Profilbild von danielamariaursula

danielamariaursula

Lesejury Star
offline

danielamariaursula ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit danielamariaursula über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.04.2020

Berlin im Aufbruch!

Die Schwestern vom Ku’damm. Jahre des Aufbaus
0

Friedrich Thalheim und seine schöne Frau Alma, führen ein elegantes Modehaus auf dem Berliner Ku'damm. Doch das Dritte Reich bringt Verderben. Bei einem Autounfall kommt Alma ums Leben, und hinterlässt ...

Friedrich Thalheim und seine schöne Frau Alma, führen ein elegantes Modehaus auf dem Berliner Ku'damm. Doch das Dritte Reich bringt Verderben. Bei einem Autounfall kommt Alma ums Leben, und hinterlässt die älteste Tochter Rieke und die Zwillinge Oscar und Silvie. Sohn Oscar verschwindet während des Krieges an der Front und die Familie bangt und hofft. Mit der lebensfrohen jüngeren Französin Claire hat Friedrich eine weitere Tochter Flori bekommen, die ebenso herzlich von den älteren Geschwistern aufgenommen wird, wie Claire. Kurz vor Kriegsende wird auch Friedrich zum Arbeitsdienst eingezogen und wird anschließend interniert. Der Zusammenhalt der Familie und der Wiederaufbau des Geschäfts liegt in der Hand der Frauen. Jede von ihnen leistet ihren Beitrag, je nach ihren Fähigkeiten und Geschick. Zum Glück ist eine größere Mietswohnung von ihnen unversehrt geblieben, da die Nazimieter Hals über Kopf flohen, denn ihre Villa wird erst von den sowejtischen, dann von den amerikanischen Alliierten besetzt. Durch die Straße irrend trifft Rieke ihre jüdische Kindheitsfreundin Miriam, die Tochter der Maßschneiderin des Modehauses, der selbst das Nähen und die raffinierten Schnitte im Blut zu liegen scheinen. Mit ihr und zwei geretteten Nähmaschinen kann es endlich aufwärts gehen! Die Zeiten sind schwierig und Anpassungsvermögen gefragt, jede bewältigt die Probleme auf ihre Art, doch allzu oft macht ihnen das Herz einen Strich durch die Rechnung.

Dies ist der erste Roman für Erwachsene seit Langem, in dem die Personen es geschafft haben, mein Herz zu erobern und mich zu berühren. Es ist nicht nur ein interessanter und abwechslungsreicher Einblick in den deutschen Wiederaufbau, den ich nur aus Erzählungen, hauptsächlich meiner Oma kenne, es sind die Schicksale dreier widersprüchlicher Schwestern und ihrer Mütter, die mir in Kopf und in die Seele dringen. In diesem Band steht eindeutig die älteste Schwester Rieke, eigentlich Ulrike Helene im Mittelpunkt, doch auch ihr nicht ganz unkompliziertes Verhältnis zu ihrer plötzlich verstorbenen Mutter und ihrer Schwester Silvie. Silvie die Strahlende, die Temperamentvolle, der die Männer mit ihrer betörenden Stimme und ihrer natürlichen Sinnlichkeit zu Füßen liegen, die Lebenslust ausstrahlt und gewitzt auf dem Schwarzmarkt handelt. Doch zeigt sie auch ihre verletzliche Seite, ihre Unsicherheiten, gerade auch, was ihre Liebe und ihre Lebensentscheidungen betrifft. Das Verhältnis zwischen ihr und Rieke ist herzlich, aber nicht ungetrübt. Irgendwie vergleichen sich die zwei doch stets. Rieke ist die kluge, die besonnene, auf die alle vertrauen und sich verlassen können. Sie trifft die vorausschauenden Entscheidungen, während der Vater inhaftiert ist. Flori ist zu Beginn der Geschichte erst zwölf Jahre alt und hat sich noch nicht selbst gefunden, sie braucht die Jahre des Aufbaus, um sich selbst zu definieren. Miri ist für Rieke dabei eine enge Vertraute und irgendwie eine Schwester, denn ihr vertraut sie rückhaltlos alles an. Sie ist verschwiegen und steht den Thalheims stets zur Seite, aber ganz ohne Konkurrenz. Sie gibt und nimmt Hilfe in einer bewundernswerten Natürlichkeit. Auch wenn es nur 3 Thalheim-Schwestern gibt, gehört sie doch dazu, ebenso wie Claire, die zwar älter ist als Rieke, aber nie die Rolle der Stiefmutter übernimmt, sondern einfach Vertraute und Familienmitglied ist, irgendwas zwischen den gängigen Rollenbildern. Die Frauen nehmen einander wie sie sind. Das finde ich unglaublich positiv und gerade in den Zeiten der Unsicherheit durch Corona empfinde ich diese Geschichte über Wiederaufbau und Neubeginn trotz Rückschlägen und Enttäuschungen als ungemein positiv und ermutigend.

