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Veröffentlicht am 11.03.2017

Abwechslungsreich und überraschend

Die Chroniken von Waldsee 5: Fyrgar - Volk des Feuers
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Die Fyrgar sind das Volk des Feuers, benannt nach dem größten und höchsten Gebirge im Land Luvgar im Osten des Reiches, in dem sie leben. Die Nähe zu den Göttern ist für sie von hoher Priorität. Die Fyrgar ...

Die Fyrgar sind das Volk des Feuers, benannt nach dem größten und höchsten Gebirge im Land Luvgar im Osten des Reiches, in dem sie leben. Die Nähe zu den Göttern ist für sie von hoher Priorität. Die Fyrgar sind weise und wissend, bewahren, beobachten und lauschen. So auch Aldavinur, dessen Ohren besonders empfindlich sind. Ihm entgeht der markerschütternde Schrei im Angesicht des Todes ebenso wenig wie dem jungen, aufgeweckten Efrynn. Sorge und Neugierde treiben sie über die Grenzen hinweg zu den Klingfelsen, die von spitzen Zacken und scharfen Kanten durchsetzt und von Furcht erregenden, riesigen Spinnen besiedelt sind. Kein Ort für die Fyrgar! Lehrmeister seines Volkes Aldavinur und Schützling Efrynn werden fündig. Ein Wesen fremder Art windet sich auf einem Felsplateau in quälenden Schmerzen. Halb Mensch, halb Krahim, fernab seiner Heimat Nerovia, dem Land des Südens. Leidtragender eines jener Stürme, die sich in letzter Zeit auffallend häufen. Sie führen den Geruch von Finsternis und Magie mit sich. Ein untrügliches Zeichen für Veränderung und ein Ungleichgewicht der Mächte. Die Versammlung des Rates der Fyrgar kann Aldavinurs Entscheidung, Gondwin Hilfe und Obdach in seiner Höhle im Hochtal zu gewähren, nicht gutheißen. Sie argwöhnen, dass der Halbkrahim Unglück bringe. Der Bestätigung dieser Ahnung soll ihnen in Kürze gewahr werden. Gondwin zweifelt an der Allwissenheit der Fyrgar und erteilt ihnen eine Lektion. Während dunkle Schatten die Welt heimsuchen, überfallen die Krahim das Volk des Feuers. Ein furchtbares Gemetzel fordert zahlreiche Opfer. Efrynn, die Hoffnung der Fyrgar auf Vollkommenheit, wird verschleppt. Aldavinur beschließt, an seiner statt zur Sonnenwende durch das Feuer zu gehen, um das stolze Kind zu retten. Das Feuer, Urkraft und Element, entlässt ihn schließlich in die Dritte Stufe seines Daseins. Varantain - Kostbarkeit. Sein Name ist Vergangenheit, sein Baiku verloren, so glaubt er. Als sterblicher Mensch, Dàvin, ein Mann des Friedens, steigt er hinab in die Welt, um das Leben zu erfahren und das Geheimnis der Schattenweber zu lüften. Sein Weg führt ihn nach Kunchava, nahe Nerovia. Auch hier ist man sich der Bedrohung durch die dunklen Netze bewusst. Die Menschen treten Dàvin zunächst mit Misstrauen gegenüber. Die Wandlung von Raubkatze zu Mensch bedarf einiger Umstellung. Der aufrechte Gang und der Gebrauch der Hände sind ihm fremd. Der unbekümmerte Umgang mit Nacktheit weicht dem Tragen von Kleidung. Sitten und Gebräuche, sowie Haus und Einrichtung sind gänzlich ungewohnt. Aus freien Stücken hätte er niemals seine Heimat verlassen, doch die Sorge um Efrynn ist den hohen Preis wert. Dàvin lernt schnell. Die Menschen respektieren ihn. Und er erkennt, dass er den Schattenwebern unmöglich allein gegenübertreten kann. Im Freien Haus erhofft er sich, Unterstützung für sein Ansinnen zu finden. Doch statt auf den Annatai Halrid Falkon, trifft er auf König Rowarn und Nachtfeuer, dem Wächter Waldsees. Tatkräftig zur Seite stehen, können sie Dàvin nicht. Er gewinnt jedoch einen mächtigen Verbündeten, auf den stets Verlass ist: Luvian, das Schwert von Sonne und Mond. Der Weg weiter nach Barastie wird von vielen Lektionen gesäumt. Er führt vorbei an Sansiri, eine der bedeutendsten Streitkräfte der Schattenweber, an Zuran und seine Bande, die so genannten Säuberer, bis er auf Fothúm, den Sinprasi, dessen Schwester Fragangu und die Zwergin Erla trifft. In Honigwinter wird Dàvin gut auf sein Vorhaben vorbereitet. Er lernt mit dem menschlichen Körper umzugehen, genießt körperliche Ertüchtigung in vielerlei Hinsicht, probt den Kampf mit dem Schwert und erfährt die Vorteile strategischen Denkens. Den Kopf voller Informationen und Zusammenhänge, verlässt Dàvin den idyllischen Ort schließlich als Krieger, um nicht zu sagen als Ritter. Es geht längst nicht mehr nur um seine persönliche Entscheidung. Ihm obliegt die Verantwortung für die gesamte Menschheit und er wird den Fyrgar ihren Frieden zurückbringen. Dàvins Ziele sind hoch gesteckt: Efrynn finden und befreien, Nansha und Lýtir, die Herscher Barasties, ausschalten, das Geheimnis um die verschwundenen Flammenritter lüften und schlussendlich die Ursache des Übels rund um die Schattenweber aufdecken. Möge ihm Lúvenors Segen gnädig sein ...

