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Veröffentlicht am 29.04.2020

Ein Buch das zu Herzen geht

Pandatage
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Danny Malooley und sein Sohn Will müssen sich nach dem Unfalltod der Mutter alleine durchschlagen. Und das gelingt mehr schlecht als recht. Will flüchtet sich in die Sprachlosigkeit, weil er nicht weiß ...

Danny Malooley und sein Sohn Will müssen sich nach dem Unfalltod der Mutter alleine durchschlagen. Und das gelingt mehr schlecht als recht. Will flüchtet sich in die Sprachlosigkeit, weil er nicht weiß wie mit dem Schmerz umgehen und treibt dadurch seinen Vater zur Verzweiflung. Danny muss neben den Sorgen um seinen Sohn auch noch mit einem raffgierigen Vermieter fertig werden und um einen schlecht bezahlten Job auf dem Bau bangen, den er auch prompt verliert. Dabei beobachtet er im Park, wie andere Straßenkünstler mit ihren Künsten ihren Lebensunterhalt verdienen. Mit dem Mut der Verzweiflung kauft er sich ein Panda Kostüm und beginnt unbeholfen im Park zu tanzen. Natürlich bleibt das große Geld aus, das kleine Geld wird ihm auch noch gestohlen. Aber ihm gelingt etwas ganz und gar Unerwartetes, das ihn darin bestärkt, weiterzumachen. ER nimmt sogar Tanzunterricht bei einer Poletänzerin.
Der Roman lebt von den Charakteren im Buh: Da wären einmal Danny, der sich und seinen Sohn nicht aufgibt, für ihn weiterkämpft um ihre Existenz zu sichern. Oder Krystal, die Poletänzerin, die wie eine Barsängerin in einem alten Western, außen rau und schön, innen aber einen sehr weichen Kern hat. Oder Igor, der Hühne der Dannys Freund ist, oder der junge Will, der in der Schule von anderen Schülern gemobbt und geschlagen wird und der aber auch einen treuen Freund zur Seite hat, Mo, der zu ihm hält. Von den Straßenkünstlern gefiel mir Tim mit seinem Kater, der Danny zu einem Wettbewerb anmeldet. Und dann sind da auch noch die bösen, die so eindeutig böse sind, dass man am liebsten ins Romangeschehen eingreifen würde um sie buchstäblich aus den Seiten zu reißen: Reg, der fiese betrügerische Vermieter und sein Handlanger, Mr Dent oder der untalentierte und neidische Zauberer El Magnifico der mittels Gedankenkraft andere anzünden will, es aber nie schafft.
Die Sprache des Buches ist sanft, angenehm, gewinnt nur an Schärfe, wenn der hinkende Reg auftaucht und Danny bedroht.
Und zum Schluss wird alles gut, wenn auch nicht so, wie wir es ursprünglich gedacht haben. Denn ein Pandabär steht für das Gute und Schöne.
Dies ist ein Wohlfühlbuch, ohne ins Kitschige zu verfallen. Ich möchte es in die Kategorie „Man sieht nur mit dem Herzen gut“ einreihen.

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Veröffentlicht am 26.04.2020

Wiener Charme und Schmäh, kombiniert in einen spannenden Krimi. Herz, was willst du mehr?

Verkauft
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Constanze Dennig legt uns hier einen spannenden Krimi vor, mit sehr aktuellen Bezügen zur europäischen Wirklichkeit: Es geht um moderne Genforschung und Flüchtlinge. Gewissenlose Geschäftetreiber machen ...