Die Thalheims sind trotz schwerer Zeiten privilegiert, denn sie haben immerhin eine Wohnung mit mehren Zimmern, auch wenn sie oft hungern und frieren müssen. Eine eigene Wohnung war in den Zeiten der extrem kalten Winter mit Kohlemangel und heißen trockenen Sommer nach dem Krieg ein Geschenk Gottes, die Frauen der Familie sind unversehrt, auf die Männer gilt es zu hoffen. Doch sie wurden nicht vertrieben und haben in guten Zeiten vorausschauend vorgeplant und auch an schlechte Zeiten gedacht. Der Wiederaufstieg fällt ihnen nicht in den Schoß, es ist harte Arbeit und Geschick. Das ist wirklich interessant, aber das Besondere sind für mich wirklich die Persönlichkeiten. Diese finde ich famos von Anna Thalbach interpretiert, auch wenn ich finde, dass sie mir ihrer ausgesprochen markanten Stimme mehr nach Silvie, als nach Rieke klingt. Das stört mich aber nicht, da neben Rieke Silvie immer eine sehr bedeutende Rolle zukommt und Anna Thalbach als waschechte Berlinerin die Berliner Schnauze perfekt beherrscht. Als Tochter einer Schauspieler-Dynastie beherrscht sie für mein rheinisches Gehör ebenso den schweizer Anwalt ihres Großvaters, sowie die diversen feurigen Italiener, die den Lebensweg der Familie kreuzen. Für mich klingt es einfach authentisch. Vor allem aber habe ich Anna Thalbach sehr gerne zu gehört. Sie vermag es mit ihrer Stimme zu fesseln, auch wenn ich mich von ihr am Schluss etwas verraten gefühlt habe, als die Triologie mit einem emotionalen Paukenschlag endet und ich nun der Fortsetzung aus Sicht von Silvie, gelesen von Stefanie Stappenbeck und dem am 27.4. erscheinenden 3. Band aus Floris Sicht gelesen von Anna Fischer, entgegenfiebere.

Absolut hörenswert!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.04.2020

Gut verständlich, unterhaltsam, spannend und auf Augenhöhe

Wieso? Weshalb? Warum? ProfiWissen. Umweltschutz [26]
0

Die vier von der Schülerzeitung, Finn, Jette, Lilli und Ben, kurz: die Wissensprofis, fragen sich, wie es kommt, dass mitten im Frühling so schwere Gewitter übers Land ziehen. Ob das wohl ein Anzeichen ...

Die vier von der Schülerzeitung, Finn, Jette, Lilli und Ben, kurz: die Wissensprofis, fragen sich, wie es kommt, dass mitten im Frühling so schwere Gewitter übers Land ziehen. Ob das wohl ein Anzeichen für den oft zitierten Klimawandel ist? Wobei, was ist eigentlich der Unterschied zwischen Klima und Wetter? Im Erdkundeunterricht bereiten sie die Teilnahme an einer Umweltdemo vor. Beim Besprechen der Sprüche für die Plakate wird einiges thematisiert, insbesondere die Zusammenhänge, wie Ursache und Wirkung. Auf der Demo lernen sie dann den ehemaligen Studienkollegen und Mitarbeiter einer Umwelt-NGO Alex kennen, der sich als Interviewpartner anbietet und gleich noch Verstärkung mitbringt. So können sie gut noch mehr verschiedene Themen insbesondere auch zum Thema Müll, Ernährung, und Meere ansprechen. Das wird ein sehr ausführlicher und gründlich recherchierter Artikel!

