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Veröffentlicht am 28.09.2020

Von zwei Liebenden, die ungewollt zu Feinden werden

Eine Liebe zwischen den Fronten
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Europa im 19. Jahrhundert: Die Französin Madeleine Tellier und der preußische Arzt Paul von Gerlau sind gerade dabei, in feierlichem Rahmen ihre Verlobung abzuhalten, da ereilt die beiden eine furchtbare ...

Europa im 19. Jahrhundert: Die Französin Madeleine Tellier und der preußische Arzt Paul von Gerlau sind gerade dabei, in feierlichem Rahmen ihre Verlobung abzuhalten, da ereilt die beiden eine furchtbare Nachricht: Zwischen Preußen samt seinen Verbündeten und dem französischen Kaiserreich wurde der Krieg erklärt. Der junge Mediziner wird unverzüglich als Militärarzt nach Koblenz beordert. Madeleine, die wie ihr Vater und Paul in Berlin lebte, bricht in ihre lothringische Heimatstadt Metz auf. Offiziell werden die Liebenden zu Feinden. Es entbrennen brutale Kampfhandlungen und Kriegswirren, die die Leben des Paares und seiner Familien in äußerste Gefahr bringen…

„Eine Liebe zwischen den Fronten“ ist ein historischer Roman von Maria W. Peter.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 64 Kapiteln mit einer angenehmen Länge, die sich über drei Teile („Der Anfang“, „Die Belagerung“ und „Die Kommune“) erstrecken. Er endet mit einem Epilog. Die Haupthandlung umfasst die Zeit zwischen Juli 1870 und Mai 1871, der Epilog spielt im September 1872. Unterschiedliche Schauplätze in Frankreich und auf deutschem Boden bilden die Kulisse für das Geschehen. Einheitliche Orts- und Zeitangaben sorgen für eine leichte Orientierung. Erzählt wird in chronologischer Reihenfolge in wechselnden Perspektiven aus der Sicht mehrerer Protagonisten. Der Aufbau zeugt von einer klaren Struktur und funktioniert sehr gut.

Der Schreibstil ist einfühlsam, sehr bildhaft und in dem richtigen Maße detailliert. Anschauliche, eindringliche Beschreibungen lassen die Szenerien deutlich vor dem inneren Auge erscheinen. Leider sind dem Korrektorat noch auffällig viele Fehler durchgegangen.

Die Protagonisten, Paul und Madeleine, sind sympathische Charaktere. Sie werden authentisch gezeichnet und wirken vielschichtig. Ein wenig vermisst habe ich einen Rückblick auf die Vorgeschichte der beiden. Ihre Gedanken und Gefühle lassen sich jedoch ebenso gut nachvollziehen wie die der weiteren Personen, die eine größere Rolle im Roman einnehmen. Immer wieder tauchen außerdem interessante Nebenfiguren auf. Eine Übersicht gibt Aufschluss über alle genannten Personen und weist historische Persönlichkeiten als solche aus.

Trotz der annähernd 600 Seiten gibt es keine Längen. Der Roman ist durchweg kurzweilig und abwechslungsreich, oftmals packend. Die Handlung wirkt schlüssig und – bis auf sehr wenige Kleinigkeiten – nicht überzogen, was auch daran liegt, dass viele reale Geschehnisse in den Roman eingearbeitet sind. Somit ist die Lektüre nicht nur unterhaltsam, sondern auch lehrreich.

Mit dem deutsch-französischen Krieg widmet sich die Autorin einer spannenden, aber auch grausamen Episode der Geschichte. Für Zartbesaitete mögen einige Passagen nicht leicht zu verdauen sein. Bewusst verzichtet wird allerdings auf unnötig brutale Darstellungen.

Die sehr fundierte und umfassende Recherche wird an vielen Stellen deutlich. Das belegt auch das gleichsam ausführliche wie interessante Nachwort, das zahlreiche Zusatzinfos zu den Hintergründen der damaligen Zeit liefert und erläutert, welche geschilderten Begebenheiten real und welche fiktiv sind. Ein weiterer Pluspunkt ist zudem das üppige Material, zu dem ein Glossar, eine Landkarte, die Reise- und Stöbertipps sowie der Verweis auf weiterführende Literatur zählen.

Das Cover ist ansprechend geraten, der Titel treffend gewählt.

Mein Fazit:
Mit „Eine Liebe zwischen den Fronten“ ist Maria W. Peter ein historischer Roman gelungen, der fesselnde Lesestunden bereitet und auf unterhaltsame Weise ein bedeutsames Stück Historie vermittelt. Eine empfehlenswerte Lektüre nicht nur, aber ganz besonders für Geschichtsinteressierte.

