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Veröffentlicht am 03.07.2020

Das Buch mit dem Paukenschlag – emotional, faszinierend und fesselnd

Letzte Abschiede
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Das Buch:
Dieses Buch ist der 2. Teil der großartigen Allender Trilogie. Den ersten Teil sollte man unbedingt gelesen haben, da dieser Teil ohne viele Rückblicke auskommt und direkt an den ersten Teil ...

Das Buch:
Dieses Buch ist der 2. Teil der großartigen Allender Trilogie. Den ersten Teil sollte man unbedingt gelesen haben, da dieser Teil ohne viele Rückblicke auskommt und direkt an den ersten Teil anschließt.

Worum geht’s?
Amerika im Jahr 1861, der Bürgerkrieg beherrscht zunächst das Leben der Familie Allender. Die Männer sind im Krieg und viele von ihnen werden nicht nach Hause zurückkehren. In diesem Teil der Trilogie steht die nächste Generation und deren Leben im Mittelpunkt der Geschichte. Aus Stuart ist ein Mann mit eigener Familie geworden, der im Krieg seine Führungsqualitäten unter Beweis stellt und nach dem Krieg erfolgreich im Geschäft seines Vaters mitarbeitet. In seinem privaten Leben sind – teilweise erschreckende – Parallelen zu seiner eigenen Kindheit erkennbar und er muss – wie so viele andere auch – tiefgreifende Verluste ertragen…

Charaktere:
Während im ersten Teil der junge Stuart im Mittelpunkt stand, der seiner Mutter oftmals hilflos ausgeliefert war, ist es in diesem Teil der erwachsene Stuart, der nun selbst Vater und Ehemann ist. Er verändert sich, der Krieg verändert ihn – aber an Sympathie büßt er nichts ein. Manchmal möchte man ihn schütteln und fragen, „Wieso tust Du das?“, aber grundsätzlich ist und bleibt Stuart ein guter Mensch, den der Leser einfach lieben muss. Gerade deshalb ist es so schwer zu ertragen, wie viele Schläge das Schicksal für ihn bereit hält. Und jedes Mal ist wie ein Paukenschlag – großartig und mit der entsprechenden Wirkung geschrieben. Und wenn ein Paukenschlag verklingt, lässt die Autorin mal mehr mal weniger Zeit verstreichen, sodass sich der Leser auch wieder erholen kann.

Maurice, Stuarts älterer Bruder, hingegen bleibt unnahbar. Es gibt Strecken, da kann man ihn mögen und dann wieder kann man ihn nur verabscheuen. Mit dieser Figur ist der Autorin ein herrlich ambivalenter Charakter gelungen. Ein brillanter Kopf mit einem recht verkorksten Wesen – er ist wohl wirklich das Produkt seiner Mutter und kann sich bis zum Schluss kaum von ihr lösen. Gerade wegen seiner Ambivalenz ist Maurice für mich einer der wichtigsten Charaktere in der Geschichte – man weiß eigentlich nie, was als nächstes kommt.

Natalya und Graham rücken etwas in den Hintergrund, aber nicht zu sehr. Das gefällt mir sehr gut, denn ganz ohne sie hätte der Geschichte etwas gefehlt. Besonders auffällig ist, dass Natalya zwar nicht mehr den Stellenwert in der Geschichte hat, aber zumindest das Leben von Maurice und Dara extrem beeinflusst. Sie ist nach wie vor die Giftspritze in der Erzählung, aber wundersamer Weise scheint auch sie Gefühle zu haben. Grahams Entwicklung war nicht vorherzusehen und kam bei mir absolut positiv an.

Das Zusammenspiel zwischen Natalya, Maurice und Dara hat mir gut gefallen, wenn auch die Handlungen in mir immer wieder Wut auf Natalya und Unverständnis für Maurice zutage brachten, aber es ist spannend zu lesen, wie sie ihr Leben gegenseitig beeinflussen und welche Auswirkungen das hat. Dies ist beispielhaft für alle Figuren, die Heike Wolf zeichnet. Sie bewirken etwas im Leser – und sei es tiefe Abscheu. Dies gilt nicht nur für die Hauptfiguren, sondern vielmehr für alle Charaktere. Es gibt keine Figur, die einfach nur da ist. Jede hinterlässt mehr oder weniger tiefe Spuren beim Leser.