Nach DÄMONENBLUT, NACHTFEUER, PERLMOND und NAURAKA, erscheint mit FYRGAR bereits der fünfte Roman rund um die phantasievolle Welt Waldsee.
Während die drei erstgenannten Titel zusammen die CHRONIKEN VON WALDSEE bilden, kann die Lektüre von NAURAKA und FYRGAR unabhängig erfolgen.
Leser, die mit Waldsee vertraut sind, werden auf alte Bekannte wie König Rowarn von Valia und Nachtfeuer, den ältesten Dämonen, treffen. Kennt man sie hingegen nicht, ist dies dennoch kein Nachteil. Wichtige Zusammenhänge ergeben sich aus dem Kontext oder können im Anhang nachgeschlagen werden. Zunächst gibt ein ausführliches Inhaltsverzeichnis einen Einblick in die Aufteilung des Romans. Insgesamt achtzehn Kapitel sind in drei Abschnitte, Erstes Leben - Das stolze Kind, Zweites Leben - Flammenritter und Drittes Leben - Die Allumfassende, gegliedert. Die weitreichende Bedeutung dieser Einteilung ergibt sich aus dem Inhalt. Der folgende Anhang besteht aus einem Schnitt durch die vier Königreiche zu Anbeginn und einem Glossar mit allerlei Informationen zu beispielsweise Wesen, Schauplätzen und Artefakten Waldsees.

Mit einer eindrucksvollen, prophetischen Vorbemerkung beginnt Uschi Zietsch ihre Erzählung über die Fyrgar, das Volk des Feuers. In ihren Wesensarten und äußeren Erscheinungen sind sie mannigfaltig. Sie streifen als Raubkatze, Grypha oder Drachen umher, tragen Fell, Schuppen oder Federn. Die Fyrgar setzen sich, gemäß ihrer Baikus, ihrer Seelen, aus diversen Gestalten und Formen zusammen. Sie alle eint die Fähigkeit, durchs Feuer zu gehen. Mit jedem Schritt hindurch wandeln sie gegebenenfalls ihr Erscheinungsbild und erklimmen die nächst höhere Stufe ihres Daseins. Derer existieren vier: Leviantain (Leichtigkeit), Saviantain (Wissen), Varantain (Kostbarkeit) und Tarsanu (Verlust). Viele Fyrgar glauben zudem an eine weitere, fünfte Stufe, die der Vollkommenheit entspräche.
Die Fygar müssen im Verlauf der Geschichte erkennen, dass sie längst nicht über allen Dingen erhaben sind und ihr gesammeltes Wissen nicht den Wandel der Zeit berücksichtigt. Ebenso vielfältig wie die Darsteller, Fyrgar, Krahim, Dämonen, Zauberer, Menschen und dergleichen, ist auch die vorliegende Geschichte in dritter Person Singular. Die Autorin bietet abwechslungsreiche Unterhaltung mit Momenten der Ruhe, bedrohlichen Gefahren und spannenden Kämpfen. Untermalt mit philosophisch anmutenden Gedanken, detailreichen Bildern und einem Hauch von Romantik, ergibt sich ein emotionales, märchenhaftes Epos um den Kampf Gut gegen Böse. Die Rollenvergabe ist nicht eindeutig. Zahlreiche Wendungen im Geschehen, überraschende Erkenntnisse und trickreiche Kniffe ermöglichen einen dynamischen Verlauf der Ereignisse. Unterschiedliche Erzähltempi und hin und wieder wechselnde Perspektiven bereichern die Handlung.
Uschi Zietsch schöpft all ihre Möglichkeiten aus, den Spielraum ihrer kreativen Welt mit faszinierenden Ereignissen und Zusammenhängen zu füllen.