Veröffentlicht am 27.04.2020

An der Memory Lane

Die kleinen Geheimnisse des Herzens
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Der kleine Ort Pengelly in Cornwall: May Rosevere ist zwar schon 110 Jahre alt, doch immer noch sehr rüstig und geistig fit. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, noch mindestens ein weiteres Jahr zu schaffen. ...

Der kleine Ort Pengelly in Cornwall: May Rosevere ist zwar schon 110 Jahre alt, doch immer noch sehr rüstig und geistig fit. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, noch mindestens ein weiteres Jahr zu schaffen. Gute Gene sind aber nicht ihr Geheimnis. Sie hat eine ganz besondere Gabe: Über die Erinnerungen von anderen Menschen gelingt es ihr, ihren Gesundheitszustand zu verbessern. Meist lebt sie recht einsam in einem Cottage am Meer. Doch ihr sonst sehr ruhiger Alltag wird ein wenig turbulent, als die 33-jährige Emily Lovell, die Enkelin ihrer Nachbarin Julia, anreist. Mit der jungen Frau versteht sich May seit Jahren sehr gut. Nur mit Julia hatte sie in der Vergangenheit so ihre Schwierigkeiten. Denn seit einem tragischen Vorfall vor ein paar Jahrzehnten, in den die Familien beider Frauen verwickelt waren, fühlt sich die Seniorin gegenüber Emilys Familie schuldig. Nun hat May einiges wiedergutzumachen. Aber zunächst sorgt sie für weitere Probleme…

„Die kleinen Geheimnisse des Herzens“ ist ein Roman von Celia Anderson.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 46 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Erzählt wird im Präsens in chronologischer Reihenfolge aus wechselnden Perspektiven. Eingestreut sind Ausschnitte aus Briefen. Dieser Aufbau funktioniert sehr gut.

Der Schreibstil ist unauffällig, aber anschaulich und einfühlsam. Die Beschreibungen der Landschaft sind bildhaft und machen Lust auf einen Besuch in Cornwall. Der Einstieg in die Geschichte fällt leicht.

Eine Stärke des Romans sind die Charaktere. Allen voran ist May eine sehr ungewöhnliche Protagonistin, die zwar durchaus liebenswürdig ist, allerdings ihre Ecken und Kanten hat. Auch Julia, Emily, Andy und die übrigen Bewohner des charmanten Örtchens werden vielschichtig und authentisch dargestellt. Durch die Perspektivwechsel lassen sich die Gedanken und Gefühle der Personen sehr gut nachvollziehen.

Die Geschichte verfügt über ein fantastisches Element in einem ansonsten realitätsnahen Setting. Die Idee der Autorin, wie es May gelungen ist, so lange am Leben zu bleiben, ist in sich schlüssig und trägt zum Reiz des Romans bei. Ich war anfangs ein wenig skeptisch, ob mich diese Komponente überzeugen würde, wurde aber nicht enttäuscht.

Zwar spielt die romantische Liebe keine unwichtige Rolle im Roman. Darüber hinaus ist die Geschichte thematisch aber recht facettenreich. Es geht um Freundschaft, Zusammenhalt, Schuld und Vergebung, das Altern, Lebensentscheidungen und Familiengeheimnisse. All diese Punkte werden auf gelungene Weise miteinander verknüpft.

Die Geschichte nimmt zu Beginn nur langsam Fahrt auf. Allmählich tauchen aber Fragen und Unklarheiten auf, sodass man beim Lesen gespannt ist, was hinter den Geheimnissen steckt. Einige Verbindungen werden nach einiger Zeit deutlich. Auf den mehr als 470 Seiten kommt dennoch keine Langeweile auf, da die Geschichte auch ein paar Überraschungen parat hat. Vor allem zum Ende hin wird die Handlung in Teilen überzogen und unglaubwürdig. Das schmälert den ansonsten sehr positiven Eindruck jedoch nur geringfügig.

Als kleines Extra ist am Ende des Buches ein Rezept für würzige Fischpastete abgedruckt. Eine schöne Idee, wobei sich mir der Bezug nicht so recht erschließt, weil diese Speise keine besondere Rolle in der Geschichte einnimmt.

Das ansprechende Cover wirkt ziemlich verspielt, passt aber zum Inhalt und Genre. Der deutsche Titel weicht stark vom englischen Original („59 Memory Lane“) ab, wobei beide Formulierungen in Ordnung sind.

