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Veröffentlicht am 11.04.2020

Von einem Mann, der auszog, um Theologie zu studieren, und zu einem Magier wurde

Beerholms Vorstellung
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Ein junger Mann will Theologie studieren und Priester sein, bis er es nicht mehr sein will. Ein junger Mann will sich der Zauberei widmen und Magier werden, bis er es nicht mehr will.

Arthur Beerholm ...

Ein junger Mann will Theologie studieren und Priester sein, bis er es nicht mehr sein will. Ein junger Mann will sich der Zauberei widmen und Magier werden, bis er es nicht mehr will.

Arthur Beerholm hat diese beiden Leben gelebt. Und umso unterschiedlicher sie in ihrem Wesen auch klingen, desto stärker fallen die Dinge auf, die bei Beerholm über beide Berufe hinweg konstant geblieben sind.

Zum einen Beerholms Vorliebe für Schlaftabletten. Manchmal scheint es, als wäre seine Lebensgeschichte von nichts so stark begleitet, als von seinem Tablettenmissbrauch. Zum anderen gesundheitliche Probleme, die mehrmals mit seiner Wahrnehmung zu spielen scheinen.

»Weißt du eigentlich, daß man ununterbrochen auf sich selbst einredet? In einem Winkel unseres Kopfes sitzt ein Schwätzer und spricht, spricht, spricht vom Augenblick unseres Aufwachens bis in die letzten im Dunkel verschwimmenden Regungen vor dem Einschlafen.«

Kehlmanns Debütroman Beerholms Vorstellung ist ein Kippbild: In manchen Momenten ist er voll wundersamer Ereignisse, der Zauberei scheint echte Magie innezuwohnen. In anderen Momenten tauscht er seinen Zauber gegen Alternativerklärungen, wie Träume, Fieberwahn, Tablettenmissbrauch. Existiert Magie in Beerholms Vorstellung oder handelt es sich in vielen Momenten lediglich um außergewöhnliche Zufälle, die den Anschein von Bedingtheit und Vorbestimmung erwecken? Schafft Wahrscheinlichkeit Realität?

Bereits in seinem Erstlingswerk sind einige der Themen angelegt, die auch für Kehlmanns späteres Werk maßgebend sein werden, wie F oder Tyll. Die Wirklichkeit und ihre Wahrnehmung werden spielerisch auf die Probe gestellt. Doch scheint es Beerholms Vorstellung im Vergleich zu seinen späteren Werken noch an Schliff zu fehlen, diese Themen sind noch nicht so präzise herausgearbeitet, wie es ihm in späteren Romanen gelingen wird, ohne, dass sein virtuoser Umgang mit Wirklichkeit darunter zu leiden hätte. Doch verfliegt dies nach 50 Seiten wieder und übrig bleibt ein Roman, der sich auch am Ende nicht in die Enge drängen lässt.

Denn die eigene Wahl, ob Magie in Beerholms Lebenswirklichkeit existiert oder nicht, bleibt für den Romanverlauf nicht folgenlos.

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Veröffentlicht am 11.04.2020

Von der Liebe zu Tierwesen

Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind: Das Originaldrehbuch
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Wie viele, viele andere in meiner Generation (und nicht nur dieser) bin ich ein riesiger Fan von Harry Potter und alles, was J. K. Rowling zum Harry Potter-Universum schreibt, landet früher oder später ...

Wie viele, viele andere in meiner Generation (und nicht nur dieser) bin ich ein riesiger Fan von Harry Potter und alles, was J. K. Rowling zum Harry Potter-Universum schreibt, landet früher oder später auf meinem Lesestapel.

Ihre Geschichten um den jungen Harry Potter und seine Freunde haben meine Welt ein großes Stück magischer und wärmer gemacht.

