Von der Gegenwart ins Mittelalter - Eine fesselnde Zeitreisegeschichte
Am Tag als seine Jugendliebe einen anderen heiratet, macht sich Niki Wolff mit einer Flasche Wein auf den Weg zum höchsten Punkt der Ruine Dürnstein, denn dort hat damals seine Liebe zu Tina begonnen. ...
Am Tag als seine Jugendliebe einen anderen heiratet, macht sich Niki Wolff mit einer Flasche Wein auf den Weg zum höchsten Punkt der Ruine Dürnstein, denn dort hat damals seine Liebe zu Tina begonnen. Es ist Winter, die Mauer der Burgruine ist glatt, Niki stürzt ab und kommt am Fuße des Burgbergs wieder zu sich. Er kann sich an nichts mehr erinnern, was vorher geschah, und die ersten Menschen, die ihm jetzt begegnen, sind die Geschwister Bertram und Engeltrud, die Kinder des kürzlich verstorbenen Henkers, wie Niki erfährt. Zu seinem Erstaunen stellt er fest, dass er sich im Jahr 1193 befindet, und es ist genau die Zeit, als auf Burg Dürnstein der englische König Richard Löwenherz gefangen gehalten wird. Niki ist verwirrt, denn nach und nach blitzen immer wieder Erinnerungen an sein Leben in der Gegenwart auf. Vieles was er sagt und tut, ist für die Menschen im 12. Jahrhundert, bei denen er gelandet ist, unverständlich. Die Orte, die er besucht, kennt er aus seiner Zeit, aber hier findet er sie stark verändert vor. Er möchte nichts lieber als zurück in die Gegenwart, aber das ist nicht so einfach, und so muss er sich mit den mittelalterlichen Gegebenheiten arrangieren, und dann verliebt er sich auch noch. Je stärker sich Niki erinnern kann, umso mehr muss er sich vor unbedachten Äußerungen und Handlungen in Acht nehmen. Seine Gedanken kann man immer wieder kursiv gedruckt lesen, und so manche seiner Aussprüche führen zu einer gewissen Situationskomik. Auch wenn es einige dramatische Wendungen gibt, so ist die Stimmung in der Geschichte doch weitgehend heiter und amüsant. So richtig lustig wird es, wenn Niki auf der Laute, zur Unterhaltung der Rittersleute, „Es lebe der Zentralfriedhof“ von Wolfgang Ambros zum Besten gibt und seine Darbietung bei Richard Löwenherz Gefallen findet. Der Humor in der Geschichte ist manchmal ziemlich derb und deftig, und an pikanten Szenen wird nicht gespart, aber ich könnte mir vorstellen, dass der Autor den Ton des Mittelalters damit recht gut trifft.
Mit seinem Debütroman legt der Autor eine interessante Mischung aus historischen Roman, Zeitreise- und Abenteuergeschichte vor. Er erzählt sehr kurzweilig und rasant, und ein fesselndes Ereignis jagt das andere. Es ist eine faszinierende Mischung der unterschiedlichsten Charaktere, denen man hier begegnet, und alle sind so lebendig und genau beschrieben, dass man sie beim lesen direkt vor sich sieht. Überhaupt hat es der Autor geschafft, ein großartiges Kopfkino bei mir zu entfachen. Während man Niki im Geiste bei seinen Erlebnissen begleitet, erfährt man einiges über die historischen Hintergründe, die recht authentisch dargestellt sind, auch wenn der Autor einige Daten aus dramaturgischen Gründen ein wenig verschoben bzw. verändert hat. Niki gewinnt Freunde, aber er begegnet auch einigen sehr unangenehmen damaligen Zeitgenossen. Die Ereignisse spielen sich alle in der Gegend um Burg Dürnstein ab, und obwohl ich noch nie dort war, konnte ich mich gut in die Szenerie hineinversetzen. Auch muss ich gestehen, dass ich mir die Ruine auf Bildern genauer angesehen habe, denn ich konnte nicht widerstehen, zu dieser turbulenten Geschichte noch ein wenig über die Gegend und die Hintergründe zu recherchieren.
Mir hat der Roman sehr gut gefallen, denn er ist spannend, humorvoll und äußerst unterhaltsam. Der Epilog rundet die Geschichte wunderbar ab und ist doch so ausgerichtet, dass man neugierig auf weitere Abenteuer von Niki wird. Ich habe mich dann auch gleich auf Teil 2 gestürzt, der glücklicherweise schon bereit stand.