Die Optik der großformatigen Broschur trägt den Inhalt in harmonischer Farbgebung. Zahlreiche Flammenakzente lassen das Motiv lebendig erscheinen. Der Romantitel in glänzenden, erhabenen Großbuchstaben gibt dem Cover den letzten Schliff. An Papier, Satz und Druck gibt es absolut nichts zu bemängeln.

Fazit: Uschi Zietsch bereichert ihre Welt Waldsee um ein weiteres beeindruckendes Abenteuer. FYRGAR bietet phantasievolle Charaktere, emotionale Entwicklungen, bildgewaltige Schauplätze, dramatische Spannung und actionreiche Kämpfe im tiefgründigen Erzählstil. In vollendeter Magie nimmt die Geschichte um Liebe und Leid, Vertrauen und Verrat, sowie Imperfektion und Vollkommenheit den Leser für sich ein. Ein abwechslungsreiches, überraschendes Bucherlebnis - uneingeschränkt empfehlenswert!

Veröffentlicht am 11.03.2017

Der einzige Weg hinaus ist mittendurch!

Ich bin böse
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Milly hat eine Vergangenheit. Wahrlich keine schöne Zeit! Jetzt blickt die Fünfzehnjährige nach vorn. Mit neuem Namen und neuer Familie hat sie eine Zukunft. Bis zur anstehenden Gerichtsverhandlung ist ...

Milly hat eine Vergangenheit. Wahrlich keine schöne Zeit! Jetzt blickt die Fünfzehnjährige nach vorn. Mit neuem Namen und neuer Familie hat sie eine Zukunft. Bis zur anstehenden Gerichtsverhandlung ist sie sicher. Hoffnung hilft zu überleben …
Die Pflegeeltern Mike und Saskia Newmont, Tochter Phoebe und Rosie, die Terrierhündin, heißen sie willkommen. Milly bringt nur wenige Habseligkeiten mit: Bücher, Kleidung, verborgene Dinge. Es passt alles in einen einzigen, kleinen Koffer. Nur die Erinnerungen – an ihre Mutter, was geschehen ist – passen hier nicht rein. Es fällt dem Teenager schwer, ihr altes Leben hinter sich zu lassen. Sie trägt die Stimme ihrer Mutter im Kopf, meint zu wissen, was sie plant. Milly ist bemüht, alles richtig zu machen, Erwartungen zu erfüllen. Besser zu sein, als ihre Mutter. Die Newmonts sind allerdings auch keine Musterfamilie. Vater Mike ist ein Workaholic. Mutter Saskia betäubt ihren Kummer mit Alkohol und Drogen, Yogalehrer Benji tröstet über manch einsame Stunde hinweg. Erziehung und Haushalt sind ihr fremd. Die Tochter des Hauses geht bei jeder Gelegenheit in Abwehrhaltung. Sie scheint überheblich und selbstgefällig. Womöglich eine Reaktion auf die Pflegekinder zuvor, die all die Aufmerksamkeit bekamen, nach der sie sich sehnt. Milly wird zum auserkorenen Mobbingopfer von Phoebe und deren Freundinnen Izzy und Clondine. Doch man sollte sie nicht allzu sehr reizen. Sie ist Annie, Tochter von Ruth Thompson. Einer Frau, die sich an Kindern vergeht und ihre Leichen im Keller entsorgt. Annie weiß wie man Spiele spielt. Und sie weiß wie man gewinnt!

Zum Glück schmückt ALI LAND all die Grausamkeiten, die Ruth Thompson jahrelang vertuschen konnte, nicht bis ins Detail aus. Hinweise und Andeutungen im Verlauf der Handlung genügen, um Unwohlsein, gar Abscheu, während der Lektüre aufrechtzuerhalten. Mittelpunkt des Geschehens ist allerdings die minderjährige Milly, Geburtsname Annie. Vierzig Kapitel in erster Person Singular, ungewöhnlicherweise oft direkt an ihre Mutter gewandt, umschreiben ihr Leben zwischen dem vermeintlichen Verrat an ihrer Mutter an die hiesige Polizei bis zur Verhandlung vor Gericht und kurz darüber hinaus. Die Geschichte entwickelt einen unaufhaltsamen Sog. Der Schreibstil ist ruhig aber unglaublich intensiv. Die Stimmung bewegt sich größtenteils in düsteren Gefilden. Selten wird aus Erinnerung, Resignation und Schuldgefühlen tatsächlich Hoffnung und der Wunsch nach einem normalen Leben in einer normalen Familie. Das Buch trägt zu Recht den Zusatz Psychologischer Spannungsroman, der Leser ist stets angespannt, schreckt vor Facetten der Vergangenheit zurück und ahnt, dass die Vorkommnisse auch in der Zukunft nicht ohne Folgen bleiben. Die Autorin vermittelt glaubhaft die emotionale Zerrissenheit des Mädchens. Ebenso stellt sie ihre Intelligenz und manipulative Fähigkeiten außer Frage. Milly alias Annie ist zweifelsohne ein Opfer. Nichtsdestotrotz ist und bleibt sie die Tochter einer Mörderin. Geprägt durch Misshandlungen, Umfeld und Gene. Macht sie das schlussendlich ebenfalls zu einem bösen Menschen?