Ein besonderes Schmankerl für mich ist die Menschlichkeit der Charaktere. Keine Figur ist perfekt. Keine ist nur schlecht oder immer nur boshaft. Und genau deshalb kann die Autorin unvorhergesehen schreiben – genau wie auch das wahre Leben ist.

Historische Fakten:
In einer sehr interessanten Leserunde zu diesem Buch hat die Autorin viel zu den Hintergründen ihrer Geschichte erzählt. Einerseits steckt eine Menge eigener Geschichte darin, andererseits die wirklich interessante Geschichte eines riesigen Landes. Darüber hinaus stellt Heike Wolf auf ihrem eigenen Blog zusätzliche Informationen und Bilder zur Geschichte des damaligen Amerika zur Verfügung, die das Verständnis für das Erzählte vertiefen.

Ich mag es, wenn historische Geschichten auf Fakten basieren, die nachvollziehbar und recherchierbar sind. Einen tollen Roman zu lesen und nebenher etwas zu lernen ist eine wundervolle Mischung. Diese Mischung serviert die Autorin mit diesem Buch auf jeden Fall. Wer Interesse an amerikanischer Geschichte hat, nach „Fackeln im Sturm“ oder „Vom Winde verweht“ nicht genug vom Bürgerkrieg hat, der sollte hier auf jeden Fall zugreifen. Allerdings sollte er auch mit der Grausamkeit rechnen, die ein Krieg mit sich bringt.

Schreibstil:
Die Autorin hat einmal mehr ihre unverkennbare Fähigkeit unter Beweis gestellt, den Leser mitzureißen. Dabei ist sie keineswegs zimperlich – ganz im Gegenteil! Sie kreiert großartige Figuren, an die der Leser sein Herz verliert oder sie auch zutiefst verabscheut und dann lässt sie das Schicksal zuschlagen – erbarmungslos. Keine noch so sympathische Figur bleibt davon verschont. Sie sagte dazu einmal: „So ist das Leben!“ – Recht hat sie! Dennoch ist es schwer, sich von lieb gewonnen Figuren zu verabschieden, wenn sie aus dem Roman gerissen werden.
In diesem Teil der Allenders hat Heike Wolf diese Fähigkeit wohl zur Perfektion und mir damit mehr als einmal die Tränen die Augen getrieben. Und dabei ist kein Schicksalsschlag wie der andere, manchmal sind sie kurz und schnell vorbei, manchmal leidet der Leser unsagbar lange mit. Aber immer wecken sie Emotionen – oftmals sehr intensive.

Ich mag die bildgewaltige Art zu schreiben der Autorin sehr. So entsteht beim Lesen ein stimmiges Bild vor dem inneren Auge, in das sich der Leser hineinfallen lassen kann. Die Autorin bedient sich vieler Adjektive, die dieses homogene Bild entstehen lassen. Manchmal hatte ich das Gefühl, ich könnte sogar die Geräusche hören. Ihre Figuren schreibt sie individuell, jede hat ihre ganz eigenen Eigenschaften. Das bedeutet auf keinen Fall, dass die Figuren geradlinig bleiben; vielmehr entwickeln sie sich stetig weiter. Eher selten sind ihre Handlungen vorhersehbar – manchmal schon, aber viel öfter kommt der oben erwähnte Paukenschlag.

Sehr spannend finde ich, dass die Autorin bisweilen Worte benutzt, die nicht so ganz alltäglich sind. Wenn man diese dann im Internet nachliest, lernt man sogar etwas dazu. Das gefällt mir und hebt den Roman von anderen ab. Generell sind die Formulierungen geprägt von einem riesigen Wortschatz; auch damit hebt sich die Autorin von anderen ab.

Es kommt zu keiner Zeit zu Längen oder gar Langeweile, ganz im Gegenteil. Es passiert immer wieder etwas Neues. Und das obwohl sich die Autorin in diesem Teil nicht mehr ganz so breit gefächert über das Territorium der USA bewegt, sondern die Handlungsorte etwas näher beieinander liegen. Und wie schon im ersten Teil hat der Leser nie einen Zweifel daran, in welchem Jahr er sich gerade befindet oder wie alt die Figuren sind.

Wer sich also auf Heike Wolf einlässt, sollte gewappnet sein für das Schicksal und jede Menge Taschentücher dabei haben. Sie erzählt dem Leser schonungslos über die Grausamkeiten des Krieges, über Liebe, Hass und den Tod – und sie schubst den Leser in ein Meer aus Emotionen.