Constanze Dennig legt uns hier einen spannenden Krimi vor, mit sehr aktuellen Bezügen zur europäischen Wirklichkeit: Es geht um moderne Genforschung und Flüchtlinge. Gewissenlose Geschäftetreiber machen sich die schwierige Situation der Asylbewerber zunutze und schlagen riesige Gewinne daraus. Alma Liebekind, ihres Zeichens Psychologin und gut befreundet mit Erika Sacherl, Polizeiinspektor, kann nicht widerstehen, wenn sie irgendwo irgendwie von einem interessanten Fall mit psychologischen Gründen hört. Umso hellhöriger wird sie, wenn sie von einem Ehrenmord an einer schwangeren Syrerin hört, der in einem Asylbewerberheim verübt wird und ganz zufällig ist ein Chirurg, eine Koryphäe auf seinem Gebiet dabei und nimmt einen Notkaiserschnitt vor, um das Neugeborene zu retten. Da wittert Alma Liebekind sofort dass mehr dahinter steckt und beginnt auf eigene Spur zu ermitteln. Dabei wird sie tatkräftig unterstützt von ihrer Mutter, Martha Liebekind-Spanneck. Überhaupt, ist das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter ein besonders inniges, die Mutter, weit in den Achtzigern, mischt sich ständig ein, lässt sie keinen Augenblick aus den Augen, will und muss immer informiert sein über jede Einzelheit aus Almas Leben. Man bekommt fast das Gefühl, dass Martha, die Mutter, es noch nicht geschafft hat, sich von ihrer Tochter abzunabeln. Uns die Leser braucht es nicht zu grämen, sind doch die verbalen Schlagabtausche zwischen Mutter und Tochter charmant, ironisch, spritzig und lassen die tiefe Verbindung zwischen den beiden Frauen sichtbar werden.
Alma ermittelt auf eigene Faust, begibt sich dabei in Lebensgefahr, wird in buchstäblich letzter Minute gerettet und der Fall wird restlos aufgeklärt. Eine Frage bleibt noch offen: Wird es Alma gelingen, sich gegen die Pläne ihrer Mutter zu wehren, sie wie einen Hund zu chipen, damit Martha immer weiß, wo ihre Tochter steckt.
Und das bringt mich zu meiner ursprünglichen Frage: Herz, was willst du mehr? Noch einen Krimi mit Alma Liebekind!

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Veröffentlicht am 20.04.2020

Benvenuto a Venezia, commissario!

Der freie Hund
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Neue Besen kehren bekanntlich gut. Und der neue Kommissar für Gewaltverbrechen in Venedig kehrt besonders gut. Und er lässt sich nicht dreinreden. Weder von hochgestellten Persönlichkeiten noch von den ...

Neue Besen kehren bekanntlich gut. Und der neue Kommissar für Gewaltverbrechen in Venedig kehrt besonders gut. Und er lässt sich nicht dreinreden. Weder von hochgestellten Persönlichkeiten noch von den eigenen Vorgesetzten. Frisch von Cefalù in Sizilien nach Venedig versetzt, erwischt er gleich am ersten Tag einen jungen Taschendieb, verfolgt ihn laufend und schwimmend durch Venedig bis er ihn erwischt. Filmreif die Szene in der Antonio Morello und Claudio mit Handschellen verbunden sich mit einem Fön die Kleider trocknen. Und auch gleich am ersten Tag erkennt Morelli eines der Hauptprobleme Venedigs: die Touristenströme, die die Stadt hoffnungslos verstopfen und vor allem aber die Kreuzfahrtschiffe, die täglich anlegen, Tausende von Touristen an Land spucken und sie nach ein paar Stunden wieder einsammeln und weiterfahren. Diese Schiffe verbrennen billigstes schlechtes Motoröl, das ungefiltert ins Meer gelangt und durch ihre riesigen Schiffsschrauben das Meerwasser aufwühlen und dadurch die Lagune gefährden. Aber wer dagegen protestiert, wird getötet.
Auch auf seinen ersten Mordfall muss Morelli nicht lange warten. Ein Student, Francesco Grittieri, Sohn reicher Eltern, wird erstochen aufgefunden. Er hatte gegen die großen Kreuzfahrtschiffe protestiert. Wenn einige bei der Polizei schnell dabei sind, den Fall ad acta zu legen, als Tötungsmotiv Eifersucht und Neid vom einstmals besten Kumpel deklarieren, hat Antonio Morello Blut geleckt. Nicht umsonst nannte man ihn in Sizilien „den freien Hund“. Er lässt sich an keine Leine legen und ermittelt auf eigene Faust weiter. Eine Strafversetzung zurück nach Sizilien droht ihm, das wäre auch das Todesurteil, denn in Sizilien hat er zu viele Mafiabosse gestört oder ins Gefängnis gebracht. Doch der Commissario ist nicht von gestern, einige Tricks hat er auch noch auf Lager und zwingt nun den Polizeichef seine Strafversetzung rückgängig zu machen. Während seiner Ermittlungen gelingt ihm noch ein anderes Kunststück: langsam aber sicher verwandelt er seine Untergebenen, die bisher mehr schlecht als recht zusammen gearbeitet haben, in ein perfekt zusammen arbeitendes Team, das Erfolge aufzuweisen hat. Ab und zu humoristische Einlagen, Beschreibung kulinarischer Spezialitäten aus Sizilien und aus Venezien, lebhafte Dialoge, witzige Schlagabtausche mit Claudio, der sein privater Assistent wird, oder mit Polizeikollegen, und wunderschöne Beschreibungen von Venedig, dass der Leser sofort Fernweh kriegt, alles zusammen machen das Buch sehr lesenswert.
Das Titelbild führt unsere Gedanken sofort nach Venedig. Auf der einen Seite ein bild von La Serenissima, auf der anderen Seite drängt sich ein riesiges Kreuzfahrschiff ins Bild und droht die Stadt ganz zu verdecken.
Auf der letzten Seite flüstert Morello seinem obersten Chef ins Ohr: …dich krieg ich auch noch.“ Was für den Polizeichef eine ernst zu nehmende Drohung ist, klingt für uns wie ein Versprechen von Wolfgang Schorlau und Claudio Caiolo dass noch weitere Abenteuer mit Antonio Morello und seinem Tema folgen werden. Prego, gentile signori, wir nehmen Euch beim Wort!