Das Thema Umweltschutz ist vor Corona in aller Munde gewesen, so dass es einem doch schon zu den Ohren herauskommt, oder? Nein, auch wenn meine Kinder bereits demonstrieren waren, wir Obst und Gemüse in Maßen selbst anbauen, fanden sie dieses Hörspiel dennoch sehr interessant. Klar kommt einem einiges davon bekannt vor, aber es ist sehr strukturiert präsentiert und führt einem nochmal ganz deutlich die Zusammenhänge vor Augen. Außerdem, seien wir ehrlich: die Sache mit Klima, Wetter etc., die vergisst man ja relativ schnell wieder, da ist eine Wiederholung gar nicht so schlecht. Um es anschaulicher zu gestalten, findet sich daher in der Hülle auch eine verständliche und eindrückliche Darstellung der Frage „Warum wird es immer wärmer?“ bzw. der Antwort auf diese Frage.

Natürlich gibt es auch zu diesem Wissensthema wieder ein Experiment, das man ganz einfach zu Hause nachmachen kann. Weil diesmal der Versuchsaufbau so einfach ist, wurde auf die grafische Darstellung zu Gunsten einer Abbildung zur Verrottungsdauer von Plastikmüll verzichtet. Um sich zu verdeutlichen, was der steigende Säuregehalt in den Meeren für dessen Bewohner zu bedeuten hat, lege man je eine Muschel in ein Glas mit Leitungswasser und eine in ein Glas Essigwasser oder Essig und beobachte was passiert... Ganz schön erschreckend, aber sehr eindrucksvoll.

Meine Älteste lernt mit den Wissensprofis immer wieder etwas Neues und nun auch ihre jüngere Schwester. Bisweilen geht es ganz nebenbei z.B. beim Marmeladekochen. Dadurch dass diese Reihe als Hörspiel mit echten Kindersprechern produziert ist, begibt es sich mit den Hörern auf Augenhöhe und sie fühlen sich direkt persönlich angesprochen, was ich besonders beim Thema Umweltschutz sehr wichtig finde. Es zeigt der Zielgruppe, dass das Thema sie unmittelbar betrifft, aber auch, dass sie selbst etwas unternehmen können und nicht nur Greta Thunberg. Ja, Greta war noch nicht einmal die Erste, auch vor ihr gab es schon ein Kind, das zum Thema Umweltschutz vor den Vereinten Nationen sprach und dem Thema treu geblieben ist. Das macht Hoffnung, dass sie nicht die Letzte sein wird, die den Verantwortlichen der Welt ins Umweltgewissen spricht und auf die Finger schaut.

Gerade Wetterphänomene und Klimafragen sind immer etwas heikel in ihrem Ineinandergreifen und gar nicht so einfach. Hier ist es sehr gut aufbereitet und daher sehr verständlich.

Beim Thema ökologischer Fußabdruck, steht einem im Booklet sogar ein Test zur Berechnung des eigenen Abdrucks zur Verfügung. Das macht dieses Thema noch gleich persönlicher. Damit eng verbunden ist natürlich auch die Ernährung. Neben dem Plädoyer für artgerechte Tierhaltung und Biofleisch, wird aber ganz klar Position für eine vegetarische Ernährung bezogen, ohne jedoch Fleischkonsum zu verteufeln, was ich sehr wichtig finde, da Kinder nur begrenzt kontrollieren können, was auf den Familientisch kommt. Es ist aber sehr sensibel, zeigt, dass auch die Reduktion des Fleischkonsums hilft und wird nicht ideologisch.