Das Cover des Taschenbuchs aus dem Goldmann Verlag passt ausgesprochen gut zur Erzählung. Das Motiv zeigt ein junges Mädchen im Profil. Verschwommen, leicht verwackelt, schwer zu erfassen – genauso wie die weibliche Hauptfigur. Ihr Blick angstvoll, dennoch starr fokussiert. Die Farben dunkel. Nichts lenkt ab. Die Inhaltsbeschreibung auf der Rückseite bringt es kurz und knapp auf den Punkt, verrät nicht zu viel. Perfekt!

Fazit: ICH BIN BÖSE ist eine grauenvolle Geschichte über Kindesmisshandlung und seine Folgen. ALI LAND, bestens auf dem Gebiet der Psychologie bewandert, spielt Katz-und-Maus mit ihrer Leserschaft. Durchweg spannend, dabei erschreckend und fesselnd zugleich. Nichts für zarte Gemüter, aber für hartgesottene Thrillerfans unbedingt eine Empfehlung wert!

Veröffentlicht am 30.01.2017

Außergewöhnliche Erzählung um Zwei- und Vierbeiner

Die Katzen von Montmartre
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DIE KATZEN VON MONTMARTRE – ein wunderschönes Cover, das nicht allein nur Blicke von Katzenfreunden auf sich zieht. Meine letzten Geschichten um vierbeinige Samtpfoten liegen schon einige Jahre zurück, ...

DIE KATZEN VON MONTMARTRE – ein wunderschönes Cover, das nicht allein nur Blicke von Katzenfreunden auf sich zieht. Meine letzten Geschichten um vierbeinige Samtpfoten liegen schon einige Jahre zurück, nichtsdestotrotz sind sie in angenehmer Erinnerung geblieben. Nun also habe ich dank TESSA KORBER erneut das Vergnügen, intelligenten Spürnasen bei der Aufklärung Pariser Kriminalfälle zu folgen. Das handliche Taschenbuch umfasst vierunddreißig Kapitel, eingebettet in Pro- und Epilog. Vorangestellt ist eine kurze Übersicht der tierischen Hauptfiguren, ihren Eigenschaften und Besonderheiten. Da wären unter anderem der junge Herumtreiber Matisse, der besonnene Bonnard, der misstrauische Dégas und der Schwarm aller Kater: Grisette. Doch angefangen hat alles mit den frechen Rabauken Pablo und Miró, die auf dem Cimetière de Montmartre über eine Leiche stolpern. Erzählt wird das Geschehen in überwiegend dritter Person Singular aus Sicht verschiedener Charaktere, jeweils als Kapitelüberschrift deklariert. Einzig Bonnards Worte richten sich direkt an die Leserschaft. Der rot gestromte Kater hat schon viele Geschichten und ebenso viele Anekdoten gehört. Bonnard schreitet er über den Friedhof oder liegt auf der schmiedeeisernen Bank, spendet Trost und lauscht Sorgen, Nöten und manch Geheimnissen der menschlichen Besucher. Und er war selbstverständlich dabei, als das junge Mädchen Madeleine am Grab ihrer Familie tot aufgefunden wurde.
Der Kriminalroman versprüht Lokalkolorit, Charme und Esprit. Montmartre ist jedoch nicht nur ein Stadtteil, sondern eine geistige Einstellung, so heißt es. Ganz wunderbar passen hierzu Madame Chauchat in ihrem Kiosk, Madame Valladon in ihrer Pâtisserie, Monsieur Martis in seinem Souvenirgeschäft, Monsieur Moulin in seinem Bistrot und all die Toten und Erinnerungen darum herum. Die Atmosphäre ist sehr dicht und die Figuren besitzen Tiefe. Nostalgisch und ein klein wenig melancholisch arbeitet die Autorin Erfahrungen, Erlebnisse und Erkenntnisse von Mensch und Tier aus. Eben noch flaniert Grisette geltungsbedürftig auf der Mauer nahe des neuen Malers, dem sie gefallen will, im nächsten Moment ist sie Gefangene in einem Sack. So und ähnlich überraschend betten sich erschreckende Vorkommnisse mitten ins Alltagsgeschehen. Zwischen Gegenwart und Vergangenheit liegen Hoffnung und Verzweiflung nahe beieinander. Ein schmaler Grat, den TESSA KORBER mit viel Fingerspitzengefühl und anrührender Sprache meistert.
So grausam die kriminellen Hintergründe auch sein mögen, so wenig wird im vorliegenden Roman auf harte Action und Knalleffekte gesetzt. Viel mehr stehen Beziehungen und Zusammenhänge im Vordergrund. Leise Töne, die bewegen und bisweilen zu Tränen rühren. Und so sind DIE KATZEN VON MONTMARTRE, ihre Menschen und TESSA KORBER eine beeindruckende Entdeckung für mich!

