie lässt sich auch nicht von ihren Eltern von der Vorfreude anstecken und trotz Spanischkurses, lernt sie die Sprache in Deutschland kaum. Doch vor Ort lernt sie die gleichaltrige Carlotta Pilar kennen, die das genaue Gegenteil von ihr ist: draufgängerisch, scheint sie keine Furcht zu kennen. Sie ist immer gut gelaunt und voller Tatendrang! Außerdem spricht sie nahezu perfekt Deutsch, immerhin ist sie in einem Touristenort aufgewachsen! Die zwei ungleichen Mädchen freunden sich an und gehen gemeinsam mit Carlotta Pilars Hund auf Streifzüge. Dabei entdecken sie eine Delfinschule in der Bucht vor Maries neuem zu Hause. Einer von ihnen ist in große Not geraten und die mutige Carlotta Pilar ist fest entschlossen ihm zu helfen.

Sehr gut hat mir gefallen, dass dieses Buch das Bewusstsein der Kinder für die natürlichen Bedürfnisse der Delfine stärkt. Delfine sind wunderschön, aber keine Haustiere, sondern Wildtiere. Als solche brauchen sie ihre Freiheit im Meer und besonderen Schutz. Die Träume vieler, mit ihnen im Meer zu schwimmen sind gefährlich, bergen sie doch auch immer ein Infektionsrisiko. Dies sollte man nicht zur Freizeitbelustigung, aber auch nicht für Therapiezwecke in Kauf nehmen. Es gibt da andere, erprobtere, günstigere und sicherere Therapiemöglichkeiten. Doch wird hier auch gezeigt, dass der Tierschutz oft mit den wirtschaftlichen Interessen des Menschen konkurriert. Sie werden oft Opfer im Beifang von Thunfischen, oder werden gefangengehalten für Touristentouren. Auch dies ist für die Tier nicht ungefährlich. Da ihr Schutz sowohl der Autorin, als auch dem Verlag am Herzen liegen, gehen pro verkauften Band 1 ,- € als Spende an das NABU-Projekt „Meere ohne Plastik“.

Vor 10 Jahren ist dieses Buch erstmals veröffentlicht worden, nun erscheint es in neuem Gewand. Das erklärt, warum die Mädels so viel an der frischen Luft sind und sich geheime Botschaften per Hand schreiben. Heutzutage wäre Marie vielleicht aus Angst vor Gefahren erst gar nicht vor die Tür gegangen und hätte nur über ihrem Handy gehangen. So ganz analog konnte sie sich auf das Fremde und Ungewisse einlassen. Das macht gerade schüchternen und zurückhaltenden Kindern Mut sich auf Unbekanntes einzulassen und mal etwas zu wagen! In Gefahrensituationen muss die Autorin hier nicht auf vergessene Ladenkabel und leere Akkus zurückgreifen, um die Spannung zu erhöhen. Die Kinder müssen erfinderisch sein und mutig. Da sie es aber gewöhnt sind, ihre Probleme analog zu lösen, schaffen sie es auch. Dabei kommt die Geschichte nicht angestaubt daher. Im Gegenteil, die Probleme und Stärken sind heute noch mindestens ebenso aktuell und werden derzeit von Corona in den Hintergrund gedrängt, aber eben nicht gelöst. Es ist wichtig dieses Bewusstsein aufrecht zu erhalten und wie hier zu zeigen: jeder kann seinen Beitrag leisten, auch Kinder – gerade Kinder. Sie haben mit ihrem Verhalten und ihrer Einstellung Einfluss auf ihre Eltern und sie werden die künftigen Entscheider sein. Aber keine Sorge, es ist vor allem einem Geschichte über Freundschaft, über das über sich selbst Hinauswachsen und über die Liebe zu Tieren und Natur. Darüber, dass auch Kinder etwas bewirken können und kriminelle Machenschaften aufdecken können, ohne sich gleich mit der organisierten Kriminalität anzulegen. Umweltschweinereien gibt es leider an jeder Ecke und einige Täter kennt man vielleicht.

