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Veröffentlicht am 20.04.2020

Der Aussteiger

Jenseits
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Seit Jahren ist Gent Sassenthin nicht mehr er selbst, den Selbstmord seiner Zwillingsschwester konnte er nicht ertragen. Die besorgten Eltern fanden keinen Zugang mehr zu ihm. Nach einem Besäufnis lernte ...

Seit Jahren ist Gent Sassenthin nicht mehr er selbst, den Selbstmord seiner Zwillingsschwester konnte er nicht ertragen. Die besorgten Eltern fanden keinen Zugang mehr zu ihm. Nach einem Besäufnis lernte Gent Abu Karim kennen, der ihm den Islam nahebringt. Schließlich konvertiert Gent und verschwindet zum IS. Dort ist er später als Arzt bekannt. Titus Brandt, ein Sozialarbeiter, der Aussteiger betreut, kümmert sich auch um Gents Eltern. Als Gents Mutter eine seltsame email erhält, ist er sehr aufgeregt. Sollte das ein Zeichen sein, dass Gent gewillt ist, auszusteigen. Es ist das erste Lebenszeichen des jungen Mannes seit langer Zeit.

Sozialarbeiter, Eltern, Geheimdienste, Journalisten und europäische IS-Kämpfer. Wie kann das alles zusammenpassen? Wie kann ein junger Mensch da rein geraten? Natürlich muss es besonders schlimm sein, wenn die Zwillingsschwester sich umbringt, wenn alles seinen Sinn verliert, das Studium keinen Nutzen hat. Aber wieso kann dann einer daherkommen und etwas als erstrebenswert hinstellen und wieso ist ein anderer dann so unreflektiert, dass er einfach überläuft. Möglicherweise ist es schwierig dafür echtes Verständnis aufzubringen. Eher schon dafür, dass jemand feststellt, dass Töten wohl doch nicht das Richtige ist. Doch kann man so einem glauben, dass er aussteigen will.

Die Gier der Journalisten nach der Story, das Schweigen des Sozialarbeiters und die Beamtenseelen der Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, die Schläue der IS Oberen. Daraus formt sich eine Geschichte, die sehr spannend ist, die in Teilbereichen allerdings fremd bleibt und die in den Bereichen, die verständlich sind, durch das Versagen derer geprägt,von denen man eigentlich mehr Durchblick erhofft hätte. So eine Welt mag man sich kaum vorstellen, es ist sehr ernüchternd allerdings auch glaubwürdig. Es ist nicht schön, aber so könnte es laufen. Auch wenn nicht jeder Teil der Handlung wirklich durchschaubar erscheint und einige Passagen sogar Widerwillen auslösen, so ist man doch gefesselt von der Darstellung einer sehr fremden Welt.

Veröffentlicht am 14.04.2020

Das Mitchell's Inn

Der zehnte Gast
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Es soll ein tolles Winterwochenende im Mitchell’s Inn werden. Verschiedene Gäste machen sich auf den Weg. Die Freundinnen Gwen und Riley, die zusammen Journalismus studiert haben. Die Verlobten Dana und ...

Es soll ein tolles Winterwochenende im Mitchell’s Inn werden. Verschiedene Gäste machen sich auf den Weg. Die Freundinnen Gwen und Riley, die zusammen Journalismus studiert haben. Die Verlobten Dana und Matthew, das Ehepaar Beverly und Henry, das Paar Lauren und Ian, die Schriftstellerin Candice und der Strafverteidiger David Paley. Wegen des heraufziehenden Schneesturms sind sie die einzigen Gäste in dem kleinen aber luxuriösen Hotels. Für ihre Gäste da sind nur James, der Inhaber des Hotels, und sein Sohn Bradley. Der erste Abend lässt dennoch recht gut an, die Gäste stellen sich einander vor und unterhalten sich bei einem Aperitif. Umso schockierter sind sie als am nächsten Morgen Dana Hart tot am Fuß der Treppe liegt.

Da Zweifel daran bestehen, dass es sich um einen Unfall gehandelt hat, beginnen die Gäste sich zu belauern. Erschwerend kommt noch hinzu, dass keine Möglichkeit besteht, Hilfe zu holen. Wegen des Wetters sind die Zufahrtsstraßen gesperrt und der Strom ist ausgefallen. Dennoch versuchen sie gemeinsam herauszufinden, was in der Nacht geschehen sein könnte. Sie durchsuchen die Räume des Hotels und sie erzählen von sich. Vor allem wollen sie zusammenbleiben, denn möglicherweise ist einer von ihnen ein Mörder.