Fazit:
Dieses Buch ist das 4. Buch der Autorin, welches ich gelesen habe. Und auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Großartig – ein must read für Fans historischer Romane! Eine große Geschichte über einen langen Zeitraum, ohne Längen in der Erzählung. Sie packt den Leser und lässt ihn erst auf der letzten Seite wieder los – oder selbst dann noch nicht! Diese Geschichte wirkt länger nach! 5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 19.04.2020

Ein Wechselbad der Gefühle – in einer furchtbaren Zeit.

Des Lebens labyrinthisch irrer Lauf
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Das Buch:
Bei diesem Buch handelt es sich um den 2. Teil der Schönau-Dilogie. Er umfasst den Zeitrahmen 1935 bis 1957 im Leben der Familie Schönau. Den ersten Teil sollte man vorher gelesen haben, da der ...

Das Buch:
Bei diesem Buch handelt es sich um den 2. Teil der Schönau-Dilogie. Er umfasst den Zeitrahmen 1935 bis 1957 im Leben der Familie Schönau. Den ersten Teil sollte man vorher gelesen haben, da der 2. Teil direkt an dessen Ende ansetzt. Das Buch ist Kapitel aufgeteilt, die über die meiste Zeit jeweils ein Jahr umfassen.

Worum geht’s?
1935 – das Naziregime gewinnt zusehends an Macht und das Leben der Familie Schönau ändert sich ein weiteres Mal drastisch. Alle Familienmitglieder müssen sich in dieser dunklen Zeit arrangieren und tun es auf die unterschiedlichsten Weisen. Dabei müssen alle schwerste Verluste hinnehmen und mit dem größer werdenden menschlichen Zwiespalt innerhalb der Familie klar kommen. Auch nach dem Krieg können nicht alle Schönau-Kinder ein gutes Leben führen. Gerade Lotte geht einen sehr schweren Weg, der – als sie vermeintlich am Ziel ist – wieder nur einen schmerzlichen Verlust für sie bereit hält. Erst an ihrem 90. Geburtstag am 09.11.1989 darf sie sich endlich über ein Geschenk freuen, mit dem sie nicht mehr gerechnet hatte.

Die Charaktere:
Lotte ist auch in diesem 2. Teil die Sympathieträgerin für die ich zu jeder Zeit Wohlwollen empfunden habe. Mehr als einmal habe ich gedacht, dass sie kaum noch mehr Rückschläge ertragen kann. Eine lange Zeit muss sie das Leben mit ihren beiden Kindern Agnes und Irene allein meistern, weil Richard entweder im Krieg ist oder im Gefängnis einsitzt. Oftmals weiß Lotte noch nicht einmal, wo genau Richard sich gerade befindet. Diese ständige Unsicherheit macht einen schon als Leser nervös und es ist kaum vorstellbar, was genau Lotte empfunden haben muss. Der Autorin gelingt es zu jeder Zeit absolut glaubwürdig diesen bedrückenden Umstand zu beschreiben. Lottes Verhaltensweisen und Entscheidungen kann ich oftmals sehr gut nachvollziehen, insbesondere vor dem Hintergrund, da ich selbst nicht sagen könnte, wie ich in diesen Situationen reagiert hätte.

Dorchen ist wohl der Charakter, der sich am radikalsten verändert. War sie am Anfang lebenslustig, direkt und extrem gegen das Naziregime, entwickelt sie sich nach dem Krieg zu einer Fanatikerin, die den Sozialismus bejubelt, obwohl offensichtlich ist, dass die Russen nicht wirklich etwas anders machen als die Nazis vor ihnen. Die Diktatur unter Hitler hat sie rigoros abgelehnt, hat sogar Lotte und Richard verurteilt, weil sie ihrer Meinung nach zu wenig dagegen unternahmen; stets hat sie Heinrich verurteilt, wegen seiner Besessenheit in der NS Zeit. Und nun? Macht sie es genauso! Dorchen war mir immer sehr sympathisch, ich mochte sie wegen ihrer leichten Art zu leben, mir gefiel mit wie viel Enthusiasmus sie sich für ihre Arbeit eingesetzt hatte und natürlich ihre tiefen Gefühle für Levin. Nachdem sowohl Levin als auch ihre Tochter Margrit von ihrer Seite gerissen wurden, arbeitet Dorchen intensiv im Widerstand und verurteilt beinahe jeden, der etwas dezenter ist. Ich kann ihre Verluste nur all zu gut verstehen, ebenso wie den Umstand, dass sie etwas tun will. Dass sie jedoch sogar die eigene Familie verbal beginnt anzugreifen, bringt meine Sympathie ins Wanken. Bereits hier zeigen sich die ersten Züge von Fanatismus, die sich nach dem Krieg ganz extrem ausprägen. Zwar hilft sie Lotte in den wirklich schlechten Zeiten und zeigt hier dann das Dorchen, wie ich es kenne, aber kurz darauf ist sie wieder hart und ungerecht. Es ist mir durchaus bewusst, dass der Krieg Dorchen verändert und hart gemacht hat, aber diese bedingungslose Besessenheit von einer anderen Diktatur hat sie mir am Ende beinahe unsympathisch werden lassen. Doch trotz aller Antipathie am Ende des Buches ist auch dieser Charakter authentisch, er gehört dazu und in gewisser Weise tut mir Dorchen sogar leid.

