Profilbild von Lesefee2305

Lesefee2305

Lesejury Star
offline

Lesefee2305 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Lesefee2305 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.04.2020

Einmal im Leben

Ohne ein einziges Wort
0


„Wir können uns frei entscheiden […]. Wir sind nicht Opfer der Umstände. Wir können uns entscheiden, glücklich zu sein.“

„Ohne ein einziges Wort“ ist ein Roman von Rosie Walsh. Er erschien im Mai 2018 ...


„Wir können uns frei entscheiden […]. Wir sind nicht Opfer der Umstände. Wir können uns entscheiden, glücklich zu sein.“

„Ohne ein einziges Wort“ ist ein Roman von Rosie Walsh. Er erschien im Mai 2018 im Goldmann Verlag.
Als Eddie und Sarah sich begegnen scheint es Liebe auf den ersten Blick zu sein. Sie verbringen sieben unglaublich Tage miteinander und trennen sich mit der Gewissheit, bald wieder voneinander zu hören. Doch die Zeit verstreicht und Sarah hört kein einziges Wort mehr von Eddie. Doch sie ist sich sicher, dass sie sich in einem Menschen nicht so geirrt haben kann und ist daher überzeugt, dass es einen Grund für sein Verschwinden geben muss…

Dieser Roman liegt schon einige Zeit auf meinem „SuB“ und ich weiß nicht, warum ich ihn nicht schon viel eher davon befreit habe.
Die Geschichte von Eddie und Sarah ist mir sehr nahe gegangen. Sowohl ihr Kennenlernen, als auch ihre jeweiligen Schicksale haben mich sehr berührt. Fast während der gesamten Lesezeit war ich angespannt und nervös, da ich mir einen guten Ausgang so sehr gewünscht habe. Immer wieder hatte ich Ideen und Vermutungen, weshalb Eddie sich nicht mehr meldet und was in der Jugend der beiden passiert sein könnte, wurde jedoch durch den unglaublich geschickten und faszinierenden Erzählstil immer wieder auf falsche Fährten gelockt. Es ergaben sich mehrfach Wendungen, mit denen ich nicht gerechnet hatte und ich war dadurch mehrfach erstaunt über den wahren Verlauf der Handlung.
Sarahs Gefühle, die auf Grund der wirklich kurzen Bekanntschaft der beiden zunächst irrational scheinen, spiegeln das wider, was man wohl als „Liebe auf den Blick“ beschreibt. Etwas, das ja irgendwie häufig etwas kitschig und irrational wirkt, in diesem Roman aber überhaupt nicht. Durch Sarahs eigene Gedanken über ihre Gefühle und ihre gleichzeitig so tiefgehenden Empfindungen entschärft sich der Kitsch, denn auch sie selbst hatte solche Gefühle bisher nicht für möglich gehalten. Aber Liebe ist nun mal nicht rational und die Darstellung der Liebe zwischen Eddie und Sarah keinesfalls übertrieben, sondern einfach unglaublich romantisch und traurig.
Leider kann ich nicht weiter ins Detail gehen, ohne zu spoilern, weshalb ich zum Inhalt an dieser Stelle gar nicht viel mehr sagen möchte.
Der Roman wird hauptsächlich aus Sarahs Ich-Perspektive erzählt und wechselt erst spät auf die Perspektive von Eddie, was mich kurz durcheinanderbrachte. Zwischendurch werden immer wieder Briefe und Nachrichten eingewoben, welche den Roman abrunden und neue Rätsel aufgeben, aber auch manche lösen. Teilweise gibt es Zeitsprünge, in denen aus der Vergangenheit berichtet wird. Insgesamt bin ich mit diesen Wechseln aber sehr gut klargekommen und finde, dass nur durch sie die Geschichte vollständig erzählt werden kann. Durch die Ich-Perspektive werden Gedanken und Gefühle der Protagonisten sehr gut dargestellt, es fällt dadurch leichter, eine Beziehung zu ihnen aufzubauen.
Alle Buchfiguren waren mir von Anfang an sehr sympathisch. Sie sind gut dargestellt und überzeugen durch Authentizität und Menschlichkeit. Nicht selten musste ich über den Sohn von Sarahs bester Freundin Jo lachen und auch im Allgemeinen gibt es einige Stellen die einen zum Schmunzeln, aber auch zum Nachdenken bringen. Jede Romanfigur hat ihr eigenes Schicksal und es wird deutlich, dass man mit seinem Leben unterschiedlich umgehen kann. Viele sehen sich als „Opfer der Umstände“ und finden keine bessere Beschäftigung als eben über genau dies zu klagen. Einige wenige nehmen ihr Leben aber leicht und entscheiden sich, auch bei nicht optimalen Bedingungen, glücklich zu sein. Zu einer solchen Entscheidung gehört sicherlich eine gewisse Portion Mut und Selbstbewusstsein, aber ebenso setzt es voraus, dass man erkennen muss, was eigentlich nicht ideal für einen ist. Zu häufig akzeptieren wird Lebensmodelle als gegeben, obwohl wir sie eigentlich ändern könnten. Dies wird im Roman an mehreren Stellen deutlich und hat mir, wie bereits andere Romane mit diesem Thema, sehr gut gefallen.
Auch wird deutlich, dass man mit der Vergangenheit nicht immer so leicht abschließen kann, wie man es sich manchmal wünscht. Hierbei fand ich es sehr gelungen, dass die Romanfiguren eine Therapeutin aufsuchen, da Hilfe dieser Art leider zu häufig als „nicht notwendig“ angesehen wird.
Interessant fand ich zudem Sarahs Job als Besitzerin einer Organisation, die Menschen zu „Clownsärzten“ ausbildet und sie in Krankenhäuser schickt, um dort mit den Kindern zu arbeiten. Eine tolle Idee und ein wichtiges Thema!