Mein Fazit:
„Die kleinen Geheimnisse des Herzens“ von Celia Anderson ist ein vielschichtiger und unterhaltsamer Roman mit reizenden Charakteren. Empfehlenswert für alle, die mehr als nur eine Liebesgeschichte erwarten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Figuren
Veröffentlicht am 15.04.2020

Four forever?

Hibiskustage
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Während ihrer gemeinsamen Schulzeit waren die vier gleichaltrigen Frauen enge Vertraute. Doch nun gehen die Freundinnen getrennte Wege. Melanie Sonthusen, genannt Mel, lebt mit ihrem Mann Sven und den ...

Während ihrer gemeinsamen Schulzeit waren die vier gleichaltrigen Frauen enge Vertraute. Doch nun gehen die Freundinnen getrennte Wege. Melanie Sonthusen, genannt Mel, lebt mit ihrem Mann Sven und den Kindern Arne und Kim an der Ostsee und betreibt dort einen Ferienhof. Doch um ihre Ehe ist es nicht gut bestellt. Sarah Bergmann arbeitet nach dem Abbruch ihres Jurastudiums als schlecht bezahlte Assistentin in einer Londoner Kanzlei. Köchin Kerstin hat gerade ihren Job gekündigt, nachdem sie jahrelang in der Küche des Restaurants ihres Geliebten Friedrich geschuftet hat, um von ihm nur immer wieder belogen zu werden. Nur die Vierte im Bunde, Schauspielerin Isabella, kurz Izzy, scheint ein wahrlich glamouröses und erfolgreiches Leben zu führen. In den vergangenen Jahren haben die Frauen nur sporadisch über ihren „44ever“-Chat Kontakt gehalten. Doch kurz nach dem Abitur haben sich die Freundinnen geschworen, Izzys vierzigsten Geburtstag zusammen zu feiern. Nun ist das Datum bald gekommen und der Film- und Fernsehstar lädt zu sich nach Hawaii ein. Dort ist von Izzy aber keine Spur und die Freundinnen beschleicht das Gefühl, dass irgendwas mit ihr nicht stimmt…

„Hibiskustage“ ist ein Roman von Sabine Lay.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 64 Kapiteln, die angenehm kurz ausfallen. Erzählt wird abwechselnd aus der Sicht von Mel, Sarah und Kerstin – jeweils im Präsens. Es gibt mehrere Rückblicke, doch insgesamt ist der Roman chronologisch aufgebaut. Diese Struktur funktioniert hervorragend.

Der Schreibstil ist unauffällig, aber anschaulich und einfühlsam. Dank viel wörtlicher Rede wirkt er sehr lebhaft. Gleichzeitig gibt es aber auch zahlreiche gelungene Beschreibungen, die viele Bilder erzeugen. Trotz der Perspektivwechsel bin ich sehr gut in die Geschichte gestartet.

Die vier Protagonistinnen sind recht unterschiedlich angelegt und werden vielschichtig dargestellt. Alle vier Frauen machen aufgrund ihrer Ecken und Kanten einen lebensnahen Eindruck. Vor allem die Gedanken und Gefühle von Mel, Sarah und Kerstin lassen sich sehr gut verfolgen. Izzy lernt der Leser nicht so intensiv und vorwiegend indirekt kennen, was aber der Geschichte an sich geschuldet ist und mich überhaupt nicht gestört hat.

Eine große Stärke des Romans ist für mich das wundervolle Setting und das, was die Autorin daraus gemacht hat. Hawaii fasziniert mich schon seit Längerem, deshalb hat mich die Geschichte sofort angesprochen. Dass die Autorin bereits mehrfach auf den Inseln war und eine profunde Ortskenntnis besitzt, vor allem was Oahu angeht, ist dem Buch an vielen Stellen anzumerken. Ich finde es klasse, wie viel Wissenswertes über regionale Spezialitäten, Besonderheiten und Sehenswürdigkeiten in die Geschichte eingeflochten ist. Das macht die Lektüre nicht nur unterhaltsam, sondern auch lehrreich.

Gut gefallen hat mir auch, dass es weniger um die romantische Liebe geht, sondern vielmehr um das Thema Freundschaften. In dieser Hinsicht vermittelt der Roman eine positive Botschaft. Dabei gleitet er erfreulicherweise nicht ins Kitschige ab und kann dennoch berühren.

Schnell wird klar, dass zwei der Frauen Geheimnisse haben, die der Leser noch nicht zu Beginn kennt: Sarah und Izzy. Die Frage, was die beiden den anderen nicht gesagt haben, sorgt für Spannung. Auch sonst kommt auf mehr als 400 Seiten keine Langeweile auf. Die letztendlichen Auflösungen erscheinen mir schlüssig. Allerdings konnte ich nicht in allen Fällen nachvollziehen, warum sich diejenige nicht viel früher ihren langjährigen Freundinnen offenbart hat. Zudem habe ich im letzten Viertel zwei weitere Teile der Handlung als unnötig überzogen empfunden. Das schmälert den ansonsten sehr positiven Gesamteindruck aber nur geringfügig.

Das farbenprächtige Cover ist optisch sehr ansprechend und passt gut zum Inhalt. Der knappe Titel sagt mir ebenfalls sehr zu.

Mein Fazit:
Mit „Hibiskustage“ ist Sabine Lay ein unterhaltsamer, aber nicht seichter Roman gelungen, der mich besonders mit immer wieder eingestreuten Infos und tollen Beschreibungen überzeugt hat. Aber nicht nur eingefleischte Hawaii-Fans kommen bei der empfehlenswerten Lektüre auf ihre Kosten.

Veröffentlicht am 09.04.2020

Von Zauberkunst und wahrer Magie

Da sind wir
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Das englische Seebad Brighton Ende der 1950er Jahre: In einer allabendlichen Varietéshow während der Sommermonate tritt der 28-jährige Jack Robbins als Conférencier auf. Er bezeichnet sich selbst als den ...

Das englische Seebad Brighton Ende der 1950er Jahre: In einer allabendlichen Varietéshow während der Sommermonate tritt der 28-jährige Jack Robbins als Conférencier auf. Er bezeichnet sich selbst als den „Flinken Jack“ und ist beim Publikum beliebt. Auch sein gleichaltriger Freund Ronnie Deane macht sich auf dem Brighton Pier als Zauberer unter seinem Künstlernamen Pablo einen Namen. Zusammen mit seiner Assistentin und Verlobten Evie White (25) wird der Magier zum Highlight der Show. Beruflich läuft es gut für die beiden jungen Männer, doch privat bahnt sich Ärger an. Auch Jack hat ein Auge auf die ansehnliche Evie geworfen…

„Da sind wir“ ist ein Roman von Graham Swift.

Meine Meinung:
Der Roman ist zwar in Abschnitte, nicht jedoch in Kapitel unterteilt. Erzählt wird aus einer auktorialen Perspektive heraus, jedoch nicht in chronologischer Reihenfolge. Zeiten und Orte wechseln hin und her.

Der Schreibstil ist sehr besonders. Der Autor beweist, dass er mit Sprache vortrefflich umgehen kann. Davon zeugen unter anderem seine Wortspiele und Metaphern. Manche Formulierungen und Motive tauchen immer wieder auf, sie bilden einen roten Faden. Vor allem zu Beginn habe ich mich mit dem Schreibstil allerdings ein wenig schwergetan, da sich dort Vorausdeutungen und Rückblenden vermischen.

Die beiden Freunde und Evie stehen im Fokus der Geschichte. Vor allem Ronnie und dessen Vergangenheit werden intensiv und in aller Tiefe beleuchtet. Mit ihm beschäftigt sich ein Großteil des Romans. Doch der Leser erhält auch Einblicke in die Gedanken- und Gefühlswelt von Jack und Evie. Die drei Charaktere wirken vielschichtig und authentisch.

Vordergründig dreht sich alles um eine Dreiecksgeschichte, kein origineller, neuer Stoff. Doch der Roman behandelt viel mehr als eine einfache Lovestory. Auf nur rund 160 Seiten stecken viele Themen und Details. Es geht unter anderem um Zaubertricks und wahre Magie, um Illusionen und Träume, um die Kinderlandverschickung im Zweiten Weltkrieg, um dysfunktionale Familienverhältnisse und um die Suche nach einem Platz im Leben. Und immer wieder sind da die ganz grundlegenden Fragen. Wie offen und ehrlich sind wir gegenüber anderen und uns selbst? Ist das ganze Leben nur eine Show und wir sind die Schauspieler?

Dem Autor gelingt es, den Leser bei der Stange zu halten. Obwohl es inhaltliche Wiederholungen gibt und bereits früh vorweggenommen wird, wie die Geschichte in ihren Grundzügen endet, kommt beim Lesen keine Langeweile auf, denn nach dem ersten Viertel entsteht ein Sog, dem man sich schwerlich entziehen kann.

Das Cover ist nicht nur für sich betrachtet ein richtiger Hingucker, sondern passt auch inhaltlich hervorragend, da das Motiv des Papageis mehrfach im Buch auftaucht. Der deutsche Titel ist nicht so treffend wie das englischsprachige, mehrdeutige Original („Here we are“), das sich allerdings nicht einfach übersetzen lässt.

Mein Fazit:
„Da sind wir“ von Graham Swift ist ein empfehlenswerter Roman, in dem trotz seiner Kürze dank einer ausgeklügelten Erzähltechnik sehr viel steckt.

Veröffentlicht am 16.01.2020

Sieben Tage im Juni

Der Attentäter
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Europa im Juni 1914: Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Der Thronfolger Österreich-Ungarns, Erzherzog Franz Ferdinand und seine Frau Sophie, werden zu einem Besuch in Sarajevo erwartet. Nach einem ...

Europa im Juni 1914: Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Der Thronfolger Österreich-Ungarns, Erzherzog Franz Ferdinand und seine Frau Sophie, werden zu einem Besuch in Sarajevo erwartet. Nach einem Militärmanöver wollen sie auch die Innenstadt besuchen. Doch auf dem Balkan brodelt es. Drei junge Serben, der 19-jährige Gavrilo Princip und seine beiden gleichaltrigen Kameraden, bereiten ein Attentat auf den Thronfolger vor, denn sie trachten ihm nach dem Leben. Dabei werden sie unterstützt von einer heimlich agierenden serbischen Organisation. Der Geheimdienst hat allerdings Wind von der Sache bekommen. Major Rudolf Markovic ist den Verschwörern auf der Spur und will das Attentat verhindern. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit.

„Der Attentäter“ ist ein historischer Thriller von Ulf Schiewe.

Meine Meinung:
Das Buch besteht aus sieben Kapiteln – unterteilt in die Wochentage zwischen Montag, 22. Juni, und Sonntag, 28. Juni 1914. Zudem gibt es einen Pro- und einen Epilog. Erzählt wird im Präsens abwechselnd aus verschiedenen Perspektiven –aus der Sicht des Erzherzogs und seiner Frau, der der Attentäter, der eines Geheimdienstoffiziers und vieler weiterer Personen. Jeder dieser Abschnitte ist überschrieben mit einer genauen Uhrzeit und einem Ort. Diese einheitlichen Angaben machen die Orientierung leicht. Der Aufbau ist sinnvoll durchdacht und funktioniert gut.

Der Schreibstil ist schnörkellos, aber anschaulich und dank viel wörtlicher Rede lebhaft. Etwas störend sind nur zahlreiche Tipp- und Zeichenfehler.

Im Fokus stehen zweifelsohne Thronfolger Franz Ferdinand sowie die Gruppe der Attentäter, also Personen, die real existierten. Sie werden unter anderem ergänzt um den fiktiven Major Markovic, eine interessante und authentisch anmutende Figur. Die Gedanken- und Gefühlswelt der Akteure wird dabei sehr gut deutlich. Trotz der schnellen Perspektivwechsel kommt man den Personen nahe. Auffallend ist die Vielzahl an Charakteren. In Verbindung mit etlichen unbekannten Namen ist das zunächst etwas verwirrend. Ein Personenverzeichnis, das darüber Aufschluss gibt, welche Figuren rein fiktiv sind, hilft jedoch weiter.

Die historische Thematik hat meine Neugier auf den Roman geweckt. Gut gefällt mir, dass sich der Autor so nah an die tatsächlichen Begebenheiten hält und Fakten und Fiktion auf gelungene Weise verbindet. Die fundierte Recherche wird nicht nur im Nachwort („Anmerkungen des Autors“) deutlich, das die Handlung des Romans einordnet und mit weiteren Informationen ergänzt. Selbst wer mit dem Attentat und seinen Umständen bereits vertraut ist, hat die Möglichkeit, beim Lesen noch einiges zu lernen. Wer dagegen wenig Ahnung von dem historischen Geschehen hat, kann der Handlung ebenfalls gut folgen. Dazu trägt auch das sinnvolle Glossar bei.

Obwohl der Ausgang des Attentats hinreichend bekannt ist, wird die Lektüre nicht langweilig. Die Handlung ist dennoch fesselnd und gleichzeitig abwechslungs- und facettenreich. Auf annähernd 500 Seiten entstehen keine Längen.

Das Cover passt gut zum Inhalt. Auch der prägnante Titel ist treffend gewählt, wobei „Die Attentäter" vielleicht sogar noch besser formuliert wäre.

Mein Fazit:
„Der Attentäter“ von Ulf Schiewe ist ein auf historischen Begebenheiten basierender Thriller, der mich rundum überzeugen konnte. Nicht nur für Geschichtsfans eine unterhaltsame und interessante Lektüre.