Heinrich taucht nicht ganz so oft auf wie Lotte und Dorchen, aber wenn, dann möchte man ihn schütteln und ihn fragen, ob er blind ist. Ich empfinde es als furchtbar, wie er alte Freunde und sogar die eigene Familie ans Messer liefert ohne mit der Wimper zu zucken. Und trotzdem ist Heinrich eine Figur, die von Ambivalenz strotzt. Einerseits diese Härte und blinder Fanatismus – allerdings zum NS Regime – und andererseits kümmert er sich beinahe rührend um Lotte, sowohl direkt nach dem Krieg und auch später. Seine Verhaltens- und Denkweisen scheinen nicht zusammenpassen zu wollen, aber trotzdem ist er eine Figur, die man sich lebhaft vorstellen kann.

Sämtliche Charaktere, auch Nebenfiguren, zeichnet die Autorin vielschichtig. Man kann eigentlich bei keiner Figur einfach sagen, dass man sie mag oder eben nicht. Und genau das ist der Grund, weshalb sie mit all ihren Sorgen und Nöten, mit den schönen und schlechten Dingen ihres Lebens absolut glaubwürdig sind. Es kommt einem immer ein bisschen so vor, als könnte man sie greifen, wenn man nur die Hand ausstreckte. Je länger man in der Geschichte liest, desto mehr wachsen einem die Figuren ans Herz und desto mehr glaubt man, einen Freund der Familie zu verlieren, wann immer jemand stirbt – und es sterben viele! Heike Wolf macht es einem wirklich schwer Figuren gehen zu lassen. Dies wird besonders deutlich, als nach einem Bombenangriff 3 wichtige Figuren auf einmal sterben.

Schreibstil:
Heike Wolf schreibt einfach großartig! Bildgewaltig ohne sich in Details zu verlieren. Sie beschreibt die Welt in ihrer Geschichte so, dass der Leser in sie abtauchen kann, so als wäre sie selbst dabei gewesen. Und auch wenn die Zeit furchtbar war, wenn man auf überhaupt gar keinen Fall in dieser Zeit gelebt haben möchte, so ist diese Zeit für die Zeit des Lesens so echt und so greifbar – mit all ihren schrecklichen Momenten, aber gerade auch mit den schönen Momenten.

Die Autorin wirft den Leser durch alle Emotionen. Immer wieder möchte der Leser hoffen und tut es auch, dass sie diesem oder jenem Charakter dies oder jenes nicht antun möge. Man hofft und bangt und doch kommt das Unvermeidliche. Wer mehr als ein Buch von Heike Wolf gelesen hat, der weiß, dass sie nicht zimperlich mit ihren Figuren ist, aber trotzdem schafft sie es immer wieder, dass man zu ihren Figuren ein Verhältnis aufbauen muss. Man kommt nicht umhin, eben weil sie so lebendig sind. Der Satz „Das kann sie jetzt nicht wirklich tun!“ war mein ständiger Begleiter, aber sie tut es trotzdem – erbarmungslos. Erbarmungslos ist hier ein Kompliment, denn die Zeit war genau das. Alles andere wäre nicht authentisch.

Historischer Hintergrund:
Es gibt sicherlich viele Bücher, die sich mit dem 3. Reich befassen. Es gibt sicherlich auch viele gute Bücher über diese Zeit. Aber dieses hier vereint einfach alles. Es liefert einerseits sauber recherchiertes Hintergrundwissen sowohl über den Krieg als auch die Anfänge der DDR – ich habe mehr als einmal ungläubig gesagt „Das glaube ich jetzt nicht“ und doch ist es wahr. Andererseits lässt es diese Zeit so lebendig werden, als würde man selbst dabei sein. Hin und wieder musste ich beim Lesen unterbrechen um aus dem Fenster zu schauen, bevor die nächsten Bomben fielen.