Mein Fazit: Mich hat der Liebesroman vollständig gefesselt und durch seinen flüssigen Schreibstil nahezu eingesogen. Die Geschichte tauchte mich in ein Wechselbad von Emotionen und Gefühlen: Hoffnung, Angst, Freude und Trauer, fast hatte ich das Gefühl im Roman mitzuspielen. Zeitgleich wurde ich durch einen geschickten Erzählstil mehrfach aufs Glatteis geschickt. Die Handlung balanciert geschickt zwischen kitschigem Liebesroman und spannender Erzählung und bringt auch den nötigen Tiefgang mit, den für mich ein guter Roman benötigt. Ich vergebe daher 5 von 5 Sternen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.04.2020

Emma

Emma
0

„Bei mir ist keiner der üblichen Gründe gegeben, aus denen Frauen heiraten. Wenn ich mich verlieben sollte, so wäre das allerdings etwas anderes! Aber ich war noch nie verliebt.“

„Emma“ ist ein Roman ...

„Bei mir ist keiner der üblichen Gründe gegeben, aus denen Frauen heiraten. Wenn ich mich verlieben sollte, so wäre das allerdings etwas anderes! Aber ich war noch nie verliebt.“

„Emma“ ist ein Roman von Jane Austen. Er erschien 1816 und wurde 2020 als Schmuckausgabe vom Coppenrath Verlag neu verlegt.
Emma ist eine junge Dame aus vornehmem Haus. Während sie selbst von einer Hochzeit und der Liebe im Allgemeinen absieht, so schmiedet sie doch gern selbige für Freunde und Bekannte. Dass sie mit ihren Plänen dabei nicht immer zum Wohl der Betroffenen handelt, wird ihr leider erst spät klar und auch ihre eigenen Gefühle entdeckt sie nur langsam…