Natürlich geht es gut aus, wobei das Ende auch einen positiven Ausblick auf Maries Leben in ihrer neuen Heimat gibt. Gemeinsam mit Carlotta Pilar wird sie es schon schaffen!

Die Schriftgröße finden wir sehr angenehm für junge Leser und finden es auch gut, dass die Geschichte illustriert ist. Es hätten gerne noch mehr Illustrationen geben können. Die Sprache fanden wir für die Zielgruppe ab 9 Jahren gut verständlich.

Ein wirklich mitreißendes und ermutigendes Buch über Freundschaft, Veränderung, Mut und Tierschutz, das wir sehr gerne weiterempfehlen.

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Veröffentlicht am 05.04.2020

Toll gelesen!

Night of Crowns. Spiel um dein Schicksal
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Die siebzehnjährige Alice Salt ist mit ihrer alleinerziehenden Mutter vor gar nicht allzu langer Zeit umgezogen. Dennoch konnte sie sich an der neuen Highschool schnell einleben und hat in der temperamentvollen ...

Die siebzehnjährige Alice Salt ist mit ihrer alleinerziehenden Mutter vor gar nicht allzu langer Zeit umgezogen. Dennoch konnte sie sich an der neuen Highschool schnell einleben und hat in der temperamentvollen Chefcheerleaderin Cordy gleich am ersten Tag eine beste Freundin gefunden. Zwischen ihr und Peter, dem Quarterback der Footballmannschaft knistert es. Doch alles wird anders, als sie mit ihnen eine verbotene Party im Wald bei den exklusiven Privatinternaten Chesterfield und St. Barrington besucht. Nach einer schrecklichen Begegnung alleine im Wald dort, hat sie das Gefühl den Verstand zu verlieren. Sie fühlt sich von Spinnen verfolgt, die außer ihr niemand sehen kann. Ihre schulischen Leistungen sacken ab und auch im Cheerleading Team verliert sie ihren Stammplatz. Ihre einzige Chance scheinen Ferienkurse im Edelinternat Chesterfield zu sein, wenn sie das Schuljahr nicht wiederholen und ihr altes Leben zurück bekommen möchte. Dort ist alles fremd und ungewohnt und irgendwie macht es sie unglaublich müde, sie könnte ewig schlafen. Die Schüler sind zwar etwas extravagant. aber offen und sympathisch, vor allem der blonde Schulsprecher Vincent, zu dem sie sich gleich hingezogen fühlt. Schräg und beängstigend wird es allerdings, als sie erfährt, dass Vincent der weiße König in einem Schachspiel gegen St. Barrington ist. Denn beide Schulen haben eine tödliche Partie eröffnet, die so lange dauert, bis einer der Könige schachmatt und damit tot ist. Die Schüler sind die Spielfiguren und Alice muss sich entscheiden, für welche Seite sie spielt. In Curse, der sprechenden Katze, mit der der Albtraum erst begann, scheint sie allerdings eine geheime Verbündete zu haben.

Zuerst beginnt die Geschichte wie eine ziemlich typische, amerikanische Aschenputtel Version. Die brave, schöne Tochter, aus bescheidenen Verhältnissen, besten Noten und beliebte Cheerleaderin hat die Aufmerksamkeit des Schulprinzen geweckt. Dann kommt der harte Cut, als Alice einer unheimlichen sprechenden Katze mit dem unheilvollen Namen Curse begegnet und das Märchen zu einer Schreckensgeschichte wird. Denn der Name des Tieres ist Programm. Beide Schulen sind verflucht. Seit Generationen wiederholt sich dieser Wettkampf um Leben und Tod; immer wieder und es scheint kein Ende in Sicht. Mit dem 18. Geburtstag der Schulsprecher wird die Partie jeweils eröffnet. Beide Könige haben eine magnetische Ausstrahlung und scheinen um Alice Gunst zu buhlen, denn ihr kommt eine ganz besondere Rolle in diesem Stück zu. Sie, die keine Ahnung von den Regeln und den Verstrickungen hat, ist eventuell die Einzige die diesen Irrsinn beenden kann! Sie verfügt über besondere Gaben und Talente, wenn sie nur wüsste, welche es sind und wie sie diese beherrschen kann!

