Geschichte lebendig erzählt
Eine Liebe zwischen den FrontenDieses Jahr gedenken wir dem Deutsch-Französischen Krieg, der vor 150 Jahren ausgebrochen ist. Die Menschen, vorallem in Lothringen und dem Saarland, waren davon besonders betroffen. Maria W. Peter, die ...
Dieses Jahr gedenken wir dem Deutsch-Französischen Krieg, der vor 150 Jahren ausgebrochen ist. Die Menschen, vorallem in Lothringen und dem Saarland, waren davon besonders betroffen. Maria W. Peter, die selbst im Grenzgebiet zwischen Deutschland und Frankreich lebt und Familie auf beiden Seiten hat, hat mit ihrem neuen Roman eine sehr emotionale Geschichte geschrieben.
Die französische Arzttochter Madeleine Tellier und der deutsche Arzt Paul von Gerlach wollen gerade ihre Verlobung bekanntgeben, als Paul seine Einberufung erhält. Zwischen Preußen und Frankreich ist der Krieg ausgebrochen. Paul muss als Stabsarzt zurück zu seinem Regiment in Coblenz und anschließend an die Front. Madeleine und ihr Vater brechen eiligst Richtung Metz, ihrer Heimatstadt, auf. Ab sofort stehen Madeleine und Paul auf unterschiedlichen Seiten....
Schon nach wenigen Zeilen hat mich die Geschichte gefangen genommen. Der Schmerz der beiden Liebenden, die sich trennen müssen und nicht wissen, ob sie sich jemals wiedersehen, verleiht den Roman zu Beginn eine gewisse Tragik. Mit Madeleine und Paul hat die Autorin zwei fiktive Figuren erschaffen, die das Leid der Menschen der damaligen Zeit realistisch darstellen sollen. Zusätzlich hat Maria W. Peter auch weitere Figuren und Sichtweisen miteingeplant und erzählt insgesamt aus fünf verschiedenen Perspektiven. Aber keine Angst! Es gibt keinerlei Verwirrung, sondern macht die Geschichte noch authentischer. Neben Paul und Madeleine begleiten wir noch Djamila, das sanftmütige algerische Dienstmädchen der Familie Tellier und ihrem Bruder Karim, der für die Besatzer seines Landes in den Krieg ziehen muss. Auch Madeleines Bruder Clément, der sich den Revolutionären anschließt, spielt eine große Rolle. Er ist ein Getriebener und Anhänger der Republique. Er sucht noch seinen Platz im Leben. Sein revoluzzionäres Gedankengut macht ihn mit der Zeit immer mehr zum Fanatiker.
Durch die verschiedenen Sichtweisen erhält der Leser verschiedene Einblicke in Gesellschaftsklassen, sowie den Kriegsgegnern und Befürwortern.
Madeleine widmet sich im Lazarett den schwerverletzten und arbeitet unermüdlich. Doch der Loyalitätskonflikt zerreisst sie innerlich. Die sanftmütige Djamila ist Madeleine eine große Hilfe. Ihr Bruder Karim kommt als sogenannter Turco in den Einsatz der französischen Armee. Auch die Nebenfiguren sind wunderbar gezeichnet und vielschichtig.
Die Autorin hat akribisch recherchiert und hat uns bei der Leserunde noch mit Zusatzinformationen und Fotos verwöhnt. Die bildhaften Beschreibungen, die die Brutalität des Krieges darstellen, macht die Geschichte noch authentischer. Ist es zuerst nur der Hass auf den französischen König, wendet sich das Blatt nach dessen Sturz und der Ausrufung der Republik. Doch Franzosen und Deutsche kämpfen noch verbissener und brutaler um die Macht. Dieser Hass zwischen den Völkern schlummert noch heute in einigen Menschen ganz tief drinnen, denn besonders das Saarland und Elsass-Lothringen sind auch in den nachfolgenden Kriegen immer wieder zu umkämpften Gebieten geworden. Der Schrecken und die oftmalige Sinnlosigkeit des Krieges zeigt die Autorin sehr eindringlich auf. Tod, Neid und Hass, genauso wie Hunger und Krankheit sind allgegenwärtig. Die Stimmung ist dadurch oftmals düster, aber trotzdem hoffnungsvoll. Auch die Belagerung von Metz wird sehr drastisch beschrieben. Überraschende Wenungen erhöhen die Spannung. Ich konnte den Roman nur schwer aus der Hand legen.
Schreibstil:
Der Schreibstil ist eingängig und bildgewaltig. Die Sprache ist der damaligen Zeit angepasst und lässt sich trotzdem sehr flüssig lesen. Die Landschaftsbeschreibungen sind bildgewaltig, ebenso die Darstellungen im Lazarett. Der historische Anteil ist bis hin zu Kleinigkeiten, wie das halb gegessene Frühstücksei der Königin Eugénie in ihrem Palast in Paris, großartig recherchiert und erzählt. Neben den fiktiven Personen tummeln sich auch viele historisch belegte Figuren, wie Henri de Rochefort oder Otto von Bismarck.
Zusätzlich hervorheben möchte ich noch das Nachwort der Autorin über die historischen Ereignisse und ihre Hintergründe, sowie den persönlichen Bezug zur Geschichte.
Fazit:
Eine außerordentlicher Roman um den Deutsch-Französischen Krieg, der 1870/71 viel Leid über die Menschen brachte. Akribisch recherchiert mit facettenreichen Charakteren, bildgewaltigen Beschreibungen und einer Prise Menschlickheit - der Liebe zwischen den Fronten. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!