Fazit:
Dieses Buch ist alles, aber keine leichte Unterhaltung! Wer sich auf dieses Buch einlässt, braucht mindestens ein Paket Taschentücher – besser zwei! Er sollte sich darauf einstellen, dass zwischen Liebe und Hass jedes Gefühl hochkommen wird – außer Gleichgültigkeit! Diese kann und wird sich der Leser nicht erlauben. Für Fans von wirklich realistischen, historischen Romanen ein absolutes Must read! 5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 19.04.2020

Neugierig sein ist immer gut!

Tafiti und die Reise ans Ende der Welt (Band 1)
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Das Buch:
Es handelt sich bei diesem Buch um den ersten Teil der Reihe um das kleine Erdmännchen Tafiti. Es ist auf die Altersklasse ab 5 Jahren ausgelegt und zum Vorlesen oder auch zum ersten Selbstlesen ...

Das Buch:
Es handelt sich bei diesem Buch um den ersten Teil der Reihe um das kleine Erdmännchen Tafiti. Es ist auf die Altersklasse ab 5 Jahren ausgelegt und zum Vorlesen oder auch zum ersten Selbstlesen in der Schule geeignet. Im hinteren Teil gibt es ein paar Fragen zu den einzelnen Kapiteln, mit denen der Vor- oder Mitlesende prüfen kann, ob der kleine Zuhörer oder Leser den Inhalt des Buches erfasst hat.

Worum geht’s?
Tafiti ist eigentlich mit seinem Leben zufrieden, aber er ist auch furchtbar neugierig. Der Opapa erzählt immer die tollsten Geschichten vom Ur-ur-ur-ur-ur-Opapa, die in Tafiti das Reisefieber wecken. Und nicht zuletzt will er unbedingt wissen, wie das Ende der Welt dort hinter dem großen Hügel wohl aussieht. Also macht er sich auf den Weg...

Charaktere:
Tafiti ist ein kleines, neugieriges und vor allem gewitztes und kluges Erdmännchen. Er ist unerschrocken und auch wenn er nicht weiß, was ihn erwartet, ist seine Neugier groß genug, um wenigstens loszulaufen und zu schauen. Für ein Kinderbuch aus meiner Sicht genau der passende Charakter, denn auch Erdmännchen sind klein und können furchtbare Angst vor allen möglichen Gefahren haben. Dahinein kann sich ein Kinder sicherlich gut versetzen, weshalb der kleine Leser oder Zuhörer Tafiti einfach mögen muss.

Auf seiner Reise lernt Tafiti Pinsel kennen, ein Pinselohrschwein, das ebenso wie er einfach loslief, weil es mal schauen wollte, wie es im Süden so ist. Die beiden werden zu dicken Freunden, die sich gegenseitig helfen und so das Abenteuer bestehen können. Auch in Pinsel wird der kleine Leser einen Charakter haben, mit dem er sich identifizieren kann. Wer wünscht sich nicht einen großen Freund?

Ich glaube, in dem Alter ist es wichtig, dass der kleine Leser oder Zuhörer in der Geschichte einen (oder mehrere) Helden hat. Das ist hier absolut gegeben. Hinzu kommt, dass selbst „die Bösen“ eine Schwäche haben, die sie schon nicht mehr ganz so böse erscheinen lassen. Das gefällt mir sehr gut.

Eignung für Kinder:
Der Schreibstil ist dem Alter entsprechend. Die Schrift ist groß und einfach, weshalb Erstleser mit dem Buch sicherlich gut zurecht kommen dürften. Der Umfang von 80 Seiten mit vielen Bildern, auf denen die Geschichte quasi ein zweites Mal erzählt wird, wird die Lesemotiviation hoch halten, denke ich.

Die vielen farbigen Illustrationen sind liebevoll gestaltet. Beim Vorlesen kann man so mit dem zuhörenden Kind über das Gehörte sprechen und die Fragen am Ende des Buches ganz unauffällig einfließen lassen. Die Figuren sind mit ihren großen Augen und niedlichen Gesichtern perfekt für die Altersklasse.

