Profilbild von Hyperventilea

Hyperventilea

Lesejury Star
offline

Hyperventilea ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Hyperventilea über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.01.2021

Sehr viele kluge, schöne Gedanken, manchmal aber zu viele davon

Die Farbe von Glück
0


„Wie konnte es falsch sein, das Richtige zu tun? War das nicht ein Zeichen dafür, dass die Welt in der sie lebte, verkehrt war?“

Charlotte kümmert sich um den kleinen Antoine, nachdem er von seiner Mutter ...


„Wie konnte es falsch sein, das Richtige zu tun? War das nicht ein Zeichen dafür, dass die Welt in der sie lebte, verkehrt war?“

Charlotte kümmert sich um den kleinen Antoine, nachdem er von seiner Mutter verlassen wird. Sie adoptiert ihn aber nicht offiziell und hat daher rechtlich nicht das Sorgerecht. Das macht die Krankenschwester erpressbar. Als der Richter Jules, dessen Frau Louise schon drei Babys verloren hat, erneut ein krankes Kind bekommt, zwingt er Charlotte, die auf der Neugeborenenstation arbeitet, seine kranke Tochter gegen ein gesundes Mädchen auszutauschen. Diese Handlung zieht für alle Beteiligten lebenslange Konsequenzen nach sich.

Clara Maria Bagus pflegt einen sehr individuellen, oft blumigen Sprachstil. Sie reiht Sätze aneinander wie: „Die Bäume lichteten sich. Der Wald lag hinter ihnen. Smaragdgrün ein Fluss vor ihnen. Das Rauschen plätschernden Wassers dort, wo er einen schmalen Bach speiste. Milchweiß stieg der Nebel über dem Fluss auf. Mal dicht. Mal spärlich. Und zog über das Grün der umliegenden Felder.“ Eine schöne, aber mitunter auch ins kitschige abdriftende Sprache.

Die Figuren aus „Die Farbe von Glück“ sind alle durch Jules und Charlottes Tat miteinander verbunden. Jeder Charakter ist durch seine Rolle im Geschehen gekennzeichnet, reagiert auf Ereignisse, die ihm passieren. Auf Jules lastet schwere Schuld: „Was er getan hat, schien sich von seiner Seele nie mehr abstreifen zu lassen.“ Jules ist durch sein Tat zu dem Menschen geworden, der er jetzt ist, ihn machen aber keine besonderen Eigenschaften und Fähigkeiten aus. Auch die anderen Figuren wirken ähnlich blass, vielleicht ist das aber auch so gewollt. Es geht weniger um individuelle Persönlichkeiten als um das, was ihnen geschieht und wie sie damit umgehen.

Kann man Schuld wiedergutmachen? Wie wird man ein guter Mensch? Wie lebt man ein gutes, glückliches Leben, gewinnt das Spiel des Lebens?
Clara Maria Bagus Roman berührt einige sehr existenzielle Fragen des Lebens. Im Gespräch der Protagonisten untereinander, in Gedanken der Figuren erhält der Leser zahllose Antworten, die zum Nachdenken über das eigene Leben anregen:

„Wir sollten nicht vorschnell über jemanden urteilen. Kein Urteil wird einem Menschen je gerecht. Um die Motive zu verstehen, müssen wir in seine Haut schlüpfen. Ganz und gar. Und wer weiß schon, wozu er selbst fähig wäre, wenn er in der Haut eines anderen steckte?“

„Wann ist man ein guter Mensch?“ „Wenn man auch dann gut ist, obwohl man weiß, dass es niemand sehen kann.“

Viele kluge Sätze finden sich da, für mich mitunter aber zu viele. Bei der Menge an verschiedenen Lebensweisheiten fehlte mir manchmal der rote Faden. So wirkten die durchaus bemerkenswerten Aussagen dann wie eine bloße Aneinanderreihung von schönen Worten, etwas aufgeblasen, etwas zuviel Pathos. Für mich wäre eine vertiefende Konzentration auf weniger Themen hier oftmals mehr gewesen. So bleibt manches nur an der Oberfläche.