Es überrascht somit nicht, dass ich auch Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind. Das Originaldrehbuch gelesen habe. Was mich hingegen überrascht hat, war, dass ich es erst dieses Jahr getan habe. Als der Film Ende 2016 in die deutschen Kinos kam, musste ich unbedingt rein. Normalerweise hätte ich zuerst das Buch gelesen, aber irgendwie hatte es sich in diesem Jahr anders ergeben.

Ich weiß nicht, was ich von dem Film erwartet habe, aber es war von Anfang an klar, dass er nur schwer würde an meine Liebe zu den Harry Potter-Büchern anknüpfen können. An sich gesehen ist der Film schön: Die Tierwesen sind liebevoll ausgearbeitet auf die Leinwand gezaubert worden, einige der Schauspieler wie Eddie Redmayne gehörten bereits vor dem Film zu meinen Lieblingen.

Trotzdem konnte der Film mich nicht ganz überzeugen. Vermutlich, weil die Harry Potter-Bücher mit jedem weiteren Band an unglaublicher Intensität zugenommen hatten und mit Phantastische Tierwesen erst wieder etwas Neues beginnen musste, das Zeit brauchen würde, eine ähnliche Intensität zu entwickeln. Als ich 2019 dann tatsächlich das Originaldrehbuch zum Film las, hat sich dieses Gefühl bestätigt. Der alteingesessene Fan in mir musste erst lernen, dass sie zwar ein Stück weit zusammengehörten, Phantastische Tierwesen jedoch erst einmal seine eigene Geschichte erzählen musste.

Die Geschichte des Tierwesenliebhabers Newt Scamander, der Autorin Tina und ihren Freunden und Verbündeten. Doch sind bereits im ersten Band von Phantastische Tierwesen einige Hinweise versteckt, die die Verbundenheit zu den Harry Potter-Bänden, die chronologisch nach Phantastische Tierwesen angesiedelt sind, erahnen lassen.

Zum Ende hin verdichtet sich die Geschichte um Newt und Tina und macht große Lust, den nächsten Band von Phantastische TierwesenGrindelwalds Verbrechen – in die Hände zu bekommen. Die deutschsprachige Ausgabe, die bei Carlsen erschienen ist, macht das Buch auf jeden Fall auch zu einem optischen Hingucker, dem vermutlich kein Niffler widerstehen könnte.

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Veröffentlicht am 11.04.2020

Von Hexen und Birken

Ensel und Krete
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Ich kann nicht genau sagen, warum, aber bei den Büchern von Walter Moers habe ich auf den ersten ca. 100 Seiten oft das Gefühl, dass dieses Buch diesmal nichts für mich ist. So ging es mir bei den großen ...

Ich kann nicht genau sagen, warum, aber bei den Büchern von Walter Moers habe ich auf den ersten ca. 100 Seiten oft das Gefühl, dass dieses Buch diesmal nichts für mich ist. So ging es mir bei den großen Zamonien-Romanen und jetzt auch bei Ensel und Krete.

Zwar mag ich in diesen Momenten die besondere Welt und die Figuren, die er erschaffen hat, aber irgendwie können mich seine Bücher auf den ersten Seiten nicht für sich gewinnen.

Und dann lese ich weiter, anfangs wegen Empfehlungen, mittlerweile weil ich die Erfahrung schon kenne, und bin super froh darüber. In Walter Moers Romanen gibt es für mich immer diesen einen Punkt, bei dem plötzlich alles ineinander greift: die Beschreibungen nicht mehr für sich stehen, die Figuren Eigenleben entwickeln und das Konzept der Geschichte aufgeht. Und dann hat Moers mich komplett in seinem Bann.

Bei Ensel und Krete wurde mein anfänglicher Eindruck, dass dieses Buch von Moers dieses Mal nichts für mich sei, durch die Besonderheiten des Textes, wie erklärende Fußnoten und Einschübe einer Autorfiktion, noch verstärkt. Doch auch dieses Mal fügte sich für mich alles wieder zu einer tollen und einzigartigen Geschichte, Fußnoten und Einschübe inbegriffen.