Bei dem Thema des Schachspiels auf Leben und Tod musste ich unwillkürlich an Harry Potter denken, doch diese Spiele haben nichts gemeinsam, außer, dass sie beide auf dem klassischen Strategiespiel basieren und todbringend sind. Diese Variante kommt mir jedoch grausamer und perfider vor, dauert sie doch auch viel länger. Alice als hilflose Schachfigur, die versucht ihr Leben wieder unter Kontrolle zu bekommen, obwohl sie wie ein Spielball zwischen den Mannschaften hin und hergeschoben wird, ist einem unwillkürlich sympathisch, auch wenn sie eigentlich als super kluge Cheerleaderin zu perfekt und glatt wirken könnte. Doch sowohl Köpfchen, als auch ihr akrobatisches Können sind in diesem Kampf erforderlich, möchte sie überleben. Dabei wird sie nicht nur von den Kämpfern bedroht, sondern auch von der Ungewissheit, dass sie nicht weiß, wem sie trauen kann und wem nicht. Mit ihr wird man in einen Strudel der Gefühle hin- und hergerissen. Beide Könige kämpfen um sie, doch kämpfen sie um sie als Person, oder ihre Rolle und Bedeutung im Spiel. Dabei finde ich die Erzählweise sehr interessant. Immer wieder werden Auszüge aus dem Spielerhandbuch eingeschoben, wodurch man die besonderen Eigenschaften und Bedeutungen einzelner Spielergruppen kennenlernt. Langsam setzt sich das Spiel wie ein Puzzele zusammen. Ebenso bruchstückhaft wird Alice von Visionen heimgesucht. Sie kann nicht einschätzen, ob es Halluzinationen oder Erinnerungen oder Erkenntnisse sind. Wer sind diese schönen jungen Menschen in der Kleidung längst vergangener Zeiten, die ihr immer wieder erscheinen und was hat ihr Schicksal mit dem ihren zu tun? Selbst Curse scheint ihr dort nicht weiterhelfen zu können und sie muss eine Entscheidung treffen. Die trifft sie und lässt den Hörer atemlos an einem Cliffhanger zurück. Wann geht es denn bloß weiter!?

Anders als bei Büchern, kommt für Gefallen und Missfallen eines Hörbuchs der Stimme eine ganz tragende Rolle zu. Oft entscheidet sie, ob das Hörbuch aus einer Geschichte mehr herausholen kann, als die Printversion. Madiha Kelling Bergner war mir kein Begriff und eine absolut postive Überraschung. Auch wenn sie deutlich älter als Alice ist, hört man es ihr nicht an. Die Cheerleaderin mit Köpfchen und Entschlossenheit hört man ihr ebenso an, wie ihre Angst, ihre Verzweiflung und vor allem ihre innerliche Zerrissenheit. Sehr lebendig variiert sie die Gefühle und Stimmungen der Geschichte mit ihrer Stimme, und verleiht auch den Erzähleinschüben ihre geheimnisvolle Nuance. Stets gut verständlich und deutlich, beherrscht sie die stimmliche Klaviatur der Emotionen und konnte mich voll und ganz überzeugen: eine Traumbesetzung!

Stella Tacks Stern am Urban-Fantasy/Romantasy Himmel geht gerade groß auf. Sie vermag es, mit knisternden Gefühlen, geheimnisvollen Plots und ausgefallenden Geheimnissen zu fesseln. Sie vermag es sogar, eine Geschichte mit jeder Menge unheimlicher Spinnen zu erzählen, ohne dass es ekelig wird! Da kann man noch auf einiges gespannt sein!