Fazit:
Eine niedliche Geschichte zum Vor- und Selbstlesen, eine Geschichte um einen kleinen Helden und seinen Freund, in der das Gute natürlich siegt. 5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 19.04.2020

8 Klässler ermitteln

Die Alster-Detektive 6. Langfinger-Alarm
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Das Buch:
Es handelt sich bei diesem Buch bereits um den 6. Teil der Alsterdetektive. Man kann ihn jedoch unabhängig von seinen Vorgängern lesen. Eigentlich soll das Projekt „Die Alsterdetektive“ den Schülern ...

Das Buch:
Es handelt sich bei diesem Buch bereits um den 6. Teil der Alsterdetektive. Man kann ihn jedoch unabhängig von seinen Vorgängern lesen. Eigentlich soll das Projekt „Die Alsterdetektive“ den Schülern der 4. Klassen in Hamburg ihre Stadt näher bringen, ihnen die Stadtbezirke, die Hamburgische Bürgerschaft und ihre Arbeitsweise erklären, zeigen, wie Politik funktioniert, wie sie selbst etwas tun können usw. Dies alles wird jeweils in einem altersgerechten Kinderkrimi amüsant und aufschlussreich mit vielen Aha-Effekten umgesetzt. Die Idee hinter dem Projekt finde ich großartig – einerseits lesen, andererseits etwas lernen, das wirklich vor der Haustür nachzuvollziehen ist. Mein Sohn bekam das Buch von seiner Schule geschenkt und liest es im Rahmen der Hausaufgaben. Mir gefiel die Geschichte um Koko, Johanna, Lukas und Marek selbst so gut, dass ich das Buch eben auch einfach durchlas. Für Lehrer wird innerhalb des Projektes Unterrichtsmaterial zur Verfügung gestellt, sodass mithilfe der Bücher diese wunderschöne Stadt wirklich unter die Lupe genommen werden kann.

Ein weiteres Schmankerl für Hörbuchfans dürfte sein, dass es die Hörbücher zur Serie auf bei Spotify und anderen Plattformen gibt.

Worum geht’s?
Die vier Alsterdetektive – Koko, Johanna, Lukas und Marek – wollen sich auf dem jährlichen Hafengeburtstag amüsieren. Als sie einer Darbietung von Straßenkünstlern folgen, werden sie bestohlen und wie das bei Detektiven üblich ist, haben sie ihren neuen Fall und lassen erst locker, als der Diebstahl aufgeklärt ist. Um ihren Diebstahl aufzuklären, holen sie sich u.a. Hilfe im Rathaus und bei der Hamburger Polizei.

Die Charaktere:
Die 4 Detektive sind Schüler einer 8. Klasse, die einen unterschiedlichen familiären Background und unterschiedliche Herkünfte haben – eben absolut typisch für Hamburger Schulen. Eines verbindet die 4 ganz sicher – ihr Sinn für Gerechtigkeit. Dazu sind sie klug und mutig, vielleicht auch ein bisschen draufgängerisch. Wenn man die Geschichte liest, kann man sich die 4 gut vorstellen. Sie wirken authentisch und ich denke, man könnte sie sich gut als Nachbarskinder denken. Mein Sohn kann sich gut mit ihnen identifizieren und dadurch, dass sie etwas älter als er selbst sind, dienen sie vielleicht sogar ein bisschen als Vorbild.

Sehr gefallen hat mir in diesem Zusammenhang auch, dass zwischenmenschliche Aspekte angesprochen werden – zwar nur am Rande, aber doch so, dass man sie bemerkt. Johanna, die etwas andere Schülerin mit der Ratte, scheint nämlich in Kokos großen Bruder Konstantin verschossen zu sein und auch Lukas wirft ein Auge auf ein Mädchen. Und nicht nur er...

Zudem sind die 4 Schüler neugierig und stellen die richtigen Fragen an den richtigen Stellen. Auf diese Art und Weise wird dem jungen Leser häufig erklärt, wie was funktioniert. So erklärt der Polizeibeamte, warum es nicht mehr Personal bei der Polizei gibt, was passieren müsste, damit sich das ändert; der Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft erklärt in einer Randhandlung, warum es wichtig ist, wählen zu gehen und kann für die 4 Detektive stets die richtigen Kontakte herstellen und Opa Jost erklärt dem Leser das Hamburg von damals und heute – z.B. wie lange es den Hafengeburtstag gibt, woher so manche Redewendung kommt usw.

Es wird aber auch erklärt, warum manche Idee der jungen Detektive nicht so gut und vielleicht sogar verboten ist. Insofern werden auch die Nebenfiguren wirklich gut gezeichnet, wenngleich ich so manches Mal grinsen musste, wenn der Polizeibeamte etwas zu freundlich dargestellt wurde. Meistens schauen sie ja doch eher grimmig.