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Veröffentlicht am 15.04.2020

Interessanter Fantasy mit einem etwas verwirrenden Prolog

Im Schatten des Kronturms
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Ich habe nicht so ganz verstanden, welches Buch in welcher Reihenfolge nach Wunsch des Autors gelesen werden soll, habe aber das vorliegende Buch genossen. Ein Soldat kehrt heim, eine Prostituierte flieht ...

Ich habe nicht so ganz verstanden, welches Buch in welcher Reihenfolge nach Wunsch des Autors gelesen werden soll, habe aber das vorliegende Buch genossen. Ein Soldat kehrt heim, eine Prostituierte flieht aus einem Bordell und gründet mit ihren Leidensgenossinnen gleich nebenan ein neues Bordell als WG und Kooperative, sehr zum Leidwesen und Neid von Raynor Grue, des Besitzers des Bordells wo die jungen Frauen vorher gearbeitet haben. Gwen DeLancy, die Anführerin der Frauen hat eine besondere Gabe, sie kann das Schicksal der Menschen aus der Hand aber auch aus ihren Augen lesen. Dadurch kann sie manches Unheil von Medford House und von ihren Freundinnen abweisen. Gwen schafft es innerhalb kürzester Zeit die Bauruine wiederherzustellen, es in ein ansprechendes und Kunden anziehendes Etablissement zu verwandeln. Niemand darf die Mädchen Huren nennen. Es sind Damen des Hauses die von den Kunden mit Respekt behandelt werden müssen. Dies ist die eine Ebene der Geschichte.
Die zweite Ebene spielt gleichzeitig, handelt vom heimkehrenden Kämpfer Hadrian Blackwater und seinem unfreiwilligen Kompagnon Royce. Anfangs sind sie sich spinnefeind, doch Professor Arcadius von der Sheridan Schule zwingt sie in einige haarsträubende Abenteuer zusammen. Ganz zum Schluss des Buches kommen die beiden Helden bei Gwen an.
Das Buch endet zwar in einem Cliffhanger, aber die Folgebücher wurden vor diesem Buch schon geschrieben, also können wir direkt weiterlesen.
Ein sehr spannendes und schön geschriebenes Buch, mit nur wenig Fantasy darin, wie da wären Gwens Gabe oder der hohe Turm aus dem Hadrian und Royce nur knapp entkommen, oder einige der Waffen der beiden.
Ich kann diese Lektüre den Fantasy-Liebhabern empfehlen, vor allem, wenn sie auch ein wenig auf Legendenzeit und Mittelalter stehen.

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Veröffentlicht am 12.04.2020

Dies soll ein Sachbuch sein?

An den Ufern der Seine
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Leute, dies ist allerspannendste hochprozentigste Kulturgeschichte! Poirier stellt uns ein Buch vor, das sich schwer in eine Schublade fassen lässt. Einerseits Geschichte: wie Paris kurz vor dem Ausbruch ...

Leute, dies ist allerspannendste hochprozentigste Kulturgeschichte! Poirier stellt uns ein Buch vor, das sich schwer in eine Schublade fassen lässt. Einerseits Geschichte: wie Paris kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges war, wie es sich während des Krieges durchgerungen und –gedrungen hat, und die Jahre des Aufschwungs nach dem Krieg. Das ist aber eine Facette. Das andere sind die vielen französischen und internationalen Schriftsteller, Maler, Bildhauer, Philosophen, Journalisten, Mäzenen, Verleger, Regisseure, Sänger, Schauspieler die gerade in diesen Jahren ihre höchste Schaffensphasen hatten, und wie sie die Jahre der Besatzung und die Fünfziger Jahre gelebt und gewirkt haben und dadurch die Mitte des vergangenen Jahrhunderts geprägt haben. So erfahren wir vom Schicksal Simone de Beauvoirs, der Schriftstellerin und Philosophin, ihrem Partner Jean-Paul Sartre, ebenfalls Philosoph und Literat, Albert Camus, Literaturnobelpreisträger, genau wie Sartre, Jean Marais, dem Schauspieler oder der Chansonsängerin Juliette Gréco und vielen vielen anderen die Paris intellektuell und künstlerische zur Welthauptstadt der Kultur gemacht haben.
Das Buch ist nicht nur ein Denkmal für all die Künstler, die in Paris während der Besatzung ausgeharrt haben, sondern zugleich eine Hommage an all jene, die im Stillen Kopf und Kragen riskiert haben, um die Kultur Frankreichs zu retten. So lernen wir Jaques Jaujard kennen, der als Direktor der staatlichen Museen Frankreichs die Kunstschätze in den staatlichen Museen vor dem Raub der Nazis geschützt hat. Was aber das Buch zusätzlich so interessant macht, ist die Anerkennung jener wenigen Deutschen, die dazu beigetragen haben, Paris zu retten. Wenn Franz von Wolff Metternich, als Leiter des Kunstschutzes im besetzten Frankreich seine Mission anders verstanden hätte, wäre wohl das Schicksal der Mona Lisa ein anderes gewesen. Jaujard und Metternich retteten die Kunstschätze in einem Pakt ohne Worte. „Sie waren allein der Kunst und der Menschheit verpflichtet“.
Wir erfahren auch von Kollaborateuren, jenen Franzosen die sich entschieden hatten, mit der Petain-Regierung in Vichy und den Nazis in Berlin zusammen zu arbeiten. Aber wenige nur wissen, dass viele das nur zum Schein taten, im Geheimen vielen Flüchtlingen und Juden halfen, den Nazischergen zu entkommen. So zum Beispiel der Journalist Jean Luchaire der zwar mit Otto Abetz befreundet war, dem deutschen Botschafter in Paris. Aber beide, Luchaire und Abetz halfen heimlich Menschen in Not. Seine vielleicht berühmteste Sekretärin, die junge Simone Signoret ahnt freilich davon nichts. Sie kündigt ihm und droht ihm sogar mit der Hinrichtung nach dem Krieg wegen Hochverrat.
Ein anderes Beispiel einer Schein-Kollaboration bietet das Verlagshaus Gallimard. Drieu la Rochelle ist der „Hausfaschist“ von Gallimard, ein überzeugter Anhänger der nationalsozialistischen Ideologie. Gaston Gallimard benützt einerseits Drieu la Rochelle als Aushängeschild für die deutschen Besatzer und druckt entsprechenden antisemitischen und faschistischen Schund und andererseits Werke von Simone de Beauvoir, Jean-Paul Sartre, Albert Camus, James Joyce, Paul Claudel, Iwan Turgenjew, Raymond Queneau, Paul Morand und sogar Louis Aragon, einen Kommunisten, Mitglied der Résistance, zu veröffentlichen. Jean Paulhan, Lektor bei Gallimard, betreut diese Veröffentlichungen, gründet mitten in Gallimard-Verlagshaus eine Résistance-Zelle und versteckt in seinem Büro eine Vervielfältigungsmaschine für Flugblätter. Gerhard Heller, zuständig von deutscher Seite aus für sämtliche Veröffentlichungen in Frankreich liebt Literatur über alles, empfindet eine wahre Abscheu, die von den Nazis indexierten Bücher zu verbrennen. Dass so viele progressive liberale und linksgerichtete Schriftsteller in Frankreich die Zeit der Besatzung überlebten, ist auch Hellers stillschweigendes und vergessenes Verdienst.
Das Buch ist großartig. Geschichtsbuch und Who’s Who zugleich, lässt man es nur aus der Hand um in anderen Werken zusätzliche Einzelheiten über die Persönlichkeiten und ihre Werke nachzuschlagen.
Chapeau, Mme Poirier!

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