Ich habe bisher eigentlich nur in der Schule klassische Literatur gelesen und war hier nur selten von ihr überzeugt. Vor einigen Jahren las ich dann mal „Sturmhöhe“ und auch „Stolz und Vorurteil“, allerdings tat ich mich auch da noch sehr schwer mit der Lektüre. Nun habe ich die wundervolle Schmuckausgabe von „Emma“ zu Ostern bekommen und bin nicht nur vom Design, sondern auch vom Inhalt überzeugt.
Zunächst finden sich allerlei wunderschöne Illustrationen von Marjolein Bastin, dazu gibt es tolle Beilagen in Form von Rezeptkärtchen, Karten, Zeitungsausschnitten und Briefen, die so angeordnet sind, dass sie zur Geschichte passen! Am Ende des Buches gibt es dann noch ein Nachwort über Jane Austen, welches ebenfalls sehr interessant ist.
Doch nun zur eigentlichen Geschichte. Protagonistin Emma ist intelligent, aber auch reich und recht von sich selbst überzeugt. Ihren Willen setzt sie in der Regel durch und ihre eigenen Moralvorstellungen sind natürlich stets die Richtigen. Zwar hat sie in ihrem Handeln stets die besten Absichten, deutet aber die Zusammenhänge nicht immer korrekt und bereitet durch ihre Aktionen letztlich doch so manchen Kummer. Diese Eigenschaften scheinen zunächst sehr unsympathisch, insgesamt ist Emma aber genau das nicht. Sie agiert nie boshaft und wünscht eigentlich nur das Beste für alle und ist gerade durch diesen Wunsch und auch die Fähigkeit, über sich selbst kritisch zu denken, wenn ihr jemand Anlass dazu gibt, ehrt sie.
Sie ist überzeugt davon, niemals zu heiraten. Es wäre sowieso ausgeschlossen, ihren Vater allein zurück zu lassen und auch so sind nun einmal Hochzeiten etwas Schönes, aber für Emma selbst einfach nicht denkbar. Umso lieber schmiedet sie also Pläne für andere und beteiligt sich rege am Klatsch und Tratsch der gehobenen Gesellschaft Highburys. Dieser bildet dann auch den Hauptteil des Romans und dreht sich letztlich nur um Verbindungen zwischen Mann und Frau. Dabei muss natürlich jede Verbindung aufs kleinste Detail geprüft werden und weder Herkunft, noch Mitgift oder Beschäftigung dürfen außer Acht gelassen werden.
Durch diese Schilderungen erkennt man, worauf es bei Hochzeiten damals ankam und dass es einfach eine andere Zeit war. Hochzeiten wurden nicht aus Liebe vollzogen, sondern maximal aus Zuneigung, die mit den richtigen Details einhergeht.
Insgesamt beschreibt Jane Austen ihre Figuren vortrefflich. Jede ist für sich eine Geschichte wehrt und auch der Humor bleibt nicht auf der Strecke. Gerade Miss Bates und Mr. Woodhouse bilden häufig einen Anlass zum Schmunzeln und auch die Gesprächsthemen und Handlungen im Allgemeinen bildeten aus der heutigen Sicht häufig einen Grund zum Lachen. Aus damaliger Sicht trafen sie allerdings wohl mehr als zu und spiegeln das Verhalten der besseren Gesellschaft wohl sehr gut.
Der Schreibstil passt zur damaligen Zeit und war für mich zunächst sehr gewöhnungsbedürftig. Redeweisen und Umgangsformen, sowie Satzbau und Sprechart waren für mich schwierig, mit der Zeit habe ich mich aber daran gewöhnt.
Eine wirkliche Überraschung bot die Handlung des Romans für mich nicht, einige Dinge, die erst am Ende aufgelöst wurden, erahnte ich schon recht früh. Trotzdem fand ich den Roman sehr unterhaltsam und habe ihn gern gelesen. Sterne möchte ich für einen solchen Klassiker nicht wirklich vergeben, ich empfehle ihn aber dringend und denke, dass gerade diese Romane ein Muss für uns Leseratten sind. Sie gehören einfach ins Repertoire und beschreiben Liebesgeschichten, die auch heute noch schön sind.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.04.2020

Spurensuche

Leas Spuren
1

„Es gibt Familien, in deren Kellern Leichen liegen. Dunkle Geschichten, vor langer Zeit archiviert und über Jahrzehnte weggesperrt, geraten in Vergessenheit. Trotzdem sind sie da.“

„Leas Spuren“ ist ein ...