Fazit: DIE KATZEN VON MONTMARTRE ist eine außergewöhnliche Erzählung von Tieren und Menschen zwischen Gegenwart und Vergangenheit – traurig-schön und nachhaltig beeindruckend. Das hätte ich dem schmalen Büchlein gar nicht zugetraut … TESSA KORBER beweist zweifelsohne Geschick für Sprache, Flair und Emotionen. Eine Autorin, die man sich merken sollte. WOW!

Veröffentlicht am 10.01.2017

RILEY - klein aber oho!

Riley - Das Mädchen im Licht -
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"Die meisten Menschen halten den Tod für das Ende.
Das Ende des Lebens - der guten Zeiten -, das Ende von, na ja, eigentlich fast allem.
Aber diese Leute liegen falsch.
Total falsch.
Und ich muss es wissen. ...

"Die meisten Menschen halten den Tod für das Ende.
Das Ende des Lebens - der guten Zeiten -, das Ende von, na ja, eigentlich fast allem.
Aber diese Leute liegen falsch.
Total falsch.
Und ich muss es wissen. Ich bin vor fast einem Jahr gestorben."

So beginnt die Bestseller-Autorin ALYSON NOËL ihre neue Serie RILEY nachdem sie mit EVERMORE bereits weltweit überragenden Erfolg erzielte und hohen Erwartungen gerecht werden muss.
Einer großen Schwäche der Autorin für die kleine Schwester der beliebten Ever, ist dieses Spin-Off zu verdanken. Kenntnisse über die Ursprungsserie sind jedoch keine Voraussetzung. DAS MÄDCHEN IM LICHT wiederholt relevante Ereignisse, schlägt im weiteren Verlauf allerdings eine eigene, losgelöste Richtung ein.

Ein grauenhafter Autounfall auf einem kurvenreichen Highway in Oregon reißt eine glückliche Familie jäh auseinander. Während die Eltern zusammen mit Buttercup, dem gelben Labrador, den direkten Weg über die Brücke einschlagen und die große Schwester Ever nach kurzem Zögern in die entgegen gesetzte Richtung verschwindet, verstreicht die Zeit. Riley Bloom ist unschlüssig, wem sie folgen soll und bleibt daraufhin im Hier und Jetzt stecken.

Geändert hat sich an der Umgebung eigentlich nichts. OK, die Häuser in der Nachbarschaft stehen leer und Riley hat irre neue Fähigkeiten. Lebendiger als je zuvor, kann sie schneller laufen, höher springen, Gegenstände und Orte mit reiner Vorstellungskraft manifestieren und sogar durch Wände gehen. Und es gibt ein Wiedersehen mit den lange zuvor verblichenen Großeltern. Aber ansonsten?
Mit wem soll sie die positiven Seiten ihres neuen Daseins genießen, während sie all ihre Freunde auf der Erdebene zurücklassen muss?

Dieses Problem könnte sich bald von selbst lösen. Der erste Schultag steht bevor!

Doch statt eines Neuanfangs konzentrieren sich Ablehnung und Hilflosigkeit in Anbetracht des verwirrenden Chaos', das Riley erwartet. Die neue, aufregende Welt bleibt Riley verschlossen. Sie hat Angst!

Die Zwölfjährige hängt sehr an der Vergangenheit, vermisst Schwester und Freunde. Das Hier und Jetzt zu akzeptieren, fällt ihr schwer. Sie spioniert unsichtbar auf der Erdebene herum. Immer wieder zieht es sie in die Kabine des Aussichtsraums, in der ihr der Blick auf Ever vergönnt ist.