Fazit: Viel verständlicher und einprägsamer als vieles, was die Kinder im Homeschooling seitens der Schule machen sollen. Durch das Hörspielformat mit Kinderforschern ist es kurzweilig und wird immer wieder gerne angehört. Dank der Wiederholung bleibt so eine Menge haften und geht damit hoffentlich in ein verändertes Alltagsverhalten über! Ein überzeugender neuer Band der Wissensprofis!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.04.2020

Ein Freund, ein guter Freund....

Völlig hundelos
0

Becca (10) wünscht sich nichts sehnlicher als einen Hund. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin Emily spielt sie immer Hundesalon. Ihr Hundelexikon kann sie schon fast auswendig. Sie ist ganz klar eine Hundeexpertin. ...

Becca (10) wünscht sich nichts sehnlicher als einen Hund. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin Emily spielt sie immer Hundesalon. Ihr Hundelexikon kann sie schon fast auswendig. Sie ist ganz klar eine Hundeexpertin. Aber ihre Eltern verstehen sie einfach nicht, oder wollen sie einfach nicht verstehen. Ihre Mutter ist mit dem dritten Kind hochschwanger, ihr kleiner Bruder Stevie nervt sie nur und Papa scheint völlig überfordert zu sein. Als wäre das noch nicht schlimm genug, geht ihre beste Freundin Emily nun in die Theater AG und freundet sich dort ausgerechnet mit der eingebildeten Lily an, mit der Becca nichts zu tun haben will. Immer mehr drängt sich Lily zwischen sie und Emily. Ganz klar, wird das das blödeste Weihnachtsfest aller Zeiten! Alles dreht sich nur um die Schwangerschaft und das kommende Baby, Stevie gibt mit seinem neuen Wunschspielzeug an und nur sie bekommt nicht, was sie sich gewünscht hat: einen besten Hundefreund für immer (BHFFI)! Bei dem Weihnachtstreffen im Kreise der Großfamilie geht es ihrem großen Cousin Tim auch nicht besser. Gemeinsam einsam gehen sie an die Tür, als Tims seit Jahren heimlich angeschmachteter Schwarm dort steht. Sie bittet Tim, für eine Woche auf ihren Hund aufzupassen und verschwindet. Als Becca anbietet ihm zu helfen, zieht der riesige Monty plötzlich bei ihnen ein – sehr zum Leidwesen aller übrigen Familienmitglieder!

Welche Familie kennt das nicht? Die Kinder wünschen sich nichts sehnlicher als einen Hund und die meisten Eltern sind dagegen! Dabei haben die Eltern ja noch nicht einmal genügend Zeit für ihre Kinder, da wäre doch der Hund ein super Ausgleich!
Becca geht es genauso und statt Freundschaft hat sie noch dazu ein nutzloses Tagebuch mit Katzencover letztes Jahr geschenkt bekommen. Doch als es ihr so richtig mies geht und ihr niemand ihr zuhören will (denn einen Hund, der ihr immer sein Ohr leihen würde, bekommt sie ja nicht!), beginnt sie in dieses Tagebuch zu schreiben. Darin wird auch stets ihr Hundestatus festgehalten, der zumeist „völlig hundelos“ und damit: erbärmlich! lautet. Diese kurzen Einträge sind eine witzige Abwechslung und ganz ehrlich, wer schreibt mit 10 Jahren schon viel in sein Tagebuch? Es sind wirklich die absoluten Notgedanken! Im Übrigen ist der Roman zwar in Ich-Form erzählt, rein aus Beccas ungeschönter Sicht, aber eben nicht als Tagebuch. Das hat ein sehr angenehmes Schriftbild und wohltuende Schreibweise zur Folge, die einen schnell auf Beccas Seite zieht. Dennoch beginnt es wohl kaum so, wie sie es sich vorstellt, nämlich für den Leser durchaus nachvollziehbar, warum ihre Eltern keinen Hund möchten. Da ich in Beccas Alter aber auch ein neues Geschwisterchen bekam und keinen Hund, kann ich sie super gut verstehen. Nee, liebe Eltern: Babys sind wirklich für über Zehnjährige kein angemessener Ersatz für einen Hund! Babys sind was für Eltern, nicht für Kinder. Die machen das Spielzeug kaputt und man muss immer aufpassen, dass man nichts rumliegen lässt! Irgendwie schon ein bißchen wie ein Hund ;) Ich musste bei der Lektüre sehr schmunzeln, während meine Tochter, absolut auf Beccas Seite stand! Man kann sich sehr gut in sie hineinfühlen. Es ist sehr emotional geschrieben und weil bei ihr wirklich alles schief zu gehen scheint, irgendwie auch ein bisschen traurig. Das fand meine Tochter aber gar nicht schlimm, denn sie hatte das Buch zuvor schon durchgeblättert und dabei gesehen, dass alles gut ausgeht und so konnte sie den Schmerz der jungen Heldin besser verkraften. Das Ende ist sehr süß, sehr turbulent und ganz schön aufregend, mit einem verschmitzen Augenzwinkern, was uns sehr gut gefiel. Allgemein konnten wir trotz der Ungerechtigkeiten, die unserer Heldin immer wieder widerfahren sind, doch auch wirklich oft kichern.

