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Veröffentlicht am 01.06.2020

Old but Gold

Mariana
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Es war Ende letzten Jahres, als ich meiner Mom von Ulrich Tukurs "Die Spieluhr" erzählte und wir sehr mich die Geschichte gefesselt hatte. Ich hatte Tukurs Novelle an einem trüben Novemberabend 2013 angefangen ...

Es war Ende letzten Jahres, als ich meiner Mom von Ulrich Tukurs "Die Spieluhr" erzählte und wir sehr mich die Geschichte gefesselt hatte. Ich hatte Tukurs Novelle an einem trüben Novemberabend 2013 angefangen zu lesen, obwohl ich eigentlich für meinen bevorstehenden Umzug nach Leipzig packen sollte und konnte das Buch erst wieder aus der Hand legen, als ich es komplett durchgelesen hatte. Ich war für 3 Stunden einfach aus dem Hier und Jetzt verschwunden und war völlig im Zauberbann der Geschichte gefangen. Die Novelle ist ein Sprung durch die Zeit zwischen mehreren Epochen des 20. Jahrhunderts und dem Barock und wegen ihrer Außergewöhnlichkeit zu einem meiner Lieblingsbücher geworden.
Meine Mom erzählte mir daraufhin, dass meine Erzählung sie an das Buch "Mariana" erinnere, dass sie in den Neunzigern gelesen hatte und legte mir das Buch ans Herz.
Im Mai hab ich mir dann Mariana gebraucht bestellt, um beim Eintreffen erst einmal festzustellen, dass ich nicht due Mariana-Geschichte von Susanna Kearsley bestellt habe, die ich eigentlich lesen wollte, sondern die von Monica Dickens. Doof. 🙈 Na dann lese ich eben beide. 🤷‍♀️ Aber zuerst habe ich mich Kearsleys Werk gewidmet und das während des Lesens von "Die Frauen der Rosenvilla" von Teresa Simon, weil ich nicht so recht in deren Geschichte hineinfand. In "Mariana" dafür umso schneller. Arbeitsbedingt konnte ich die Geschichte zwar leider nicht an einem Tag durchlesen, wie bei der Spieluhr, dennoch habe ich nur wenige Tage gebraucht, um hindurchzufliegen. Danach klappte es dann komischerweise auch mit den "Frauen der Rosenvilla" besser.

Zum Inhalt von Mariana: Als Julia Beckett noch ein Kind war, hatten sich ihre Eltern auf dem Weg zu ihrer Tante verfahren und sind in einem kleinen verschlafenen englischen Dorf gelandendet. Der Vater Julias muss sein Auto abrupt abbremsen, da vor ihm ein rotes Katzentier auf der Straße sitzt. Dabei entdeckt Julia das alte Haus, ihr Haus, was ihr gleich beim ersten Anblick bewusst wird, vergisst es aber wieder, bis sie sich einige Jahre später mit ihrem Bruder Thomas wieder verfährt, wieder im selben Ort landet und abermals ein rotes Katzentier vor ihnen auf der Straße sitzt, weshalb sie auch dieses Mal bremsen müssen. Julia ist klar, dass sie das Haus unter allen Umständen haben muss und als sie kurz darauf erbt, kauft sie sich das alte Gebäude und zieht in das kleine verschlafene Dorf. Sie wohnt noch nicht lange dort, da passieren plötzlich seltsame Dinge. Sie scheint in der Zeit zurückzureisen, ins 17. Jahrhundert und dort das Schicksal von Mariana Farr zu durchleben, die sich in den Adligen Richard de Mornay verliebt. Was hat es damit auf sich? Wird Julia verrückt oder sind die Flashbacks eine Art zweite Realität?
Ich bin tatsächlich froh, dass meine Mom mir das Buch empfohlen hat, denn hätte ich es nicht gelesen, hätte ich ein Großartiges Stück Literatur verpasst. Leider gibt es das Buch nur noch gebraucht, meiner Meinung nach sollte es aber wieder aufgelegt werden, denn "Mariana" sollte jeder Fan von Zeitreiseromanen einmal gelesen haben. Er ist wirklich wunderschön.