Ein Geschwisterpaar entscheidet sich bei ihrem Urlaub in Bauming, einer liebevoll beschriebenen Lebenswelt der Buntbären, von den zugelassenen Wegen abzugehen und findet den Weg nicht mehr zurück. Was bekannt klingt, formt Moers zu einem völlig neuen Abenteuer.

»Der Natur sind die Tragödien, die sich in ihr abspielen, egal. Noch kein Galgenbaum hat sich darüber aufgeregt, daß Unschuldige an ihm aufgeknüpft wurden. Kein Grashalm eines Schlachtfeldes trauert den Gefallenen nach.«

Und somit ist Ensel und Krete nicht nur ein
spannendes Spiel mit bekannten und neu angewandten Märchenelementen – was durch den Buchtitel sicherlich nicht überrascht –, sondern eines mit Intertextualität und Autorfiktion. Denn der „Autor “ Hildegunst von Mythenmetz unterbricht den Text nicht nur mit für das unmittelbare Verständnis wichtigen Einschüben, sondern auch mit Seitenhieben auf seine zamonischen Kritiker.

Ensel und Krete hat mich daran erinnert, wie wichtig es oft ist, der Geschichte eines Buches seine Zeit zu geben, um sich zu entfalten. Denn die Geduld ist in diesem Fall definitiv belohnt worden.

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Veröffentlicht am 01.02.2020

Von vielköpfigen Trollen und weißen Bären.

Die schönsten norwegischen Märchen
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Auf über 200 Seiten hat Hans-Jürgen Hube sie gesammelt: die schönsten norwegischen Märchen. Sie sind voll von mutigen Prinzen, entführten Prinzessinnen, liebenswerten Helfern und rollenden Trollköpfen. ...

Auf über 200 Seiten hat Hans-Jürgen Hube sie gesammelt: die schönsten norwegischen Märchen. Sie sind voll von mutigen Prinzen, entführten Prinzessinnen, liebenswerten Helfern und rollenden Trollköpfen. Missgünstige Brüder, die den jüngsten nicht mitnehmen wollen und sich über ihn lustig machen, finden ebenso Einzug in die Geschichten wie Stiefmütter, die sich der verhassten Stiefsöhne entledigen wollen.

Eingeleitet werden die einzelnen Geschichten von der vertrauten Märchen-Formel »Es war einmal«, doch geschlossen nur selten von der altbekannten »Und wenn sie nicht gestorben sind«-Formel.

Neben bekannten Märchen-Elementen, wie dem Raub der schönen Prinzessin, finden sich viele, den norwegischen Märchen eigene Elemente, wie die vielköpfigen Trolle und den bösartigen Trollhexen.

»Als Lillekort ein Weilchen gewandert war, traf er ein altes, krummes buckliges Weib, das nur ein Auge hatte.«

Zudem variieren die einzelnen Märchen erheblich in ihrer Länge. Während manche Geschichten kaum eine Seite lang sind, erstrecken sich wieder andere auf ein halbes Dutzend Seiten. Unter den Elementen, von denen sich einige immerfort zu wiederholen scheinen, fallen doch jene Geschichten besonders auf, die eigenere Inhalte erzählen.

Unter meinen liebsten norwegischen Märchen dürfen sowohl der Weißbär König Valemon, die Mühle auf dem Meeresgrunde, Lillekort als auch Allschwarz und Allweiß nicht fehlen.

Auf jeden Fall zähle ich Die schönsten norwegischen Märchen schon jetzt zu den Büchern, die ich in diesem Jahr gelesen habe und deren Cover mir mit am meisten gefallen hat.

Ich finde, dass das Cover die Stimmung der Geschichten wunderbar einfängt und große Lust macht, das hübsche und handliche Büchlein wieder und wieder in die Hand zu nehmen.