Die Illustrationen von Cathy Ionescu sind sehr schön. Sie passen stets genau zum Text und sind auch immer an der richtigen Stelle abgedruckt. Meine Tochter stört sich nämlich extram an Ungenauigkeiten bei Illustrationen, oder Abbildungen an der falschen Stelle. Hier passt es genau! Die Illustratorin hat das Buch offensichtlich gründlich gelesen und ihre Liebe zur Geschichte spürt man den kleinen Zeichnungen und Pfotenabdrücken an.

Ein wirklich schönes Buch, für junge Hundefreundinnen, das es den Eltern aber noch schwerer machen dürfte, sich gegen die Anschaffung eines Hundes zu wehren. Wobei, es wird auch ganz deutlich, wie viel Verantwortung so ein Hund mit sich bringt, wie viel Arbeit und Erziehung und er ganz sicher nicht unbedacht verschenkt werden sollte, denn er lebt und hat Gefühle und wird nicht mal eben an der Steckdose aufgeladen! Vieles über das Leben mit Hund lernt man eben doch erst im Selbstversuch und das kann bisweilen desillusionierend sein, mangels Ausknopf fürs Tier. Es ist wirklich sehr empfehlenswert: lustig und emotional, regt es doch auch zum Nachdenken an.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.04.2020

Tauche ein in die Magie der Zeit!

Meridian Princess 1. Die Clockmakers Academy
0

Jades Eltern sind kurz nach ihrer Geburt verstorben und sie wächst in Schottland bei Sir Arthur Graham auf, der sie wie seine Enkeltochter behandelt. Doch als Jade fünf Jahre alt wird, geht es ihm gesundheitlich ...

Jades Eltern sind kurz nach ihrer Geburt verstorben und sie wächst in Schottland bei Sir Arthur Graham auf, der sie wie seine Enkeltochter behandelt. Doch als Jade fünf Jahre alt wird, geht es ihm gesundheitlich immer schlechter und er schickt sie auf das nahegelegene Internat St. Creakles, wo sie die nächsten neun Jahre, sogar über die Weihnachtsferien bleibt. Der Bibliothekar Mr. Darwy ist ihre Gesellschaft über die Feiertage und als sie nach neun Jahren zu den Sommerferien nach Graham Hall zu Sir Arthurs Witwe aufbricht, wird es unheimlich. Auf Höhe des Friedhofs, kurz vor der Bushaltestelle wird sie von einem Hund aus schwarzem Rauch angegriffen, in ihrer Not scheint sich aus ihrer Hand ein helles Licht zu materialisieren, das den Hund auflöst. Mr. Darwy bringt sie nach Graham Hall, wo Jade erfährt, dass sie die rechtmäßige Eigentümerin ist. Außerdem eröffnet ihr der Verwalter ihres Großvaters Master Gridlock, dass sie eine Zeiterbin ist und sie zu ihrem 15. Geburtstag in der Clockmakers Academy in London zur Unterrichtung in den Gaben und Talenten der geheimen Gilde der Zeiterben antreten soll. Mr. Darwy wird sie mit der Timeless Sleeper sicher dorthin bringen, doch sie sollen vorsichtig sein, sie sei in Gefahr. Jade, weiß nicht wie ihr geschieht, als ihre Welt von jetzt auf gleich auf den Kopf gestellt wird.