Dennoch hat mir nicht alles hundertprozentig gefallen. Der Einstieg hätte für mein Empfinden gestrafft werden können, aber vielleicht lag dies auch an den Erwartungen des Klappentextes, der Alice Vorleben eigentlich mit keinem Wort erwähnt. So ganz ohne dieses kommt die Geschichte jedoch nicht aus, ohne unglaubwürdig zu werden. Was wirklich für einige schwierig werden könnte, ist die Tracklänge. Die Tracks sind oft über eine halbe Stunde lang und einmal sogar 52 Minuten. Hört man die Geschichte per download oder PC ist das kein Problem, aber nicht jeder MP3-Player verfügt über eine Hörbuchfunktion, die sich die Stelle merkt, an der man zuvor unterbrochen hat. Für klassische Geräte ist die Tracklänge ein echtes Ärgernis. Da dies nun immer gängiger wird, habe ich lange nach einem Gerät mit entsprechendem Erinnerungsvermögen gesucht, damit ich nicht über jeden Energiesparvorgang verzweifle, weil ich mitten aus der spannendsten Szene herausgerissen werde.

Nichts destotrotz hat mir Alice schicksalhafte Geschichte richtig gut gefallen und ich werde den Ausgang der Partie auf jeden Fall weiter verfolgen!

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Veröffentlicht am 24.03.2020

Unterschätze nie das schwarze Schaf

Eisenblut
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Deutsches Reich 1888, das Dreikaiserjahr: Nach dem Tod von Kaiser Wilhelm I am 9. März folgte ihm sein ältester Sohn als Friedrich I für 99 Tage auf den Thron, bis er an Kehlkopfkrebs starb und von seinem ...

Deutsches Reich 1888, das Dreikaiserjahr: Nach dem Tod von Kaiser Wilhelm I am 9. März folgte ihm sein ältester Sohn als Friedrich I für 99 Tage auf den Thron, bis er an Kehlkopfkrebs starb und von seinem ältesten Sohn Wilhelm II beerbt wurde.
Kaiser Wilhelm I liegt im Sterben, Reichskanzler Bismarck ist schon über 70 Jahre alt und eine Umbruchsstimmung liegt in der Luft. Geheime Kurier des Reichs werden auf ihren streng vertraulichen Routen abgefangen, der Geheimdokumente entledigt und ermordet. Ein Vorgang der einer gründlichen Untersuchung bedarf, da es die Sicherheit des Reichs gefährdet. Daher ist es für Gabriel, kurz Gabi, Landow, den jüngeren Sohn eines ostpreußischen Landadeligen umso unerklärlicher, warum ausgerechnet er, der heruntergekommene, verstoßene Sohn und erfolglose Privatermittler mit dieser Aufgabe betraut wird. Noch erstaunlicher ist, dass seine Auftraggeber nicht nur fürstlich zahlen, sondern offensichtlich auch nicht wissen, dass das letzte Opfer ihm während der Observation vom Himmel vor die Füße fiel. Warum verschweigt man ihm den Inhalt der Taschen der Opfer und wer hat sein Büro in Brand gesteckt. Eigentlich ist diese Angelegenheit nicht seine Kragenweite, aber nun packt ausgerechnet ihn, den Trinker, der Ehrgeiz, vielleicht auch, weil er den Anschlag auf sein Leben persönlich nimmt. Wenn er bis auf einen alten Stammbaum nicht viel zu bieten kann, so ist er doch gut vernetzt, mit alten, loyalen Freunden, zu denen sich im Laufe der Ermittlungen nicht weniger verlässliche neue gesellen werden. Eine Gewissheit wird sich jedoch einstellen: alles ist ganz anders als man glaubt!