»Es waren einmal zwei Brüder, der eine hieß Treu, der andere Ungetreu; und Treu war stets gut und aufrichtig, Ungetreu aber böse und voller Lügen; niemand konnte sich auf ihn verlassen. Ihre Mutter war eine arme Witwe, die nur wenig zum Leben hatte …«

Wer sich für Märchen interessiert, sollte, obwohl auch ein paar der Märchen durch die sich wiederholenden, jedoch märchentypischen Elemente eintönig wirken können, doch auch einmal einen Blick auf norwegische Märchen werfen, unter denen sicherlich der eine oder andere Liebling gewonnen werden kann.

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Veröffentlicht am 23.07.2024

Was kostet die Liebe?

Nordwestschuld
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Sie wollen an die große Liebe glauben. Sind bereit, alles dafür zu tun, alles dafür zu geben. All ihren Besitz. Für diesen Mann, den sie im Internet kennengelernt haben. Der ihnen so viele Komplimente ...

Sie wollen an die große Liebe glauben. Sind bereit, alles dafür zu tun, alles dafür zu geben. All ihren Besitz. Für diesen Mann, den sie im Internet kennengelernt haben. Der ihnen so viele Komplimente gemacht hat, so vernarrt in sie war. Ihnen das Gefühl gegeben hat, alles für sie zu sein.
Bis der Mann ihrer Träume plötzlich in Schwierigkeiten steckt. Und nur sie ihm noch helfen können. Zumindest ist es das, was sie sie glauben lassen wollen. Bis sie es in ›Nordwestschuld‹ von Svea Jensen plötzlich selbst sind, die in Schwierigkeiten stecken. Schwierigkeiten, die ihnen das Leben kosten können.

»Hatten vor einer Woche noch Panik und Hilflosigkeit überwogen, war es Elke Färber mittlerweile gelungen, ihr seelisches Gleichgewicht wenigstens halbwegs wiederzuerlangen.
Natürlich hing dies damit zusammen, dass sie die dreißigtausend Euro, mit denen sie Jonathan würde freikaufen können, von ihrem Konto abgehoben hatte.«

Für Elke Färber wird ihre Liebe zu Jonathan kein Happy End nehmen. Wenige Jahre später wird man ihr Skelett am Ordinger Strand finden. Und schon bald zeigt sich, dass Elke nicht die einzige Frau ist, die verschwunden ist. Bald schon muss die Soko St. Peter-Ording feststellen, dass hinter dem Verschwinden der Frauen vielleicht weit mehr steckt, als es auf den ersten Blick scheint.
Kann ihre Liebe zu einem Betrüger sie ihr Leben gekostet haben? Oder sind ganz andere Personen am Schicksal der Frauen schuld?

»Du bist meine letzte Rettung, Liebste, ich habe doch sonst niemanden. Hilf mir bitte, damit ich endlich zu dir kommen kann und wir für immer beisammen sein können.«

In ›Nordwestschuld‹ verwebt Jensen tiefe Scham mit dem Wunsch nach Liebe, Gier und Betrug mit Mord und Verbrechen. Auf die unterschiedlichsten Weisen wendet sie sich dem Love-Scamming zu. Über die Frauen, die zu Opfern wurden und alles tun, um andere vor dem gleichen Schicksal zu bewahren. Über die Frauen, für die jede Hilfe zu spät kommt. Über die Männer, die durch ihre Nachrichten mit dem tiefen Wunsch des Lieben und Geliebtwerdens spielen.
Wie klärt man einen Fall auf, in dem so vieles aus Scham oder Vorsicht im Verborgenen geblieben ist? Band 4 der Serie kann problemlos auch ohne die Vorgängerbände gelesen oder gehört werden.

»Dass sich dort seine beunruhigende Vorahnung erfüllen würde, ahnte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht.«

›Nordwestschuld‹ verbindet das Verschwinden zweier Frauen mit einem neuen und einem ewig alten Phänomen. Love-Scamming durch Online-Plattformen, der Wunsch nach Liebe. Und doch scheint es, als hätten alle Personen in ›Nordwestschuld‹ mehr zu verbergen, als es zunächst den Anschein hat. Spannend und hochaktuell.

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