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Veröffentlicht am 24.05.2020

Ein Ermittlerduo gegen Standesdünkel, Snobismus und alle bestehenden Konventionen

Die Tote in der Sommerfrische
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1912, das ist das Jahr, in dem mein Uropa geboren worden und das Jahr, in dem die Titanic auf ihrer Jungfernfahrt sank. Keine zwei Jahre später sollte der erste Weltkrieg ausbrechen, aber das konnte zu ...

1912, das ist das Jahr, in dem mein Uropa geboren worden und das Jahr, in dem die Titanic auf ihrer Jungfernfahrt sank. Keine zwei Jahre später sollte der erste Weltkrieg ausbrechen, aber das konnte zu dem Zeitpunkt noch keiner ahnen, mal abgesehen von allen größeren europäischen König- bzw. Kaiserreichen, die schon zu diesem Zeitpunkt wettrüsteten und fleißig mit den Säbel rasselten.

1912 ist auch das Jahr, in dem Viktoria Berg in die Sommerfrische nach Norderney fährt, ein Reise, die ihr Vater ihr spendiert, in der Hoffnung, dass sie dort einen netten jungen Mann kennenlernt, anstatt ihrem Traum, Lehrerin zu werden, nachgeht. In der Sommerfrische trifft sie unverhofft auf ihre alte Freundin Henny, der sie einst das Lesen und Schreiben gelehrt hat. Auch Henny hat große Träume und denkt nicht daran, sich an einen Mann zu binden.

Zur selben Zeit trifft Christian Hinrichs auf Norderney ein, ein junger Journalist, der auf der Flucht vor der Hamburger Polizei ist, seit ihm ein Interview völlig aus dem Ruder gelaufen ist. Deshalb ist er auch in die Redaktion einer Damenzeitschrift gewechselt. Kurz darauf soll auch er im Auftrag seines Verlegers nach Norderney reisen und dort über die Reichen und Schönen in der Sommerfrische berichten. Bei einem Strandspaziergang sieht Christian die Leiche der armen Henny im Wasser treiben und zieht sie an den Strand. Dabei läuft ihm Viktoria über den Weg und muss mit Entsetzen feststellen, dass ihre alte Freundin tot ist. Aber was ist passiert? Henny wäre nie im Leben ins Wasser gegangen. Da muss etwas Anderes dahinterstecken. Gemeinsam mit Christian Hinrichs rekonstruiert sie die Stunden vor Hennys Tod und begibt sich auf Abwegen.

Ein spannender historischer Krimi mit Herz, Seele und zwei für ihre Zeit recht emanzipierte junge Frauen, die gegen alle Widerstände zum Trotz ihren Weg gehen, mit snobistischen Adligen, kapitalistischen Fabrikanten, Intrigen und Erpressung und einem ganz und gar nicht vorhersehbaren Ende.

Ich freue mich schon darauf, wieder einmal mit Viktoria und Christian auf Ermittlertour zu gehen und kann eine Fortsetzung von "Die Tote in der Sommerfrische" kaum erwarten.

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Veröffentlicht am 28.04.2020

Sehnsucht nach Schlesien

Heimat ist ein Sehnsuchtsort
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Bei Hanni Münzer neuestem Werk hat mich schon allein der Titel angesprochen, weshalb ich im Buchladen auch nicht an diesem Roman vorbeigehen konnte, ohne zumindest den Klappentext gelesen zu haben. Passender ...