Lerneffekte:
In der heutigen Zeit habe ich oft das Gefühl, dass gerade das Regionale in der Schule zu kurz kommt. Insofern freue ich mich sehr über dieses Projekt, das aus meiner Sicht viel zu wenig publik gemacht wird. Nach einem Besuch im Rathaus bekam mein Sohn das Buch geschenkt, aber ich finde, an den Hamburger Schulen sollte deutlich früher auf diese spielerische Möglichkeit hingewiesen werden, die eigene Stadt zu erkunden.

Hier ist mir Opa Jost besonders wichtig. Der alte Seebär, der auf einem Hausboot mitten in Hamburg lebt, bekommt immer wieder eigene Absätze, die auch mit seinem Konterfei gekennzeichnet sind. Nicht nur, dass er Zeitsprünge innerhalb der Geschichte geschickt überbrückt, er erzählt immer auch etwas, das ganz sicher nicht jeder weiß – manchmal über die Detektive, meistens aber über die Stadt.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist dem Alter der jungen Leser angemessen. Die Sprache ist zeitgemäß und lässt sich leicht lesen. Gerade die Dialoge mit den Erwachsenen sind so geschrieben, dass sie verständlich sind. Und obwohl es sich hierbei ja um ein Buch voller Wissen über die Stadt handelt, kommt die Spannung nicht zu kurz. Diese Mischung gefällt mir sehr gut.

Eignung für Kinder:
Das Buch ist m.M. nach der Zielgruppe „10 Jahre“ angepasst. Den Umfang der Geschichte halte ich für gut. Mit knapp 130 Seiten, einigen ganzseitigen Bilder,n und kurzen Kapiteln dürfte die Lesemotiviation aufrecht erhalten werden um die komplette Geschichte zu lesen. Da sich der junge Leser sicherlich in mindestens einem der Detektive wieder finden kann, gehe ich davon aus, dass der Reiz der Geschichte und der Charaktere ausreichend hoch ist.

Fazit:
Eine tolle Idee, super umgesetzt – lesen, erfahren, verstehen. Lesenswert, vielleicht nicht nur für Hamburger Schüler, sondern auch für alle, die sich für Kinderkrimis und diese schöne Stadt interessieren. Ich würde mir mehr Werbung für das Projekt „Die Alsterdetektive“ wünschen und werde das Buch demnach auf jeden Fall weiterempfehlen. 5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 18.04.2020

Wie genau kennen Autoren eigentlich ihre Charaktere?

Das Rätsel von Ainsley Castle
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Das Buch:
Nachdem ich die Leseprobe gelesen hatte, war ich unbedingt der Meinung, auch den Rest des Buches lesen zu müssen. Ich bedanke mich herzlich beim Verlag und der Autorin für das Rezensionsexemplar. ...

Das Buch:
Nachdem ich die Leseprobe gelesen hatte, war ich unbedingt der Meinung, auch den Rest des Buches lesen zu müssen. Ich bedanke mich herzlich beim Verlag und der Autorin für das Rezensionsexemplar.

Worum geht’s?
Die vierzehnjährige Lizzy ist mit ihrem Vater in ein Hotel auf einer rauen schottischen Insel gezogen – zu ihrer Noch-nicht-Stiefmutter. Begeistert ist sie davon ganz sicher nicht – weder vom Umzug, weg aus ihrer gewohnten Umgebung und weg von ihren Freunden, noch von der Tatsache, dass ihr Vater diese Frau auch noch heiraten will - diese Frau mit den ochsenblutroten Fingernägeln. Lizzy plagt sich mit Albträumen und Schwindelanfällen herum, die sie sich nicht erklären kann. Und eines Tages geschehen seltsame Dinge. Sie bekommt e-Mails von einer Adresse, die keine Adresse zu sein scheint und der Inhalt dieser Mails ist so wahr wie erschreckend. Gemeinsam mit ihrem Freund Mack macht sie sich auf die Suche nach dem Absender der Mails, trifft dabei ein Mädchen, das aussieht wie sie selbst und findet heraus, dass tatsächlich Ungeheuerliches vorgeht.

Charaktere:
Mir haben die Charaktere alle sehr gut gefallen. Sie kommen glaubwürdig daher und je nachdem, wer das Buch liest, wird sich der Leser sicher zu dem einen oder anderen Charakter mehr hingezogen fühlen. Der Autorin gelingt es schon nach sehr kurzer Zeit, gewisse Bilder vor dem inneren Auge zu formen. Allein die Distanz zwischen Lizzy und ihrer Stiefmutter, die sie konsequent nur Stiefmutter nennt, ist bereits in den ersten Kapiteln zu spüren. Ebenso wird Lizzys Abneigung gegen die neue Situation perfekt eingefangen und ich gehe davon aus, dass Leser der Zielgruppe sich quasi sofort mit ihr verbünden würden.

Ich mochte die doch recht unterschiedlichen Eigenschaften der Jugendlichen sehr. Während Lizzy eher ruppig und fast ein bisschen jungenhaft gezeichnet wird, ist Betty – die optisch ja ein Abbild von Lizzy ist – das genaue Gegenteil. Etwas schüchtern vielleicht und ziemlich naiv, aber nicht so nervig naiv. Sie wirkt einfach nur weicher und jünger als Lizzy. Anfänglich hielt ich sie eher für einen Eindringling, im weiteren Verlauf der Geschichte wurde sie mir jedoch immer sympathischer. Auch Mack nimmt den Leser für sich ein. Er ist der Nerd, der Computerspezialist, aber keineswegs ein Stubenhocker. Er ist so eine herrliche Mischung zwischen einem Lausbuben und eben besagtem Nerd. Was mir sowohl an ihm als auch an Lizzy besonders gefallen hat, ist der Umstand, dass sie beide klug sind – pfiffig, war das Wort, das mir als erstes eingefallen ist. Im Verlauf der Geschichte entwickelt sich zwischen den drei Jugendlichen eine wirkliche Freundschaft, von der man am Ende des Buches wohl behaupten würde, dass diese durch kaum etwas zu erschüttern ist. Aber ist das auch tatsächlich so?

Für Lizzys Stiefmutter hatte ein sehr konkretes Bild im Kopf – ich verglich sie mit Cruella. Allerdings entwickelt sich das Verhältnis der beiden im Verlauf und zwar so ganz anders, als man am Anfang vermuten möchte. Da es auch im wahren Leben so ist, dass sich Verhältnisse zwischen Menschen verändern können, wenn sie mit bestimmten Ereignissen konfrontiert werden, ist diese Entwicklung aus meiner Sicht absolut glaubwürdig.

Schreibstil:
Die Autorin schreibt in der Ich-Form aus Lizzys Sicht und im Präsens – eine Art und Weise, die dem Leser das Gefühl gibt, als wäre er mitten im Geschehen. Darüber hinaus wendet die Autorin die Geschichte geschickt in eine Richtung, die ich überhaupt nicht erwartet hätte. Ich war davon ausgegangen, dass am Ende des Buches das Geheimnis einer alten Burgruine gelüftet werden würde, was zu Schottland gepasst hätte, aber es kommt alles ganz anders. Auf dem Weg zum Finale wollte und konnte ich das Buch nicht mehr zur Seite legen, weil ich unbedingt wissen wollte, wie es ausgeht – wohl nicht zuletzt deshalb, weil die beschriebene Antagonistin möglicherweise höchst selbst an der Schreibmaschine saß.

Zitat S. 190 "Ich glaube nicht, dass alle Autoren ihre Figuren in- und auswendig kennen, bevor sie anfangen, ihre Geschichte zu schreiben. Wahrscheinlich lernen sie die Figuren erst während der Arbeit richtig kennen." - Ob das immer so ist, können Autoren sicherlich deutlich besser beurteilen als ich, in diesem Fall ist es aber ganz bestimmt so gewesen.

Die Wortwahl der Autorin passt zur Zielgruppe. Der Text ist nicht zu umständlich geschrieben und die Dialoge passen nach meiner Einschätzung definitiv zu einem Teenager. Aber auch für Erwachsene ist das Buch leicht und locker zu lesen. Man kann sich darauf einlassen und ein Stück mit den 3 Freunden gehen. Es gibt immer wieder Wendungen, die einfach spannend sind und die große Auflösung hebt sich Holly-Jane Rahlens bis zum Ende auf.

Fazit:
Spannende Geschichte mit einer absolut unerwarteten Wendung und einem dramatischen Finale, nach dem sich so manche Dinge ins Gegenteil verändern. Mir hat das Buch Spaß gemacht und wer Lust auf eine Geschichte zwischen Realität und Fiktion hat, ist hier genau richtig. 5 von 5 Sternen.

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