Die Handlung konnte mich durchaus fesseln, mir hat die Darstellung, wie alle Figuren miteinander verbunden sind, sehr gut gefallen. Das Ende empfand ich allerdings als nicht ganz stimmig. Einige Entwicklungen haben mich nicht überzeugt, wirkten an den Haaren herbeigezogen. Freilich ist die Geschichte nicht realistisch, das Setting hat etwas Märchenhaftes, die dargestellte Welt entspricht mehr der Phantasie als der Wirklichkeit, auch wenn es durchaus Bezüge zu unserer Gesellschaft gibt. Manche Details passten für mich trotzdem nicht in die beschriebene Welt.
Ich bin ein wenig zwiegespalten, Die Geschichte hat durchaus Potential, gibt durchdachte Antworten darauf, wie wir unser Leben gestalten können, enthält viele kluge Gedanken. Der Aufbau des Romans ist aber nicht hundertprozentig rund. Ein nettes Buch, das zum Nachdenken anregt, aber nicht tiefgreifend und nachhaltig beeindruckt, sondern schnell wieder vergessen sein wird. Ich vergebe 3,5 Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.08.2020

Starker und packender Auftakt der Trilogie, allerdings mit schwachem Ende

Grandhotel Schwarzenberg – Der Weg des Schicksals
0

1905: Die 17-jährige Anna Gmeiner lebt mit ihrem Vater und dem Bruder in Bad Reichenhall. Sie sind sogenannte Häusler, Kleinbauern mit wenig Vieh und Land. Da das Geld nicht reicht, um die Familie zu ernähren, ...

1905: Die 17-jährige Anna Gmeiner lebt mit ihrem Vater und dem Bruder in Bad Reichenhall. Sie sind sogenannte Häusler, Kleinbauern mit wenig Vieh und Land. Da das Geld nicht reicht, um die Familie zu ernähren, muss Bruder Christoph zusätzlich als Trifter arbeiten und in Bächen gestautes Holz freischlagen. Dabei geschieht ein tragisches Unglück. Anna und ihr Vater sind am Boden zerstört und es wird nun noch schwerer für sie, finanziell über die Runden zu kommen. Als Anna sich in den jungen, aus Südtirol stammenden Salzsieder Michael Schwarzenberg verliebt und die beiden zu heiraten beschließen, schöpft sie neue Hoffnung. Doch das Schicksal schlägt erneut erbarmungslos zu und Annas Leben entwickelt sich ganz anders als erwartet.

Sophie Oliver schreibt angenehm, gut verständlich, aber nicht modern, sondern der Zeit angemessen, in der der Roman spielt. Dadurch konnte ich mich rasch in das Geschehen hineinversetzen.

Anna ist eine junge Frau, die sehr viel Unglück erleiden muss. Sie erträgt ihr Schicksal tapfer, arbeitet hart und lässt sich nicht unterkriegen. Eine starke, mutige Frau! Sie hat mit Therese eine treue Freundin, die ihr beisteht und die sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützt. Michael hingegen zeigt sich weniger ausdauernd und nicht so konsequent wie Anna, wirkt etwas farblos, kaum leidenschaftlich, er hinterlässt keinen tiefen Eindruck. Auch die anderen Männer kommen nicht ganz so gut weg, erscheinen im Gegensatz zu den patenten, bemerkenswerten Frauenfiguren fast alle ein wenig „blass“. Eine weitere wichtige Rolle im Roman spielt Katharina von Feil, Tochter des reichen Salinenmeisters. Sie stellt einen Gegenpart zu Anna dar, stammt sie doch aus völlig konträren, nämlich reichen Verhältnissen. Auch Katharinas Leben läuft nicht nach Plan, sie schlägt sich allerdings auf ganz andere Art durch als Anna, weckt dabei deutlich weniger Mitgefühl und Sympathie in mir.