In diesem Krimi, der an einem abgeschiedenen von außen zeitweilig nicht erreichbaren Schauplatz angesiedelt ist, kommen sich die handelnden Personen näher als sie es je vorhersehen konnten. Die bedrohliche Situation lässt keinen unberührt. Das steigende Misstrauen und die größer werdende Furcht hängen wie eine Glocke über ihnen. Jeder der Wochenendurlauber hat eine eigene Geschichte, die anders ist als die glatte Fassade vermuten ließe. Auch wenn wenn die Grundkonstruktion des Schneesturms, eines abgelegenen Hotels und die fehlende Kontaktmöglichkeit nach außen nicht neu ist und man in mehr als einem Moment das Gefühl hat, das kenne ich schon, so hat die Autorin dem Setting doch neue Facetten abgewonnen. Gut herausgearbeitet sind die unterschwelligen Gefühle zwischen den Gästen und die immer unheimlicher werdende Stimmung. Und so wird hier der Krimi nicht unbedingt neu erfunden, aber es wird bis zum Schluss fesselnde Unterhaltung geboten.

Veröffentlicht am 13.04.2020

Bauchanleitung

Ich hör' auf mein Bauchgefühl
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Wie geht es dem Bauch? Welche Organe gehören dazu? Darm, Leber, Magen, Milz und Niere sie bilden ein komplexes System. In diesem Buch wird ihnen ein Raum eingeräumt. Die Autorin beschreibt, welche Aufgaben ...

Wie geht es dem Bauch? Welche Organe gehören dazu? Darm, Leber, Magen, Milz und Niere sie bilden ein komplexes System. In diesem Buch wird ihnen ein Raum eingeräumt. Die Autorin beschreibt, welche Aufgaben die Organe wahrnehmen und sie beschränkt sich dabei nicht auf die reine Nahrungsverwertung, -aufbereitung und Verdauung, es werden auch die Filter- und Ausscheidungsfunktionen angesprochen. Ebenso geht es auch um die Verbindung mit Seele, Geist und Stimmung, wie sich die Lebenssituation auswirken kann. Hingewiesen wird auch, in welchen Momenten die Schulmedizin konsultiert werden sollte. Darüberhinaus werden aber auch die Arten der positiven Einflussnahme durch Alternativmedizin, Übungen oder auch Hausmittel beschrieben.

Wenn man sich eher selten mit der Gesundheit der Verdauungsorgane beschäftigt, ist dieses Buch eine kleine Entdeckung. Selbst wenn man bei sich keine Beschwerden erkennt, bietet dieses Buch eine Fülle von Informationen, Erklärungen und Anregungen. Mehr als ein Aha-Erlebnis wird man schon haben, denn die Erläuterungen sind meist sehr einleuchtend. Wenn es hin und wieder etwas esoterisch wird, muss jeder selbst entscheiden, inwieweit er sich darauf einlässt. Die anschaulichen Zeichnungen, Bilder und Erläuterungen tun ein Übriges, um die Lektüre flüssig, einleuchtend und gut verständlich zu gestalten.

Mir persönlich haben die Übungen am Besten gefallen, viele der Bewegungen und Figuren sind so oder leicht abgewandelt vom Sport bekannt und deshalb leicht nachzuvollziehen. Wenn es mal etwas sehr alternativ wurde, entsprach das nicht ganz so meinem Verständnis, allerdings sind die Erläuterungen vielleicht auch nicht völlig von der Hand zu weisen. Positiv wirkte, dass die Erklärungen nie zu lang oder gar langatmig waren. Gerade die praktischen Anleitungen und Tipps bieten eine gute Richtschnur. In diesem kleinen und praxisnahen Ratgeber wird wohl beinahe jeder etwas finden, was er zur Verbesserung seines Wohlbefindens in den Alltag integrieren kann.

Veröffentlicht am 11.04.2020

Durch die Nacht

Geld ist nicht genug
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Wenn man einen Geldautomaten aufbrechen möchte nimmt man am besten einen Frontlader und haut mit dem ganzen Gerät ab. So macht es jedenfalls Chrissa Stone gemeinsam mit ihren Komplizen. Sechs mal hatten ...

Wenn man einen Geldautomaten aufbrechen möchte nimmt man am besten einen Frontlader und haut mit dem ganzen Gerät ab. So macht es jedenfalls Chrissa Stone gemeinsam mit ihren Komplizen. Sechs mal hatten sie Glück und Chrissa reicht es, sie steigt aus. Das führt allerdings dazu, dass ihre Kumpane in Streit geraten und sich gegenseitig umbringen. Mehr Geld für Chrissa, gut so. Doch das Geld muss gewaschen werden und so macht Chrissa sich auf in den Norden. Bei der Geldwäsche läuft etwas schief, so dass Chrissa Stone einen neuen Job braucht und findet. Es soll Geld aus einem alten Raub versteckt sein.