Bei Hanni Münzer neuestem Werk hat mich schon allein der Titel angesprochen, weshalb ich im Buchladen auch nicht an diesem Roman vorbeigehen konnte, ohne zumindest den Klappentext gelesen zu haben. Passender Weise fand ich das Buch auch in meiner Lieblingsbuchhandlung in der Heimat. Als ich dann noch las, dass es um eine Familie in Schlesien geht, war das Buch schon im Beutel. Meine Vorfahren kamen aus Liegnitz in Schlesien und wurden zu Ende des zweiten Weltkrieges vertrieben bzw. mussten sie flüchten. Leider kann mir keiner mehr etwas über Liegnitz und das Leben dort erzählen, denn alle Familienmitglieder, die von dort kamen, sind bereits verstorben, deshalb lese ich sehr gerne historische Romane über Schlesien, um zumindest ungefähr rekonstruieren zu können, wie meine Urgroßeltern und meine Uroma gelebt haben könnten. Hanni Münzer hatte mich dann auch gleich auf der ersten Seite in ihre Geschichte hineingezogen, als sie von dem Großvater schrieb, der von "einem fernen Ort in einem fernen Land" erzählte, vom Klatschmohn auf den Wiesen, den Obstbäumen und der ewigen Geruch des Sommers. Sie hatte mich, weil mich das an ein sommerliche Vogtland erinnert, meine Heimat, mein Sehnsuchtsort. Und Seite für Seite bin ich mehr mit auf dem Sadlerhof eingezogen, habe mich mit Anton angefreundet und dasPeterle gerettet und einfach eine glückliche Kindheit erlebt, wie Kathi sie hatte, bevor der ganze Mist mit dem Krieg los ging.

"Heimat ist ein Sehnsuchtsort" ist so ein unglaublich schöner Roman, den ich einfach jeden (!) and Herz legen will, in einem wunderbaren, bildlichen Stil geschrieben, dass es sich so anfühlt, als wäre man ein Familienmitglied der Sadlers. Einfach mittendrin statt nur dabei. Ein absolutes Jahreshighlight!

Ich hatte schon vor dem Buch das Anliegen, Liegnitz zu besuchen, jetzt ist der Wunsch nur noch stärker geworden. Und wenn die ganze doofe Corona-Krise ein Ende hat, werde ich den Wunsch wohl mal in die Tat umsetzen. Danke für dieses wunderbare Buch, Hanni Münzer!

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Veröffentlicht am 17.04.2020

Ich hätte der Hauptcharaktere gern den Hals umgedreht

Vor Rehen wird gewarnt
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Ich kann mich noch gut an meine erste allererste Begegnung mit einer miesen Lügnerin erinnern. Das war im Kindergarten. Das kleine Miststück hieß Nadja und erzählte unserer Erzieherin, ich hätte ihr das ...

Ich kann mich noch gut an meine erste allererste Begegnung mit einer miesen Lügnerin erinnern. Das war im Kindergarten. Das kleine Miststück hieß Nadja und erzählte unserer Erzieherin, ich hätte ihr das Spielzeug weggenommen, mit dem sie gespielt hatte und vor ihr versteckt. Ich mit meinen damals vier Jahren kannte so etwas nicht, dass jemand so dreist lügt um andere in Misskredit zu bringen. Warum macht man sowas? Was wollte diese kleine Intrigantin erreichen? Die Situation hat mich maßlos überfordert, hatte ich doch schon beigebracht bekommen, dass man nicht lügt. Und dann die Kurzschlussreaktion: Ich hab der kleinen Lügnerin eine geballert. Vor der Erzieherin. Da durfte ich mir was anhören. Eine interessante, wenn auch überzogene Reaktion auf mein erstes erlittenes Unrecht. Was ich damals noch nicht wusste, in der Welt jenseits des Kindergartens würde ich noch so einigen Nadjas begegnen.

Wahrscheinlich wusste auch Joy Ambros nicht ganz wohin mit all dem erlittenen Unrecht, dass ihre Stiefmutter ihr angetan hatte und noch vor hatte, ihrem Bruder und dessen Frau anzutun. Jedenfalls sah sie keine andere Lösung, als ihre niederträchtige Stiefmutter aus dem Zug zu stoßen. Das war noch eine ganze Kante überzogener, als meine Reaktion damals im Kindergarten, aber wenn man beim Lesen dem Weg der Zerstörung folgt, den Ann oder auch Angelina Ambros geht, um ihren Willen zu bekommen, ist es irgendwie nachvollziehbar. Ganz ehrlich, es wird vermutlich keinen geben, der "Vor Rehen wird gewarnt" liest und Ann Ambros nicht an die Gurgel will. Dabei fing alles ganz harmlos mit einer pubertären Verliebtheit an, die sich allerdings in eine handfeste Borderline-Störung auswächst, bloß dass Ann sich nicht zwingend selbst Leid zufügt, sondern eher den Menschen, die sie zu lieben glaubt.