Bevor sie jedoch den Rückzug antreten kann, erbarmt sich Bodhi ihrer und weist sie des Weges. Plötzlich findet sie sich vor einer Ratsversammlung wieder, die zusammentrat, um Rileys Zukunft zu bestimmen. Aurora, Claude, Royce, Samson und Celia erwarten eine Stellungnahme Rileys zu ihrem bisherigen Leben, ihren Entscheidungen und Taten. Ihre Sicht der Dinge ist maßgeblich für den Ort, an den sie gelangen soll.
Nachdem man ihr Leben auf einer Leinwand Revue passieren ließ, entscheidet der Rat auf Grund ihrer Geschichte und ihrer starken Bindung an die Erdebene, Riley als Seelenfängerin auszubilden und in spiritueller Form zusammen mit Buttercup zurückkehren zu lassen. Zwischen den Einsätzen sind ihr Besuche im Hier und Jetzt gestattet, wo ihre Familienmitglieder bereits ihre jeweiligen Bestimmungen erfüllen.
Orientierungslos fragt sich Riley, wie es nun weitergehen soll, als auch schon Bodhi wieder an ihrer Seite steht. Gleich, ob sie will oder nicht, muss sie ihn nun als Lehrer, Trainer und Boss respektieren und seinen Anweisungen entsprechend Folge leisten.

Zu Rileys erstem Auftrag in England führen gewohnte Transportmittel. Sie hätte sich gewünscht zu fliegen, doch alles zu seiner Zeit ...
Über den Radiant Boy von Warmington Castle kursieren zahlreiche Gerüchte. Nur eines ist sicher: Er spukt bereits seit Jahrhunderten und erschreckt die Menschen.
Riley fragt sich im ersten Moment, ob sie diesem Auftrag gewachsen ist. Doch dann ist sie plötzlich von einer Selbstsicherheit erfüllt, nicht ahnend, dass sich schon einige Seelenfänger an dem zehnjährigen Mysterium die Zähne ausbissen.

Dennoch, sie hatte mit Bodhi um einen Flug nach London gewettet! Und das nicht etwa mit dem Flugzeug ...

Erst einmal bekommt sie es allerdings mit Pennsylvanias internationalen Geisterjägern zu tun. Doch der Radiant Boy lässt nicht lange auf sich warten und versetzt die Anwesenden, einschließlich Riley, in Angst und Schrecken.

Kommt Riley hinter das Geheimnis seiner Macht und gelingt es ihr, ihn zur Brücke zu führen, oder behält er die Oberhand und vertreibt sie aus Warmington Castle, womit auch sie am Radiant Boy gescheitert wäre?

Vierundzwanzig Kapitel in erster Person Singular aus Sicht Riley Blooms erzählen, wie es mit dem jungen Mädchen nach der Tragödie weitergeht. Zeitlich knüpft die Handlung etwa ein Jahr nach ihrem Tod an.
Riley berichtet vom Sommerland, dem wunderschönen, schimmernden Feld mit zitternden Bäumen und pulsierenden Blumen, natürlich der Brücke und vom so genannten Hier, quasi dem Jenseits beziehungsweise der Daseinsform nach dem Tode, das sich nur bedingt von der Welt, wie sie sie kennt, unterscheidet.

ALYSON NOËL gewährt Einblicke in Rileys Psyche und verdeutlicht glaubhaft Unsicherheit, Hilflosigkeit und Verwirrung. Das Mädchen verhält sich allgemein, trotz des herben Verlusts, in vielen Momenten ihrem Alter angemessen. Wankelmütig lösen Perioden sorgenfreien Gelächters ernste Gedanken ab. In vielen Situationen trägt sie ihr Herz auf der Zunge. Sie schwärmt und lästert, ist offen und direkt, frech und frei. Allerdings handelt und spricht sie mitunter unüberlegt. Aber wer will es einer Zwölfjährigen verdenken? Im weiteren Verlauf der Geschichte durchläuft sie unverkennbar einen Reifeprozess.
Sowohl der Bezug zu Eltern und Großeltern als auch ihr Sehnen nach der großen Schwester sind nachvollziehbar. Dennoch findet sie ihren eigenen Weg, mit den Gegebenheiten umzugehen. Daran, dass es auch für Riley nach dem Tod neue Aufgaben zu erfüllen gilt, lässt die Autorin keinen Zweifel. ALYSON NOËL gesteht jedem im Hier seine Bestimmung zu.

Mit dem vierzehnjährigen Bodhi hat die Autorin einen weiteren wichtigen Charakter geschaffen. Er ist dem Knochenkrebs erlegen und verpasste sowohl eine Profikarriere als Skater als auch das bevorstehende Millennium. Bodhi macht einen sehr ernsten Eindruck. Riley betitelt ihn anfangs als Looser, was vor allem auf sein Styling zurückzuführen ist. Dass der Junge aber auch anders kann, erfährt man gegen Ende der Geschichte. Einen Hinweis, dass man nicht nur nach dem Äußeren urteilen sollte, hat sich ALYSON NOËL an dieser Stelle nicht nehmen lassen.