Mich hat die Zeit 1888 wirklich gereizt, eine Zeit, mit der ich mich bislang kaum beschäftigt habe, eine Zeit, nach dem deutsch-französischen von 1870/71 und der Gründung des deutschen Kaiserreichs. Auch der Antiheld als Ermittler konnte sich als reizvoll entpuppen. Ja, Gabriel Landow ist definitiv ein Loser, dessen Charme ich nicht so schnell erlag, da sein ständiger Zugriff auf den schier unerschöpflichen Cointreau-Vorrat seines Vermieters und Kriegskameraden Köster und seinen kontinuierlichen Nachgeben gegenüber stoffwechselbedingter Körperreaktionen bei mangelnder Pflege, ihn nicht so wirklich appetitlich mach. Doch passt es, weil dies kein gemütlicher Cosy Krimi ist, sondern schon eher was für robustere Nerven und Mägen. Außerdem verdeutlich dies ganz deutlich, wie tief unten in der Gesellschaft der nicht mehr ganz junge, enterbte Adelssproß angekommen ist und weshalb des so unerklärlich ist, dass das Reich ausgerechnet ihn als gut bezahlten Sonderermittler einstellt. Er umgibt sich mit nicht immer ganz gesetzestreuen Gestalten, die jedoch wohltuend ehrlich und loyal wirken, im Vergleich zu den halbseiden-mondänen Sphären in die er noch vordringen wird und in denen er, in ein nur allzu vertrautes Gesicht blicken wird. Er wird bewusst, was aus ihm hätte werden können, wenn alles anders gekommen wäre, aber man beginnt als Hörer daran zu zweifeln, das ihm dieses Schicksal mehr gelegen hätte. Es werden auf geheimnisvolle Art und Weise, mehrere Erzählstränge miteinander verwoben, stets eingeordnet durch die Zeitangabe des nahenden Todes des Kaisers. Stehen diese jeweiligen Verbrechen in einem Zusammenhang miteinander, oder sind es doch Zufälle? Gibt es einen Bezug zu ihm?
In Rückblicken erfährt man mehr über Landows aktuelle Situation, wie es zu dieser kam, welche Schicksalsschläge seine Familie und ihn trafen und wie es um das alte Adelsgeschlecht jetzt steht. Ebenso wird auch zwischen den einzelnen Verbrechenssträngen gesprungen, so daß man wirklich konzentriert zuhören muss, um nichts zu verpassen und nicht den roten Faden zu verlieren. Es ist keine leichte Kost für zwischendurch! Es geht um Intrigen, Verrat und Kriegsspekulationen die von langer Hand geplant werden. Nebenbei kommt man beim Zuhören gleich noch einen Spekulationstipp: man solle kaufen, wenn das Blut fließt! Also in Zeiten von Corona jetzt, hätte denn noch jemand die nötige fianzielle Sicherheit dazu.... Reizvoll zum Mitdenken, zum Überlegen, Knobeln und Raten...

Am Ende schließt sich der Kreis, wobei nicht alle losen Enden miteinander verknüpft werden. Wozu auch, die Geschichte des abgehalterten Ermittlers wird fortgesetzt. Dabei kommt es immer wieder zu überraschenden Erklärungen, Erkenntnissen und Entwirrungen.

David Nathan (diese Stimme kennt jeder! Er ist quasi eine Synchronlegende und als meine Tochter zufällig reinhörte, konnte sie mir gleich mindestens einen Schauspieler nennen, den er doubelt. Zu ihnen gehören: Johanny Depp und Christian Bale. Als Sprecher liest er nicht nur Stephen King, sondern auch die Gedeon Rath Krimis, die als Babylon Berlin erfolgreich verfilmt wurden und noch immer werden) liest diese autorisierte Lesefassung, kurz, knapp, bisweilen militärisch, mal melancholisch, nonchalant und dann wieder resigniert, doch stets bleibt der schwarze Humor unverkennbar. Eine hervorragende Wahl.

Ein historischer Krimi, der nicht für schwache Nerven taugt, aber Fans von Babylon Berlin in seinen angeschmuddelten Bann ziehen wird.

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