Ich habe durchgehend mit Anna gefiebert und gehofft, dass sich die Situation für sie bessert. Bis zum Schluss blieb die Handlung durch verschiedene überraschende Wendungen spannend. Das Ende empfand ich allerdings als unbefriedigend, einerseits offen, andererseits zu überhastet, abrupt und für mich nicht ganz logisch. Unterm Strich eine unterhaltsame und packende Lektüre mit nicht ganz stimmigen Abschluss. Da es sich allerdings um den Auftakt einer Trilogie handelt, mag der „Cliffhanger“ vermutlich so gewollt sein. Ich jedenfalls werde - trotz kleinerer Schwächen im ersten Roman- Annas Schicksal mit Interesse weiter verfolgen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.07.2020

Ruhiger, aber fesselnder cosy Krimi, der dänische Gemütlichkeit vermittelt

Dänische Schuld (Ein Gitte-Madsen-Krimi 2)
0

Gitte Madsen ist in den dänischen Ferienort Marielyst gezogen, um herauszufinden, was genau mit ihrem Vater Mads passiert ist, der vor langer Zeit spurlos verschwand. Sie arbeitet als Bestatterin, doch ...

Gitte Madsen ist in den dänischen Ferienort Marielyst gezogen, um herauszufinden, was genau mit ihrem Vater Mads passiert ist, der vor langer Zeit spurlos verschwand. Sie arbeitet als Bestatterin, doch auch privat zieht sie den Tod fast magnetisch an. Als sie mit einem Freund im Restaurant Schou‘s zu Abend isst, bricht plötzlich neben ihr ein Mann, Lars Andresen, leblos zusammen. Hinterher stellt sich heraus, dass er keines natürlichen Todes gestorben ist, er wurde vergiftet. Gitte und ihr Chef Paul werden mit der Abwicklung der Beerdigung beauftragt. Der Sohn des Opfers, Björn, bittet Gitte, mit ihm gemeinsam auf eigene Faust zu ermitteln und den Mörder zu überführen. Bald schon merkt Gitte, dass sie verfolgt wird.

Frida Gonover hat einen angenehm natürlichen Schreibstil. Ohne Mühe konnte ich dem Geschehen folgen und fühlte mich rasch in Marielyst wohl.

Hauptfigur Gitte Madsen macht es einem sehr leicht, sie zu mögen. Sie ist neugierig, offen, natürlich, direkt, einfach sympathisch. Auch die anderen Figuren, die sich wie in Dänemark üblich alle duzen, wirken authentisch, zugänglich und bodenständig. Polizist Ole Ansgaard nennt einige von Gittes „halbseidenen“ Bekannten zwar „skurril“, aber sie sorgen alle dafür, dass das allseits bekannte Hyyge in diesem Roman deutlich zu spüren ist. Trotz des Mordes geht es in Marielyst beschaulich und gemütlich zu.

Bei „Dänische Schuld“ handelt es sich um den zweiten Band einer Reihe. Er ist auch ohne den ersten Teil „Ein dänisches Verbrechen“ gut zu verstehen. Hätte ich allerdings vorher gewusst, dass Gitte Madsen schon einmal ermittelt hat, hätte ich den ersten Band der Ordnung halber zuerst gelesen.
Nicht nur der Mordfall macht „Dänische Schuld“ so spannend. Auch Gittes Nachforschungen zu ihrem Vater und ihr Liebesleben weckten durchgehend meine Neugier. Üblicherweise fahre ich fast jedes Jahr nach Dänemark in den Sommerurlaub. Dieses Jahr hat es mit einem Dänemarkaufenthalt leider nicht geklappt. Trotzdem erlebte ich dank Frida Gonovers „cosy“ Krimi ein wenig Urlaubsgefühl, wohnt Gitte doch sogar mitten in einer Ferienhaussiedlung. Für alle, die ruhige Krimis und Dänemark schätzen, eine klare Leseempfehlung!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.05.2020

Leben ist das, was passiert, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu machen“

Die Dünenvilla
0

Dr. Friedrich Böhm möchte 1884 mit seinen erwachsenen Kindern, den Zwillingsschwestern Sophia und Julia und Sohn Thomas, die Vergangenheit hinter sich lassen und gemeinsam mit seinem Sohn in Savannah eine ...

Dr. Friedrich Böhm möchte 1884 mit seinen erwachsenen Kindern, den Zwillingsschwestern Sophia und Julia und Sohn Thomas, die Vergangenheit hinter sich lassen und gemeinsam mit seinem Sohn in Savannah eine Arztpraxis eröffnen. Doch der Dampfer, die City of Columbo, der sie dorthin bringen soll, erleidet Schiffbruch und die Familie landet unfreiwillig auf Martha‘s Vineyard. Friedrich ist von der Landschaft dort verzaubert, beschließt, seine Pläne zu ändern und möchte auf der Insel ein Sanatorium zur Behandlung von Hysterikern eröffnen. Thomas unterstützt ihn widerwillig, träumt aber insgeheim davon, Psychologie studieren zu können. Tochter Julia verbringt ihre Zeit damit, einen passenden Ehemann für sich zu finden. Und Sophia, die früher an Kinderlähmung erkrankte und seitdem ein steifes Bein hat, interessiert sich für Kunst und hofft auf eine Ausbildung an einer Kunstakademie. Doch gerade für Sophia hält das neue Leben, die Arbeit im Sanatorium, der Umgang mit den Patienten einige Überraschungen bereit. Außerdem macht sie die Bekanntschaft des neuen Nachbarn, Vogelkundler Scott McKinnon, der sie von Anfang an fasziniert...

Nicole Winter schreibt angenehm, flüssig und klar. Aufgrund des unkomplizierten Sprachstils gelang der Einstieg in die Geschichte ohne Probleme.

Hauptfigur Sophia ist jung und wie so viele Frauen ihres Alters auf der Suche. Sie definiert sich nur durch ihre Behinderung, fühlt sich durch sie eingeschränkt und traut sich nicht aus ihrem Schneckenhaus. Für sie steht fest, dass sie sich im künstlerischen Bereich verwirklichen möchte. Doch durch den Kontakt mit den Patienten und Nachbar Scott blickt sie erstmals über den Tellerrand hinaus und erkennt, dass das Leben noch viele andere Möglichkeiten für sie bietet. Schwester Julia wird dagegen viel oberflächlicher dargestellt, sie ist lediglich auf der Suche nach einer guten Partie. Doch ein Händchen für Männer hat sie wahrlich nicht. Zielsicher entscheidet sie sich immer für völlig ungeeignete Kandidaten, das hat mich teilweise sehr amüsiert. Auch Bruder Thomas macht eine besondere Entwicklung durch. Er träumt von einem Psychologiestudium. Doch auch sein Weg verläuft anders als erwartet..
Mir gefällt die Personenkonstellation der drei unterschiedlichen Geschwister, die alle entscheiden müssen, wohin für sie die Reise des Lebens gehen soll, Vater Friedrich bleibt im Gegensatz zu seinen Kindern ein wenig farblos und blass. Er flieht vor den Geistern der Vergangenheit und scheint sich nur darauf zu konzentrieren, dass sein Sanatorium Erfolg bringt.

Der Klappentext ist für meine Begriffe nicht gut gelungen, er verrät beinahe die gesamte Handlung. Daher konnte mich der Verlauf des Romans leider nicht mehr überraschen. Das finde ich schade.

Anfangs zieht sich die Geschichte ein wenig dahin, hat ein paar unnötige Längen. Es war schon aufschlussreich, das neue Leben der Böhms mitzuverfolgen, doch recht viel Spannendes passiert zu Beginn noch nicht. Ab der Mitte des Romans häufen sich bedeutende Ereignisse und es kommt Dramatik und Spannung auf. Das Ende, insbesondere Sophias Werdegang, empfinde ich als stimmig und rund.

Insgesamt ein angenehm zu lesender, ruhiger Roman, der dem Leser die Insel Martha‘s Vineyard näherbringt und auf unterhaltsame, interessante Weise beschreibt, wie in Sanatorien damals versucht wurde, Hysterie zu behandeln. Außerdem zeigt er anschaulich, dass sich auch damals Frauen im Rahmen ihrer Möglichkeiten emanzipieren konnten und dass Pläne dazu da sind, verändert zu werde. Ich habe „Die Dünenvilla“ über weite Strecken gerne gelesen und kann das Buch jedem, der einen Sinn für historische Romane hat, guten Gewissens weiterempfehlen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.04.2020

Nicht alles ist erklärbar- nettes modernes Märchen mit kleinen Schwächen

Die kleinen Geheimnisse des Herzens
2

May Rosevere lebt in einem kleinen idyllischen Dorf in Cornwall und freut sich schon darauf, bald ihren 111. Geburtstag zu feiern. Von einer Bekannten wird sie genötigt, an einem ungewöhnlichen „Leihoma“-Projekt ...

May Rosevere lebt in einem kleinen idyllischen Dorf in Cornwall und freut sich schon darauf, bald ihren 111. Geburtstag zu feiern. Von einer Bekannten wird sie genötigt, an einem ungewöhnlichen „Leihoma“-Projekt teilzunehmen und sich regelmäßig mit der 86-jährigen Julia zu treffen. Anfangs sind die beiden Damen nicht gerade begeistert von der Aussicht, Zeit miteinander zu verbringen, zumal sie Vorbehalte der jeweils anderen gegenüber haben. Die Gründe dafür liegen in der Vergangenheit. Julia leidet zudem noch immer sehr unter dem Tod ihres Manns Don und meidet ohnehin die Gesellschaft anderer. Die beiden Frauen raufen sich zusammen und beginnen schließlich doch, gemeinsam alte Briefe aus dem Nachlass von Don zu lesen. Schon bald finden sie daran Gefallen und nähern sich so einander an. Als Julias Erinnerungen zunehmend lückenhafter werden und sie gar fürchtet, dement zu sein, droht Mays unglaubliches Geheimnis, das sie all die Jahre sorgsam gehütet hat, ans Tageslicht zu kommen....

Der Roman ist in einem angenehmen, schön zu lesenden Erzählstil verfasst: Klar und anschaulich, aber auch ein wenig blumig und nicht unbedingt modern, so wie sich auch Großmütter ausdrücken könnten. Das passt sehr gut zum Inhalt, schließlich geht es auch hauptsächlich um ältere Damen. Die Kapitel sind aus der Sicht von May, Julia und später Julias Enkelin Emily geschrieben. Das sorgt für Abwechslung und gestaltet den Text interessant und kurzweilig.

Ich mag Cecilia Andersons Figuren May und Julia. Julia wirkt anfangs durch ihre Trauer etwas passiv, aber zum Ende hin wird sie trotz ihrer Erinnerungslücken immer tatkräftiger und zupackender. May hingegen scheint viel jünger als 110 Jahre . Sie ist alles andere als gutmütig, verhält sich mitunter fast ein wenig rücksichtslos und egoistisch. Der Kontakt mit Julia zwingt sie zum Nachdenken, sie zeigt schließlich Einsicht und ändert ihre Einstellung. Die besondere Dynamik, die aus der ungewöhnlichen Beziehung der zwei Charaktere entsteht, gefällt mir recht gut. Andere Figuren wie Julias Enkelin Emiliy oder Nachbar Andy wirken neben der alles „überstrahlenden“ Protagonistin May allerdings recht blass und oberflächlich.

„Die kleinen Geheimnisse des Herzens“ ist, was die Handlung betrifft recht stimmig und meist nachvollziehbar aufgebaut. Die Spannung steigert sich bis zum Schluss, das Ende kam für mich allerdings zu schnell und wirkte nicht nur überhastet, sondern auch vergleichsweise unspektakulär. Für mich hätte der Schluss ruhig noch etwas ausdifferenzierter und überraschender ausfallen können. Es bleiben für mich außerdem noch einige Fragen unbeantwortet.

Wie auf dem Klappentext angedeutet, ist der Roman „etwas anders“ als andere Bücher. Das trifft es zweifelsohne: Im Buch geht nicht alles hundertprozentig erklärbar und realistisch zu, aber gerade das macht die Geschichte so besonders und irgendwie „liebenswert“, eine Art modernes Märchen mit einer Prise Magie. Ich habe „Die kleinen Geheimnisse des Herzens“ jedenfalls trotz der kleinen Mängel genossen und fühlte mich gut unterhalten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Figuren