Interessant sind ebenfalls die Geister, die die Aufgaben als Seelenfänger begründen. Einige weigern sich kurzzeitig, die Erdebene zu verlassen, andere leisten wiederum Jahrhunderte massiven Widerstand. Ihre Beweggründe sind vielfältig. Ob amüsant oder ergreifend, die Autorin meistert die jeweilige Situation mühelos und vermittelt Humor sowie Tragik.

Insgesamt behandelt ALYSON NOËL die Themen Krankheit und Sterben recht seicht. Die Zielgruppe bedacht, absolut richtig. Dennoch ist die Geschichte nicht nur für Jugendliche lesenswert.
RILEY - DAS MÄDCHEN IM LICHT ist ein relativ dünnes Buch, dass durch einen flüssig zu lesenden Schreibstil und jungem, frischen Ausdruck viel zu schnell ausgelesen ist. Umso größer ist die Vorfreude auf die Fortsetzung in RILEY - IM SCHEIN DER FINSTERNIS.

Im Anschluss an Geschichte und Danksagung folgen zehn Fragen an die Autorin.
In ihren Antworten erhält der Leser zusätzliche Informationen über den Roman und zu ihrer Person.

Mit dem Cover der Klappenbroschur im etwas größeren Format ist dem Page & Turner Verlag ein wahres Highlight in frischer Farbgebung geglückt. Ein Erlebnis für die Sinne!
Bleibt zu hoffen, dass die vorwiegend jungen Leser genug Taschengeld erhalten, um den stolzen Preis finanzieren zu können.

FAZIT:

RILEY - klein aber oho! DAS MÄDCHEN IM LICHT weist schöne, verwirrende, lustige, spannende und auch traurige Momente auf, die ALYSON NOËL interessant und emotional in Szene setzt.
Man vergisst schnell, dass Riley Bloom ursprünglich nur eine Nebenrolle in der Welt EVERMORE innehatte. Mutig erkämpft sie sich ihren berechtigten Platz neben ihrer großen Schwester.

Veröffentlicht am 10.01.2017

Das Leben und andere Missgeschicke

Der Mann danach
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Cornelius hat eine gute Nase fürs Geschäft und sein Kumpel Jonas, Künstlername Johnny, ist sein bester Mann im Kader. Doch bei allem Lob, braucht der Achtunddreißigjährige hin und wieder einen Tritt zum ...

Cornelius hat eine gute Nase fürs Geschäft und sein Kumpel Jonas, Künstlername Johnny, ist sein bester Mann im Kader. Doch bei allem Lob, braucht der Achtunddreißigjährige hin und wieder einen Tritt zum Glücklichsein.
Während Cornelius und dessen Frau Marita ein eingespieltes Team bilden, lebt Jonas seit der Trennung von Lydia allein. Grund genug für Rudelmensch Cornelius, sich Sorgen zu machen. Völlig unnötig, wenn man Jonas fragt!
Bei Bedarf holt er sich eine Portion Familienidylle im Hinterhof des Chinesen ab, genießt das eine oder andere Schäferstündchen mit einer Kundin, hat sich ansonsten jedoch sehr gut mit seinem Singledasein arrangiert.

Jonas ist der Mann danach, zuständig für die Beseitigung diverser Überbleibsel gescheiterter Beziehungen. Mit seinen Renovierungsarbeiten verschafft er den verlassenen Frauen neue Freiräume. Sein spezielles Routine-Voodoo", Aufmerksamkeit und Verständnis vermitteln ihnen neuen Lebensmut.
Nur er selbst befindet sich ständig auf der Flucht vor der Vergangenheit. Erinnerungen an Lydia, ihre grünen Augen und gemeinsame Erlebnisse suchen ihn immer wieder heim.
Ablenkung bieten der Job, die Hinterhofmenagerie und neuerdings auch die älteste Tochter seines Chefs. Laura ist vierzehn Jahre jung und knüpft gerade erste Kontakte zum anderen Geschlecht. Kevin, ihr aktueller Freund, ist allerdings schnell passé. Jonas darf Trost spenden und hat sogleich eine geniale Idee, das junge Mädchen bei ihrer nächsten Party als Königin der Nacht in Szene zu setzen und Kevin eine Lektion zu erteilen. Die Generalprobe an der hiesigen Tankstelle verdirbt ihm allerdings einen netten Flirt mit einer interessanten Amazone. Diese zeigt sich beim Anblick des alternden James-Dean-Verschnitts zusammen mit einer minderjährigen Sexbombe im knallroten Jaguar wenig begeistert. Ein Missverständnis mit Folgen ...
Während der Abend für Laura als Erfolg auf ganzer Linie verbucht werden kann, übermannt Jonas Melancholie. Er hat den Glauben an die Liebe längst verloren, zu viele Baustellen zerbrochener Partnerschaften gesehen. So wie sein nächster Auftrag, bei dem er gleich drei gebrochenen Frauenherzen gegenübersteht.