Es beginnt mit einem geheimnisvollen, ahnungsschwangeren Prolog, der im Laufe der Geschichte immer verständlicher wird. Man ahnt schon früher als Jade, welchen Schatz sie dort um den Hals trägt, der sie allerdings auch in Gefahr bringen kann. Als man Jade kennenlernt ist alles sehr mysteriös und jenseits all dessen, was man selbst aus seiner Kindheit gewohnt ist, dennoch kommt man wie Jade nicht aus dem Staunen heraus. Gerade deshalb freut man sich mit ihr, dass ihr bester Freund Mat ebenfalls auf die Clockmakers Academy wechseln wird. Wusste er etwa die ganze Zeit Bescheid? Mat ist allerdings nicht weniger erstaunt als sie. Die Reise mit dem legendären Timeless Reeper reicht nicht aus, sie aus dem Staunen herauszubringen. Zu magisch sind die Gestalten um sie herum, zu viel Neues gibt es zu Verdauen. Es gibt Schutzgeister, die in Galeonen wohnen? Und wer ist diese bedrohliche alte Frau, die ihr nun wieder begegnet, war sie nicht bereits auf dem Friedhof? Aber außer Jade scheint sie niemand wahrzunehmen und Jade beginnt immer mal wieder an ihrem Verstand zu zweifeln. Dieses Gefühl bleibt dem Leser, der aus dem Staunen mit Jade nicht herauskommt, noch lange erhalten, ebenso wie die dumpfe Gefühl von Gefahr, die überall zu lauern scheint. Eine Lehrerin scheint es regelrecht auf sie abgesehen zu haben, doch Master Gridlock schreitet gar nicht ein! Da Jade immerhin schon fünfzehn ist, gerät natürlich auch ihr Herz ins Flattern und es kribbelt überall. Diese Szenen finde ich sehr sensibel und authentisch geschrieben, ebenso wie den Neid, den die rothaarige Ausnahmeschülerin immer wieder auf sich zieht. Bei ihrer Vorgeschichte würde man ihr ein wenig Liebesglück von Herzen gönnen! Doch der Unterricht und die Gefahren halten sie auch so auf Trab. Das ist sehr geheimnisvoll und nimmt immer mehr an Tempo auf. Am Ende fliegt man geradezu durch die Seiten, nur um am Ende seufzend das Buch zu zuschlagen und zu murmeln: noch ein halbes Jahr bis zum Erscheinen von Meridian Prince! Das ist übrigens keine Person, ebenso wenig wie die Prinzessin, sondern... nee, zu viel will ich nicht verraten. Lasst Euch von diesem spannenden Zeiterbenabenteuer um Gut und Böse und die Geheimnisse der Zeit packen, und mit ihm in die geheimen Wege und Tunnel Londons entführen! Dort ist es bisweilen nicht minder unheimlich, als auf dem nebeligen schottischen Friedhof. Aber natürlich widerfährt Jade auch Gutes, nicht nur zarte Liebesbande. Sie findet neben Mat noch zwei weitere verlässliche Freunde, die sie auch bitter nötig hat. Diese Freunde sind nicht alle ganz unumstritten, aber bisweilen für Jade ist Charakter zum Glück wichtiger als das Image einer Familie. Wer kann ihr das verdenken?