„Es gibt Familien, in deren Kellern Leichen liegen. Dunkle Geschichten, vor langer Zeit archiviert und über Jahrzehnte weggesperrt, geraten in Vergessenheit. Trotzdem sind sie da.“

„Leas Spuren“ ist ein historischer Roman von Bettina Storks. Er erschien im Oktober 2019 im Diana Verlag und ist in sich abgeschlossen.
Als Nicolas und Marie gemeinsam eine Wohnung in Paris erben, ist dieses Erbe an eine Bedingung geknüpft: Sie müssen ein verschollenes Gemälde finden und es dem rechtmäßigen Besitzer zurückgeben. Auf ihrer Suche begegnen die beiden gut gehüteten Familiengeheimnissen und einer bitteren Wahrheit…

Mit viel Geschick und einer unglaublich faszinierenden und gefühlvollen Erzählweise berichtet Bettina Stork über die Verbrechen des Nationalsozialismus.
Marie und Nicolas haben sich nie zuvor in ihrem Leben gesehen und plötzlich vererbt der Großvater von Nicolas ihnen beiden eine Wohnung in Paris. Neben der ihnen gestellten Aufgabe, stellt sich auch die Frage, was Maries Familie aus Stuttgart mit der Familie Blanc in Paris verbindet. Ein Rätsel, das ebenso wie die Suche nach dem Gemälde, gelöst werden muss…
Die beiden beginnen die Suche akribisch und mit viel Geschick, aber auch mit einer gewissen Skepsis gegenüber einander. Erst im Laufe der Zeit werden die Historikerin und der Journalist als richtiges Ermittlungsduo mit perfekten beruflichen Grundlagen für derartige Recherchen. Dies bemerkt man auch während des Romans, die Suche ist präzise und durchdacht, viele Fragen lassen sich durch das geschichtliche Hintergrundwissen von Marie und ihren Freunden leichter lösen, als ohne entsprechendes „Werkzeug“.
Die Spurensuche von Marie und Nicolas wird dabei unglaublich spannend aufgebaut. Sie liest sich fast wie ein Kriminalroman, bei dem es nicht um eine Mordermittlung, sondern um eine Ermittlung in einem Kunstraub geht. Mehr und mehr Fakten werden ermittelt und mögliche „Zeugen“ gefunden und befragt. Der Leser kann währenddessen mit kombinieren und überlegen und wird regelrecht in die Dynamik der Suche eingesogen.
Die Handlung spielt sich dabei zwischen Vergangenheit und Gegenwart ab, wobei die Zeitebenen wunderbar miteinander verknüpft werden. Die Erzählung wird aus Sicht von Marie, Victor (Nicolas Großvater) und Charlotte (Maries Großtante) beschrieben, die unterschiedlichen Kapitel sind mit Namen, Jahreszahlen und Ortsangaben versehen, sodass Verwechslungen nicht auftreten. Die Erzählstränge werden sinnvoll miteinander aufgebaut und nach und nach ergibt sich ein Gesamtbild über die Geschehnisse zur Weltkriegszeit. Der Schreibstil ist dabei flüssig und unkompliziert, der Lesefluss wird nicht unterbrochen und ich habe das Buch nicht mehr aus der Hand legen können…
Insgesamt ist die Geschichte unglaublich vielschichtig. Es werden die historischen Aspekte des Kunstraubs der Nationalsozialisten, sowie die Judenverfolgung thematisiert und geschickt in die fiktive Geschichte eingearbeitet. Zusätzlich fügen sich Themen der Gegenwart nahtlos in die Erzählung ein. Während Marie und Nicolas auf der Suche nach dem Gemälde sind, bohren sie ziemlich tief in der Vergangenheit. Dies ist gerade für Betroffene nicht immer leicht und manche Geheimnisse sind für diese so schrecklich, dass sie zu Lebzeiten nicht mehr darüber sprechen wollen. Dies wird auch im Roman deutlich und durch mehrere Aspekte gut dargestellt. Natürlich ist es wichtig, dass Lücken in der Vergangenheit geschlossen werden und auch nachträglich Verbrechen ebenso aufgedeckt werden, allerdings reißt dies immer auch Wunden bei anderen, was es ebenso zu bedenken und abzuwägen gibt. Außerdem beschreibt der Roman zwei wunderbare Liebesgeschichten, bei denen eine der anderen folgt und, wenn man es romantisch sehen möchte, in der Gegenwart ein Versprechen der Vergangenheit eingelöst werden kann.

