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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.04.2020

Ein fesselnder Krimi

Bayerisch Kongo
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Dieser Krimi ist in hohem Tempo verfasst und behandelt ein Thema, das gerne ausgeklammert wird: Die illegalen Importe des im Kongo unter miserablen Bedingungen abgebauten Erzes „Coltan“.

Wir begegnen ...

Dieser Krimi ist in hohem Tempo verfasst und behandelt ein Thema, das gerne ausgeklammert wird: Die illegalen Importe des im Kongo unter miserablen Bedingungen abgebauten Erzes „Coltan“.

Wir begegnen unfähigen Staatssekretären genauso wie skrupellosen Geschäftsleuten, auf Rache sinnende Kongolesen, Warlords - pardon - einer undurchsichtigen Waffenschieberin im Kongo und dem Geophysiker Fritz Sperber, der einen Job als „Hilfssheriff“ bei der Kripo angetreten hat. Mit seiner Kenntnis der Zu- und Umstände des Kongos ist er eine willkommene Hilfe, auch, wenn er mit den Hierarchie und dem Bürokratismus des Polizeiapparates so seine liebe Not hat.

Die Gewaltverbrechen finden bis auf wenige Ausnahmen in München statt. So sausen rasiermesserscharfe Macheten von instrumentalisierten Kongolesen auf Landsmänner, Neonazis und scheinbar Unbeteiligte herab.

Das Ermittlerteam rund um „Silikon-Fritz“ Sperber hat jede Menge zu tun. Erfrischend daran, dass statt der üblichen Meier eins und Meier zwei, diesmal zwei Polizisten namens Huber durchgezählt werden. Der breite Münchner Dialekt trägt zu einige humorvollen Passagen in dem doch eher blutigen Krimi bei.

Die ernste Kernaussage, nämlich die skrupellose Ausbeutung de der Bodenschätze Afrikas durch internationale Konzerne, die auf Kosten der bettelarmen Bevölkerung geht, ist sehr gut und aufschlussreich dargestellt. Kurze Rückblicke in die Geschichte des Konflikts Hutu gegen Tutsi geben einen Einblick in die Machenschaften der Kolonialherrschaft und deren Nachfolger, der internationalen Unternehmen.

Fazit:

Ein fesselnder Krimi, der mit „blutigem Erz“ ein geopolitisches heikles Thema aufgreift und mit hohem Tempo gut in Szene setzt. Nicht für Zartbesaitete. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 18.04.2020

Ein gelungenes Krimi-Debüt aus Österreich

Tödlicher Crash
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Wien 2022 - Finanzminister Wolfgang Steinrigl, millionenschwer, ungut und abhoben ist auf dem Weg zu seinem Bruder Thomas, als sein Auto plötzlich ausbricht und gegen einen Baum prallt. Steinrigl ist sofort ...

Wien 2022 - Finanzminister Wolfgang Steinrigl, millionenschwer, ungut und abhoben ist auf dem Weg zu seinem Bruder Thomas, als sein Auto plötzlich ausbricht und gegen einen Baum prallt. Steinrigl ist sofort tot. Das Fahrzeug ist ein Flexus Alpha, jener selbst fahrenden Superschlitten aus den USA, von denen es nur ganze drei Stück in Österreich gibt. Aber, kann wie das sein? Das Auto gilt als sehr sicher. Hat sich da jemand in den Bordcomputer gehackt und den unbeliebten Politiker aus dem Weg zu räumen?

Ins Visier der Polizei gerät Stefanie Laudon, eine investigative Journalisten, die sich selten ein Blatt vor den Mund nimmt, wenn es um Österreichs Innenpolitik geht. Dass sie mehrere Hochleistungscomputer im Schlafzimmer stehen hat und Kontakte zur Hackerszene hat, macht die Situation nicht einfacher.

Als sie in den sozialen Medien gezielt attackiert wird, geht sie in die Offensive. Sie hackt sich in den vollautomatischen Stall von Thomas Steinrigl und alle Welt findet den Bauern, der mit seinen Kühe spricht „süß“. Das ursprüngliche Ziel, nämlich den Leuten zu zeigen, wie verletzlich die EDV-Systeme sind, wird nicht erreicht. Aber der direkte Einblick in einen Bauernhof geht viral und beschert dem Betrieb, der kurz vor der Pleite steht, unerwartete Einnahmen und Popularität.

Meine Meinung:

Dieser Krimi beschäftigt sich mit einem durchaus sehr ernsten Thema: Des Einhackens in EDV-Systeme und Manipulation von außen. Die Leser erfahren einiges über die Hacker-Szene, die oft im Auftrag von Firmen Sicherheitslücken aufspüren sollen. Keine Angst, das Computer-chinesisch wird gut dargestellt.

Der Krimi liest sich leicht und spritzig. Das eine oder andere Mal muss man auch ein wenig schmunzeln.

Die Charaktere sind gut dargestellt und man kann ihnen ihre Intentionen abkaufen. Die eifersüchtige Freundin Meggie, zum Beispiel, die Stefanie vernadert.

Neben dem Handlungsstrang in Österreich gibt es noch einen in weiter Ferne.

Die Autorin Barbara Wimmer weiß, worüber sie schreibt: Sie ist Journalistin und als Redakteurin ist die „Futurzone“ der Tageszeitung Kurier ihr Metier.

2018 wurde sie für ihre Technik-Reportage über KühltechnologieReportage mit dem „WINFRA“, dem Journalistenpreis für Wiener Infrastrukturberichterstattung ausgezeichnet. 2019 erhielt Wimmer den Prälat-Leopold-Ungar-Anerkennungspreis sowie den Dr. Karl Renner Publizistikpreis, jeweils für “herausragende Online-Berichterstattung” zu netzrelevanten Themen.

Mir hat dieses Debüt sehr gut gefallen. Die Story ist fesselnd erzählt, ein bisschen Humor, viel Technik und auch die zwischenmenschliche Seite kommt nicht zu kurz.


Fazit:

Ein überzeugendes Debüt aus Wien, dem ich gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung gebe.

Veröffentlicht am 16.04.2020

Ein würdiger und fesselnder Abschluss der Trilogie

Die Herren der Zeit
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Dieser dritter Thriller ist nun das Ende der Kraken-Reihe. Es wird hier noch einmal so richtig spannend.

Nach dem Inspector Unaí López de Ayala, genannt Kraken, gemeinsam mit seinem Team die Morde in ...

Dieser dritter Thriller ist nun das Ende der Kraken-Reihe. Es wird hier noch einmal so richtig spannend.

Nach dem Inspector Unaí López de Ayala, genannt Kraken, gemeinsam mit seinem Team die Morde in „Das Ritual des Wassers“ aufgeklärt hat und Vater einer kleinen Tochter geworden ist, bildet er mit seiner Lebensgefährten (und Chefin) Alba so etwas wie eine kleine Familie. Die Wertigkeiten haben sich ein wenig verschoben. Alba liebäugelt mit dem Gedanken den aufreibenden Job als Subcomisaria an den Nagel zu hängen und das Hotel ihrer Mutter zu führen. Auch
Kraken mag eigentlich keine Leichen mehr sehen. Doch dann müssen sich die beiden nochmals einer Mordserie stellen.
Bei der Präsentation eines historischen Romans eines bislang unbekannten Autors, erscheint dieser nach wie vor nicht. Aber dafür wird beim anschließenden Buffet ein Gast durch das Gift der „Spanische Fliege“ ermordet. Mit Schrecken stellt Kraken fest, dass dieser Mord in jenem Buch des geheimnisvollen Autors detailliert beschrieben ist. Damit noch nicht genug, werden zwei Jugendliche vermisst, die wenig später tot aufgefunden werden. Die Umstände ihres Todes sind ebenso grausam wie mittelalterlich: Man hat sie lebendig eingemauert.

Diese beiden Verbrechen sind nur der Auftakt zu einer Reihe von Morden, die alle in diesem historischen Roman, der um 1200 in Vitoria spielt, beschrieben sind.


Meine Meinung:

Der Autorin ist es wieder gelungen, mich völlig in den Bann des Geschehens eintauchen zu lassen. Ich bin in die Welt der hochmittelalterlichen Stadt Vitoria versunken. Geschickt lässt sie die beiden Handlungsstränge parallel laufen. Doch durch die Morde verknüpfen sich die beiden in immer kürzeren Abständen. Dazu kommt, dass die Vorfahren einiger Personen der Gegenwart ebenfalls eine große Rolle spielen. Interessant auch die philosophischen Ansätze, dass im Laufe der Zeit jeder Vorfahren hat, die entweder Täter oder Opfer waren.

„Es hat schon immer eine Kette der Gewalt gegeben, die bis in die ersten Menschenzeitalter zurückreicht.“ (S. 221).

Im historischen Teil erfahren wir einiges über die spanische Geschichte, den Zwist zwischen den Königen von Navarra und Kastilien und darüber, dass man den Herrschern nicht über den Weg trauen darf. Das Leben im Mittelalter ist penibel recherchiert. Interessant sind so kleine Details, wie die Haube mit den drei Spitzen, die anzeigt, dass die Trägerin schon dreimal verwitwet ist.

Wie immer finden wir in den Buchinnenseite Stadtplan und Landkarte des Schauplatzes. Ein ausführliches Glossar und ein Personenverzeichnis helfen den Lesern den Überblick zu bewahren.

Die Charaktere sind liebevoll gestaltet. Einen besonderen Platz nimmt Krakens fast hundertjähriger Großvater ein. Diese Figur ruht in sich, ist trotz des hohen Alters agil und bringt die Leser mit seinem trockenen Humor auch zum Schmunzeln. In seinem langen Leben hat er schon viel erlebt, Könige und Diktatoren kommen und auch wieder gehen gesehen. Seine Lebensweisheiten helfen Kraken und seinem Bruder Gérmain über so manche Krise des Lebens hinweg.

Dass Kraken und Alba aus dem aktiven Polizeidienst ausscheiden werden, hat sich ja schon ausgezeichnet. Nur das WIE war ja noch offen. Der Autorin ist ein plausibles Ausstiegsszenario gelungen. Der Leser kann mit der Lösung sehr zufrieden sein. Sie ist rund und stimmig.


Fazit:

Ein würdiger Abschluss dieser fesselnden Thriller-Trilogie, der ich sehr gerne eine Leseempfehlung (richtige Reihenfolge einhalten) und wieder 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 15.04.2020

Ein entzückendes Buch

Joana auf Echo-Hall
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Die zehnjährige Joana Martin muss für einige Wochen zu der ihr unbekannten Tante Hilda auf das Gut „Echo-Hall“ ziehen, denn ihre Mutter ist schwer krank und der Vater als Seemann unabkömmlich.
Schon die ...

Die zehnjährige Joana Martin muss für einige Wochen zu der ihr unbekannten Tante Hilda auf das Gut „Echo-Hall“ ziehen, denn ihre Mutter ist schwer krank und der Vater als Seemann unabkömmlich.
Schon die Bahnfahrt lässt bei dem Mädchen mulmige Gefühle aufkommen. Alles ist neu und als sie vorerst niemand abholt, ist Joana schon recht bange.

Weitere Überraschungen erwarten Joana dann auf Echo-Hall, denn Tante Hilda ist in dem alten Kasten Haushälterin. Der Eigentümer, Sir Albert, ist ein älterer Gelehrter, der mit Kindern so gar nichts am Hut hat. Sie mögen doch bitte unsichtbar sein. Immerhin gestattet er dem wissbegierigen Mädchen jeden Abend eine Frage. Viel zu wenig für Joana.

Neben dem Unterricht, den ihr Tante Hilda erteilt, erkundet sie Tag für Tag (und manchmal auch nachts) heimlich die Gemäuer von Echo-Hall.

Was sie dabei entdeckt, das müsst ihr schon selber lesen ...

Meine Meinung:

Alexander Bàlly, den meisten eher als Krimi- denn als Kinderbuch-Autor bekannt, hat mit diesem Buch eine Reise in die Fantasie geschaffen.

Joana ist recht einsam in diesem Herrenhaus. Ansprechpersonen sind nur Tante Hilda und die Köchin Fanny, denn Sir Albert ist für lockere Konversation vorerst nicht zu haben. SO bleibt dem Mädchen gar nichts anderes übrig, als das Haus auf eigene Faust zu erkunden.

Dem Autor ist es gelungen, auch bei Erwachsenen die Fantasie wieder anzuregen.

Was mir besonders gut gefällt, dass viel Wissen um Malerei wie Stilkunde, Epochen oder ähnliches so schön unterschwellig an die Leser gebracht wird. Niemals mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern einfach spielerisch.

Hin und wieder wirkt Joana für eine Zehnjährige ein bisschen zu erwachsen. Aber, vielleicht muss man in dieser Lebenssituation ein wenig schneller erwachsen werden.

Fazit:

Ein fantasievolles Buch, das sich zum Selberlesen und zum Vorlesen bestens eignet. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 15.04.2020

Eine interessante Lektüre

Das chinesische Jahrhundert
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Wie Autor Wolfram Elsner bemerkt, ist unser Bild von China verzerrt. Mit diesem Buch versucht er Licht ins Dunkel unserer Sichtweise zu bringen.

Nach einer recht langen Einleitung erklärt er uns in drei ...

Wie Autor Wolfram Elsner bemerkt, ist unser Bild von China verzerrt. Mit diesem Buch versucht er Licht ins Dunkel unserer Sichtweise zu bringen.

Nach einer recht langen Einleitung erklärt er uns in drei großen Abschnitten wie China so tickt. Natürlich ist auch dies nur eine, nämlich seine, Sichtweise.

China verstehen lernen ... oder ideologischer Krieg?
Vom Entwicklungsland zur Führungsnation. Strukturen und Prozesse sozialen und ökonomischen Erfolgs
„It‘s the System, stupid“

Jeder Abschnitt ist noch in weitere Kapitel unterteilt, die interessante Tatsachen zu Tage fördern.

Vielen von Elsners Aussagen kann ich zustimmen, aber dass Saddam Hussein deshalb sterben musste, weil er sich seine Öllieferungen nicht länger mit US Dollar bezahlen lassen wollte, erscheint mit doch ein wenig weit hergeholt (S. 133).

Es scheint unbestritten, dass Chinas Regierung ihre Bevölkerung aus der Armutsfalle geholt hat (S. 160).

Wenn Chinas bislang als größter Umweltverschmutzer angeprangert worden ist, sollten sich vielleicht jene, die hier so laut schreien, überlegen, welchen Anteil europäische Firmen durch die Auslagerung ihre Produktionen in Billiglohnländer haben.

Gut gefällt mir dieses Kapitel „Recycle to Ride“. Das Modell, für gesammelte PET-Flaschen Guthaben für Öffi-Tickets oder Aufladebons für Smartphones zu vergeben (S. 204). In vielen westlichen Staaten schafft man es nicht einmal ein Pfandsystem für PET-Flaschen bzw. Alu-Dosen einzuführen (in Österreich zum Beispiel).

Viele Menschen argumentieren gegen China mit Menschenrechtsverletzungen und führen auch die Unterdrückung von ethnischen Minderheiten an. Allerdings ist kein Land davon gefeit. Auch in Europa wird mehr oder weniger subtil gegen ethnische Minderheiten polemisiert. An dieser Stelle seien seien zwei investigative deutsche Journalisten zitiert: „Eine ethnische Minderheit grundlos zu kriminalisieren, wäre das Ende eines Vielvölkerstaates (Chinas), dessen beispiellose Entwicklung die Menschen nicht nur ernährt, sondern ihnen auch Bildung, Selbstachtung und solide Zukunftsperspektiven vermittelt hat.“ (S. 256)

Auch der Vorwurf, China brächte mit seinen Investitionen in Afrika die dortigen Länder in eine Schuldenfalle, ist nicht zu beweisen (S. 278). Im Gegenteil, es scheint, dass beide Seiten Nutzen aus der Kooperation ziehen. China versucht derzeit durch sein Engagement in Afrika jene Ungerechtigkeiten zu beseitigen, die der jahrelang westliche Imperialismus hier hinterlassen hat.

Fazit:

Eine interessante Lektüre, die das Reich der Mitte unter einem anderen Licht erscheinen lässt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.