Ganz oder gar nicht
Die Mitte ist ein guter Anfang„Arne und ich … gehen uns lieber auf die Nerven oder aus dem Weg statt ins Kino.“ (S. 52) Eva und Arne sind seit 20 Jahren zusammen und ihre Beziehung ist etwas eingeschlafen. Während sie über eine Trennung ...
„Arne und ich … gehen uns lieber auf die Nerven oder aus dem Weg statt ins Kino.“ (S. 52) Eva und Arne sind seit 20 Jahren zusammen und ihre Beziehung ist etwas eingeschlafen. Während sie über eine Trennung nachdenkt, macht er ihr an ihrem 49. Geburtstag einen Heiratsantrag – obwohl sie beide nie heiraten wollten. Warum? Ist er etwa krank? Hat er ein schlechtes Gewissen, eine Affäre? Wieso etwas ändern, was so lange gut funktioniert hat? Hat er Angst, dass sie ihn verlässt, weil er beruflich für längere Zeit nach Kiew muss? Eva ist unsicher und auch ihre Eltern sind skeptisch. Vor allem ihre Mutter redet ihr ins Gewissen. Will sie nach so vielen Jahren wirklich ihre Unabhängigkeit aufgeben?
Ihre gemeinsame Teenagertochter Frida hingegen freut sich. Endlich werden ihre Eltern einen gemeinsamen Nachnamen tragen und sie eine richtige Familie sein. Auch Evas Freundin Carla, zum dritten Mal geschieden und immer noch auf der Suche nach der großen Liebe, versteht ihr Zögern nicht. Also sagt Eva ja – und die Probleme beginnen.
„Die Mitte ist ein guter Anfang“ von Franka Bloom beginnt da, wo Liebesgeschichten normalerweise aufhören – nach dem Happy End und Heiratsantrag, wenn die großen Entscheidungen anstehen. Wann wird wo mit wie vielen Gästen auf welche Art geheiratet? Arne will nur eine ganz unromantische Trauung auf dem Standesamt, aber das kann er vergessen. „Ganz oder gar nicht!“ ist Evas Devise. Und während sie mit Hilfe ihrer Freundin Carla ihre nie gewollte Traumhochzeit plant, scheinen die Ehen ihrer Freunde gerade zu zerbrechen, die Bilderbuchehe ihrer Eltern zeigt tiefe Risse und lang gehütete Geheimnisse kommen ans Licht.
Arnes Antrag und sein Verhalten danach stürzen Eva in eine tiefe Krise. Nur wegen ihm stimmt sie der Hochzeit zu, hofft auf neuen Schwung in der Beziehung, doch ihn interessiert nur seine Karriere. Sie fühlt sich von ihm allein gelassen, muss sich mit ihrer Familie, dem ersten Verliebtsein ihrer Tochter und der Hochzeitsplanung rumschlagen. Dass auch sie einen anspruchsvollen Job als Restauratorin und gerade einen neuen Auftrag angenommen hat, interessiert ihn nicht. Ohne ihre beste Freundin Carla wäre sie echt aufgeschmissen.
Die Protagonisten und beschriebenen Situationen sind wieder mitten aus dem Leben gegriffen und ich habe einiges aus eigenem Erleben oder dem von Freunden wiedererkannt. Franka Bloom erzählt vom ganz normalen Wahnsinn beim Brautkleidpowershoppen, von der Junggesellinenabschiedsparty, einer angsteinflößenden Hochzeitsmesse und dem komplizierten Aussuchen der Trauringe. Sie schreibt mit viel Humor und trotzdem sehr tiefgründig über langjährige Beziehungen, über Freundschaften, Wechseljahre, Midlifecrisis, Illusionen, Affären und sich neu bzw. wieder verlieben und regt den Leser damit auch zum Nachdenken über seine eigene Beziehung an.