Die Geschehnisse in diesem zweiten Band um Chrissa Stone sind an ein wahres Verbrechen angelehnt, das nie richtig aufgeklärt werden konnte. Chrissa, die endlich genug Geld zusammenkratzen möchte, um sich mit ihrer Tochter und ihrem zu Zeit einsitzenden Partner Wayne eine Familie aufzubauen, übernimmt die Suche nach der Kohle. Dabei handelt sie sich einen Komplizen ein, der eigentlich schon zu alt für die Sache ist. Allerdings ist er der mit den Informationen. Und irgendwie sind er und seine viel jüngere Freundin auch cool. In einem anderen Leben wären sie vielleicht Freunde.

Chrissa Stone ist echt tough und doch sensibel, besonders wenn es um ihre Tochter geht. Ihre Maßnahmen zur Geldbeschaffung sind sehr geradeheraus und nehmen doch manchmal eine unerwartete Wendung. Chrissa ist keine Mörderin, aber wenn jemand beginnt ihr nach dem Leben zu trachten, kann sie schon mal eine Waffe dabeihaben. In kurzen prägnanten Sätzen und pointierten Dialogen skizziert der Autor seine Heldin und auch die Handlung. Es ist erstaunlich, wie viel Gehalt so teilweise einfache und kurze Sätze haben können. Das muss schon eine besondere Kunst sein, das, was man sagen will, so zu fassen. Man rast nur so durch das Buch und muss am Ende genau wie Chrissa feststellen, dass Geld nicht alles ist. Ein rasanter Crime-Noir, von dieser Art darf es gerne mehr geben.

Veröffentlicht am 10.04.2020

Tim-Fisch

Marianengraben
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Die Studentin Paula trauert um ihren kleinen Bruder Tim. Er wollte immer einen Tim-Fisch entdecken, er war naseweis und neugierig und nun ist er nicht mehr am Leben. Häufig besucht Paula sein Grab, auch ...

Die Studentin Paula trauert um ihren kleinen Bruder Tim. Er wollte immer einen Tim-Fisch entdecken, er war naseweis und neugierig und nun ist er nicht mehr am Leben. Häufig besucht Paula sein Grab, auch Nachts. Und bei einem dieser Besuche trifft sie den alten Helmut, der gerade dabei ist seine verstorbene Helga mitsamt ihrer Urne vom Friedhof zu entführen. Helmut hatte Helga versprochen, mit ihr in die Berge zu fahren und sie ist ihm einfach weggestorben bevor er sein Versprechen einlösen konnte. Paula, die in ihrer Trauer gefangen ist, fragt Helmut, ob sie ihn nicht begleiten kann, erstmal nur bis Frankfurt.

Den Tod ihres Bruders hat Paula noch lange nicht überwunden, sie vermisst ihn in jeder Minute. Sie ist sich nicht einmal sicher, ob sie selbst ohne ihn weiterleben möchte. Helmut, der wesentlich älter ist, ist da schon abgeklärter. Allerdings hadert er damit, dass er sein Versprechen nicht erfüllen konnte. Und deshalb will er eben nach Helgas Tod mit ihr auf die Reise gehen. Mit Paula, seinem Hund Judy und dem Wohnmobil bildet sich ein ungewöhnliches Reisegespann. Obwohl Paula ihren Bruder so sehr geliebt hat wie der Marianengraben tief ist und zurück, muss sie nun ohne ihn auskommen.

In diesem gefühlvollen Roman ist die Trauer allgegenwärtig. Es ist eben nicht leicht, mit dem Verlust geliebter Menschen zurechtzukommen. Zwischen Paula und Helmut entsteht eine besondere Freundschaft, denn so unterschiedlich sie sind, sie teilen doch die gemeinsame Erfahrung ihres schweren Verlustes. Obwohl immer ein wenig Wehmut über das Verlorene mitschwingt, kommen zum Glück auch Witz und Humor nicht zu kurz. Dadurch wird die Lektüre nicht allzu schwer. Und jeder, der schon mal jemanden verloren hat und denkt, das Lachen irgendwie nicht richtig ist, erfährt, dass auch das und die schönen Erinnerungen zur Trauer gehören. Es macht das Leseerlebnis trotz der traurigen Momente von Abschied geprägten Momente zu einer sehr schönen Erfahrung.