Die Klappbroschur finde ich eine sehr schöne Fortsetzung des Covers und sie hat den Vorteil des taschengeldfreundlicheren Preises gegenüber einem wohl kaum schöneren Hardcover. Dieses Buch ist ein echter Hingucker und wer es tut, findet ganz viele Elemente der Geschichte darin vereint.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.04.2020

Ein exzellenter Beobachter

Lange Schatten. Der vierte Fall für Gamache
0

Wie jedes Jahr zu ihrem Hochzeitstag am kanadischen Nationalfeiertag 1. Juli fährt Armand Gamache, Leiter der Mordkommission der Sûreté du Québec mit seiner geliebten Ehefrau Reine-Marie in das Manoir ...

Wie jedes Jahr zu ihrem Hochzeitstag am kanadischen Nationalfeiertag 1. Juli fährt Armand Gamache, Leiter der Mordkommission der Sûreté du Québec mit seiner geliebten Ehefrau Reine-Marie in das Manoir Bellechasse. Das Luxushotel von zurückhaltender Eleganz und Solidität, das einst eine riesige Jagdhütte inmitten der kanadischen Wildnis war, ist ein Geheimtipp, und trotz seiner Vergangenheit das Töten streng verboten. Dieses Jahr ist es leider nicht so idyllisch wie in den 25 Jahren zuvor. Bis auf ihr Zimmer, sind alle anderen mit Mitgliedern der seit Jahren zerstrittenen Familie Finney belegt. Zu Ehren des verstorbenen Patriarchen soll eine Statue mit seinem Konterfei im Garten errichtet und eingeweiht werden. Die Einweihung fällt leider aus, da die Gärtnerin unter ihr begraben, eine von der Statue erschlagene Tochter der Familie findet. Doch es war kein Unfall, sondern Mord. Die Stimmung kippt und wird nun alles andere als gemütlich. Auch Gamache wird offen angefeindet, ihn wurmt vor allem, wie denn eine so schwere Statue überhaupt hatte umkippen können. Ohne schwere Geräte, war dieser Koloss nicht zu bewegen, oder? Gamache tappt im Dunkeln und fürchtet, das das Motiv für diese Tat schon Jahrzehnte zurückliegt.

Ein schier unmöglicher Mord und das auch noch außerhalb von Three Pines! Ich hatte ja zu Beginn befürchtet, dass dieser Fall ganz ohne die liebgewonnen, sehr eigenwilligen Charaktere aus dem verborgenen Dörfen auskommen muss, aber nein, dem ist nicht so. Wer gründlich gelesen hat, bemerkt, dass sowohl das Hotel, als auch Three Pines tief in den Wäldern von Québec liegen und somit gar nicht so weit von einander entfernt. Dennoch spielt der Ort mit den meisten seiner Bewohner eine untergeordnete Rolle, allerdings bringt der Briefträger schweren Herzens eine Einladung für die ungeliebte Familienfeier im Manoir Bellechasse in eines der Häuser im Ort, ohne zu verraten, an wen diese adressiert ist. Dies ist einer der schriftstellerischen Kniffe der Autorin. Sie streut kleine Hinweise, die einen ins Grübeln bringen, wenn man sie aufschnappt und auf deren Auflösung man gespannt ist. Andere vergisst man im Laufe des Hörens wieder, nur um am Ende festzustellen, dass sie doch relevant für die Lösung des Falles waren.