"Vor Rehen wird gewarnt" wird nicht ohne Grund als Vicki Baums bester Roman bezeichnet. Sie besitzt die Fähigkeit, mit Worten zu zeichen und den Leser sowohl mit Ann's Familie (ihren Opfern) leiden zu lassen als auch zu erklären, weshalb Ann das destruktive Miststück geworden ist, das sie letzten Endes war. Die Story führt uns ins San Francisco und Wien des 19. Jahrhunderts und lässt uns das große Erdbeben von 1906 miterleben, das San Francisco den Erdboden gleich gemacht hat. Ein überaus vielseitiger Roman und gleichzeitig die Wiederentdeckung von Vicki Baums Büchern, die 1933 der Bücherverbrennung der Nazis zum Opfer gefallen sind, weil diese angeblich "jüdische Gossenliteratur" gewesen sein. Ganz großes Kino.

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Veröffentlicht am 22.03.2020

Die tun nix, die wollen nur spielen!

Alte Sagen und neue Geschichten von den Moosfrauen und Moosmännern aus dem Vogtland und Umgebung
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Heute kennt sie kaum noch einer, die Moosleute - kleine, gutmütige Waldleute, die den Menschen freundschaftlich zugetan sind - und leider kennt man sie schon gar nicht außerhalb des Vogtlandes oder des ...

Heute kennt sie kaum noch einer, die Moosleute - kleine, gutmütige Waldleute, die den Menschen freundschaftlich zugetan sind - und leider kennt man sie schon gar nicht außerhalb des Vogtlandes oder des Erzgebirges, dabei gibt es in der Germanischen Sagenwelt und auch den Märchen der Gebrüder Grimm ganz viele solche kleinen, hilfreichen Geister. Leider werden sie bei den Grimms, abgesehen von den Sieben Zwergen, all zu oft als bösartig, geizig, missgünstig, habgierig und hinterhältig dargestellt, nehme man zum Beispiel den Berggeist aus Schneeweißchen und Rosenrot oder das Rumpelstilzchen. Unsere vogtländischen Moosleute sind aber weder bösartig, noch gemein, viel mehr sind es kleine, gutmütige Waldgeister oder - gnome, die den Menschen gegen Essen oder die Errettung vor der Wilden Jagd (durch das ritzen dreier Kreuze in gefällte Baumstämme, unter denen sie dann Schutz suchen können) oftmals einen Hilfsdienst erweisen. So wurde so mancher Vogtländer von Ihnen schon aus der Armut, der Hungersnot, vor dem Erfrieren oder vor garstigen, jähzornigen Frohnherren gerrettet. Zuweilen kommt es auch vor, dass sie die Hochmütigen, Gemeinen und Geizigen strafen, oder jene, die die Waldmännchen von ihrem Essen fernhalten wollen. Die Moosleute stibitzen ganz gerne mal Klöße aus den Kochtöpfen, wenn diese nicht abgezählt sind, jedoch aber nie, ohne sich mit einer gebührenden Gegenleistung zu bedanken. Also sollte man die Menge der gekochten Klöße niemals abzählen. Und ich etwas sollte man nicht tun, um es sich nicht mit ihnen zu verscherzen: Kümmel in Brot einbacken, denn der Geruch dieses Gewürze erinnert die kleinen Leutchen an den Gestank der Wilden Jagd.

Diese und viele andere Anekdoten hat Gerhard Gruner in einem kleinen Erzählband zusammengetragen, vielleicht auch in der Hoffnung, die Geschichten der kleinen, hilfreichen Gnome über die Grenzen des Vogtlandes und des Erzgebirges hinaus bekannter zu machen. Ich würde mich freuen, wenn es ihm gelänge.

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