In der Küche seiner Kundin macht ihn das Schicksal mit besagter Amazone namens Hella bekannt. Gegen ihre Vorurteile scheint kein Kraut gewachsen. Zu ihrer Tochter Maja findet er hingegen schnell einen Draht. Ehe er sichs versieht, hat sie sein Herz erobert und Hella rührt zudem eine Saite in ihm, die nach Lydia lange Zeit verstummt blieb.
Die Sinne des Künstlers sind wiedererweckt. Jonas errichtet sich ein neues Atelier.
Ein Konzert in der Krypta der St.-Michaelis-Kirche führt Hella und ihn schließlich zusammen. Zarte Klänge Mozarts und pure Leidenschaft Strawinskys zaubern einen unwiderruflichen Moment der Eintracht.
Eine gute Basis, um darauf aufzubauen. Und doch soll es anders kommen als erhofft.
Hella erteilt ihm wenige Tage später eine Abfuhr. Die Vergangenheit lebt auf.
Jonas ist und bleibt der Mann für den Übergang. Träume sind Schäume und das Leben ist eben doch kein Wunschkonzert. Oder gibt es noch Hoffnung für ihn? Die Dinge sind oftmals nicht so, wie sie zunächst scheinen ...

Handwerk nach Plan und dennoch kommt alles anders als gedacht! Welche Überraschungen das Leben bereithält, erfasst Jonathan alias Jo Kramer in seinem gelungenen Debüt DER MANN DANACH.
Ein Roman in Rosatönen, noch dazu mit Herzchen als beherrschendes Cover-Element, aus der Feder eines Mannes? Das könnte amüsant werden, denkt sich der geneigte Leser. Und in der Tat funktioniert diese Kombination ausgesprochen gut!

Zusammen fünfundzwanzig Kapitel, in drei Teile gegliedert, geben in erster Person Singular Einblicke in Liebe und Leid des sympathischen Handwerkers Jonas Bachmann.
Die Geschichte scheint direkt aus dem Alltag gegriffen. Ein Sommer, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vereint. Der Leser findet sich problemlos in der Kulisse zurecht und freundet sich schnell mit den Charakteren an. Ein unkomplizierter, forscher Schreibstil unterstützt eine flotte Lektüre.
Mit viel Feingefühl widmet sich der Autor Problemen und Zweifeln, sowie Gedanken und Emotionen der Hauptfigur und lässt daran teilhaben. Leicht philosophische Tendenzen regen zum Nachdenken an.
Um nicht in Schwermut abzutauchen, peppt Jo Kramer die Handlung mit fröhlichen Zusammenkünften, frechen Dialogen und allerlei lustigen Momenten auf.
Der Grat zwischen Freude und Leid ist schmal. Doch getreu des altbekannten Mottos Jeder ist seines Glückes Schmied", bestimmt Jonas Bachmann aktiv die Ereignisse. Für den Rest sorgen seine Freunde. Kleine Zwischenfälle bremsen ihn immer wieder aus, geben der Erzählung eine neue Richtung und sorgen für hauchfeine Spannung.
Am Ende kommt, was kommen muss ...

Der Autor beweist viel Einfühlungsvermögen und Geschick bei der Darstellung von Freundschaft, Familie und Zusammenhalt. Der Leser ist allzeit gut aufgehoben und beendet schließlich den Roman mit einem nachhaltigen Wohlgefühl.

DER MANN DANACH erscheint im Knaur Taschenbuch Verlag. Das Format liegt wunderbar leicht in der Hand. Die drei Teile des Romans werden jeweils mit einer kleinen Illustration, einem knappen Titel und einem Zitat aus einem bekannten Gedicht eingeläutet. Die Kapitel sind mit römischen Ziffern und einem Schlagwort gekennzeichnet. Papier, Satz und Druck sind tadellos.

Fazit

Jo Kramer bietet mit seinem Romandebüt eine unterhaltsame Mischung aus Humor, Melancholie, Schicksal und dem satten Leben.
DER MANN DANACH ist zweifelsohne ein rundum ansprechender Gegenwartsroman.
Frisch, frech und dank des eingängigen Schreibstils, sympathischer Charaktere und pfiffiger Ideen ein empfehlenswerter Lesespaß!