Die Stärke der Reihe liegt ganz eindeutig in den Charakterbeobachtungen. So gibt es in der versammelten Familie lediglich 1 Kind. Bean, 10 Jahre alt, über das ein scharfer Beobachter bemerkt: „Bean kann nicht hüpfen“. Gamache trifft diese Bemerkung, seine rechte Hand versteht sie nicht. Ein Gedanke an meine zehnjährige Tochter und ich bin geschockt, denn selten gehen Kinder in dem Alter, sie springen, hüpfen, tänzeln, schleichen..... Solche Beobachtungen führen Gamache auch letztlich zur Lösung einer scheinbar unmöglichen Tat. Wie um alles in der Welt sollte es ein Mensch mit bloßen Händen schaffen, einen so schweren Stein zum Kippen zu bringen? Die Familie ist viel zu zerstritten, um die Tat gemeinsam zu begehen und warum ausgerechnet sie? Je mehr Gamache nachdenkt und in der Vergangenheit wühlt, desto mehr Gründe für einen Mord entdeckt er, wenn auch nicht an diesem Opfer, sondern an den noch Lebenden.
Doch das ist nicht alles was ihn beschäftigt. Sein Sohn Daniel wird erneut Vater und teilt ihm den Namenswunsch mit, falls es ein Sohn würde. Gamache ist entsetzt und muss sich seiner eigenen Vergangenheit und Ängste stellen. Dabei tritt ein weiterer Gast als Katalysator auf, denn er ist seinem Vater begegnet und erzählt von dieser Bekanntschaft. Das führt nicht unbedingt dazu die Stimmung zwischen dem Ermittler und den Gästen zu entspannen und vermag scheinbar den Leiter der Mordkommission zu sehr von der Aufgabe vor Ort abzulenken.
Es ist ein ruhiger Krimi, fernab von Handynetzen, in einer Art Zeittunnel zurück in der Vergangenheit. Denn auch wenn das Manoir Bellechasse mit jeglichem analogen Komfort ausgestattet ist, so sind die Wälder doch ein einziges Funkloch, der digitale Fortschritt ein Fremdwort. Das entschleunigt und bringt Zeit zum Nachdenken, dabei drängt die Zeit, sollte der Täter sich in die Enge gedrängt fühlen.
Denken ist das zentrale Motiv der Reihe, keine minutiöse forensischen Analysen, keine ausführliche Leichenbeschau, keine unappetitlichen Szenen, die man nicht unbedingt beim Kochen hören möchte.... Kultiviert und gebildet, mag der aufmerksame Hörer eventuell noch einiges lernen. Ich mag die Reihe mit jedem Fall mehr, je mehr ich von Familie Gamache erfahre und die Arbeit der Mordkommission kennenlerne...

Hans-Werner Meyer höre ich sehr gerne. Er klingt gepflegt, besonnen, kultiviert und unaufgeregt, genau wie Gamache. Interessanterweise sind es nicht die weiblichen Interpretationen, die ich bei ihm nicht so mag, sondern die einiger Männer. Beauvoir, die rechte Hand des Chefinspektors klingt immer leicht näselnd und überheblich, dabei ist er kein übler Kerl. Pierre Pattenod der Maître de mit seiner zurückhaltenden Eleganz eigentlich sympathisch, aber auch er klingt bisweilen etwas ältlich trottelig, obwohl er doch stets fast alles im Griff zu haben scheint. Wirklich stören tut mich aber Peter und das wird mit uns beiden wohl nichts mehr werden. Bislang sollte er wohl ein sympathischer Charakter sein, auch wenn er Gamache hin und wieder zu fragwürdigen Äußerungen hinreißt, für mich klingt er aber stets trottelig! Mein Liebling war bislang Ruth Sardo, die spitzzüngige Dichterin und auch wenn ihr Auftritt diesmal nur kurz ist, ist er nicht weniger gelungen. Dafür brilliert Hans-Werner Meyer als Eliane Finney, die herablassende, Familienobere mit der giftigen Zunge. Jeder bekommt seine eigene erkennbare Stimme.... Als Hamburger ist er vielleicht des Franzsösichen nicht so mächtig, da ich mir sicher bin, dass einige Namen anders ausgesprochen werden, aber wer weiß das bei Franco-Kanadiern schon so genau?

Ein kniffeliger Fall, wobei ich die Reihe mit jedem Fall lieber mag, da für mich Armand Gamache immer mehr an Profil gewinnt. Auch wenn dieser Band bereits 2008 erstmals in Kanada erschien, mindert dies nicht seinen Reiz, da es nicht um technische Finesse, sondern um Esprit geht und der ist zeitlos!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere