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Veröffentlicht am 20.04.2020

Die Grenzen der Rechtsprechung

Wer Furcht sät
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„In London macht eine Bürgerwehr, der Club der Henker, Jagd auf böse Menschen - auf Pädophile, Mörder, Hassprediger - und erhängt sie. Mit diesen Fällen von Lynchjustiz beginnen für Detective Max Wolfe ...

„In London macht eine Bürgerwehr, der Club der Henker, Jagd auf böse Menschen - auf Pädophile, Mörder, Hassprediger - und erhängt sie. Mit diesen Fällen von Lynchjustiz beginnen für Detective Max Wolfe seine bisher schwierigsten Ermittlungen. Denn wie fängt man Mörder, die von der Öffentlichkeit als Helden gefeiert werden? Seine Spurensuche führt ihn tief unter die Stadt, in den Untergrund Londons mit seinen vielen stillgelegten Tunneln und Geisterbahnhöfen. Doch ehe Max den Club der Henker stellen kann, muss er am eigenen Leib erfahren, wie schmal der Grat zwischen Gut und Böse, Schuld und Unschuld ist ...“ – Zitat Buchbeschreibung

Der Albtraum eines jeden Ermittlers: online wird ein Video über die Hinrichtung eines Menschen verbreitet. Das Opfer: ein Täter.
Ungeachtet einer gewissen Zustimmung in den Medien und der Bevölkerung, ist Lynchjustiz schlichtweg Mord und die Ermittler setzen alles daran, dieser „Gerichtsbarkeit“ ein Ende zu setzen. Die Ermittlungen tauchen tief ein in die Geschichte Londons, ihre Hinrichtungsstätten und ihren wortwörtlichen Untergrund.

Die Handlung nimmt zielgerichtet ihren Verlauf. Es gibt ein, zwei Nebenschauplätze, deren Geschichte die Spannung herausnimmt. Die Hintergründe zur Historie Londons erscheinen mir solide recherchiert und der Plot bietet eine souveräne Grundlage für diesen guten Kriminalroman. Ich mag rechtschaffende Ermittlungsarbeit und wurde hier nicht enttäuscht. Es gibt keine Brutalität der Effekthascherei willen, die Schilderungen sind m. E. angemessen und passen in den Kontext.


Tony Parsons, Wer Furcht sät, Kriminalroman, flexibler Einband, Lübbe Verlag, 15,00 €, 321 Seiten, Erscheinungstermin 11.11.2016

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Veröffentlicht am 29.03.2020

Ungewöhnlicher Kriminalroman

Sommer bei Nacht
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Ein schöner Tag. Ein Flohmarkt. Ein Teddybär. Ein Kind verschwindet.

So sachlich ließe sich beschreiben, was den Albtraum aller Eltern sowie polizeilicher Ermittler darstellt. Das Ermittlerduo Ben Neven ...

Ein schöner Tag. Ein Flohmarkt. Ein Teddybär. Ein Kind verschwindet.

So sachlich ließe sich beschreiben, was den Albtraum aller Eltern sowie polizeilicher Ermittler darstellt. Das Ermittlerduo Ben Neven und Christian Sandner übernimmt den Fall und setzt alles daran, den fünfjährigen Jannis lebend zu finden. Schnell wird klar, dass der Junge tatsächlich entführt worden ist. Im Zuge der Ermittlungen eröffnet sich eine direkte Verbindung zu einem unaufgeklärten Fall in Österreich, so dass die Ermittlungen zusammengeführt werden.

Der Autor hat einen soliden Kriminalroman geschrieben, der sich jedoch aus der Masse „gängiger“ Krimis hervorhebt. Wagner widmet dem Fall mit der vielschichtigen Polizeiarbeit die gleiche Aufmerksamkeit wie z. B. dem Leben der Ermittler. Dadurch entsteht für mich keine traditionelle Spannungskurve, während deren Ansteigen ich einem Finale entgegenstrebe. Auch werden nicht alle losen Fäden verknüpft oder alle Fragen beantwortet.

Obschon die Fälle in einer Sommernacht aufgeklärt werden, habe ich das Gefühl, dass hier eine Geschichte begonnen, allerdings noch lange nicht beendet wurde.

Inwieweit dies nun ein „literarischer Kriminalroman“ ist, erschließt sich mir nicht. Wird dieser Aspekt erfüllt, da zu Beginn jedes Abschnittes scheinbar zusammenhanglose Aussagen, Zitate wiedergegeben werden? Oder ist es die ruhige Unaufgeregtheit mit der die Handlung fortschreitet?
Für mich ist es – abseits von jedweden Zuordnungsversuchen – ein gutes Buch, ein angenehmer und einnehmender Lesegenuss mit einer stimmigen Handlung.


Jan Costin Wagner, Sommer bei Nacht, gebundene Ausgabe, Galiani Berlin Verlag, 20,00 €, 320 Seiten, Erscheinungstermin 13.02.2020

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Veröffentlicht am 27.03.2020

Die Wahrheit will ans Licht

Pandora
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Kommissar Hans-Joachim Stein kehrt 1948 nach Berlin zurück, um in der neu gegründeten Mord-Inspektion West seinen Dienst anzutreten. Seine berufliche Kompetenz hat er bei Scotland Yard gefestigt und erweitert, ...

Kommissar Hans-Joachim Stein kehrt 1948 nach Berlin zurück, um in der neu gegründeten Mord-Inspektion West seinen Dienst anzutreten. Seine berufliche Kompetenz hat er bei Scotland Yard gefestigt und erweitert, was ihm in seiner neuen Dienststelle, in der zum Teil noch der Wind des Nationalsozialismus weht, nicht nur Freunde macht. Insbesondere die Zusammenarbeit mit seinem Partner Max Wuttke leidet zunächst unter gegenseitigem Misstrauen, Vorurteilen und Alleingängen.

Bei Steins Eintreffen auf der Wache übergibt ihm seine Schreibkraft, Lore Krause, irrtümlich die Fallakte „Dalldorf“, die unmittelbar sein Interesse weckt. Es handelt sich um den Fund eines illegalen Grabes. Doch schon wird der Kommissar zum Schauplatz eines brutalen Mordes gerufen. Opfer ist der stadtbekannte Schieberkönig Braunke, was die Liste der potenziell Verdächtigen nicht verkürzt.

Ungeachtet jeglicher Versuche, insbesondere auch durch den aufbrausenden Polizeirat Krüger, die Ermittlungen im Fall Braunke zu untergraben sowie im Falle Dalldorf zu unterbinden, können die Polizeibeamten schließlich einen Zusammenhang zwischen beiden Fällen herstellen und diese aufklären.

Liv Amber und Alexander Berg haben einen soliden Kriminalroman vor historischer Kulisse verfasst. Die Handlung schreitet gradlinig voran, ein wenig aufgelockert von privaten Nebenschauplätzen. Die geschichtlichen Gegebenheiten im geteilten Berlin von 1948 scheinen mir gut recherchiert und in den Handlungsrahmen eingeflochten. Der Plot nimmt mich für sich ein und zieht mich in seinen Bann. Es gibt keine Effekthascherei und auch keine dramatische Spannungskurve, was jedoch den Lesegenuss nicht mindert.


Amber & Berg, PANDORA – Auf den Trümmern von Berlin, Kriminalroman, broschiert, Droemer Verlag, 14,99 €, 448 Seiten, Erscheinungstermin 02.03.2020

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Veröffentlicht am 09.03.2020

Was lauert unter der Oberfläche?

Wenn das Eis bricht
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„In der Wohnung des reichen Geschäftsmanns Jesper Orre wird die Leiche einer jungen Frau gefunden – auf brutale Art ermordet. Von ihm fehlt jede Spur. Vor zehn Jahren gab es einen ganz ähnlichen Fall – ...

„In der Wohnung des reichen Geschäftsmanns Jesper Orre wird die Leiche einer jungen Frau gefunden – auf brutale Art ermordet. Von ihm fehlt jede Spur. Vor zehn Jahren gab es einen ganz ähnlichen Fall – ungelöst. Hanne, die Profilerin von damals, soll deshalb ermitteln. Sie muss in die Vergangenheit eintauchen, dabei verschwimmt gerade ihre Gegenwart – sie fürchtet, an beginnendem Alzheimer zu leiden. Ihre Existenz bekommt zunehmend Risse, und die beiden Fälle verbinden sich auf ungute Weise. Kann Hanne sich selbst und ihren Erinnerungen trauen? Wann bricht das Eis, und was kommt darunter zum Vorschein?“ – Zitat Buchbeschreibung

Camilla Grebe hat einen Thriller verfasst, der sehr vielschichtig und für mich zunächst recht undurchsichtig daherkommt. Das Geschehen wird abwechselnd aus Sicht der Hauptprotagonisten erzählt. So gewinne ich nach und nach verschiedene Blickwinkel auf die Handlung.

Der Autorin gelingt es gut, die differenzierte Ermittlungsarbeit sowie die Lebensläufe der Akteure miteinander zu verweben. Es ist einfach stimmig, wirkt nicht aufgesetzt oder lückenfüllend, sondern ist wichtiger Bestandteil des Fortgangs.

Durch die dreigeteilte Handlung wird auch immer wieder die Spannungskurve unterbrochen, mein Fokus abgelenkt, bevor ich eines Gedankens hinsichtlich der Aufklärung des Falles habhaft werden kann. Andererseits bleibe ich gespannt, weil ich wissen möchte, wie es an dieser und jener Stelle denn jetzt weitergehen wird. Und als im Finale alle Fäden miteinander verknüpft sind, verändert sich das Gelesene und eröffnet eine neue Sichtweise.

„Wenn das Eis bricht“ ist der perfekte Titel für diesen Thriller, weil dies auf Hanne, Peter und Emma zutrifft...


Camilla Grebe. Wenn das Eis bricht, Psychothriller, Broschiert, btb Verlag, 15,00 €, 608 Seiten, Erscheinungstermin 10.04.2017

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Veröffentlicht am 25.02.2020

Was kostet Gerechtigkeit?

1794
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„Nach den Ereignissen des letzten Jahres fällt Jean Michael Cardell in ein tiefes Loch. Die Ermittlungen im Fall der verstümmelten Leiche gaben seinem Leben einen Sinn. Nun ist er wieder da, wo er vorher ...

„Nach den Ereignissen des letzten Jahres fällt Jean Michael Cardell in ein tiefes Loch. Die Ermittlungen im Fall der verstümmelten Leiche gaben seinem Leben einen Sinn. Nun ist er wieder da, wo er vorher war. Bis zu dem Tag, als ihn eine Frau kontaktiert: Ihre Tochter wurde in der Hochzeitsnacht auf grausamste Weise zugerichtet und getötet. Als Täter wird deren frisch angetrauter adeliger Ehemann identifiziert und in ein Irrenhaus eingewiesen. Die Mutter der Getöteten glaubt diese Version jedoch nicht und sucht Hilfe bei Cardell. Seine Nachforschungen führen diesen erneut in die Abgründe Stockholms, und er muss feststellen, dass die Stadt verruchter und gefährlicher ist als je zuvor.“ – Zitat Buchbeschreibung

Erik Drei Rosen wird vom Vater in Begleitung seines Vetters Johann Axel auf die Insel Barthelemi verbannt. Nach dem Tod von Bruder und Vater kehrt er in Begleitung seines väterlichen Freundes Tycho Ceton zurück nach Stockholm, um sowohl sein Erbe anzutreten, als auch seine große Liebe nach der langen Trennung zu heiraten. Die Ehe wird geschlossen, am nächsten Tag ist Linnea tot und Erik wird ins Tollhaus verbracht.

Nun lerne ich Jean Michael Cardell kennen, welcher, mit amtlicher Macht ausgestattet, den Todesfall im Hause Drei Rosen überprüfen und abschließend klären soll. Da er sowohl hinsichtlich seines Auftretens, seines Erscheinungsbildes sowie seiner Sprachgewandtheit nicht unbedingt dazu geeignet ist, Menschen zu befragen oder sich in gewissen Kreisen zu bewegen, findet er auf unkonventionelle Weise einen Partner in Emil Winge.

Die beiden Männer tauchen tief in den Untergrund Stockholms ein und müssen zum Teil weit über ihre Grenzen gehen, um diesen Fall aufzuklären. Der Täter ist geständig und doch besteht für Cardell auf direktem Wege keine Möglichkeit, seiner Habhaft zu werden, geschweige denn, ihn einer Gerichtsbarkeit zuzuführen. Letzten Endes scheint es Gerechtigkeit zu geben, doch sie ist viel zu teuer erkauft und kommt von unerwarteter Stelle.

1794 ist ein unkonventionelles Buch, kein richtiger Krimi, kein klassischer historischer Roman. Und doch erscheinen mir die Gegebenheiten dieses Jahres sowohl in Stockholm, als auch auf Barthelemi sehr gut recherchiert und schlüssig geschildert. Bei all dem Elend, dem Dreck, der Ungerechtigkeiten, der Willkür und Gewalt wünsche ich mir einen hellen Fleck, einen Sonnenstrahl, der mir das Herz zwischendurch etwas erwärmt. Und ich bekomme ihn. Doch auch die schönste Sonne muss untergehen…

1794 ist das zweite Buch aus der Feder von Niklas Natt och Dag. Die Unkenntnis von 1793 stellte für mich beim Lesegenuss kein Problem dar.


Niklas Natt och Dag, 1794, Historischer Kriminalroman, Klappenbroschur, Piper Verlag 16,99 €, 560 Seiten, Erscheinungstermin 03.01.2020

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