Mein Fazit: „Leas Spuren“ ist ein historischer Roman mit Suchtpotenzial. Brilliant recherchiert und geschrieben, mit der richtigen Mischung aus Fiktion und Realität. Emotional und gefühlvoll, definitiv ein Jahreshighlight und 5 von 5 Sternen wert!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.04.2020

Seelenverwandte

Kein Jahr ohne dich
0

„Wie einfach könnte das Leben sein, wenn alles nur schwarz und weiß wäre. Aber tatsächlich gibt es jede Menge Grautöne dazwischen.“

„Kein Jahr ohne dich“ ist ein Liebesroman von Roxie Cooper und in sich ...

„Wie einfach könnte das Leben sein, wenn alles nur schwarz und weiß wäre. Aber tatsächlich gibt es jede Menge Grautöne dazwischen.“

„Kein Jahr ohne dich“ ist ein Liebesroman von Roxie Cooper und in sich abgeschlossen. Er erschien im September 2019 im Piper Verlag.
Als Stephanie und Jamie sich kennenlernen, fühlen sie etwas zwischen sich, dass über die normalen Gefühle zwischen zwei Menschen hinausgeht. Man könnte es Seelenverwandtschaft nennen. Und doch ist ihnen nicht mehr Zeit vergönnt als ein einmaliges Treffen pro Jahr. Doch wie lange kann dies ausreichen…?

Als Stephanie und Jamie sich kennenlernen, sind sie bereits beide vergeben. Und doch verbindet sie etwas miteinander, das sie nicht verstehen, aber auch nicht ignorieren können. Gefühle sind manchmal stärker als die Vernunft. Oder doch nicht? Sollte man zulassen, was das Herz sich wünscht, auch wenn der Verstand sagt, dass es nicht richtig ist was man tut? Ist es unmoralisch seinen Partner zu hintergehen, auch wenn es nur einmal im Jahr ist und dann auch nicht mal körperlich? Oder ist es legitim, sich mehr zu wünschen, aber zu erkennen, dass die eigene Familie ebenso wichtig und wertvoll ist und eben nicht aufgegeben werden kann? Gibt es schwarz und weiß? Oder eben doch mehr grau? Mehr zwischen Gut und Böse?
Dies sind Gedanken, die einem beim Lesen von „Kein Jahr ohne dich“ zwingend in den Sinn kommen. Während sich die Geschichte von Jamie und Stephanie über mehrere Jahre entwickelt und wir Leser immer nur in Abständen etwas über das Leben der beiden erfahren, wird klar, dass beide Hauptfiguren in ihrer Situation unglücklich sind. Auf der einen Seite haben sie alles, was sie brauchen, auf der anderen Seite aber vielleicht doch nicht alles, was sie sich wünschen. Doch bis wohin ist es in Ordnung, Träumen nachzulaufen und Gefühle zuzulassen und wo endet diese Grenze?
Letztlich muss dies wohl jeder für sich beantworten, fest steht jedoch, dass nicht leichtfertig mit Beziehungen umgegangen werden sollte und gerade dies macht auch der Roman deutlich. Weder Steph noch Jamie schmeißen sich unüberlegt in eine Affäre und hintergehen ihre Partner jahrelang. Nein, sie handeln bedacht und machen sich viele Gedanken dazu, doch am Ende geht es einfach nicht ohne den anderen.
Emotional und gefühlvoll wird ihre Geschichte erzählt, das Buch lässt sich nur schwer aus der Hand legen. Neben der Liebesgeschichte werden unglaublich tiefgehende Themen angeschnitten und beleuchtet. Gedanken und Gefühle sind vielschichtig und werden durch die wechselnde Ich-Perspektive noch unterstrichen. Gerade Stephanies Therapie enthüllt zudem viele Dinge und Aspekte, die in einer normalen Geschichte untergegangen wären und andere Sichtweisen auf die Geschichte ermöglichen.
Beide Protagonisten sind interessante Figuren, wobei Steph mir persönlich besser gefallen hat. Sie ist eine vielschichtige Persönlichkeit mit einer brisanten Vergangenheit und Problemen, derer sie sich zwar grundsätzlich bewusst ist, die aber nicht immer so greifbar sind. Sie hat Probleme damit, sie Menschen zu öffnen und richtig kennen tut sie eigentlich kaum einer. Umso erstaunlicher ist ihre Beziehung zu Jamie, denn bei ihm kann sie sich fallen lassen und ihre Gefühle offenbaren. Sie kann sich geliebt fühlen und ihre Seele öffnen. Anders als bei den meisten Menschen zuvor und auch anders als bei ihrem Ehemann. Und auch Jamie kann erst durch Stephanies Glauben an ihn seinen Lebenstraum erfüllen.
Mit dem Ende des Romans hätte ich dann schließlich niemals gerechnet. Schon die gesamte Handlung hatte mich mitgerissen, doch das Ende rührte mich dann zu Tränen und erinnert daran, dass man Träume und Wünsche niemals aufschieben sollte. Irgendwann kann es zu spät dafür sein…

Mein Fazit: „Kein Jahr ohne dich“ ist ein origineller Liebesroman, der berührt, polarisiert und zum Nachdenken anregt. Das Ende ist emotional und überraschend, verleiht dem Roman aber einen Tiefgang, der verdeutlicht, dass man Chancen ergreifen sollte und für seine Träume kämpfen muss, denn irgendwann ist es zu spät… Ich vergebe 5 von 5 Sternen für einen berührenden und herzzerreißenden Roman!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.04.2020

Die erste Liebe

Nur einen Herzschlag entfernt
0

„Wir können die Umstände nicht immer kontrollieren, […] aber in jenen seltenen Momenten, in denen wir unser Schicksal wahrlich in die eigenen Hände nehmen können, […] dürfen wir uns nicht von unseren Ängsten ...

„Wir können die Umstände nicht immer kontrollieren, […] aber in jenen seltenen Momenten, in denen wir unser Schicksal wahrlich in die eigenen Hände nehmen können, […] dürfen wir uns nicht von unseren Ängsten davon hindern lassen zuzupacken.“

„Nur einen Herzschlag entfernt“ ist ein Liebesroman von Renée Carlino und in sich abgeschlossen. Er erschien am 27.03.2020 im Bastei Lübbe Verlag.
Emiline hat mit ihrer Vergangenheit abgeschlossen, zumindest glaubt sie das. Als sich jedoch der neue Bestsellerroman des unbekannten Autors J. Colby als Geschichte ihres eigenen Lebens entpuppt, ist Emiline gezwungen sich erneut mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen…

Ich habe schon viele Bücher über die erste Liebe gelesen, doch noch keins hat mich so sehr berührt. Häufig wird sie als etwas beschrieben, das vergänglich und nicht wiederholbar ist, doch die Geschichte von Emiline und Jase scheint anders zu sein. Renée Carlino schreibt eine Liebesgeschichte, die im Kindesalter beginnt und durch einen Roman Jahre später wieder aufgeweckt wird.
Jase und Emiline wachsen als Nachbarn auf, sie haben im Grunde nur einander und die Flucht in ihre Bücher. Ihre Familien sind zerrüttet und arm, kümmern sich nur wenig um die Kinder. Das Band zwischen ihnen wird immer enger und gerade als aus Freundschaft Liebe wird, werden die Zwei voneinander getrennt.
Während Emiline mehr oder weniger mit ihrer Vergangenheit abschließt und sie ab sofort totschweigt, findet Jase einen anderen Weg das erlebte Trauma zu überwinden. Er schreibt einen Roman über die gemeinsame Kindheit, der Emiline schließlich zwingt, sich ihrer Vergangenheit zu stellen.
Die Geschichte ist aufgeteilt in Gegenwart und Buchhandlung, in der die Geschichte von Emiline und Jase beschrieben wird. Beide sind aus Emilines Sicht geschrieben, der Roman spiegelt aber eigentlich Jases Gedanken. Durch die Verknüpfung der Erzählstränge schafft es die Autorin, die emotionale Geschichte zu erzählen und ein Gesamtbild aller Sichtweisen darzustellen. Der Schreibstil ist durchgängig flüssig und da ich so gespannt auf das Romanende war, konnte ich mich nur schwer von den Buchseiten lösen.
Emilines Kampf mit sich selbst und ihrer Geschichte ist berührend und ergreifend. Ihre Zweifel und Ängste, sowie ihr Entsetzen über den Verrat von Jase, der es wagt ihre persönliche Geschichte der ganzen Welt zu erzählen gingen mir sehr nahe. Bis zum Ende war ich mir unsicher, ob die Jugendliebe eine zweite Chance bekommen würde… Auch die persönliche Entwicklung der jungen Frau ist gut dargestellt. Aus einer zurückgezogenen und unzufriedenen Emiline wird eine Frau, die für sich selbst einsteht ohne dabei egoistisch zu sein.
Alle Romanfiguren waren authentisch und liebevoll gezeichnet, gerade die Liebe zu Büchern von Emiline und Jase, hat mich natürlich für sie eingenommen. Aber auch das Schicksal von ihnen als Kinder ist nicht spurlos an mir vorbeigegangen und zwischenzeitlich war ich sprachlos und erschüttert über das Geschehen. Lediglich über den erwachsenen Jase hätte ich gerne noch ein wenig mehr erfahren.
„Lieben heißt loslassen, aber auch kämpfen.“ ist eine wichtige Botschaft des Romans, ebenso wie das Loslassen von Zweifeln und dem Kämpfen für Träume. Beides wird durch die Handlung gut verdeutlich und an mehreren Stellen sichtbar.
Die Idee einen Roman im Roman zu schreiben und diesen als Schlüssel für die Beziehung der Hauptfiguren, sowie als Therapieinstrument einzusetzen ist originell und hat mir sehr gut gefallen. Stellenweise erforderte sie zwar ein Umdenken bezüglich Namen und Orten, im Großen und Ganzen war aber alles nachvollziehbar und verständlich.

Mein Fazit: „Nur einen Herzschlag entfernt“ hat ich berührt und darin bestärkt, dass man seine Zweifel manchmal einfach loslassen muss. Es ist ein Roman über große Gefühle – Liebe, Sehnsucht, Verzweiflung und Verrat – und eine Liebesgeschichte, die seinesgleichen sucht. Für mich definitiv ein Jahreshighlight und 5 von 5 Sternen wert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere